Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.10.2022, RV/5100552/2022

Verhängung eines Säumniszuschlages bei verspätet entrichteter Einkommensteuervorauszahlung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***Stb***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , mit dem der Antrag vom auf Aufhebung des Bescheides über die Festsetzung eines Säumniszuschlages abgewiesen wurde, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom wurden die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2020 und Folgejahre mit 102.583,00 € festgesetzt. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass die festgesetzten Vorauszahlungen mit je einem Viertel jeweils am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November fällig sind.

Mit Benachrichtigung vom wurde die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass der Vorauszahlungsbetrag an Einkommensteuer für den Zeitraum 01-03/2022 in Höhe von 25.645,00 € am fällig wird.

Mit Bescheid vom wurde ein erster Säumniszuschlag iHv 512,90 € festgesetzt, weil die Einkommensteuervorauszahlung 01-03/2022 iHv 25.645,00 € nicht bis entrichtet worden war.

Am wurde die Einkommensteuervorauszahlung 01-03/2022 entrichtet.

Mit Schreiben vom brachte der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid über die Festsetzung des Säumniszuschlages eine Beschwerde ein. Soweit für das gegenständliche Verfahren von Bedeutung wurde begründend ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin für die Einkommensteuervorauszahlung 01-03/2022 keine Benachrichtigung erhalten habe. Es sei davon auszugehen, dass der Fehler bei der Zustellung bei der Post liege. Auch bei der steuerlichen Vertretung selbst würde es immer wieder Probleme mit der Zustellung geben, da ständig Vertretungen eingesetzt würden und sich auch Überforderungen bei der Zustellung massiv angehäuft hätten. Dies zur Begründung, warum die Entrichtung der Einkommensteuervorauszahlung 01-03/2022 von der Beschwerdeführerin übersehen worden sei.
Um dies in Hinkunft zu verhindern, sei nunmehr die Postzustellung an die Kanzleiadresse des steuerlichen Vertreters geändert worden. Dass der Fehler bei der Post liege, sei unbestritten. Es werde weiters angemerkt, dass die Steuererklärung für 2020 via Finanzonline übermittelt worden sei und diese ein höheres Guthaben zeige. Insofern wäre per gar kein Rückstand vorliegend gewesen. Dies sei leider rein rechnerisch betrachtet, aber dennoch plausibel und auch ein weiterer triftiger Grund, der gegen einen Säumniszuschlag sprechen würde bzw. dieser dadurch grundsätzlich nicht gerechtfertigt sei, allein schon wegen des Fehlers der Post.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die Festsetzung des Säumniszuschlages sei erfolgt, weil die Einkommensteuervorauszahlung 01-03/2022 in Höhe von 25.645,00 € (fällig am ) erst mittels Überweisung am (somit verspätet) entrichtet worden sei. Die dreitätige Toleranzfrist gemäß § 211 Abs. 2 BAO sei überschritten worden.
Die Vorschreibung eines Säumniszuschlages liege nicht im Ermessen der Abgabenbehörde, sondern erfolge zwingend gemäß der gesetzlichen Bestimmungen des § 217 BAO. Die Bestimmung des § 217 Abs. 1 BAO normiere, dass der Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages allein davon abhängen würde, ob eine Abgabe spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werde. Damit sei im Anwendungsbereich des § 217 BAO unerheblich, aus welchen Gründen es zum Zahlungsverzug gekommen bzw. ob dieser irrtümlich, unverschuldet oder schuldhaft herbeigeführt worden sei. Ebenso unmaßgeblich sei, wie lange die Säumnis angedauert habe. Sein Zweck liege darin, die pünktliche Tilgung von Abgabenschulden sicherzustellen.
Die Zahlungsverpflichtung für eine Vorauszahlung werde immer durch einen rechtskräftigen Bescheid (und nicht von einer Benachrichtigung) ausgelöst, in dem die Vorauszahlungsfälligkeiten (15. Februar, 15. Mai, 15. August, 15. November) angeführt seien. Die Vorauszahlungen seien von sich aus zu diesen Terminen zu entrichten. Die Fälligkeitstermine für die einzelnen Einkommensteuervorauszahlungen wären der Beschwerdeführerin aufgrund des Vorauszahlungsbescheides vom bekannt gewesen. Es liege am Abgabepflichtigen, Vorsorge für die rechtzeitige Entrichtung zu treffen.
Diese Zahlungsverpflichtung bestehe unabhängig von der Zusendung einer vierteljährlichen Benachrichtigung (auf die auch kein Rechtsanspruch bestehe und nur eine Serviceleistung des Finanzamtes darstelle) und auch unabhängig von der nach Fälligkeit (am ) stattfindenden Kontoüberprüfung, bei der nicht mit einer Zahlung angelastete Abgabenbeträge nachgebucht würden.
Auch die Argumentation, dass mittlerweile Steuererklärungen für das Jahr 2020 via FinanzOnline beim Finanzamt eingereicht worden seien und die Vorausberechnung ein höheres Guthaben für das Jahr 2020 ausweisen würde, gehe ins Leere, da gemäß § 45 Abs. 3 EStG bereits fällig gewordene oder innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe der Erhöhung der Vorauszahlung fällig werdende Vorauszahlungsbeträge durch eine Änderung in der Vorauszahlung (§ 45 Abs. 1 EStG) nicht berührt würden. Der Unterschiedsbetrag sei erst bei Fälligkeit der nächsten Vorauszahlung auszugleichen (Ausgleichsviertel).
Das Finanzamt sei daher der Ansicht, dass die dargelegte Rechtfertigung - auch aufgrund der vom Gesetzgeber geforderten Sorgfaltspflicht in steuerlichen Belangen (im Besonderen bei der Einhaltung von Terminen und Fristen) - nicht ausreichen könne, um eine nur leichte Fahrlässigkeit zu begründen, um dem vom Gesetzgeber wohlüberlegten Interesses an einer ordnungsgemäßen Finanzgebarung und der vollständigen und pünktlichen Tilgung von Abgabenschuldigkeiten entgegenzuwirken.
Die Beschwerde wäre daher abzuweisen.

