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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.09.2022, RV/7103702/2020

Abgabe der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung nach Ablauf der fünfjährigen Frist

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2022/15/0098. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Helga Woschank in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des (seinerzeitigen) AB, nunmehr Finanzamt Österreich, vom , mittels welchem der Antrag vom auf Vornahme der Veranlagung der Einkommensteuer für 2014, Steuernummer ***BF1StNr1***, zurückgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Strittig ist, ob die Abgabe der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2014 durch die Bf. rechtzeitig (bis zum ) erfolgte.

A. Verfahrensgang

1.) Die Beschwerdeführerin (im Folgenden kurz Bf.) zog im Laufe des Jahres 2013 nach Österreich und begründete unterjährig den Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich, wie das Finanzamt im Laufe der Veranlagung zur Einkommensteuer für 2013 feststellte.
Da die Bf. im Jahr 2013 sowohl in der Ausland als auch in Österreich Einkünfte erzielt hatte (in Österreich Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit ab ), erfolgte am gemäß § 299 Abs. 1 BAO durch das Finanzamt die Aufhebung des am ergangenen Einkommensteuerbescheides für 2013, weil im Erstbescheid vom weder die ausländischen Einkünfte (im Wege des Progressionsvorbehaltes) noch das (aliquote) Pendlerpauschale berücksichtigt worden waren. In der am ergangenen Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer 2013 wurde diesen Feststellungen Rechnung getragen.

2.) Für das Folgejahr 2014 nahm die zuständige Sachbearbeiterin beim Finanzamt, Sachbearbeiterin, am eine interne Vorberechnung vor, die auf dem Steuerkonto der Bf. wie folgt ersichtlich war: "L1 Erklärung eingelangt (JVP)".

3.) Die Abgabe der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2014 erfolgte von der Bf. per Finanz-Online .

4.) Mittels streitgegenständlich bekämpften Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag vom auf Veranlagung der Einkommensteuer für das Jahr 2014 zurück, da dieser nach Ablauf der fünfjährigen Frist des § 207 BAO verspätet eingebracht worden war.

5.) In der fristgerecht erhobenen Beschwerde vom verwies die Bf. auf eine am telefonisch erteilte Auskunft des "Veranlagungsbereiches, wonach die Arbeitnehmerveranlagung am eingegangen sei, welche noch nicht bearbeitet wurde."

6.) Begründend wurde in abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom dargelegt, dass die erste aktenkundige Eingabe betreffend das Jahr 2014 seitens der Bf. am 29.06.2020 (Anm.: BFG wohl richtig 26.06.2020) erfolgte. Dem Beschwerdevorbringen, dass bereits am eine Eingabe durch die Bf. vorgenommen wurde, sei entgegen zu halten, dass an diesem Tag nur ein interner Vorgang (zur internen Vorberechnung) erfolgt war.

7.) Im Vorlageantrag führte die Bf. ins Treffen, sie habe die Arbeitnehmerveranlagung in einem Steuerbüro unter Zeugen am über Finanz-Online eingereicht und zur Prüfung des Einlangens sofort nach Erstellung der Erklärung den Steuerakt 2014 aufgerufen. Dort sei nicht nur für sie ersichtlich gewesen, dass der Steuerakt eingelangt sei. Diese Anmerkung sei mehrere Monate hindurch sichtbar gewesen.
Als die Bf. Mitte Juni 2020 zwei Mitteilungen des Finanzamtes erhalten habe, wonach ein Erklärungswechsel von der Arbeitnehmerveranlagung zur Abgabepflicht einer Einkommensteuererklärung vorgenommen worden war, sei sie misstrauisch geworden und habe bei Aufruf ihres Steuerkontos festgestellt, dass die Arbeitnehmerveranlagung "verschwunden" sei. Daraufhin habe sie am erneut eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung eingereicht.
Jedenfalls sei auf allen Ausdrucken, auch auf dem Screenshot des Finanzamtes vom , die Anmerkung "Erklärung eingelangt" ersichtlich.

