Erhöhte Familienbeihilfe bei dauernder Erwerbsunfähigkeit vor dem 21. Lebensjahr; Haushaltszugehörigkeit
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf.***, vertreten durch ***V.***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des damaligen Finanzamtes ***FA*** (nunmehr Finanzamt Österreich) vom zu Versicherungsnummer: ***000*** betreffend Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe für den Zeitraum "ab November 2019" zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) dahingehend abgeändert, dass der Antrag der beschwerdeführenden Partei vom hinsichtlich der Zeiträume November 2019 bis April 2020 abgewiesen wird.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit dem angefochtenen Bescheid vom wies das Finanzamt einen Antrag der Beschwerdeführerin (Bf.) auf Gewährung der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages ab, weil in einem neuerlichen Gutachten des Sozialministeriumservice vom eine vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetretene voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit nicht festgestellt worden sei und die Bf. im Haushalt ihrer Großmutter lebe.
Dagegen wurde mit Eingabe vom Beschwerde erhoben.
Nach Ergehen der Beschwerdevorentscheidung vom stellte die Bf. mit Eingabe vom einen Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag).
Mit der fristgerechten Einbringung des Vorlageantrages gilt die Bescheidbeschwerde wiederum als unerledigt (§ 264 Abs. 3 BAO).
Das Finanzamt legte in der Folge die Beschwerde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Aufgrund der Vorlage weiterer Beweismittel beauftragte das Bundesfinanzgericht das Finanzamt gemäß § 269 Abs. 2 BAO, ein die bisherigen Gutachten ergänzendes ärztliches Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen - Sozialministeriumservice - (§ 8 Abs. 6 FLAG 1967) zur Frage einzuholen, ob bei der Bf. als Folge einer körperlichen oder geistigen Behinderung eine voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetreten ist.
Die ärztliche Sachverständige des Sozialministeriumservice stellte im Gutachten vom , VOB: ***GA1***, in Verbindung mit der Gutachtensergänzung vom , VOB: ***GA2***, fest, dass die am ***TT.MM.1995*** geborene Bf. bei einem Gesamtgrad der Behinderung (GdB) von 60 v.H. seit Februar 2012 voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
Mit Beschluss vom wurde der Bf. die Gelegenheit gegeben, für die beschwerderelevanten Zeiträume von November 2019 bis einschließlich April 2020 unter Darstellung der tatsächlichen (Wohn-) Verhältnisse jene Argumente vorzutragen, die gegen eine einheitliche Wirtschaftsführung mit ihrer Großmutter im Rahmen einer Wohngemeinschaft (Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft) sprechen.
In einer beim Bundesfinanzgericht am eingelangten Stellungnahme brachte der Vertreter der Bf. im Wesentlichen Folgendes vor:
"1. Familiäre Situation
Die Großmutter der Bf. sei Eigentümerin einer Villa samt Garten in ***FA***. Sie sei in einem Alter jenseits der 80. Die Mutter der Bf. habe insgesamt vier Kinder: zwei Söhne, die längst selbsterhaltungsfähig seien, sowie zwei Töchter - die Bf. und eine 2003 geborene Tochter, die noch zur Schule gehe. Die Bf. weise einen IQ von nur 72 auf und sei durch Epilepsie zusätzlich eingeschränkt, was auch zum nunmehrigen Gutachtensergebnis des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen geführt habe. Sie bedürfe daher in allen komplexeren Dingen des Alltags einer Unterstützung. Die Mutter der Bf. sei lange Jahre als Stewardess beschäftigt und daher fast immer unterwegs gewesen, sodass überwiegend die Großmutter ihre Enkelkinder betreut habe und die Aufgaben einer Mutter wahrgenommen habe.
Im beschwerderelevanten Zeitraum ab 2019 habe die Mutter der Bf. ihre Tätigkeit als Stewardess bereits beendet und sei einer Berufstätigkeit nachgegangen.