Mit Anbringen vom beantragte die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin die Stornierung des Säumniszuschlages 2022 vom über 512,90 €. Es sei leider Tatsache, dass die Vorschreibung der Einkommensteuervorauszahlung 01-03/2022 (Benachrichtigung) am Postweg verloren gegangen sei. Deswegen sei die fristgerechte Einzahlung übersehen worden. Da die Beschwerdeführerin kein Verschulden treffen würde und sie auch immer und ausnahmslos pünktlich Zahlung geleistet habe und weiterhin leisten werde, sei die Verhängung eines Säumniszuschlages wohl sehr hart und schwer begründbar. Somit werde um Stornierung des Säumniszuschlages ersucht.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag vom auf Aufhebung des Bescheides über die Festsetzung des Säumniszuschlages abgewiesen. Die Festsetzung des Säumniszuschlages sei erfolgt, weil die Einkommensteuervorauszahlung 01-03/2022 in Höhe von 25.645,00 € (fällig am ) erst mittels Überweisung am (somit verspätet) entrichtet worden sei. Die dreitätige Toleranzgrenze gemäß § 211 Abs. 2 BAO sei überschritten worden.
Die Vorschreibung eines Säumniszuschlages liege nicht im Ermessen der Abgabenbehörde, sondern erfolge zwingend gemäß den gesetzlichen Bestimmungen des § 217BAO. Die Bestimmung des § 217 Absatz 1 BAO normiere, dass der Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages allein davon abhängig sei, ob eine Abgabe spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werde. Damit sei im Anwendungsbereich des § 217 BAO unerheblich, aus welchen Gründen es zum Zahlungsverzug gekommen sei bzw. ob dieser irrtümlich, unverschuldet oder schuldhaft herbeigeführt worden sei. Ebenso unmaßgeblich sei, wie lange die Säumnis angedauert habe. Sein Zweck liege darin, die pünktliche Tilgung von Abgabenschulden sicherzustellen.
Den im Antrag vorgebrachten Argumenten werde seitens der Abgabenbehörde Folgendes entgegengehalten: Die Zahlungsverpflichtung für eine Vorauszahlung werde immer durch einen rechtskräftigen Bescheid (und nicht von einer Benachrichtigung) ausgelöst, in dem die Vorauszahlungsfälligkeiten (15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November) angeführt seien. Die Vorauszahlungen seien von sich aus zu diesen angegebenen Terminen zu entrichten. Die Fälligkeitstermine für die einzelnen Einkommensteuervorauszahlungen wären der Beschwerdeführerin aufgrund des Vorauszahlungsbescheides vom bekannt gewesen. Es liege am Abgabepflichtigen, Vorsorge für die rechtzeitige Entrichtung zu treffen. Diese Zahlungsverpflichtung bestehe unabhängig von der Zusendung einer vierteljährlichen Benachrichtigung (auf die kein Rechtsanspruch bestehe und nur eine Serviceleistung des Finanzamtes darstelle) und auch unabhängig von der nach Fälligkeit (am ) stattfindenden Kontoüberprüfung, bei der nicht mit einer Zahlung angelastete Abgabenbeträge nachgebucht würden.
Das Finanzamt sei daher der Ansicht, dass die dargelegte Rechtfertigung - auch auf Grund der vom Gesetzgeber geforderten Sorgfaltspflicht in steuerlichen Belangen (im Besonderen bei der Einhaltung von Terminen und Fristen) - nicht ausreichen könne, um eine nur leichte Fahrlässigkeit zu begründen, um dem vom Gesetzgeber wohlüberlegten Interesse an einer ordnungsgemäßen Finanzgebarung und der vollständigen und pünktlichen Tilgung von Abgabenschuldigkeiten entgegenzuwirken.
Ebenso stelle das Argument, dass Abgaben in der Regel termingerecht entrichtet würden -mangels einer vom Gesetzgeber hierfür geschaffenen gesetzlichen Bestimmung - keinen Grund dar, den Säumniszuschlag aufzuheben.
Der Antrag sei aus den genannten Gründen abzuweisen.

