Kein Werbungskostenpauschale für Vertreter weil Tätigkeit nicht vorrangig auf Geschäftsabschlüsse abzielte
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom ***D0*** gegen den Bescheid des ***1*** vom ***D1*** betreffend Einkommensteuer 2013 (Arbeitnehmerveranlagung, Steuernummer ***St-Nr-neu***) zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin war im Jahr 2013 für die ***A***, ***A-Adr*** als Arbeitnehmerin tätig. Mit dem angefochtenen Bescheid setzte das Finanzamt die Einkommensteuer ohne Berücksichtigung des in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung geltend gemachten Werbungskostenpauschales für Vertreter fest.
Verfahrensgang
Die am ***D2*** beim Finanzamt eingelangte Erklärung der Beschwerdeführerin zur Arbeitnehmerveranlagung 2013 enthielt als Berufsbezeichnung "Pharmareferentin". Es waren für das ganze Jahr pauschalierte Werbungskosten für Vertreter eingetragen.
Nach einem Ersuchen des Finanzamtes um eine gesetzeskonforme Bestätigung ihres Dienstgebers bezüglich des beantragten Berufsgruppenpauschales (Vertreter), brachte die Beschwerdeführerin beim Finanzamt eine Bestätigung des Arbeitgebers vom ***D3*** ein. Aus dieser geht hervor, die Beschwerdeführerin sei seit ***D4*** in Vollzeit als Pharmareferentin beschäftigt und aufgrund ihrer Tätigkeit im Jahr 2013 ausschließlich im Außendienst tätig gewesen. Ihre Tätigkeit im Außendienst hätte die Beratung und Betreuung von Ärztinnen und Ärzten beinhaltet und zur Gewährleistung des Geschäftserfolges beigetragen.
Die Arbeitnehmerveranlagung 2013 erfolgte schließlich ohne Berücksichtigung des Werbungskostenpauschales für Vertreter. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, das beantragte "Vertreterpauschale" hätte nicht anerkannt werden können, da die Voraussetzungen nicht erfüllt worden seien.
Dagegen richtet sich die gegen den Einkommensteuerbescheid eingebrachte Beschwerde. Die Beschwerdeführerin beantragte die Berücksichtigung des Werbungskostenpauschales und brachte zur Begründung vor, der Pharmareferent verrichte überwiegend Außendiensttätigkeit. Die umgangssprachlich als "Pharmavertreter" bezeichneten Personen würden die in den Lohnsteuerrichtlinien enthaltenen Eigenschaften von Vertretern erfüllen. Die richtige Berufsbezeichnung laute "Pharmareferent". Das maßgebliche Kriterium des Geschäftsabschlusses sei für Pharmareferenten, dass der Patient die richtige und für ihn vorteilhafteste medizinische Behandlung bekomme und das Pharmaunternehmen in weiterer Folge den Umsatz erhalte.
In einem Ersuchen um Ergänzung vom ***D5*** teilte das Finanzamt der Beschwerdeführerin mit, eine Außendiensttätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen sei, zähle nicht als Vertretertätigkeit und ersuchte um Vorlage des Arbeitsvertrages. Die Beschwerdeführerin kam dieser Aufforderung nach.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom ***D6*** wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und teilte begründend mit, das Berufsbild einer Pharmareferentin zähle nicht zu einer Vertretertätigkeit im Sinne des § 17 EStG 1988.
Die Beschwerdeführerin brachte dagegen fristgerecht einen Vorlageantrag ein, in welchem sie die in der Beschwerde vorgebrachten Gründe wiederholte.
Mit Schreiben vom ***D7*** teilte das Bundesfinanzgericht der Beschwerdeführerin mit, sie sei nach den bisherigen Angaben und den vorliegenden Unterlagen von Ihrem Arbeitgeber zur fachlichen Beratung und Betreuung eingesetzt worden. Es ließen sich keine Anhaltspunkte dafür finden, dass das vorrangige Ziel ihrer Tätigkeit die Herbeiführung von Geschäfts-abschlüssen für den Arbeitgeber war. Es werde ihr binnen der genannten Frist die Gelegenheit gegeben, dem Bundesfinanzgericht ihre im Jahr 2013 ausgeübten Tätigkeitsbereiche näher darzulegen und darzustellen, welche Tätigkeiten vorrangig auf den Geschäftsabschluss gerichtet und in welchem Umfang diese ausgeübt worden waren.