2. Einheitliche Wirtschaftsführung
Die Bf. habe ab 2015 den Hauptwohnsitz bei der Großmutter gehabt und es habe bis einschließlich September 2019 auch eine einheitliche Wirtschaftsführung bestanden. Die Großmutter habe eingekauft, gekocht und sich um die Bedürfnisse der Bf. angenommen. Anfang September 2019 habe die Bf. eine Beziehung mit einem albanischen Immigranten begonnen, lebe nun zusammen mit ihm an ihrer nunmehrigen Adresse und habe mit ihm ein Kind. Der Freund der Bf., dem die Großmutter nur geringe Sympathie entgegengebracht habe, habe sich im gesamten Haus breitgemacht und es als selbstverständlich vorausgesetzt, dass auch er verköstigt werde. Er habe auch mehr oder minder regelmäßig übernachtet, wobei es naturgemäß für die Großmutter zu unangenehmen Lärmbelästigungen gekommen sei. Da Vorhaltungen an die Bf. und ein "Hausverbot" gegen den Freund ergebnislos geblieben seien, habe auf Verlangen der Großmutter Anfang Oktober ein Gespräch stattgefunden, an welchem die Bf., ihre Mutter und ein Bruder der Bf. teilgenommen hätten.
Die Großmutter habe dargelegt, dass der oben geschilderte Zustand aufgrund ihres Alters für sie unzumutbar sei und die Bf. umgehend ausziehen müsse. Die Mutter der Bf. arbeite und lebe ebenfalls in ***FA***, sodass die Bf. wieder zu ihr ziehen könne. Wenn es an Platz mangle, sei sie bereit, statt der Bf. die andere Enkelin bei sich aufzunehmen. Die Mutter der Bf., der die Probleme bereits bekannt gewesen seien, habe vor diesem Gespräch schon den Kontakt mit den Eltern des Freundes der Bf. gesucht und festgestellt, dass diese bestens integriert seien und beide untertags regelmäßig arbeitstätig seien. Sie hätten die Beziehung des Sohnes infolge der Einschränkungen der Bf. allerdings nur beschränkt positiv gesehen, sodass sie nicht bereit gewesen seien, die Bf. bei sich aufzunehmen. Allerdings hätten sie sich bereit erklärt, untertags, also während ihrer Arbeitstätigkeit, die Benützung ihrer Wohnung zu dulden.
Es sei also bei der oben geschilderten Besprechung Anfang Oktober folgender Kompromiss zustande gekommen:
Die Mutter der Bf. habe mit sofortiger Wirkung die "Obsorge" für die Bf. übernommen, also sie habe den Einkauf, die Wäsche und die Unterstützung in den erforderlichen Dingen des täglichen Lebens übernommen. Sie habe sich gegenüber der Großmutter ehrenwörtlich verpflichtet, mit gebotener Anstrengung und schnellst möglich eine leistbare Wohnung für die Bf. zu besorgen. Die Großmutter habe bis dahin der Bf. gestattet, weiterhin bei ihr zu wohnen, allerdings nur dann, wenn sie den Freund nicht mitbringe. Sie werde nur mehr in Ausnahmefällen für die Bf. kochen. Die Bf. und ihr Freund könnten untertags, nämlich wenn die jeweiligen Wohnungsinhaber infolge Arbeitstätigkeit nicht anwesend wären, entweder die Wohnung der Eltern des Freundes, die Wohnung des Bruders der Bf. oder die Wohnung der Mutter der Bf. benützen. Für Verpflegung müssten die Bf. und ihr Freund selbst Sorge tragen. In diesem Zusammenhang sei auch eine Erhöhung des Taschengeldes der Bf. beschlossen worden.
Diese Vereinbarung sei in der Folge auch mehr und minder umgesetzt worden. Die Mutter der Bf. habe dann in Wahrnehmung dieser "Obsorge" auch den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Familienbeihilfe für die Bf. gestellt, damit dieser daraus noch ein weiteres Taschengeld zukomme.