Dass für den Steuerpflichtigen ein intern vorgenommener Vorgang des Finanzamtes am Steuerkonto - für Monate - sichtbar sein sollte, sei unlogisch.

Die Durchführung einer Prüfung (sprich Vorberechnung) unter Berücksichtigung von ausländische Einkünften aus Gewerbebetrieb im Wege des Progressionsvorbehaltes könnte im Wege einer Arbeitnehmerveranlagung nicht funktionieren.
Es stelle sich die Frage, warum das Finanzamt nicht bereits zu diesem Zeitpunkt der angeblichen Probeberechnung einen Erklärungswechsel durchgeführt habe, was die einzig richtige Konsequenz zu diesem Zeitpunkt gewesen sei. Stattdessen sei ihre eingelangte Arbeitnehmerveranlagung vom storniert worden.

8.) Die Richterin des Bundesfinanzgerichtes stellte am an die im Bundesministerium für Finanzen ansässige
Sektion I - Finanzverwaltung, Management und Services,
Gruppe C/Abteilung 10/Applikation BF - IT Steuer/ Bereichsübergreifendes Finanzverfahren,
im Folgenden kurz IT-Sektion,
die nachfolgenden Fragen, deren Beantwortung - nachfolgend in roter Schrift lesbar - erfolgte.

[…]

Der angeführte Mailverkehr (Fragen und Antworten) wurde der Bf. zur Abgabe einer Stellungnahme zugeleitet.
Unter Wiederholung von bereits im Vorlageantrag getätigten Ausführungen erachtete die Bf., dass die Arbeitnehmerveranlagung für 2014 vorzunehmen sei, da durch die erteilten o.a. Auskünfte nicht als erwiesen anzusehen sei, dass kein Antrag zur Arbeitnehmerveranlagung durch die Bf. eingelangt sei.
Auf die Vorladung der beantragten Zeugin Sachbearbeiterin werde verzichtet, obwohl es sachdienlich wäre zu erfahren, weshalb am ein interner Vorgang angelegt wurde und dieser am wieder gelöscht wurde.
Mit dem auf dem Steuerkonto für die Bf. ersichtlichen Verwaltungsakt vom sei eine Unterbrechungshandlung gesetzt und die Verjährungsfrist unterbrochen worden.

9.) Am erfolgte an die genannte IT-Sektion das nochmalige Ersuchen seitens der Richterin alle im Dezember 2019 durchgeführten Zugriffe chronologisch darzustellen und anzuführen, von wem diese vorgenommen wurden und welche Anzeigen ersichtlich waren.
Die gesamte Kommunikation inklusive der zuletzt erteilten Antworten sowie die übermittelten Auszüge (Logdateien , etc.) wurden nachweislich der Bf. sowie dem Finanzamt zu Kenntnis gebracht.

10.) Im Zuge der am durchgeführten mündlichen Verhandlung wiederholte die Bf. ihr bisheriges Vorbringen und führte aus, dass sie darauf beharre, im Dezember 2019 eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung erstellt und abgesendet zu haben. An das genaue Datum könne sie sich nicht mehr erinnern. Jedenfalls sei bei ihrem Wiedereinstieg ersichtlich gewesen, dass eine Erklärung eingelangt war. Über Vorhalt der Richterin, dass nach Auskunft der IT-Sektion von der Bf. im Dezember 2019 - belegt durch die übermittelte Logdateien - keine Erklärung durch die Bf. zur Arbeitnehmerveranlagung eingereicht worden war, antwortete die Bf., dass bei ihren Wiedereinstiegen immer ersichtlich war, dass eine Erklärung eingelangt war bzw. ein Antrag bearbeitet werde.

