Befreiung des § 3 Abs 1 Z 5 GrEStG ist nur bei behördlichen Maßnahmen anwendbar, nicht aber bei Kaufverträgen im Zusammenhang mit Grundstücksumlegungsverfahren
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Armin Treichl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Grunderwerbsteuer, StNr 10-***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
1) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
2) Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Kaufvertrag vom hat die Beschwerdeführerin eine Abfindungsfläche im Ausmaß von 313 m² aus der EZ A, KG B von vier Miteigentümern um einen Kaufpreis von insgesamt 78.250,00€ erworben. Dem Kaufvertrag liegt das Umlegungsverfahren c zugrunde (ERFNR 501.588/2019). Datum des Umlegungsbescheides ist der .
Mit Bescheiden vom hat das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glückspiel der Beschwerdeführerin Grunderwerbsteuer in Höhe von insgesamt 2.738,75 €, das sind 3,5v.H. von 78.250,00 € vorgeschrieben.
In den Beschwerden vom brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor:
"Wie mir schon zum Start der Umlegung "c" erklärt wurde, ist diese Umlegung steuerfrei!
Denn ich muss von meinem Grund abgeben, damit die Umlegung stattfinden konnte, auf der anderen Seite habe ich mehr dazu, so dass es wieder eine Grundstücksform gibt.
Ich werde mich weiters mit dem Vermessungsbüro und der Gemeinde rücksprechen.
Vielleicht ist hier ein schriftlicher Fehler Kauf anstatt Umlegungsverfahren.
Habe Ihnen noch die Gemeinde Einladung "Umlegung" vom beigelegt."
Das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glückspiel hat mit Beschwerdevorentscheidungen vom die Beschwerden als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte das Finanzamt im Wesentlichen aus:
"Gegenstand der Besteuerung ist der vorweg bereits vereinbarte Erwerb der Abfindungsfläche im Ausmaß von 313 m² von […] mit Kaufvertrag vom . Dieser Erwerb wurde außerhalb des Zusammenlegungsverfahrens und vor Kundmachung des Umlegungsplanes (Mitteilung der Gemeinde B vom ) und jedenfalls auch vor dem übrigen Erwerb aus der Umlegung mit Bescheid vom vereinbart.
Gemäß § 3 Abs 1 Z 5 GrEStG ist lediglich bei behördlichen Maßnahmen zur besseren Gestaltung von Bauland die Befreiung gegeben, nicht jedoch bei freiwillig unter den Parteien vereinbarten Erwerbsvorgängen. Nach der ständigen Rechtsprechung ist eine behördliche Maßnahme so geartet, dass man sich ihr nicht entziehen kann. Eine freiwillig vereinbarte ist keine solche Maßnahme. Bei einem ausdrücklich freiwillig vereinbarten und somit nicht in Ausübung hoheitlicher Befehls- oder Zwangsgewalt abgeschlossenen Vertrag liegt keine "behördliche Maßnahme" iSd § 3 Abs. 1 Z 5 GrEStG vor.
Bemerkt wird, dass mit dem vorgelegten Umlegungsbescheid insgesamt eine Fläche von (815+557) 1.362 m² zugeteilt wurde, die Besteuerung betrifft jedoch nur den oben ausgewiesenen Zukauf der Mehrfläche vor Umlegung, wie er im Kaufvertrag vereinbart ist.
Die Beschwerde war daher abzuweisen."
Durch die Vorlageanträge vom gelten die Beschwerde wiederum als unerledigt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Das Bundesfinanzgericht hat folgenden unstrittigen Sachverhalt festgestellt:
Über Antrag der Gemeinde B vom hat die Vorarlberger Landesregierung mit Verordnung vom , Amtsblatt für das Land Vorarlberg Nr. d, für den Bereich "c" in der Gemeinde B ein Umlegungsverfahren nach den Bestimmungen der §§ 41 ff RPG eingeleitet.
Mit Kaufvertrag vom hat die Beschwerdeführerin eine Abfindungsfläche im Ausmaß von 313 m² aus der EZ A, KG B von vier Miteigentümern um einen Kaufpreis von insgesamt 78.250,00€ erworben.
Mit Schreiben vom legte die Gemeinde B den Umlegungsplan vom , GZ. 20.163U/17, mit dem Antrag auf Genehmigung dem Amt der Vorarlberger Landesregierung vor. Dieser Umlegungsplan wurde in der Zeit vom bis bzw. vom bis im Gemeindeamt B aufgelegt. Zum Umlegungsplan sind weder Einwendungen noch Änderungsvorschläge eingebracht worden.
