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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.09.2022, RV/7101986/2022

Verspätungszuschlag bei verspäteter Abgabe einer UVA

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***5*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***6***, vertreten durch ***7***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom über die Festsetzung eines Verspätungszuschlages hinsichtlich der Vorauszahlung an Umsatzsteuer für den Zeitraum 10-12/2020, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I.Streitpunkt

Strittig ist, ob die Festsetzung eines Verspätungszuschlages dem Grunde wie der Höhe nach zu Recht erfolgte.

II.Verfahrensgang

II.1.Verfahren vor dem Finanzamt Österreich

Die Beschwerdeführerin, eine GmbH, im folgenden abgekürzt "die Bf., traf im Jahr 2020 die Verpflichtung zur Einreichung von vierteljährlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen. Da sie die Voranmeldung für die Umsatzsteuer 10-12/2020 nicht bzw. verspätet eingereicht hat, hat das Finanzamt Österreich mit Bescheid vom gegen die Bf. einen Verspätungszuschlag gem. § 135 BAO in Höhe der Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für den Zeitraum 10-12/2020 iHv EUR 16.046,40 mit 8%, das sind EUR 1.283,71, festgesetzt.

Dagegen hat die steuerliche Vertretung der Bf. mit Anbringen vom Beschwerde erhoben und beantragt, den Bescheid vom aufzuheben. Begründend wurde ausgeführt, "dass die UVA 10-12/2020 im Februar 2021auf dem Postweg übermittelt wurde. Da seitens des Finanzamtes keine Buchung erfolgte, wurde die UVA dann vor der gesetzten Frist direkt in Finanzonline erfasst. Es ist daher die Festsetzung eines Verspätungszuschlages für Umsatzsteuer10-12/2020 in Höhe von € 1.283,71 zu Unrecht erfolgt, da mit Buchung vom die Umsatzsteuerfür10-12/2020 bezahlt wurde."

Mit Ergänzungsersuchen vom ersuchte das Finanzamt um Vorlage einer entsprechenden Bestätigung über die Aufgabe der UVA auf dem Postweg. Im Ergänzungsersuchen wurde auch darauf hingewiesen, dass UVAs grundsätzlich elektronisch einzureichen sind und gefragt, warum diese UVA auf dem Postweg übermittelt wurde.

Mit Anbringen vom beantwortete die steuerliche Vertretung der Bf. das Ergänzungsersuchen wie folgt: "Wie schon mitgeteilt, erfolgte damals postalische Einreichung und wird in der Beilage das diesbezügliche Schreiben samt Beilagen, die UVA liegt Ihnen bereits vor, übermittelt. Dazu wird ergänzend ausgeführt, dass damals die Situation so war, dass, wie im beiliegendem Schreiben vom dargelegt, ein Guthaben von einer anderen Steuernummer auf die ***4*** GmbH überrechnet wurde und noch nicht absehbar war, wann entsprechende Gutschrift erfolgt, wobei es damals jedenfalls teilweise weitaus längere Bearbeitungszeiten insbesondere coronabedingt gab. Aus diesem Grund erfolgte auch postalische Übermittlung der gemeinsamen relevanten Unterlagen, wie sich aus beiliegendem Schreiben ergibt. Auch die Absendung des Schreibens kann durch eine Kopie des Postausgangsbuches dokumentiert werden. Es wird sohin weiterhin höflich gebeten, den verhängten Verspätungszuschlag im Hinblick auf die damals aus den genannten Gründen gewählte Vorgangsweise zu beheben, wobei ja auch die beantragte Überrechnung dann It. Antrag vom entsprechend mit Wirkung durchgeführt wurde."

Dem Anbringen wurde ein mit datiertes Schreiben mit dem Betreff "Überrechnungsantrag an die Bf. und Umsatzsteuervoranmeldung" beigelegt. Dieses Schreiben weist folgenden Text auf und ist nicht unterschrieben: "Sehr geehrte Damen und Herren, wir geben bekannt, dass Übertragung von € 18.000,00 von unserem Klienten, von dessen Steuernummer: ***1*** auf das Steuerkonto der Bf., Steuernummer: ***2*** mit It. Beilage vorgenommen wurde. Damit wird die sich aus beiliegender Umsatzsteuervoranmeldung der Bf. für das 4. Quartal 2020 bestehende Zahllast abgedeckt. Wir bitten höflich um konforme Buchung, sohin keinen SZ festzusetzen, auch wenn die Überrechnung - aus welchen organisatorischen Gründen immer - nicht gleich durchgeführt werden sollte. Deshalb wird das hiermit schriftlich mitgeteilt."