Das Schreiben wurde nachweislich am ***D8*** von der Beschwerdeführerin übernommen, blieb jedoch ohne Reaktion der Beschwerdefüherin.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Am ***D9*** schloss die Beschwerdeführerin mit der ***A*** einen Angestelltendienstvertrag. Nach dessen Inhalt war sie verpflichtet, die mit der Dienst-verwendung als "***F***" verbundenen Angestelltendienstleistungen zu verrichten und ein vom Arbeitgeber definiertes Gebiet zur Betreuung zu übernehmen. Vertraglich festgehalten wurde weiters, dass sie die Pharmareferentenprüfung gemäß § 72 Arzneimittelgesetz (AMG) binnen 3 Monaten zu absolvieren hatte, wenn sie zum Zeitpunkt der Anstellung nicht die Voraussetzungen zur Führung des Berufstitels "Pharmareferentin" erfüllte.
Die Beschwerdeführerin war das ganze Jahr 2013 bei der ***A*** in Vollzeit als Pharmareferentin beschäftigt. Aufgrund ihrer Tätigkeit war sie im Jahr 2013 ausschließlich im Außendienst tätig. Ihre Tätigkeit im Außendienst beinhaltete die Beratung und Betreuung von Ärztinnen und Ärzten.
Beweiswürdigung
Aus dem Angestelltendienstvertrag vom ***D9***, der Bestätigung des Arbeitgebers vom ***D3*** und dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verfahren vor der Abgabenbehörde ergibt sich widerspruchsfrei, dass die Beschwerdeführerin im Jahr 2013 ausschließlich als Pharmareferentin tätig war und sie als solche im Außendienst Ärztinnen und Ärzte beriet.
In der Beschwerde und im Vorlageantrag wurde bereits vorgebracht, es sei das maßgebliche Kriterium des Geschäftsabschlusses für Pharmareferenten, dass der Patient die richtige und für ihn vorteilhafteste medizinische Behandlung bekommt. Der Umsatz des Pharmaunternehmens wurde als weitere Folge der Tätigkeit angeführt. Der Beschwerdeführerin wurde im Ersuchen um Ergänzung vom ***D5*** des Finanzamtes und in dessen Beschwerdevorentscheidung vom ***D6*** vorgehalten, dass das vorrangige Ziel ihrer im Jahr 2013 ausgeübten Tätigkeit nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen war. In dem auch der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebrachten Vorlagebericht vom ***D10*** wurde vom Finanzamt konkretisiert, dass im Gegensatz zum Pharmavertreter beim Pharmareferenten die Werbung, die Information, das Unterrichten von bestimmten Personen im Vordergrund und nicht der Abschluss von Kaufgeschäften oder die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen steht. Dennoch hat die Beschwerdeführerin kein konkretes Vorbringen erstattet, aus dem geschlossen werden könnte, dass die Tätigkeit vorrangig auf die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen für den Arbeitgeber abgezielt hätte. Ebensowenig ergibt sich dies aus der vorgelegten Bestätigung des Arbeitgebers. Auch dem Ersuchen des Bundesfinanzgerichtes vom ***D7***, ihre Tätigkeit im Hinblick auf das Abzielen auf Geschäftsabschlüsse näher darzustellen, kam die Beschwerdeführerin nicht nach.