Mit Umlegungsbescheid vom wurde das Umlegungsverfahren durchgeführt und abgeschlossen.
Dieser Sachverhalt wird vom Bundesfinanzgericht rechtlich folgendermaßen beurteilt:
§ 3 Abs 1 Z 4 GrEStG 1987 lautet:
"Von der Besteuerung sind ausgenommen:
4. der Erwerb eines Grundstückes im Wege eines Zusammenlegungsverfahrens im Sinne des I. Hauptstückes, I. Abschnitt, und im Wege eines Flurbereinigungsverfahrens im Sinne des II. Hauptstückes des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951, BGBl Nr 103, in der jeweils geltenden Fassung,"
Gemäß § 1 Flurverfassungsgrundsatzgesetz ist Zweck dieses Gesetzes die Schaffung und Erhaltung einer leistungsfähigen und umweltverträglichen Landwirtschaft durch Neueinteilung und Erschließung des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes sowie Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlagen der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe nach zeitgemäßen volks-, betriebswirtschaftlichen und ökologischen Gesichtspunkten im Wege eines Zusammenlegungsverfahrens.
Im gegenständlichen Fall geht es nicht um die Schaffung und Erhaltung einer leistungsfähigen Landwirtschaft, sondern und die Schaffung von Bauland. Die Maßnahme fällt daher nicht unter das Flurverfassungsgrundsatzgesetz. Zudem wurde auch kein Flurbereinigungsverfahren im Sinne des II. Hauptstückes des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes durchgeführt.
Die Befreiung des § 3 Abs 1 Z 4 GrEStG 1987 ist daher im gegenständlichen Fall nicht anwendbar.
Gemäß § 3 Abs 1 Z 5 GrEStG 1987 ist bei behördlichen Maßnahmen zur besseren Gestaltung von Bauland der Erwerb eines Grundstückes nach den für die bessere Gestaltung von Bauland geltenden Vorschriften von der Besteuerung ausgenommen.
Diese Bestimmung deckt sich im Wortlaut im Wesentlichen mit der des § 4 Abs. 1 Z 5 GrEStG 1955; zur Abgrenzung gegenüber dem freiwilligen Erwerb durch Vertrag wurde vor das Wort "Maßnahmen" das Wort "behördlichen" gesetzt. Der freiwillige Erwerb ist nicht mehr von der Grunderwerbsteuer befreit, eine Zweckdienlichkeitsbescheinigung ist daher nicht erforderlich (vgl. Bodis in Arnold/Bodis, GrEStG, § 3 Tz 164).
Gegen die Verfassungsmäßigkeit der vergleichbaren Bestimmung des § 4 Abs. 1 Z 5 GrEStG 1955 bestanden keine Bedenken (vgl. ; 319, 320/78).
Eine Maßnahme zur besseren Gestaltung von Bauland ist ein Vorgang, durch den eine größere im Bauland gelegene Fläche - für die Errichtung etwa von Wohnblöcken - dadurch baureif gemacht wird, dass die Grenz- und Besitzverhältnisse so umgestaltet werden, dass aus der vorher gegebenen Mehrzahl selbständig nicht bebaubarer Liegenschaften baureife Bauplätze gestaltet werden und damit das von dieser Maßnahme umfasste Gebiet baulich nutzbar gemacht wird (vgl. das zur vergleichbaren Rechtslage des GrEStG 1955 ergangene Erkenntnis vom , Zl. 1034/70). Es handelt sich jedenfalls nicht um einen Vorgang, durch den ein Einzelbauplatz baulich nutzbar gemacht wird, sondern es muss ein größeres Baulandgebiet betroffen sein (vgl. , und die dort zitierte Rechtsprechung).
Der Eigentumserwerb, der auf Grund der Bestimmungen zur besseren Gestaltung von Bauland erfolgt, muss jedenfalls die (unmittelbare) Folge einer behördlich verfügten besseren Gestaltung von Bauland sein (vgl. mwN).
Für die Anwendung der Befreiungsbestimmung hat es nur darauf anzukommen, ob das Eigentumsrecht an einem Grundstück auf Grund von behördlichen Maßnahmen unmittelbar als Rechtswirkung derselben erworben wird, also durch das behördliche Verfahren bewirkt wird. Das Wesen einer Einwirkung durch Maßnahmen besteht darin, dass derjenige, den die Maßnahme trifft, keine Möglichkeit hat, ihr auszuweichen, etwa in der Weise, dass er ein bestimmtes Vorhaben aufgibt ( Slg 3053/F, verstärkter Senat, vom , 95/16/0259, und vom , 2007/16/0139).