In diesem Schreiben werden auch zwei Beilagen laut Text angekündigt. Tatsächlich wurde nur eine Beilage beigelegt, nämlich eine Abschrift des elektronisch am eingebrachten Antrags auf Übertragung eines Geldbetrages innerhalb der Finanzbuchhaltung iHv EUR 18.000,00. Die UVA für 10-12/2020 findet sich nicht als Beilage.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung eines Verspätungszuschlages vom als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wird festgehalten:

"Lt. der Beschwerde vom wurde die UVA 10-12/2020 im Februar 2021 auf dem Postweg übermittelt. Die übrigen UVAs wurden alle elektronisch übermittelt. Zur Klärung des Sachverhaltes, warum diese UVA nicht elektronisch, sondern auf dem Postweg übermittelt worden war, wurde ein Vorhalt versendet. Dieser wurde nicht beantwortet bzw. konnte auch keine Aufgabebestätigung vorgelegt werden.

Gern. § 135 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, einen Verspätungszuschlag bis zu 10% der festgesetzten bzw. selbstberechneten Abgabe auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar war.

Es scheint äußert unglaubwürdig, dass diese UVA auf dem Postweg übermittelt wurde, da doch ansonsten die UVAs elektronisch eingebracht werden. Außerdem handelt es sich hierbei nicht um ein einmaliges Versehen. Seit 2019 wurden sämtliche UVAs verspätet eingereicht. Neben der wiederholten verspäteten Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen wurden auch die Lohnabgaben im laufenden Jahr immer wieder verspätet eingebracht und die Erklärungen 2018 und 2019 bisher nicht übermittelt. Aufgrund des Ausmaßes der Fristüberschreitung (UVA 10-12/2020 eingereicht am ) und des dadurch entstandenen hohen finanziellen Vorteils sowie der wiederholten Missachtung abgaberechtlicher Pflichten war Ihre Beschwerde abzuweisen."

Nach zweimaliger Fristverlängerung brachte die steuerliche Vertretung einen Vorlageantrag ein und stellte den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Inhaltlich wird auf die Vorhaltsbeantwortung vom verwiesen, die "offensichtlich nicht mehr berücksichtigt werden konnte. Ergänzend wird - wie schon in der Beschwerde vom ausgeführt, dass die UVA 10-12/2020 im Februar 2021 auf dem Postweg übermittelt wurde. Da seitens des Finanzamtes keine Buchung erfolgte, wurde die UVA dann vor der gesetzten Frist direkt in Finanzonline erfasst. Es ist daher die Festsetzung eines Verspätungszuschlages für Umsatzsteuer 10-12/2020 in Höhe von € 1.283,71 zu Unrecht erfolgt, da mit Buchung vom die Umsatzsteuer für 10-12/2020 bezahlt wurde. Es wird daher höflich beantragt, der Beschwerde vom stattzugeben, den Bescheid vom aufzuheben und den festgesetzten Verspätungszuschlag wieder gutzubuchen."

Als Beilage zum Vorlageantrag findet sich die Beantwortung des Ergänzungsvorhaltes vom .