Der Vertreter der Bf. sei gebeten worden, den zuständigen Richter des Bundesfinanzgericht zu ersuchen, in dieser Rechtsfrage kein umfangreiches Beweisverfahren durchzuführen, sondern nach freiem Ermessen zu entscheiden. Dies deshalb, weil es letztlich irrelevant sei, ob die Familienbeihilfe für diesen beschränkten Zeitraum der Großmutter oder der Bf. zukomme. Sollte das Bundesfinanzgericht zur Rechtsansicht gelangen, dass die Großmutter antragsberechtigt gewesen sei, so sei ja die Fünfjahresfrist noch nicht abgelaufen und es könnte von dieser ein neuer Antrag gestellt werden. Allerdings würde sie dies mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht tun.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Das Bundesfinanzgericht sieht es als erwiesen an, dass die am ***TT.MM.1995*** geborene Beschwerdeführerin (Bf.) voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und dies bereits vor dem 21. Lebensjahr eingetreten ist.
Die Bf. war in den Zeiträumen von November 2019 bis einschließlich April 2020 bei ihrer Großmutter haushaltszugehörig.
Rechtslage
Gemäß § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 - FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Nach § 2 Abs. 3 FLAG 1967 sind Kinder einer Person
a) deren Nachkommen,
b) deren Wahlkinder und deren Nachkommen,
c) deren Stiefkinder,
d) deren Pflegekinder (§§ 186 und 186a des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches)
Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind gemäß § 2 Abs. 5 FLAG 1967 dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn
a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,
b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,
c) sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4).
Gemäß § 6 Abs. 1 und 2 lit. d FLAG 1967 haben volljährige Vollwaisen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn
a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und
c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist, und
und wenn sie wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, sofern die Vollwaise nicht einen eigenständigen Haushalt führt; dies gilt nicht für Vollwaisen, die Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, sind, sofern die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, auf sie Anwendung finden.
Gemäß § 6 Abs. 5 FLAG 1967 haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3). Erheblich behinderte Kinder im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. c, deren Eltern ihnen nicht überwiegend den Unterhalt leisten und die einen eigenständigen Haushalt führen, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 und 3).
Für ein Kind wird Familienbeihilfe nur einer Person gewährt (§ 7 FLAG 1967).
Gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 erhöht sich die Familienbeihilfe für jedes Kind, das erheblich behindert ist.
Als erheblich behindert gilt ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 vH betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen (§ 8 Abs. 5 FLAG 1967).
Gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 ist der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen.
Nach der Bestimmung des § 8 Abs. 7 FLAG 1967 gelten die Abs. 4 bis 6 sinngemäß für Vollwaisen, die gemäß § 6 Anspruch auf Familienbeihilfe haben.
Die Familienbeihilfe wird gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.
Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe werden für höchstens fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt (§ 10 Abs. 3 FLAG 1967).
Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung
Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt vorgelegten Verwaltungsakten, insbesondere aus den im Wege des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen(Sozialministeriumservice) erstellten Sachverständigengutachten sowie aus den Angaben und Vorbringen der beschwerdeführenden Partei.
Im Spruch des angefochtenen Bescheides hat das Finanzamt über die Zeiträume "ab November 2019" abgesprochen. Damit ist auch die Entscheidungsbefugnis des Bundesfinanzgerichtes auf diese Zeiträume beschränkt.
Ein Eigenanspruch auf Familienbeihilfe besteht für minderjährige (§ 6 Abs. 1) und volljährige (§ 6 Abs. 2) Vollwaisen sowie für (ebenfalls minderjährige oder volljährige) Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und die aus diesem Grund den Vollwaisen gleichgestellt sind (§ 6 Abs. 5; sog " Sozialwaisen"; vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 6 Rz 2).
Voraussetzung für den Erhöhungsbetrag ist, dass der Grundbetrag an Familienbeihilfe zusteht. Das bedeutet, dass bei volljährigen Kindern, denen nicht schon aus anderen Gründen als aus dem Titel der Behinderung der Grundbetrag an Familienbeihilfe zusteht, der Grad der Behinderung ohne jede Bedeutung ist, und würde er auch 100 % betragen. Besteht also keine vor Vollendung des 21. Lebensjahres (oder - im Beschwerdefall nicht bedeutsam - während einer Berufsausbildung vor Vollendung des 25. Lebensjahres) eingetretene voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, steht weder Grund- noch Erhöhungsbetrag zu. Besteht eine derartige Unterhaltsunfähigkeit, stehen sowohl Grund- als auch Erhöhungsbetrag zu (Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 8 Rz 18 u. 19).