Die Vertreterin des Finanzamtes, zugleich auch die im Dezember 2019 für die Vorberechnung zuständig gewesene Sachbearbeiterin, Sachbearbeiterin, erklärte im Detail die bereits in der Beschwerdevorentscheidung vom angeführten Gründe für die Vornahme der internen Vorberechnung. Diese waren der im 2013 stattgefundene Zuzug der Bf. nach Österreich und die Annahme, dass die Bf. aus ihrer vormaligen Tätigkeit als Buchhalterin in der Ausland infolge der Verlegung ihres Wohnsitzes im Jahr 2013 nach Österreich keine EUR 730,00 übersteigenden ausländische Einkünfte erzielt hab. Unter Ansatz eines Pendlerpauschales für das Jahr 2014 errechnete sich eine Gutschrift iHv von rund EUR 180,00, sodass sich für das Finanzamt kein Pflichtveranlagungstatbestand zeigte. Weil es sich um eine interne Vorberechnung handelte, waren die detaillierten Daten auch für die Bf. bei ihren Zugriffen auf das Steuerkonto nicht einsehbar.

Durch die seitens des Finanzamtes vorgenommene interne Vorberechnung war die elektronische Abgabe einer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2014 nicht möglich, worauf die Bf. abschließend verwies. Hiernach habe für die Bf. die Frist für die (elektronische) Abgabe der Arbeitnehmerveranlagung für 2014 am geendet. Danach sei nur die Möglichkeit der Abgabe einer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung in Papierform verblieben, wobei sich für die Bf. allerdings die Frage stellte, woher sie dies hätte wissen sollen.
Unter Hinweis auf das Gesagte beantragte die Bf. die Stattgabe ihrer Beschwerde, insbesondere weil für sie bei ihren Zugriffen auf ihr Steuerkonto jedes Mal ersichtlich gewesen war, dass eine Erklärung eingereicht worden und für sie nicht klar erkennbar war, dass eine Abgabe nur mehr in Papierform möglich gewesen war.

B. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

I. Folgender Sachverhalt wird festgestellt:

1.) Gemäß der im Zuge des Beschwerdeverfahrens vom dem Bundesfinanzgericht getätigten Abfrage des Steuerkontos der Bf. für 2014, welches dem Screenshot des Finanzamtes vom entspricht, ist auf diesem (nach wie vor) ersichtlich:


Dazu ist festzuhalten:
2.) Betreffend das Jahr 2014 erfolgte am durch die zuständige Sachbearbeiterin des Finanzamtes die Anmerkung des "L1" zur amtsinternen (ersten) Vorberechnung einer sich ergebenden Einkommensteuer.
Die Anzeige "Erstbescheid (JVP)" stellt einen durch die Dienststelle veranlassten L1-Geschäftsfall dar, der von der Dienststelle wieder (nicht im Dezember 2019) storniert wurde.
Die "L1" wurde n i c h t über Finanz-Online übermittelt.
Am gab es keinen Einstieg der Bf. über Finanz-Online.
Die per durchgeführte Anmerkung "L1 Erstbescheid (JVP)" war/ist auf dem Steuerkonto der Bf. ersichtlich geblieben.

Am nahm das FA eine zweite (auf dem o.a. dargestellten einsehbaren Steuerakt nicht aufscheinende) Vorberechnung vor.
Aufgrund der Eingabe am war ab dem bis die Abgabe einer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2014 nur in Papierform möglich.
Die Anzeige "E1 Erklärung elektronisch eingelangt" betrifft die am von der Bf. übermittelte E1-Erklärung für 2014 (= eingereichte Erklärung der Bf. zur Arbeitnehmerveranlagung).

3.) Die Bf. nahm im Dezember 2019 per Finanz-Online folgende elektronische Zugriffe vor:

* Sie führte am den ersten Einstieg über Finanz-Online durch und tätigte folgende Aktionen:
- Aufruf L1 für Zeitraum 2014
- Anzeige der Meldung: " Für diesen Zeitraum wird in der Finanzverwaltung bereits ein Antrag bearbeitet bzw. eine Veranlagung wurde durchgeführt"
- Aufruf Steuerakt der Bf. für 2014).

** Die Bf. rief am sowie am wiederum ihren Steuerakt für 2014 auf.
An beiden Tagen waren die angezeigten Meldungen mit der oben dargestellten ident (Beantwortung IT- Sektion ).

