Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 12.09.2022, RV/7100157/2020

Zurückweisung der Beschwerde wegen verspäteter Einbringung

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin I. in der Beschwerdesache Bf., Adresse-Bf., betreffend

a. die Beschwerde vom gegen den Bescheid vom hinsichtlich Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013 sowie

b. die Beschwerde vom gegen den Bescheid vom hinsichtlich Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016,
beide erlassen vom Finanzamtes Wien 4/5/10, Steuernummer StNr. Bf.
beschlossen:

Die Beschwerden werden gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Einkommensteuer 2013

Am langte die Einkommensteuererklärung 2013 in Papierform beim Finanzamt ein.

Ein Vorhalt des Finanzamtes vom blieb unbeantwortet.

Den Einkommensteuerbescheid 2013 vom stellte das Finanzamt an die Bf. in die Databox zu. Der vom Finanzamt vorgelegte Bescheid trägt die Amtssignatur samt Zeitstempel für die elektronische Zustellung.

Am langte beim Finanzamt eine Beschwerde der Bf. (in Papierform) betreffend u. a. Einkommensteuer 2013 ein. Darin brachte sie u. a. vor, das Finanzamt wiederholt gebeten zu haben, ihr die Bescheide in Kopie zuzustellen.

In einer weiteren, beim Finanzamt am eingegangenen und mit datierten "Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 vom ", begehrte die Bf. diverse Werbungskosten und Sonderausgaben.

In der Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom betreffend Einkommensteuer 2013 wies das Finanzamt die Beschwerde wegen ihrer verspäteten Einbringung zurück.

Am langte beim Finanzamt der Vorlageantrag betreffend Einkommensteuer 2013 ein.

In dem im vorgelegten Akt aufliegenden Schreiben der Bf. vom schreibt die Bf. " … finanzonline funktioniert ab und zu …" und begehrt sie in diesem Schreiben die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2013.

Im Schreiben der steuerlichen Vertretung vom an das Finanzamt begehrte diese ergänzend Werbungskosten. Sie beantragte u. a. die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2013.

Einkommensteuer 2016

Am langte die Einkommensteuererklärung 2016 in Papierform beim Finanzamt ein.

Mit Vorhalt vom (Frist zur Beantwortung ) forderte das Finanzamt die Bf. auf, eine Aufstellung sowie Belege betreffend die Werbungskosten vorzulegen. Der Vorhalt wurde nicht beantwortet.

Das Finanzamt erließ den Einkommensteuerbescheid 2016 vom . Die Zustellung erfolgte in die Databox. Der vom Finanzamt vorgelegte Bescheid trägt die Amtssignatur samt Zeitstempel für die elektronische Zustellung.

Am erhob die Bf. Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2016.

Es ergingen sodann folgende Vorhalte:

Vorhalt vom (Frist zur Beantwortung ):
Das Finanzamt forderte die Bf. zu ihrem Schreiben vom betreffend die Zahlungsaufforderung auf, dieses nochmals einzubringen. Es sei aufgrund der schlechten Lesbarkeit der Handschrift nicht erkennbar, was mit dem Schreiben gewollt sei. Zum Bescheid bzw. zur Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer 2015 wurde der Bf. mitgeteilt, dass diese in die Databox zugestellt worden und dort abrufbar seien.

Vorhalt vom (Frist zur Beantwortung ):
Zum Schreiben der Bf. vom und vom teilte das Finanzamt der Bf. Folgendes mit:

"Die Bescheide 2015 und 2016 und der Vorhalt vom wurden in die Databox zugestellt. Sollte dies nicht mehr erwünscht sein, ist diese Variante selbstständig in Finanzonline umzustellen. Das Finanzamt nimmt diese Änderung nicht vor.

Betreffend das Schreiben vom : Sie haben geschrieben, dass Sie gegen die Bescheide 2015 und 2016 fristgerecht "Einspruch" erhoben haben. Bitte um Nachweise der Rechtzeitigkeit.

Der Einkommensteuerbescheid 2016 wurde am in die Databox zugestellt.

Betreffend das Schreiben vom : Wie ist dieses Schreiben zu qualifizieren? Als Beschwerde?

Welche Änderungen sind betreffend der Veranlagung 2016 konkret gewünscht?