§ 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 stellt darauf ab, dass der Vollwaise auf Grund einer zu einem bestimmten Zeitpunkt eingetretenen Behinderung außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Eine derartige geistige oder körperliche Behinderung kann durchaus die Folge einer Krankheit sein, die schon seit längerem vorliegt (bei angeborenen Krankheiten oder genetischen Anomalien etwa seit Geburt), sich jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt manifestiert. Erst wenn diese Krankheit zu einer derart erheblichen Behinderung führt, welche die Erwerbsunfähigkeit bewirkt, ist der Tatbestand des § 6 Abs. 2 lit. d erfüllt. Mithin kommt es weder auf den Zeitpunkt an, zu dem sich eine Krankheit als solche äußert, noch auf den Zeitpunkt, zu welchem diese Krankheit zu (irgend)einer Behinderung führt. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, zu dem diejenige Behinderung (als Folge der allenfalls schon länger bestehenden Krankheit) eintritt, welche die Erwerbsunfähigkeit bewirkt (Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 8 Rz 20).
Im vorliegenden Beschwerdeverfahren geht es zunächst im Wesentlichen um die Frage, ob die Voraussetzung des § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967, nämlich der Nachweis einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres (oder - im Beschwerdefall nicht bedeutsam - während einer Berufsausbildung vor Vollendung des 25. Lebensjahres) eingetretenen voraussichtlich dauernden Unfähigkeit, sich aufgrund einer körperlichen oder geistigen Behinderung selbst den Unterhalt zu verschaffen, für einen (zeitlich unbegrenzten) Familienbeihilfenanspruch vorliegt.
Das Bundesfinanzgericht sieht es als erwiesen an, dass die Bf. voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und dies bereits vor dem 21. Lebensjahr eingetreten ist.
Diese Annahme stützt sich im Wesentlichen auf das Sachverständigengutachten (nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010) des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, BASB Landesstelle OÖ, vom , VOB: ***GA1***, in Verbindung mit der als "Stellungnahme" bezeichneten Gutachtensergänzung vom , VOB: ***GA2***, in der festgestellt wurde, dass die am ***TT.MM.1995*** geborene Bf. bei einem Gesamtgrad der Behinderung (GdB) von 50 v.H. (vorliegend seit 02/2012) bzw. 60 v.H. (vorliegend seit 10/2020) seit Februar 2012 voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis , ausgeführt, dass sich aus Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 8 Abs. 6 FLAG ergebe, dass der Gesetzgeber nicht nur die Frage des Grades der Behinderung, sondern (bereits seit 1994) auch die (damit ja in der Regel unmittelbar zusammenhängende) Frage der voraussichtlich dauernden Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, der eigenständigen Beurteilung der Familienbeihilfenbehörden entzogen und dafür ein qualifiziertes Nachweisverfahren eingeführt habe, bei dem eine für diese Aufgabenstellung besonders geeignete Institution eingeschaltet werde und der ärztliche Sachverstand die ausschlaggebende Rolle spiele. Dem dürfte die Überlegung zugrunde liegen, dass die Frage, ob eine behinderte Person voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, nicht schematisch an Hand eines in einem bestimmten Zeitraum erzielten Einkommens, sondern nur unter Berücksichtigung von Art und Grad der Behinderung bzw. der medizinischen Gesamtsituation der betroffenen Person beurteilt werden könne. Damit könne auch berücksichtigt werden, dass gerade von behinderten Personen immer wieder - oft mehrmals - Versuche unternommen werden, sich in das Erwerbsleben einzugliedern, bei denen jedoch die hohe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass sie aus medizinischen Gründen auf längere Sicht zum Scheitern verurteilt sein würden. Der Gesetzgeber habe daher mit gutem Grund die Beurteilung der Selbsterhaltungsfähigkeit jener Institution übertragen, die auch zur Beurteilung des Behinderungsgrades berufen sei. Die Beihilfenbehörden hätten bei ihrer Entscheidung jedenfalls von dieser durch ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigung auszugehen und könnten von ihr nur nach entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung abgehen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seiner Rechtsprechung (siehe etwa , oder ) der Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes angeschlossen.