4.) Diese von der Bf. im Dezember 2019 per Finanz-Online getätigten Zugriffe sind aus der nachfolgenden von der IT-Sektion übermittelten Logdatei zu ersehen.

[...]


5.) Im Zuge der Veranlagung zur Einkommensteuer für 2013 hatte das Finanzamt festgestellt, dass die Bf. ihren Lebensmittelpunkt unterjährig nach Österreich verlagert hatte, weshalb die angeführten Progressionseinkünfte sowie ein aliquotes Pendlerpauschale bei Festsetzung der Einkommensteuer für 2013 berücksichtigt wurden.

6.) Zur eventuellen Wahrung der Frist für 2014 nahm die Behörde am mangels Erklärungsabgabe durch die Abgabepflichtige eine amtsinterne erste Vorberechnung der Einkommensteuer 2014 vor.

In Anlehnung an die für das Jahr 2013 festgesetzten Bemessungsgrundlagen, insbesondere der für das Jahr 2013 angesetzten ausländische Einkünfte, erfolgte vorerst bei der (ersten) Vorberechnung am der Ansatz von Progressionseinkünften aus Deutschland im Schätzungswege (in Höhe von rund € 2.300,00), was zu einer Einkommensteuerbelastung von rund EUR 440,00 führte (Abfrage im Steuerakt).

Aufgrund dessen, dass im Einkommensteuerbescheid für 2013 ein aliquotes Pendlerpauschale zuerkannt worden war, war laut der damals zuständigen Sachbearbeiterin Sachbearbeiterin davon auszugehen, dass die betriebliche Tätigkeit in Deutschland weitgehend eingestellt worden war bzw. eventuelle ausländische Einkünfte im Jahr 2014 unter € 730,00 lagen, zumal die Bf. (in einem Nova-Verfahren) auch bekannt gegeben hatte, dass sie vorwiegend aufgrund der Besuche Ihrer betreuungsbedürftigen Schwiegermutter nach Leipzig fahren würde (so im Vorlagebericht).

Nach allgemeiner Lebenserfahrung wären zudem durch die Vollbeschäftigung in Österreich die Fahrten nach Deutschland nur eingeschränkt möglich gewesen und beschränkten sich nach Angabe der Steuerpflichtigen auf Besuche etwa alle 6 bis 8 Wochen.
Die auf Basis dieser Überlegungen am vorgenommene zweite Vorberechnung, so die zuständig gewesene Sachbearbeiterin im Zuge der mündlichen Verhandlung, ergab unter Berücksichtigung eines zustehenden Pendlerpauschales für das Jahr 2014 eine Gutschrift iHv von rund EUR 180,00.

Für das Finanzamt war aufgrund vorgenannter Umstände anzunehmen, dass kein Pflichtveranlagungstatbestand nach § 41 Abs 1 EStG 1988 für das Jahr 2014 vorlag.
Weil es sich um eine interne Vorberechnung handelte, waren die detaillierten Daten auch für die Bf. bei ihren Zugriffen auf das Steuerkonto nicht einsehbar.
Mangels Erklärungsabgabe bzw. mangels Bekanntgabe von Einkünften in der Ausland für das Jahr 2014 wurde die Vorberechnung wieder storniert (im Jahr 2020).


7.) Die Eingabe der angesprochenen Bemessungsgrundlagen sowie die Ergebnisse sind in den abgefragten einzelnen Bearbeitungsstationen ersichtlich.
Eine auszugsweise dargestellte Abfrage im Veranlagungsakt der Bf. zeigt:

8.) Die Bf. war bzw. ist in einem Steuerbüro als Buchhalterin tätig und daher grundsätzlich mit den elektronischen Eingabemasken sowie -vorgängen vertraut.

II. Beweiswürdigung


1. Der festgestellte Sachverhalt fußt auf den vom Finanzamt vorgelegten Akten, den im elektronischen Steuerakt der Bf. getätigten Abfragen, den erfolgten Anfragebeantwortungen durch die IT- Sektion sowie auf den Aussagen im Zuge der mündlichen Verhandlung.