Mit Schreiben vom wurde gegen den Bescheid vom das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht. In § 217 Abs. 7 BAO stehe, dass ein Säumniszuschlag auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit nicht festzusetzen sei, als ihm beim Versäumnis kein grobes Verschulden (und dies sogar bei Selbstbemessungsabgaben, wo ein solcher doch viel strenger zu verhängen sein müsste!) treffe. Wenn die Kontobenachrichtigung durch die Post - wie sonst immer - nicht zugestellt werde, dann würde man eben darauf warten und überweise eben erst nach dem Erhalt oder eben nicht, weil es mangels Hinweis übersehen worden sei. Hier habe die Post gepatzt, somit liege eindeutig kein grobes Verschulden vor, höchstens ein Versehen. Das würde nicht einmal ein leichtes Verschulden erkennen lassen.
Es werde nochmals die Stornierung des Säumniszuschlages beantragt. Es möge bedacht werden, dass die Beschwerdeführerin seit Jahren die Abgaben immer pünktlich bezahlt habe.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurden im Wesentlichen die Argumente entsprechend dem angefochtenen Bescheid vom sowie in der Beschwerdevorentscheidung vom wiederholt.
Zum weiteren Vorbringen der steuerlichen Vertretung, dass die Beschwerdeführerin keine Benachrichtigung erhalten habe, weil die Post "gepatzt" habe, sei oben bereits zum dritten Mal ausgeführt worden, dass die Zahlungsverpflichtung für eine Vorauszahlung immer von einem rechtskräftigen Bescheid und nicht von einer Benachrichtigung ausgelöst werde. Informativ werde jedoch mitgeteilt, dass auch das Vorbringen der steuerlichen Vertretung, dass "die Post gepatzt habe" nicht der Aktenlage entsprechen würde. Die Abfrage der Subjektdaten ergäbe, dass für die Abgabepflichtige im FinanzOnline die elektronische Zustellung in die DataBox aktiviert sei. Auch Buchungsmitteilungen und Benachrichtigungen über Vierteljahresfälligkeiten würden mittels elektronischer Zustellung zugestellt. Diese Art der Zustellung werde vom Finanzamt nur über Antrag festgelegt. Dies bedeute, dass die elektronische Zustellung von der Beschwerdeführerin (bzw. von deren steuerlichen Vertreter) beantragt worden sei. Im System nicht festgelegt sei jedoch die Funktion "Verständigung mittels email über in der Databox hinterlegte Bescheide". Mitte Jänner sei die Benachrichtigung über die am fällig werdende Einkommensteuer 01-03/2022 in die DataBox zugestellt worden, da die elektronische Zustellung beantragt worden sei. Eine Verständigung über Eingänge in die Databox erfolge nur, wenn eine gültige und aufrechte Mail-Adresse in den Grunddaten gespeichert sei. Dies sei nach der Aktenlage im Gegenstandsfall nicht gegeben. Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass auch der Einkommensteuerbescheid 2020 sowie der Umsatzsteuerbescheid 2020 elektronisch zugestellt worden seien. Zusätzlich werde auf Begründung im angefochtenen Bescheid verwiesen.
Die Beschwerde sei aus den genannten Gründen als unbegründet abzuweisen.