II.2. Verfahren vor dem BFG

Die Beschwerde wurde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Im Vorlagebericht führte das Finanzamt nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der relevanten Gesetzesstelle (§ 21 UStG 1994), aus der sich eine Pflicht zur elektronischen Abgabe einer Umsatzsteuervoranmeldung bis spätestens am 15. Tag des auf einen Voranmeldungszeitraum zweitfolgenden Kalendermonates ergibt, aus, dass "im vorliegenden Fall die UVA 10-12/2020, aus der eine Zahllast von € 16.046,40 resultierte, erst am über FinanzOnline eingebracht wurde. Von der Beschwerdeführerin wurde zwar behauptet, dass diese UVA bereits im Februar 2021 per Post eingereicht worden wäre, jedoch scheint im Posteingang der Abgabenbehörde kein entsprechender Schriftsatz auf, und von der Beschwerdeführerin wurde trotz Aufforderung kein Nachweis über die Postaufgabe vorgelegt. Es wurde auch nicht dargelegt, weshalb die Erklärungsabgabe im Gegensatz zu den Vorperioden, in denen sie, wie vom Gesetzgeber vorgesehen ist, elektronisch erfolgte, per Post erfolgen musste. Mit der Vorhaltsbeantwortung vom wurde nur ein nicht unterfertigtes Schreiben vom an das Finanzamt vorgelegt, das sich im Posteingang der Abgabenbehörde nicht findet. In diesem Schreiben wird bekanntgegeben, dass die Überrechnung eines Betrages von € 18.000 vom Konto eines Klienten vorgenommen worden wäre, womit die aus der dem Schreiben als eine von zwei Beilagen angeblich beigelegten UVA ergebende Zahllast abgedeckt sei. Tatsächlich erfolgte am die Gutschrift der Überrechnung eines Guthabens ohne Verrechnungsweisung über € 18.000, die am beantragt worden war.

Wie auf dem Abgabenkonto ersichtlich ist, entrichtet die Beschwerdeführerin nie konkrete Beträge mit Verrechnungsweisung, sondern erzeugt durch Überrechnungen Guthaben, von denen dann die laufend gemeldeten Lohnabgaben und Umsatzsteuervorauszahlungen abgebucht werden. Die Umsatzsteuervoranmeldungen wurden zuletzt mehrmals erst nach schriftlicher Erinnerung mit Schreiben des Finanzamtes vom , , und verspätet abgegeben. Auch aus diesem Grund war nunmehr die Auferlegung eines Verspätungszuschlags angebracht. Da grundsätzlich vom Gesetz vorgesehen war, dass die Übermittlung der UVA 10-12/2020 bis zum elektronisch zu erfolgen hatte, was nach Aufforderung vom aber erst am über FinanzOnline erfolgte, wird die Abweisung der Beschwerde beantragt."

Der zuständige Sachbearbeiter übermittelte dem BFG nach Rücksprache noch einen Screenshot der Posteingänge des Jahres 2021 beim Finanzamt Österreich zur aktuellen Steuernummer des Bf.. Darin wurde keine UVA-Voranmeldung für 10-12/2020 in Papierform vermerkt.

Mit Vorhalt vom , zugestellt am , richtete das BFG einen Vorhalt an die Bf.: "In Ihrer Vorhaltsbeanwortung vom an das Finanzamt beziehen Sie sich auf ein beiliegendes Schreiben vom . Dieses Schreiben vom liegt auch bei. Allerdings ist es nicht unterschrieben. Darin wird auch auf 2 Beilagen Bezug genommen. Es findet sich jedoch lediglich eine Beilage im Akt, nämlich der Übertragungsantrag, nicht aber die ebenfalls im Text des Schreibens vom angesprochene UVA für das 4. Quartal 2020.

Sie werden ersucht, diesbezüglich nachstehende Fragen innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens zu beantworten und die angesprochenen Unterlagen vorzulegen:

  1. Warum ist das vorgelegte Schreiben vom nicht unterschrieben?

  2. Legen Sie einen Nachweis für die Aufgabe dieses Schreibens vor.

  3. Legen sie die Umsatzsteuervoranmeldung 10-12/2020 vor, wie sie im Schreiben vom angekündigt wurde."

Mit Anbringen vom stellte die Bf. das Ersuchen, die Frist für die Vorhaltsbeantwortung bis zu verlängern.

Das BFG hat am zu der beantragten mündlichen Verhandlung am geladen.

Die Beantwortung des Vorhalts vom erfolgte mit Fax am Frühmorgen des Tages der mündlichen Verhandlung. In diesem Fax wird auf die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung verzichtet und weiters zu den schriftlichen Fragen laut Vorhalt vom ausgeführt: "Es ist das vorgelegte Schreiben vom ein Ausdruck aus unserem elektronischen Akt, das Original, welches mit der Umsatzsteuervoranmeldung 10-12/2020 an das Finanzamt postalisch übermittelt wurde, war unterfertigt.