2. Dass die Bf. am über Finanz-Online keinen Zugriff auf ihr Steuerkonto tätigte, steht auf Basis der von der IT- Sektion erteilten Auskünfte sowie der vorliegenden Logdateien ohne Zweifel fest. Es gibt keinen Grund an deren inhaltlichen Richtigkeit zu zweifeln.
Ebendasselbe gilt für die als erwiesen anzusehende Tatsache, dass seitens der zuständigen Sachbearbeiterin beim Finanzamt am eine Vorberechnung der Einkommensteuer für 2014 durch Hochladen eines Formulars "L1" initiert wurde, wodurch die Anzeige "Erklärung eingelangt (JVP)" zu sehen war bzw. ist.
Im Unterschied dazu wird der Eingang der von der Bf. am veranlassten Erklärungsabgabe für 2014 als "E1 Erklärung elektronisch eingelangt" angezeigt.
Bei dem Einwand der Bf., sie habe über Finanz-Online unter Zeugen in einem Steuerbüro am die Arbeitnehmerveranlagung für 2014 eingereicht und das Einlangen durch die nochmalige Abfrage am überprüft, was durch die Anzeige
" L1 Erklärung eingelangt" bestätigt worden sei, ist als ein reines die Behauptungsebene nicht verlassendes Vorbringen der Bf. zu beurteilen, zumal aus der übermittelten Logdatei eindeutig zu ersehen ist, dass von der Bf. am der erstmalige Einstieg per Finanz-Online erfolgte.
Demnach ist unbestritten als erwiesen anzusehen, dass die Bf. entgegen ihres o.a. Beschwerdevorbringens am k e i n e n Zugriff auf ihr Steuerkonto tätigte, was sie letztendlich im Zuge der mündlichen Verhandlung insofern einräumte, als sie das genaue "Abgabedatum" nicht mehr in Erinnerung habe.

3. Die Gründe für die seitens der Amtspartei am veranlasste Vorberechnung, welche zur bereits dargelegten Anzeige "Erklärung eingelangt (JVP)" führten, wurden in der Beschwerdevorentscheidung ausführlich sowie auch im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht dargelegt. Diese sind auf Basis des dargelegten Verfahrensganges und der dargelegten Überlegungen des Finanzamtes auf Grundlage des dargestellten Sachverhaltes plausibel und nachvollziehbar. Insbesondere in Zusammenschau der Nichtabgabe einer Einkommensteuererklärung für 2014 durch die Bf. mit den aufgezeigten Überlegungen des Finanzamtes [vgl. Sachverhalt, Punkt 6.)] ist das Ergebnis, dass ein Pflichtveranlagungstatbestand nicht gegeben war, schlüssig nachvollziehbar. Die dafür herangezogene und errechnete Gutschrift wird durch die elektronisch getätigten (unten eingefügten) Abfragen dokumentiert.
Damit zeigen sich für das Bundesfinanzgericht keine Umstände, die Feststellung des Finanzamtes, dass kein in § 41 Abs. 1 EStG 1988 angeführter Tatbestand verwirklicht wurde, der eine von der Amtspartei vorzunehmende Pflichtveranlagung bewirkt, als nicht erwiesen anzusehen. In diesem Zusammenhang darf nicht unerwähnt bleiben, dass die Bf. eventuell steuerpflichtige bzw. dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfende ausländische Einkünfte durch die rechtzeitige Abgabe einer Einkommensteuererklärung auch nicht offenlegte.
Zudem trat die Bf. im Zuge der mündlichen Verhandlung der Annahme des Finanzamtes nicht entgegen, dass sie im Jahr 2014 in der Ausland keine EUR 730,00 übersteigende Einkünfte erzielt habe.

4. Auf Basis der von der IT-Sektion übermittelten Dateien steht unstrittig fest, dass die Bf. im Dezember 2019 erstmals am über Finanz-Online ihr Steuerkonto aufrief und sie die dargestellten Aktionen ( wie Aufruf L1 für Zeitraum 2014 ) tätigte und dass für sie die Anzeige der Meldung " Für diesen Zeitraum wird in der Finanzverwaltung bereits ein Antrag bearbeitet bzw. eine Veranlagung wurde durchgeführt" ersichtlich war, welche auch anlässlich der weiteren am sowie am getätigten Einstiege zu ersehen war (vgl. Beantwortung IT- Sektion vom ).