Im Vorlageantrag vom wurde ausgeführt, dass die Beschwerdevorentscheidung vom keine Rechtswirksamkeit entfalten würde. Mit Schreiben vom 23. Mai sei klar und deutlich gemacht worden, dass die Beschwerdeführerin kein Verschulden treffen würde. Der Fehler liege bei der Post. Ob es einen rechtskräftigen Bescheid geben würde oder nicht, verlange § 217 BAO nicht. Er verlange ein grobes Verschulden und dieses liege hier nicht vor. Auf Antrag sei dann eben ein Säumniszuschlag nicht festzusetzen, zumal auch in den letzten sechs Monaten keinerlei Säumnis vorliegen würde.
Damit müsse die Beschwerdevorentscheidung zurückgewiesen werden. Es werde die umgehende Gutschrift des zu Unrecht verhängten Säumniszuschlages erwartet. Die beschwerdeführende Partei werde es langsam aber sicher müde, stets gegen derart überharte Rechtsauslegungen anzukämpfen. Offensichtlich würde die Finanzverwaltung vergessen, dass hinter jedem Abgabepflichtigen auch nur ein Mensch stehe und der könne auch einmal etwas übersehen. Aber da gleich mit voller Härte darüberzufahren sei leider in den letzten Jahren wohl eingerissen und brauche es wohl wirklich nicht. Es werde die umgehende Stornierung gemäß § 217 BAO erwartet.

Mit Bericht vom wurde die Beschwerdesache dem Bundesfinanzgericht vorgelegt. Nach Darlegung des Verfahrensablaufes wurde die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Mit Bescheid vom wurden die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2020 und Folgejahre mit 102.583,00 € festgesetzt. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass die festgesetzten Vorauszahlungen mit je einem Viertel jeweils am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November fällig sind.

Mit Benachrichtigung vom wurde die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass der Vorauszahlungsbetrag an Einkommensteuer für den Zeitraum 01-03/2022 in Höhe von 25.645,00 € am fällig wird.

Mit Bescheid vom wurde ein erster Säumniszuschlag iHv 512,90 € festgesetzt, weil die Einkommensteuervorauszahlung 01-03/2022 iHv 25.645,00 € nicht bis entrichtet worden war.

Am wurde die Einkommensteuervorauszahlung 01-03/2022 entrichtet.

Beweiswürdigung

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich aus der unstrittigen Aktenlage und steht daher zweifelsfrei fest.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

§ 217 BAO lautet auszugsweise:
(1) Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.
(2) Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.
(7) Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

Die Einkommensteuervorauszahlung für das erste Quartal 2022 war am fällig, wurde jedoch erst am und damit nicht zeitgerecht im Sinne des § 217 BAO entrichtet, sodass die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 2 BAO vorlagen.

Mit Antrag vom ersuchte die beschwerdeführende Partei den Säumniszuschlag zu stornieren und begründete dies damit, dass die Benachrichtigung am Postweg verloren gegangen sei und die Beschwerdeführerin daher an der Säumnis kein Verschulden treffe. Für die Beurteilung von Anbringen kommt es auf den Inhalt und auf das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes an. (vgl. Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I BAO3 2021)
Das gegenständliche Anbringen stellt unbestritten einen Antrag iSd § 217 Abs. 7 BAO dar.

Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft. Für die Herabsetzung des Säumniszuschlages bzw. die Unterlassung der Festsetzung eines solchen kommt es auf die Umstände der konkreten Säumnis an. Entscheidend ist nach der zitierten Gesetzesstelle, ob ihn an der Säumnis ein grobes Verschulden trifft. Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt (vgl. Ritz, BAO3, § 217, Tz 43). Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Keine leichte Fahrlässigkeit liegt aber vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt. (Grobes) Verschulden von Arbeitnehmern der Partei (oder des Parteienvertreters) ist nicht schädlich. Entscheidend ist diesfalls, ob der Partei selbst (bzw. ihrem Vertreter) grobes Verschulden, insbesondere grobes Auswahl- oder Kontrollverschulden anzulasten ist (vgl. auch hiezu Ritz, a.a.O., § 217 Tz 46). (Rechtssatz des )

§ 217 Abs. 7 BAO normiert einen Begünstigungstatbestand, welcher vom Antragsprinzip beherrscht wird. Dies bedeutet, der Grundsatz der Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung tritt gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund (vgl. ; ; ). Dieser hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen all jener Umstände aufzuzeigen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann. Aus dieser erhöhten Behauptungs- und Beweislast des Antragstellers folgt, dass es seine Sache ist, ein fehlendes grobes Verschulden an der Säumnis aufzuzeigen. Über das Vorbringen des Beschwerdeführers hinausgehende Feststellungen für eine nicht grob verschuldete verspätete Entrichtung der in Rede stehenden Abgabe sind daher nicht amtswegig zu treffen (vgl. ).