Zum Nachweis für die Aufgabe des Schreibens wird vorgelegt Kopie des Postausgangsbuchs, ebenso vorgelegt wird die lt. Ihrer Information nicht im Akt befindliche Umsatzsteuervoranmeldung 10-12/2020. Weiters auch das Schreiben vom , dem nochmals die Unterlagen beigelegt waren, möglicherweise wurde im Scanzentrum etwas nicht eingescannt oder auch unrichtig zugeordnet, was bereits mehrmals vorgekommen ist.

Zur Vollständigkeit erlauben wir uns festzuhalten, dass diese Umsatzsteuervoranmeldung postalisch übermittelt wurde, da damals die Überrechnung erst beantragt wurde, diese wurde nachweislich am vorgenommen.(…)"

Als Beilagen zu diesem Fax wurde das Schreiben vom beigelegt mit dem Schreiben betreffend "Überrechnungsantrag an die Bf. und Umsatzsteuervoranmeldung" im Betreff vom . Dieses Mal wurde neben der bereits übermittelten Beilage betreffend elektronische beantragte Übertragung eines Geldbetrages vom auch eine Umsatzsteuervoranmeldung der Bf. für den Zeitraum 10-12/2020 unter der Steuernummer ***3*** beigelegt. Auf dieser findet sich am Ende angedruckt der Name des Steuerberaters und dessen Adresse, nicht aber ein Datum. Ebenso beigelegt wurde ein Auszug des Postausgangsbuches für Februar 2021. Hier findet sich für den der handschriftliche Eintrag "FA Österr. Bf mit UVA 10-12/20 ***4*** 0,74".

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1.Rechtliche Grundsätze

1.1. Fristen für die Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen

Gemäß § 21 Abs. 1 erster Satz UStG 1994 hat der Unternehmer "spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuß unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat."

Gemäß § 21 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 gilt die Voranmeldung als Steuererklärung. Gem. § 21 Abs. 1 letzter Absatz 1. Satz UStG 1994 hat die Übermittlung der Voranmeldungen elektronisch zu erfolgen.

Gemäß § 21 Abs. 2 erster Halbsatz UStG 1994 ist für "Unternehmer, deren Umsätze nach § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 im vorangegangenen Kalenderjahr 100 000 Euro nicht überstiegen haben, […] das Kalendervierteljahr der Voranmeldungszeitraum".

1.2.Vorliegen der Voraussetzungen für die Festsetzung eines Verspätungszuschlages

§ 135 BAO idF BGBl I Nr 2003/71 lautet:

"Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, kann die Abgabenbehörde einen Zuschlag bis zu 10 Prozent der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete Betrag. Dies gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Verspätungszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen."

Wird eine einzureichende Umsatzsteuervoranmeldung nicht fristgerecht abgegeben, kann ein Verspätungszuschlag verhängt werden ().

Die Festsetzung eines Verspätungszuschlages setzt gemäß § 135 BAO neben dem objektiven Kriterium der nicht fristgerecht erfolgten Einreichung einer Abgabenerklärung (siehe dazu oben unter Punkt 3.1.) voraus, dass die Verspätung nicht entschuldbar ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist eine Verspätung entschuldbar im Sinne des § 135 BAO, wenn dem Abgabepflichtigen ein Verschulden nicht zugerechnet werden kann, dh, wenn er die Versäumung der Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung weder vorsätzlich noch fahrlässig herbeigeführt hat (). Bereits leichte Fahrlässigkeit schließt die Entschuldbarkeit aus (; ).

Gesetzesunkenntnis oder irrtümliche, objektiv fehlerhafte Rechtsauffassungen sind nach der stRsp des VwGH nur dann entschuldbar und nicht als Fahrlässigkeit zuzurechnen, wenn die objektiv gebotene, der Sache nach pflichtgemäße, nach den subjektiven Verhältnissen zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen wurde (vgl zB , und die bei Ritz, BAO6 § 135 Rz 10 angeführten Nachweis der Rsp des VwGH).