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach auch Pharmareferenten zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig seien, ist einerseits zu allgemein gehalten, um die Feststellung zu treffen, dass dies auf ihre im Jahr 2013 ausgeübte Tätigkeit zugetroffen hätte. Zudem wurde dieses Vorbringen durch die anschließende Darstellung, wonach das maßgebliche Kriterium des Geschäftsabschlusses für Pharmareferenten sei, dass der Patient die richtige und für ihn vorteilhafteste medizinische Behandlung bekomme und das Pharmaunternehmen in weiterer Folge den Umsatz erhalte, eingeschränkt.
Aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens konnte sohin eine Tätigkeit als Pharmareferentin, welche die Betreuung und Beratung von Ärztinnen und Ärzten umfasste, festgestellt werden, nicht jedoch, dass die berufliche Tätigkeit der Beschwerdeführerin vorrangig auf die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen für den Arbeitgeber abzielte.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Gemäß § 16 Abs. 6 EStG 1988 können zur Ermittlung von Werbungskosten vom Bundesminister für Finanzen Durchschnittssätze für Werbungskosten im Verordnungswege für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis festgelegt werden.
§ 1 Zif. 9 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten lautet:
"Für nachstehend genannte Gruppen von Steuerpflichtigen werden nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 folgende Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt:[…]
Vertreter
5% der Bemessungsgrundlage, höchstens 2 190 Euro jährlich.
Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst.
Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden.
[…]"
Es entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, bei der Auslegung von Pauschalierungsverordnungen auf ein typisches Berufsbild abzustellen (vgl. ).
Eine nähere Definition des Vertreterbegriffs ist der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten nicht zu entnehmen, sodass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf die Verkehrsauffassung abzustellen ist. Danach sind Vertreter Personen, die im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind. Vertreter im hier maßgebenden Sinne ist zwar auch, wer Geschäftsabschlüsse lediglich anbahnt (vgl. ; , 2012/15/0125 und , 2009/13/0261). Wesentlich ist jedoch, dass eine Außendiensttätigkeit vorliegt, deren vorrangiges Ziel die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen für den Arbeitgeber ist (vgl. ). Umgekehrt ist eine Außendiensttätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, keine Vertretertätigkeit (vgl. und , 2009/13/0261).
Der Vertreter muss eine ausschließliche Vertretertätigkeit ausüben. Eine völlig untergeordnete andere Tätigkeit steht der Inanspruchnahme des Vertreterpauschales nicht entgegen (vgl. und , 2009/13/0261).
Aus der gesetzlichen Definition des § 2 Abs. 13 Arzneimittelgesetz ergibt sich, dass eine Pharmareferentin die im Gesetz angeführten Personen aufsucht, um diese über Arzneimittel fachlich zu informieren.
Nach den getroffenen Feststellungen war die Beschwerdeführerin in dem betreffenden Besteuerungszeitraum ausschließlich als Pharmareferentin tätig. Aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen und den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens wird davon ausgegangen, dass die berufliche Tätigkeit der Beschwerdeführerin im Jahr 2013 auf die fachliche Information und nicht auf die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen abzielend ausgeübt wurde. Für die Einstufung einer Tätigkeit als Vertretertätigkeit reicht es jedoch nicht aus, dass sie letztlich zu einem Umsatz des Arbeitgebers führt. Maßgebliches Kriterium ist vielmehr das direkte abzielen der Tätigkeit auf Geschäftsabschlüsse. Dieses ist bei der von der Beschwerdeführerin für die ***A*** ausgeübten Tätigkeit als Pharmareferentin nicht erfüllt.
Es handelte sich folglich nicht um eine Vertretertätigkeit im Sinne des § 1 Zif. 9 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die in der Beschwerdesache aufgetretenen Rechtsfragen wurden anhand der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gelöst. Dem Erkenntnis liegt daher nicht die Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zugrunde.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 Abs. 13 AMG, Arzneimittelgesetz, BGBl. Nr. 185/1983 § 17 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 72 AMG, Arzneimittelgesetz, BGBl. Nr. 185/1983 § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 Durchschnittssätze für Werbungskosten, BGBl. II Nr. 382/2001 § 1 Z 9 Durchschnittssätze für Werbungskosten, BGBl. II Nr. 382/2001 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100168.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at