Gegenständlich wird zur Verschuldensfrage im Wesentlichen vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin aufgrund eines Fehlers der Post die Benachrichtigung über die Fälligkeit der Einkommensteuervorauszahlung 01-03/2022 nicht erhalten habe.

Zu den abgabenrechtlichen Pflichten zählt es, die Zahlungstermine auf Grund des Vorauszahlungsbescheides für die vierteljährlichen Vorauszahlungen evident zu halten und von sich aus wahrzunehmen. Auf die Zusendung einer zusätzlichen Information kurz vor Fälligkeit kommt es daher nicht an. Zur Übermittlung einer Benachrichtigung zu den Einkommensteuervorauszahlungsteilbeträgen seitens der Finanzverwaltung besteht keine gesetzliche Verpflichtung, vielmehr handelt es sich lediglich um eine Serviceleistung (z.B. ; ).

Es mag daher dahin gestellt bleiben, ob aufgrund eines Fehlers der Post die Benachrichtigung in Zusammenhang mit der Fälligkeit der Einkommensteuervorauszahlung 01-03/2022 nicht zugestellt wurde - wie die die beschwerdeführende Partei behauptet - , oder ob eine elektronische Zustellung in die DataBox erfolgt ist - wie das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung vom ausführt.

Unbestritten ist, dass der Vorauszahlungsbescheid vom der Beschwerdeführerin zugestellt wurde. Der Wortlaut "Die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2020 und Folgejahre werden festgesetzt mit102.583,00 €. Bis zur Zustellung eines neuen Bescheides sind die festgesetzten Vorauszahlungen mit je einem Viertel jeweils am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November fällig." lässt weder hinsichtlich Höhe noch hinsichtlich Fälligkeit Zweifel offen. Der Beschwerdeführerin war daher jedenfalls bekannt war, wann und in welcher Höhe die einzelnen Einkommensteuervorauszahlungen fällig werden.

Die Beschwerdeführerin nahm die Fristen für die Einkommensteuervorauszahlungen bereits in der Vergangenheit termingerecht wahr, weshalb davon auszugehen ist, dass ihr diese Systematik geläufig ist.

Auf einen bloßen Irrtum, Vergesslichkeit oder Nachlässigkeit zurückzuführendes Versehen kann ohne das Hinzutreten besonderer hierfür ausschlaggebender Umstände (noch) nicht als bloß minderer Grad des Verschuldens qualifiziert werden. Würden ein bloßer Irrtum oder schlichte Nachlässigkeit allein schon als Grund für die Nichtfestsetzung von Säumniszuschlägen anerkannt, liefe dies im Ergebnis auf die Bedeutungslosigkeit gesetzlicher Entrichtungsfristen und der Verpflichtung zu ihrer Wahrung hinaus. Welcher unvorhergesehene oder außergewöhnliche Umstand dazu führte, dass die Beschwerdeführerin die Einkommensteuervorauszahlung nicht fristgerecht entrichtet hat, obwohl ihr ja bewusst sein musste, dass sie am fällig ist, wurde nicht dargelegt.

Selbst wenn im vorliegenden Fall tatsächlich die Zusendung der Erinnerung unterblieben wäre, wäre es an der Beschwerdeführerin gelegen gewesen, auf Grund des Vorauszahlungsbescheides die Zahlungstermine evident zu halten und von sich aus wahrzunehmen; auf die Zusendung einer zusätzlichen Information kurz vor Fälligkeit kam es daher nicht an.

Insgesamt gesehen hat die Beschwerdeführerin nicht überzeugend dargetan, dass sie an der verspäteten Entrichtung der dem angefochtenen Säumniszuschlag zugrundeliegenden Einkommensteuervorauszahlung für das erste Quartal 2022 kein grobes Verschulden traf, weshalb § 217 Abs. 7 BAO nicht zur Anwendung gelangen kann.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da diese Voraussetzung im Beschwerdefall im Hinblick auf die oben wiedergegebene Rechtsprechung nicht vorliegt, war auszusprechen, dass die Revision nicht zulässig ist.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 253 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100552.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at