Nach Tanzer (Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 135, 415) wird bei sachgerechtem Gebrauch des Handlungsermessens die Geltendmachung eines Verspätungszuschlags bei erwiesener leichter Fahrlässigkeit in der Art eines normalen menschlichen Fehlverhaltens in der Fristversäumung nur im Wiederholungsfall rechtens sein. Erst dann bedürfe es individuell-präventiver Maßnahmen iSd § 135.

Ein Verschulden des Vertreters trifft den Vertretenen (; , 98/17/0292; , 2004/17/0217; , 2008/15/0035); der Verspätungszuschlag ist dem Vertretenen gegenüber festzusetzen (zB Stoll, BAO,1531; ; , 2008/15/0035; ).

1.3.Ermessensausübung bei der Festsetzung des Verspätungszuschlages

Bei Zutreffen der in § 135 BAO für die Festsetzung eines Verspätungszuschlages genannten Voraussetzungen (nicht oder verspätet eingereichte Abgabenerklärung und Nichtentschuldbarkeit der Verspätung) kann im Rahmen des Ermessens ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, steht der Abgabenbehörde sowohl bei der Frage der Zuschlagsfestsetzung dem Grunde nach als auch bei der Festlegung des Ausmaßes des Verspätungszuschlages Ermessen zu (vgl zB ; Ritz, BAO6 § 135 Rz 4 mwN).

Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), müssen sich gemäß § 20 BAO "in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen." Bei der Handhabung des Ermessens ist der Sinn der das Ermessen einräumenden Rechtsvorschrift zu beachten (vgl Stoll, BAO-Kommentar 204 f mwN).

Nach der Rsp des VwGH ist der Gesetzeszweck des Verspätungszuschlages darin zu erblicken, dass der Abgabepflichtige zur Erfüllung der ihn gesetzlich obliegenden Pflichten zur rechtzeitigen Einreichung von Abgabenerklärungen angehalten werden soll (). Zudem soll der Verspätungszuschlag nach der Rsp des VfGH "offenbar auch den mit der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen verbundenen zusätzlichen Verwaltungsaufwand abdecken" ().

Als Kriterien für die Ermessensübung zur Festlegung der Höhe des Verspätungszuschlages von maximal 10 Prozent der festgesetzten Abgabe sind nach der Rsp des VwGH vor allem das Ausmaß der Fristüberschreitung, die Höhe des durch die verspätete Einreichung der Abgabenerklärung erzielten finanziellen Vorteils, das bisherige steuerliche Verhalten des Abgabepflichtigen sowie der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen ().

2. Entscheidungswesentlicher Sachverhalt

Die Bf. hätte die Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum 10-12/2020 iHv EUR 16.046,40 bis elektronisch einzureichen gehabt. Tatsächlich hat sie die UVA 10-12/2020 erst nach Aufforderung des Finanzamtes Österreich elektronisch am abgegeben.

Der Bf. stellte am elektronisch einen Antrag auf Überrechnung eines Abgabenguthabens iHv EUR 18.000,00 von einem anderen Abgabenpflichtigen auf das Konto der Bf.. Dieser Betrag wurde mit Wirksamkeit zum am auf das Steuerkonto der Bf. gutgebucht. Die Angabe, für welche konkreten Abgaben der Betrag zu verwenden ist, fehlte im Antrag.

Auf dem Steuerkonto des Bf. ist ersichtlich, dass die Bf. auch in der Vergangenheit nie konkrete Abgaben mit Verrechnungsweisung tilgte, sondern sie durch Überrechnungen Guthaben erzeugt hat, von denen dann die laufend gemeldeten Lohnabgaben und Umsatzsteuervorauszahlungen abgebucht worden sind.

Die Umsatzsteuervoranmeldungen wurden zuletzt mehrmals erst nach schriftlicher Erinnerung mit Schreiben des Finanzamtes vom , , und (=betreffend UVA 10-12/2020) verspätet abgegeben. So konnte beispielsweise die Umsatzsteuervoranmeldung 07-09/2018 sowie 10-12/2018 erst am , jene für 01-03/2019 sowie 04-06/2019 am , jene für 07-09/2019 erst am , jene für 10-12/2019 erst am , jene für 01-03/2020 erst am , jene für 04-06/2020 am , jene für 07-09/2020 am gebucht werden. Sämtliche Umsatzsteuervoranmeldungen wurden elektronisch abgegeben.