Das Wesen einer behördlichen Maßnahme liegt darin, dass derjenige, den die Maßnahme betrifft, keine Möglichkeit hat, ihr auszuweichen. Eine behördliche Maßnahme ist so geartet, dass man sich ihr nicht entziehen kann. Eine freiwillig geschlossene Vereinbarung ist keine Maßnahme iS des § 3 Abs 1 Z 5 GrEStG 1987 (vgl , und vom , 98/16/0232, 0233, 0234).
Im Fall eines freiwillig abgeschlossenen Kaufvertrages fehlte es an einer Maßnahme iS des § 4 Abs 1 Z 5 GrEStG 1955 ( Slg 4505/F).
Wenn ein Grundstückseigentümer selbst den Übergang des Grundstückes durch Abschluss einer Vereinbarung veranlasst, ist die Steuerbefreiung zu verneinen (vgl , 0121, 0122).
Der gegenständliche Erwerb mit privatrechtlichem Kaufvertrag vom wurde damit zusätzlich außerhalb des behördlichen Zusammenlegungsverfahrens, auch vor Kundmachung des Umlegungsplanes am und jedenfalls auch vor dem übrigen Erwerb aus der Umlegung mit Bescheid vom vereinbart.
Gem. § 3 Abs 1 Z 5 GrEStG ist lediglich bei behördlichen Maßnahmen zur besseren Gestaltung von Bauland die Befreiung gegeben, nicht jedoch bei freiwillig unter den Parteien vereinbarten Erwerbsvorgängen. Nach der ständigen Rechtsprechung ist eine behördliche Maßnahme so geartet, dass man sich ihr nicht entziehen kann. Eine freiwillig vereinbarte ist keine solche Maßnahme. Bei einem ausdrücklich freiwillig vereinbarten und somit nicht in Ausübung hoheitlicher Befehls- oder Zwangsgewalt abgeschlossenen Kaufvertrag liegt keine "behördliche Maßnahme" iSd § 3 Abs. 1 Z 5 GrEStG vor.
Aus dem Gesamten ist ersichtlich, dass der Erwerb der im Kaufvertrag ausgewiesenen Grundstücksflächen durch die Beschwerdeführerin mit Kaufvertrag vom erfolgt ist. Auch im bezogenen Umlegungsbescheid vom ist als (eine) Grundlage der gegenständliche privatrechtliche Kaufvertrag angeführt, mit dem die Beschwerdeführerin die zusätzliche Fläche gekauft hat und die Veräußerer ihre bisher in ihrem Eigentum stehenden Grundflächen verkauft haben.
Nach den Grundsätzen des § 45 RPG erfolgt gemäß § 45 (1) lit. a die Neuverteilung nach Maßgabe der Größe der eingebrachten Flächen, ist dies nach Lage und Größe nicht möglich, so ist gem. lit. c (im Fall, dass das eingebrachte Grundstück überhaupt zu klein ist, gem. lit.d) eine dadurch bedingte Wertminderung durch die Zuerkennung einer entsprechenden Geldabfindung auszugleichen. Geldleistungen und Geldabfindungen iSd § 45 RPG sind gemäß § 48 Abs. 2 RPG im Bescheid festzulegen. Solches ist im bezogenen Umlegungsbescheid nicht erfolgt.
Es erfolgte daher in diesem Zusammenhang keine Zuweisung der Mehrflächen auf Basis des Bescheides und gegen eine dort festgelegte bzw. festzulegende Geldabfindung, sondern die Verteilung erfolgte nach Maßgabe der eingebrachten Flächen aus dem Vorbesitz und den Zukäufen mit Kaufvertrag.
Der Übereignungsanspruch auf die betreffende Fläche und die Leistungsverpflichtung wurde im privat abgeschlossenen Kaufvertrag begründet und nicht im Umlegungsbescheid. Nach der st.RSpr. des VwGH/BFG (siehe dazu insbes. ) kommt die Befreiung des § 3 Abs. 1 Z 5 GrEStG daher nicht zur Anwendung, da es sich um einen freiwillig unter den Parteien vereinbarten Erwerbsvorgang handelt.
Die Beschwerden waren daher als unbegründet abzuweisen.
Unzulässigkeit der Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Alle im gegenständlichen Fall zu lösenden Rechtsfragen sind bereits vom Verwaltungsgerichtshof ausjudiziert. Eine ordentliche Revision ist daher unzulässig.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 3 Abs. 1 Z 5 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.1100340.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at