5. Dass eine elektronische Abgabe einer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2014 vom bis zum infolge des Hochladens der "L1" zu Zwecken der internen Vorberechnung der Einkommensteuer für 2014 technisch nicht mehr möglich war, stellte die Vertreterin des Finanzamtes im Zuge der mündlichen Verhandlung nicht in Abrede.
Zweifellos war daher - aus EDV-technischen Gründen - ab diesem Zeitpunkt die Abgabe einer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2014 nur mehr in Papierform möglich.

6. Der Umstand, dass die Bf. im Juni 2020 durch den Erhalt einer Benachrichtigung über den erfolgten Erklärungswechsel "erst misstrauisch" wurde und über Finanz-Online nachsah und festgestellte, dass die Erklärung für 2014 "verschwunden" war, vermag nichts daran zu ändern, dass die Bf. nicht - wie festgestellt - im Dezember 2019, also innerhalb der fünfjährigen Frist und somit fristgerecht (elektronisch) eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2014 eingereicht hatte.
Unter Bedachtnahme darauf, dass zum Zeitpunkt des erstmaligen Aufrufens des Steueraktes sowie des für die Vornahme einer Arbeitnehmerveranlagung erforderlichen Antragsformulars "L 1" für 2014 am der - in diesen Belangen nicht unkundigen Bf. - doch bekannt gewesen sein musste, dass sie bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Erklärung eingereicht hatte, sonst hätte sie diese Formular nicht aufgerufen.
Denn dass sie sich zu diesem Zeitpunkt nicht habe erinnern können, einen Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung nicht doch eventuell bereits am , also lediglich 12 Tage zuvor, wie ursprünglich in der Beschwerde behauptet, abgegeben zu haben, widerspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, wenn gerade wie im vorliegenden Fall davon auszugehen ist, dass sich die Bf. in Kenntnis und im Bewusstsein des Ablaufes der fünfjährigen Verjährungsfrist befand.

III. Rechtliche Beurteilung

1.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

1. Maßgebliche Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 39 Abs. 1 EStG 1988 wird die Einkommensteuer nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraumes) nach dem Einkommen veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat. Hat der Steuerpflichtige lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen, so erfolgt eine Veranlagung nur, wenn die Voraussetzungen des § 41 vorliegen. "sind im Einkommen Einkünfte aus Kapitalvermögen enthalten, so bleiben Überschüsse aus dieser Einkunftsart außer Ansatz, wenn sie 22 Euro nicht übersteigen.

§ 41 EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung normiert:
"(1) Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten ist der Steuerpflichtige gemäß § 41 Abs. 1 EStG 1988 zu veranlagen, wenn
1. er andere Einkünfte bezogen hat, deren Gesamtbetrag 730 Euro übersteigt,
2. im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurden, bezogen worden sind.
3. im Kalenderjahr Bezüge gemäß § 69 Abs. 2, 3, 5, 6, 7, 8 oder 9 zugeflossen sind,
4. ein Freibetragsbescheid für das Kalenderjahr gemäß § 63 Abs. 1 bei der Lohnverrechnung berücksichtigt wurde,
5. der Alleinverdienerabsetzbetrag, der Alleinerzieherabsetzbetrag, der erhöhte Pensionistenabsetzbetrag, der erhöhte Verkehrsabsetzbetrag oder Freibeträge nach § 62 Z 10 und Z 11 berücksichtigt wurden, aber die Voraussetzungen nicht vorlagen.
6. der Arbeitnehmer eine unrichtige Erklärung abgegeben hat oder seiner Meldepflicht gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 nicht nachgekommen ist.
7. der Arbeitnehmer eine unrichtige Erklärung gemäß § 3 Abs. 1 Z 13 lit. b 5. Teilstrich abgegeben hat oder seiner Verpflichtung, Änderungen der Verhältnisse zu melden, nicht nachgekommen ist.
8. er Einkünfte im Sinn des § 3 Abs. 1 Z 32 bezogen hat.
9. er Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 27a Abs. 1 oder entsprechende betriebliche Einkünfte erzielt, die keinem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen.
10. er Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen im Sinne des § 30 erzielt, für die keine Immobilienertragsteuer gemäß § 30c Abs. 2 entrichtet wurde, oder wenn keine Abgeltung gemäß § 30b Abs. 2 gegeben ist.
11. der Arbeitnehmer nach § 83 Abs. 3 unmittelbar in Anspruch genommen wird.