3.Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist unstrittig, bis auf die Frage, ob tatsächlich eine Umsatzsteuervoranmeldung für 10-12/2020 in Papierform eingereicht worden ist.

Diese strittige Frage ist nach Ansicht des BFG zu verneinen.

Bereits das Finanzamt hat die Bf. dazu aufgefordert, die UVA für 10-12/2020 vorzulegen und den Postausgang bei der Bf. nachzuweisen. Auch das BFG hat der Bf. mit Vorhalt dazu Gelegenheit gegeben. Erst am Tag der mündlichen Verhandlung wurden diesbezüglich Unterlagen vorgelegt. Die UVA 10-12/2020 weist eine lediglich bis 2011 gültige Steuernummer der Bf. auf. Es wurde zwar im Postausgangsbuch der Bf. für Februar 2021 am ein Brief für die Bf. an das Finanzamt iZm der UVA 10-12/2020 vermerkt. Dieser Brief ist aber beim Finanzamt weder unter der aktuellen Steuernummer der Bf. noch unter der auf der UVA 10-12/2020 angeführten seit 2011 nicht mehr gültigen Steuernummer eingegangen. Das Risiko, dass ein bei der Post aufgegebenes Schriftstück nicht beim Finanzamt einlangt, trägt die Bf.. Das gleiche gilt, wenn der Abgabepflichtige auf Eingaben eine seit Jahren nicht mehr gültige Steuernummer verwendet, die trotz Einlangens das EDV System der Finanzverwaltung deshalb keinem Steuersubjekt zuordnen kann.

Das BFG glaubt aber auch nicht, dass die UVA 10-12/2020 tatsächlich abgeschickt worden ist.

Üblicherweise wird die Korrespondenz samt Beilagen, die ein Steuerberater mit dem Finanzamt oder anderen Behörden/Dritten unterhält, so kopiert, wie diese Korrespondenz an den Dritten übermittelt wurde, um später nachvollziehen zu können, welche Unterlagen der Dritte erhalten und wer diese intern bearbeitet hat. Wird ein Brief nicht eingeschrieben aufgegeben, so lässt man sich idR zum Nachweis des Versandes die erste Seite des verschickten Schreibens von der Post mit dem Postausgabedatum stempeln. Danach erfolgt die Ablage.

Im Gegensatz zu diesem üblichen Vorgehen wurde bei der Beantwortung des Ergänzungsersuchens ein nicht unterschriebenes Schreiben mit Beilagen, aber ohne die als Beilage angekündigte UVA 10-12/2020 vorgelegt. Sowohl das Schreiben wie der mitvorgelegte elektronisch abgegebene Antrag auf Überrechnung weisen die gültige Steuernummer der Bf. auf. Aus der Nichtvorlage der UVA 10-12/2020 als Beilage ist zu schließen, dass diese im abgelegten Konvolut an Unterlagen nicht enthalten und daher auch nicht Teil des Postausgangs gewesen sein wird. Unterstützt wird diese Annahme dadurch, dass auf der UVA 10-12/2020 eine seit 2012 für die Bf. nicht mehr gültige Steuernummer ausgewiesen ist, was auf eine zeitlich getrennte Bearbeitung hindeutet.

Im Übrigen wird darauf verwiesen, dass bei Postaufgabe am und Berücksichtigung des Postlaufes der Einlangenstermin bis zum nicht eingehalten worden wäre.

Die Bf. hat bereits viele Male Überrechnungsanträge gestellt und dennoch, wie es auch § 21 Abs. 1 UStG 1994 normiert, die vierteljährlichen Umsatzsteuervoranmeldungen immer elektronisch, wenn auch wie im Sachverhalt festgehalten, immer zu spät eingebracht. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Bf. dieses eine Mal von der sonst gewählten Vorgangsweise abgewichen sein sollte. Dazu bestand auch nach Ansicht des BFG kein Anlass. Der Bf. hat bereits am elektronisch einen Überrechnungsantrag eingebracht. Warum sie diesen Antrag inhaltlich gleich dann noch einmal in Papierform mit der UVA 10-12/2020 als Beilage übermitteln wollte, erschließt sich für das BFG nicht.