Bei der Antwort auf die Frage, ob eine solche Behinderung, die zur Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, führt, vor Vollendung des 21. Lebensjahres (oder während einer Berufsausbildung vor Vollendung des 25. Lebensjahres) eingetreten ist, sind sohin die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht an die der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen zugrundeliegenden Gutachten gebunden und dürfen diese nur insoweit prüfen, ob sie schlüssig und vollständig sind und im Falle mehrerer Gutachten nicht einander widersprechen (vgl. etwa ; und , mwN).
Auch das Bundesfinanzgericht hat somit für seine Entscheidung die ärztlichen Sachverständigengutachten heranzuziehen, sofern diese als schlüssig und vollständig anzusehen sind.
Die ärztliche Sachverständige des Sozialministeriumservice ist auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen und hat sämtliche von der Bf. vorgelegten Unterlagen und Befunde berücksichtigt.
Auch die belangte Behörde behauptet nicht, dass die vom Sozialministeriumservice eingeholten Gutachten nicht schlüssig und vollständig wären, sodass auch das Bundesfinanzgericht diese Bescheinigungen des Sozialministeriumservice dem gegenständlichen Erkenntnis zu Grunde zu legen hat.
Bei dieser Sach- und Beweislage liegen die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967, nämlich der Nachweis, dass die Bf. wegen einer körperlichen oder geistigen Behinderung vor Vollendung des 21. Lebensjahres voraussichtlich außerstande gewesen ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, vor.
Voraussetzung für den Eigenanspruch ist, dass keiner anderen Person für das Kind Familienbeihilfe zu gewähren ist (§ 6 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 FLAG 1967; Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 6 Rz 2).
Da die Familienbeihilfe für einen Monat nicht geteilt werden kann und nur einmal pro Monat (§ 10 Abs. 4 FLAG 1967) an eine einzige Person (§ 7 FLAG 1967) gewährt werden kann, ist zu beurteilen, wer diese Person ist. Der Anspruch auf Familienbeihilfe setzt nämlich voraus, dass nicht jemand anderer zu deren Bezug berechtigt ist.
Zunächst ist gemäß § 2 Abs. 2 erster Satz FLAG 1967 diejenige Person anspruchsberechtigt, zu deren Haushalt ihr Kind (§ 2 Abs. 3 FLAG 1967) gehört. Auch eine Vollwaise kann beispielsweise bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit ihrer Großmutter teilen, weshalb dieser Familienbeihilfe zu gewähren ist. Die Höhe der von der Großmutter erbrachten Unterhaltsleistung ist dabei irrelevant.
Teilt keine Person die Wohnung mit dem Kind (das Kind führt einen eigenen Haushalt oder teilt die Wohnung mit einer Person, zu der keine Kindeseigenschaft nach § 2 Abs. 3 leg. cit. besteht), ist die Person anspruchsberechtigt, die die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt (§ 2 Abs. 2 zweiter Satz; ).
Zuletzt besteht für minderjährige oder volljährige Vollwaisen ein grundsätzlicher Eigenanspruch auf Familienbeihilfe (sofern sie nicht die Wohnung mit einer Person teilen, zu der Kindeseigenschaft nach § 2 Abs. 3 besteht). Gleiches gilt für die diesen Vollwaisen nach § 6 Abs. 5 FLAG 1967 gleichgestellten Kindern (siehe Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG2 § 6 Rz 3 zur Reihenfolge der Anspruchsprüfung).
Das Finanzamt steht auf dem Standpunkt, dass hinsichtlich der Zeiträume November 2019 bis einschließlich April 2020 die Großmutter der Bf. anspruchsberechtigt sei. Die Behörde stellte fest, dass die Bf. in den genannten Zeiträumen bei ihrer Großmutter wohnte.