§ 39 dritter Satz ist anzuwenden.
(2) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 1 (Pflichtveranlagungstatbestände) nicht vor, so erfolgt eine Veranlagung nur auf Antrag des Steuerpflichtige. Der Antrag kann innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraums gestellt wird (Antragsveranlagung). § 39 Abs. 1 EStG 1988 dritter Satz ist anzuwenden."

§ 207 Abs. 1 BAO bestimmt:
"Das Recht eine Abgabe festzusetzen, unterliegtnach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung:
(2) Die Verjährungsfrist beträgt bei den Verbrauchssteuern, bei den feste Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24a des Verwaltungsgerichtshofgeetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre.
……"

2. Liegt kein Pflichtveranlagungstatbestand des § 41 Abs. 1 EStG 1988 vor, so liegt es beim Steuerpflichtigen einen Antrag auf Durchführung einer Veranlagung (Antragsveranlagung) zu stellen, welcher innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraumes einzubringen ist. Demnach ist aufgrund der Regelung des § 41 Abs. 2 EStG 1988 das Recht, einen Antrag auf Veranlagung zu stellen, verwirkt, wenn der Antrag auf Veranlagung nicht innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraums eingebracht wird.

3. Die Behörde selbst darf einen Bescheid nur dann erlassen, wenn noch keine Verjährung gemäß § 207 Abs. 1 BAO eingetreten ist. Die Verjährung beginnt in den Fällen des § 207 Abs. 2 BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht in § 208 Abs. 2 BAO ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird (§ 208 Abs 1 lit. a BAO).

4. Ein Verwaltungsakt, mit dem die Verjährung wirksam unterbrochen werden soll, muss nach Judikatur und Rechtsprechung nach außen erkennbar sein, muss den Bereich der Behörde nicht nur verlassen haben, sondern geeignet sein, im Außenbereich wahrgenommen zu werden. Durch schriftliche Erledigungen gesetzte Amtshandlungen können nur dann als nach außen erkennbar angesehen werden, wenn die Erledigungen ihren Empfänger erreicht haben, also diesem zugestellt wurden (vgl. ua). Behördeninterne Evidenz- und Registrierungsmaßnahmen und ähnliche Dispositionen des amtsinternen Betriebes, innerdienstliche (behördeninterne) Kontrollen, Berichte und Aktenvorlagen an die Oberbehörden sind in diesem Zusammenhang ohne (verjährungsunterbrechende) Bedeutung. Aktenmäßige Behandlung der Abgabenfälle, deren amtsinterne Überprüfungen, Veranlagungsarbeiten, die den Bereich des Amtes (zunächst) nicht überschreiten, sogar die Erstellung von Erledigungen oder Bescheiden, die nicht abgefertigt werden, sind demzufolge grundsätzlich nicht unterbrechungswirksam.

5. Liegt kein Pflichtveranlagungstatbestand iSd § 41 Abs. 1 EStG 1988 vor, gilt für die Behörde - wie oben ausgeführt - grundsätzlich die fünfjährige Verjährungsfrist.

6. Selbst wenn man die Vornahme der Vorberechnungen am (sowie am ), welcher Umstand für die Bf. eindeutig einsehbar war und insofern nach "außen" gelangte, als Unterbrechungshandlung beurteilte, würde es der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, da die Behörde mangels des Vorliegens eines Pflichtveranlagungstatbestandes keinen Bescheid zu erlassen hatte, also iSd § 207 Abs. 2 BAO von ihrem diesbezüglichen Recht eine Abgabe innerhalb der verlängerten Frist festzusetzen, nicht Gebrauch zu machen hatte.