4. Rechtliche Beurteilung

Unstrittig ist, dass die Bf. Umsatzsteuervoranmeldungen pro Kalendervierteljahr abzugeben hat. Die Bf. war daher dazu verpflichtet, die Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2020 bis spätestens am 15. Tag des auf dieses Kalendervierteljahr zweitfolgenden Kalendermonats, somit spätestens am , elektronisch einzureichen. Laut festgestelltem Sachverhalt hat die Bf. die bis spätestens fällige Umsatzsteuervoranmeldung für 10-12/2022 erst am elektronisch eingebracht. Die einzureichende Umsatzsteuervoranmeldung 10-12/2022 wurde damit verspätet eingebracht. Aufgrund dieses objektiven Kriteriums kann nach der Rsp des VwGH () ein Verspätungszuschlag dem Grunde nach festgesetzt werden.

Nach dem festgestellten Sachverhalt ist auch nicht ersichtlich, dass die Verspätung entschuldbar gewesen wäre. Bei einem Steuerberater ist die Kenntnis dieser Frist und deren Einreichung in elektronischer Form vorauszusetzen. Das Verschulden des berufsmäßigen Parteienvertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen; der Verspätungszuschlag ist jedoch dem Vertretenen gegenüber festzusetzen.

Hinsichtlich der Ermessensübung zur Festlegung der Höhe des Verspätungszuschlages ist festzuhalten, dass die Umsatzsteuervoranmeldung für 10-12/2020 rund 5 Monate nach ihrer Fälligkeit elektronisch eingereicht wurde. Im Hinblick darauf, dass der rückwirkend zum gutgebuchte überrechnete Betrag die am gleichen Tag fällige Umsatzsteuerzahllast für 10-12/2021 überstiegen hat, ist dem Finanzamt kein finanzieller Nachteil bzw. der Bf. kein Zinsvorteil entstanden. Die Vorschreibung eines Verspätungszuschlages setzt das Vorliegen eines Zinsvorteils jedoch nicht voraus (Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren, Band 1, § 135 BAO, Rz 5).

Betreffend das bisherige steuerliche Verhalten der Abgabepflichtigen ist darauf zu verweisen, dass allein in den betrachteten zwei Jahren 2019 und 2020 jede Umsatzsteuervoranmeldung verspätet eingereicht wurde. Vier Mal musste das Finanzamt zuvor mit einer Erinnerung aktiv werden, um die Abgabepflichtige zur Einreichung zu bewegen.

Mildernd ist im Beschwerdefall daher lediglich zu berücksichtigen, dass dem Finanzamt aus der nicht fristgerechten Einreichung der UVA 10-12/2022 aufgrund der Überrechnung kein finanzieller Nachteil entstanden ist. Erschwerend ist jedoch zu würdigen, dass die Säumigkeit bei der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen bereits wiederholt aufgetreten ist und dadurch einen erhöhten Verwaltungsaufwand für das Finanzamt nach sich gezogen hat.

Der VwGH () beanstandete die Ermessenausübung in Form der Verhängung eines 5% igen Verspätungszuschlages wegen verspäteter Abgabe der Lohnsummensteuererklärung bei einer zur Last gelegten wiederholten Säumigkeit und ohne finanziellen Nachteil für die Behörde nicht. Im zitierten VwGH Erkenntnis war die Abgabepflichtige drei Mal säumig.

Im Beschwerdefall war die Bf. in den betrachteten 2 Jahren bei der Einreichung jeder vierteljährlichen UVA säumig. Das Finanzamt hat in diesem Zeitraum 4 Erinnerungen an die Bf. gerichtet.

Vor diesem Hintergrund erscheint dem BFG die Festsetzung des Verspätungszuschlages in Höhe der vom Finanzamt gewählten 8% des Vorauszahlungsbescheides gerechtfertigt.

5. Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht orientierte sich bei der gegenständlichen Entscheidung an der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Bei der Feststellung, dass die UVA 10-12/2020 nicht in Papierform eingereicht wurde, handelte es sich um eine bezogen auf das konkret vorliegende sachliche Geschehen zu würdigende Tatfrage. Das gegenständliche Erkenntnis war daher nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängig. Die Revision ist nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 135 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 21 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7101986.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at