Die Bf. führte in diesem Zusammenhang in Punkt 2. ihrer an das Finanzamt gerichteten Eingabe vom ("Ergänzendes Vorbringen") zunächst Folgendes ins Treffen:
"Unzutreffend ist die Feststellung der Behörde, dass die Antragstellerin im Zeitraum bis im Haushalt der Großmutter lebte. Sie hatte dort lediglich ihren Hauptwohnsitz, weil die Wohnung der Mutter, die auch noch für eine schulpflichtige Tochter zu sorgen hat, platzmäßig nicht ausreichte, bzw. sich hier unzumutbar beengte Wohnverhältnisse ergaben. Gemäß § 2 Abs. 5 FLAG gehört zum Haushalt einer Person ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Haushaltsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Großmutter hatte eine unentgeltliche Wohngelegenheit zur Verfügung gestellt, jedoch keineswegs im Sinne einer einheitlichen Wirtschaftsführung Unterhalt in Geld oder Naturalien geleistet. Sie hatte hiefür auch bei lebenden Kindeseltern keine Veranlassung, da ja Großeltern nur subsidiär unterhaltspflichtig sind. Ihren Lebensunterhalt hatte die Antragstellerin, wie auch jetzt teilweise, aus unregelmäßigen Zuwendungen der Mutter, des in Italien lebenden Vaters, des Bruders und aus den Einkünften aus kurzfristigen und infolge Krankheit gescheiterten Arbeitsverhältnissen bestritten. Da von niemandem in dem in Frage stehenden Zeitraum Familienbeihilfe bezogen wurde, war die Antragstellerin gem. § 6 Abs.5 FLAG berechtigt für sich selbst diesen Antrag zu stellen, da niemand überwiegend Unterhalt leistete."
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) ist die Frage, ob für einen bestimmten Zeitraum Familienbeihilfe zusteht, an Hand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten. Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe ist, wie sich dies den Regelungen des § 10 Abs. 2 und 4 FLAG 1967 entnehmen lässt, der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruches für ein Kind kann somit je nach Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (vgl. etwa ).
§ 2 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967 stellt den Familienbeihilfenanspruch grundsätzlich auf die Haushaltszugehörigkeit mit einem Kind ab und nur subsidiär (§ 2 Abs. 2 Satz 2 FLAG 1967) darauf, welche Person die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt. Auf die Unterhaltspflicht der diese Unterhaltskosten überwiegend tragenden Person kommt es nicht an (vgl. ).
Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind gemäß § 2 Abs. 5 FLAG 1967 dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Bedingungen einer Haushaltszugehörigkeit sind in § 2 Abs. 5 FLAG 1967 näher umschrieben. So kommt es ausschließlich auf die einheitliche Wirtschaftsführung mit dem Kind im Rahmen einer Wohngemeinschaft (Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft) an (vgl. ; ; ).
Der Bf. wurde die Gelegenheit gegeben, für die beschwerderelevanten Zeiträume von November 2019 bis einschließlich April 2020 unter Darstellung der tatsächlichen (Wohn-) Verhältnisse jene Argumente vorzutragen, die gegen eine einheitliche Wirtschaftsführung mit ihrer Großmutter im Rahmen einer Wohngemeinschaft (Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft) sprechen, und diese Argumentation durch entsprechende Beweismittel zu untermauern.
In der beim Bundesfinanzgericht am eingelangten und unter Punkt I. (Verfahrensgang) dieses Erkenntnisses dargestellten Stellungnahme brachte der Vertreter der Bf. nunmehr vor, dass die Bf. ab 2015 den Hauptwohnsitz bei der Großmutter gehabt habe und bis einschließlich September 2019 auch eine einheitliche Wirtschaftsführung bestanden habe.
Für die Zeiträume ab November 2019 wird eine Vereinbarung ins Treffen geführt, nach der die Mutter der Bf. die "Obsorge" im Sinne einer Unterstützung in den erforderlichen Dingen des täglichen Lebens übernommen habe und sich gegenüber der Großmutter verpflichtet habe, schnellst möglich eine leistbare Wohnung für die Bf. zu besorgen. Die Großmutter wiederum habe der Bf. bis dahin - unter näher dargestellten Bedingungen - gestattet, weiterhin bei ihr zu wohnen. Auch eine Erhöhung des Taschengeldes der Bf. sei beschlossen worden.
Gemäß § 166 Bundesabgabenordnung (BAO) kommt als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhalts geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.
Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. für viele ) ist von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.
Zwischen den Verfahrensparteien ist unstrittig, dass die Bf. ab nicht mehr bei ihrer Großmutter haushaltszugehörig war.