7. Es mag der - auch den nicht nachvollziehbaren Einwand, am eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung unter Zeugen eingebracht zu haben, vorbringenden - Bf. zugestanden werden, dass die sichtbare Meldung "Für diesen Zeitraum wird in der Finanzverwaltung bereits ein Antrag bearbeitet bzw. eine Veranlagung wird durchgeführt" durchaus geeignet erscheint, die hier nicht zutreffende Annahme, dass seitens der Amtspartei eine Veranlagung vorgenommen wird, zu bewirken.
Wenn sich die Bf. aufgrund der dargestellten Anzeige darauf verließ, dass die Amtspartei eine Veranlagung vornehmen werde, unterlag sie einem Irrtum.

8. Soweit die Bf. diesbezüglich ins Treffen führt, für sie sei klar gewesen, dass eine Erklärung eingebracht wurde und nicht erkennbar gewesen sei, dass nur mehr eine Erklärung in Papierform durchführbar gewesen sei, ist zu entgegnen, dass der Bf. im Zeitpunkt des erstmaligen Einstieges am die Tatsache bewusst gewesen sein musste, dass sie, die Bf., bis zu diesem Zeitpunkt weder eine Einkommensteuererklärung noch einen Antrag auf Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung eingebracht hatte [vgl. Punkt II. 6.)] und dass durch sie erstmals zu diesem Zeitpunkt am das Aufrufen ihres Steueraktes sowie des Antragsformulares "L 1" für 2014 erfolgte. Es konnte sich demnach nicht um einen von ihr eingereichten Antrag handeln.

9. Auch wenn der Bf. zuzugestehen ist, dass es ihr aufgrund der gegebenen EDV-technischen Gegebenheiten ab dem nicht möglich war, eine elektronische Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung einzureichen, bestand noch immer die Möglichkeit einer Erklärungsabgabe in Papierform.
Grundsätzlich sind Anträge auf Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung nicht formgebunden und können im Postweg oder auch per Telefax oder durch persönliche Abgabe bis zum 31.12. gestellt werden.
Zudem kann nicht nur jedem Steuerpflichtigen zugemutet werden, sich nun gerade in einer solchen unklaren Situation rechtzeitig bei der Behörde zu erkundigen, somit auch der in einem solchen Bereich beruflich tätigen Bf..
Jedenfalls war es der Bf. daher nicht unmöglich einen Antrag fristgerecht einzubringen.
Vor allem war für die Abgabe der in Rede stehenden Erklärung ein Zeitraum von fünf Jahren zur Verfügung gestanden.

10. Bei der Frist iSd § 41 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 handelt es sich um eine gesetzliche und nicht verlängerbare Frist. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zulässig (Peyerl, Jakom Einkommensteuergesetz, 14. Auflage, § 41, Rz 29).
Bei Versäumen der Frist ist das Vorliegen eines etwaigen Verschuldens nicht zu prüfen.
Ist demnach eine Verlängerung der Frist ausgeschlossen und hat die Bf., den Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes entsprechend, den Antrag auf Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung erstmals am eingebracht, war streitgegenständlich die Frist zur Einbringung einer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2014 per abgelaufen gewesen.

11. Der am übermittelte Antrag wurde verspätet eingebracht.
Ein solcher Antrag ist zurückzuweisen. Der Zurückweisungsbescheid des Finanzamtes erging demnach zu Recht.
Es war spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde abzuweisen.

1.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Beurteilung, ob ein Antrag auf Vornahme einer Antragsveranlagung iSd § 41 Abs. 2 EStG 1988 innerhalb von fünf Jahren eingebracht wurde, ist eine auf der Sachverhaltsebene zu klärende Frage, bei welcher es sich nicht um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung handelt.

Klagenfurt am Wörthersee, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Fünfjahresfrist
Pflichtveranlagungstatbestand
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103702.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at