Aus den vom Finanzamt angeführten Meldedaten des Zentralen Melderegisters geht hervor, dass die Bf. von bis bei ihrer Großmutter in ***Adr.***, mit Hauptwohnsitz gemeldet war.
Am beantragte die Großmutter der Bf. beim Finanzamt die Zuerkennung der Familienbeihilfe. Aus der an die Großmutter der Bf. ergangenen Mitteilungen nach § 12 Abs. 1 FLAG 1967 vom und vom ist ersichtlich, dass die Großmutter der Bf. für die Zeiträume Oktober 2015 und November 2015 die Familienbeihilfe auch bezogen hat.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind polizeiliche Meldebestätigungen nicht geeignet, vollen Beweis über die tatsächlichen Verhältnisse zu liefern, können jedoch ein - widerlegbares - Indiz hiefür sein ( mwN).
Nach der ständigen Rechtsprechung korrespondiert dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens die Pflicht der Parteien, an der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken. Das Offizialprinzip entbindet die Parteien nicht davon, durch ein substantiiertes Vorbringen zur Ermittlung des Sachverhalts beizutragen, wenn es einer solchen Mitwirkung bedarf. Dort, wo es der Behörde nicht möglich ist, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ohne Mitwirkung der Partei festzustellen, ist von einer Mitwirkungspflicht der Partei auszugehen. Die Mitwirkungspflicht der Partei ist gerade dort von Bedeutung, wo ein Sachverhalt nur im Zusammenwirken mit der Partei geklärt werden kann, weil die Behörde außerstande ist, sich die Kenntnis von ausschließlich in der Sphäre der Partei liegenden Umständen von Amts wegen zu beschaffen ( und die dort angeführte Judikatur).
Der Vertreter der Bf. brachte in der bereits erwähnten Stellungnahme vom auch vor, dass die dort (unter Punkt 2. geschilderte, für die Zeiträume November 2019 bis April 2020 relevante Vereinbarung zwischen der Mutter und der Großmutter der Bf. in der Folge auch "mehr und minder" umgesetzt worden sei.
Den Darstellungen in dieser Stellungnahme war daher insgesamt weniger Beweiskraft dafür zuzumessen, dass in den genannten Zeiträumen kein gemeinsamer Haushalt mehr im Sinne des § 2 Abs. 5 FLAG 1967 bestanden habe.
Für diese Zeiträume ist unbestritten, dass die Bf. mit ihrer Großmutter eine Wohnung geteilt hat. Unter dem Aspekt der Wirtschaftsführung brachte der Vertreter der Bf. zudem vor, dass ab Oktober 2019 die Mutter der Bf. die Unterstützung in den erforderlichen Dingen des täglichen Lebens übernommen habe.
Bei der vorliegenden Beweislage, insbesondere in Anbetracht des Umstandes, dass die Großmutter der Bf. gestattete, weiterhin bei ihr zu wohnen, und der verbleibenden Zweifel, inwieweit die in der Stellungnahme vom dargestellte Vereinbarung - wie vom Vertreter der Bf. vorgebracht ("mehr und minder") - auch tatsächlich umgesetzt wurde, geht daher das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung davon aus, dass der Bf. hinsichtlich der genannten Zeiträume von November 2019 bis einschließlich April 2020 ein Eigenanspruch auf Familienbeihilfe aufgrund der Haushaltszugehörigkeit zu ihrer Großmutter nicht zukommt.
Aus den dargestellten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Revisionsmodell soll sich nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP, 16). Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt ().
Das vorliegende Erkenntnis beruht im Wesentlichen auf der Beweiswürdigung, ob bei der Beschwerdeführerin eine voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, vor dem 21. Lebensjahr vorlag, und ob bzw. in welchen Zeiträumen die Beschwerdeführerin bei ihrer Großmutter haushaltszugehörig war.
Die im Rahmen der freien Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen weisen keine über den Beschwerdefall hinausgehende Bedeutung auf. Das Erkenntnis folgt zudem in der Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfragen der zitierten Rechtsprechung des VwGH.
Die Revision ist daher gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Linz, am
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 6 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100435.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at