Betreffend die Veranlagung 2016 waren die Werbungskosten in Höhe von € 5.202,36 nicht anzuerkennen, da keine Nachweise dafür vorgelegt wurden. Sie werden ersucht für diese Werbungskosten (Fachliteratur? oder Fortbildungskosten?) geeignete Nachweise zu bringen."

Vorhalt vom (Frist zur Beantwortung ):

Das Finanzamt stellte der Bf. den Vorhalt vom neuerlich per RSb zu.

Am langte auf elektronischem Wege ein Antwortschreiben "zu Vorhalt 4 vom " ein. In diesem heißt es:

"Die Bf. konnte nicht in ihre Databox Einsicht nehmen, da sie nicht wusste, dass es eine gibt, sie keinen funktionierenden Computer (Internetzugang) hatte und auch die Zugangscodes für den Finanzonlinezugang nicht mehr hat. Auf Grund ihrer Krankheit, die auch zu einer Berufsunfähigkeitspension führte, war es ihr nicht möglich dieser Einsicht gemäß zu handeln. Erst ein befreundeter Rechtsanwalt hat ihr empfohlen einen Steuerberater zu kontaktieren. Nunmehr werden die Schriftstücke an mich zugestellt. Ich ersuche die abgegebenen Steuererklärungen erklärungsgemäß zu veranlagen, angeblich sollten die Unterlagen (Belege) im Finanzamt aufliegen.

In der BVE betreffend Einkommensteuer 2016 vom wies das Finanzamt die Beschwerde gemäß § 260 BAO wegen verspäteter Einbringung zurück. Die Zustellung erfolgte an die Bf. zu Handen ihres steuerlichen Vertreters.

Am brachte die Bf. den "Einspruch gegen u. a. den Einkommensteuerbescheid 2016", also den Vorlageantrag ein.

In einer weiteren, beim Finanzamt am eingegangenen und mit datierten "Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 vom " begehrte die Bf. Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und den erhöhten Pensionistenabsetzbetrag.

Das Finanzamt teilte der Richterin mit, dass die elektronische Zustellung in die Databox ab der Veranlagung 2011 aufrecht sei. Ab dem Zeitpunkt der Veranlagung 2011 () hätte das Finanzamt alle Zustellungen per Databox vorgenommen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt

Der zeitliche Ablauf der Erlassung der Bescheide und BVEs bzw. Einbringung der Beschwerden bzw. Vorlageanträge für die Jahre 2013 und 2016 ist im zuvor geschilderten Verfahrensablauf festgehalten und legt diese Abläufe das BFG seiner Entscheidung zugrunde.

Jedenfalls mit Zustellung des Vorhalts vom per RSb an die Bf. musste sie auch wissen, dass die elektronische Zustellung der hier angefochtenen Bescheide in die Databox seit der Veranlagung 2011 aufrecht war und sie dem Finanzamt einen von ihr gewollten Verzicht auf eine elektronische Zustellung von sich aus bekannt geben musste. Jedenfalls bis zur Vorlage der Beschwerde betreffend Einkommensteuer 20013 und 2016 an das BFG langte ein solcher Verzicht nicht ein.

Die Bf. hat die Einkommensteuerbescheide 2013 und 2016 tatsächlich erhalten.

Erwägungen

Die Entscheidung fußt auf dem vom Finanzamt vorgelegten Akteninhalt sowie den Vorbringen der Parteien.

Rechtliche Beurteilung

Einkommensteuer 2013 und 2016

Die Beschwerdefrist beträgt gemäß § 245 Abs. 1 BAO einen Monat. Enthält ein Bescheid die Ankündigung, dass noch eine Begründung zum Bescheid ergehen wird, so wird die Beschwerdefrist nicht vor Bekanntgabe der fehlenden Begründung oder der Mitteilung, dass die Ankündigung als gegenstandslos zu betrachten ist, in Lauf gesetzt. Dies gilt sinngemäß, wenn ein Bescheid auf einen Bericht (§ 150) verweist.

Die Bescheidbeschwerde ist gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.

In der FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006, in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung heißt es wie folgt:

"§ 5b. (1) Die Abgabenbehörden haben nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen.

(2) Jeder Teilnehmer kann in FinanzOnline eine elektronische Adresse angeben, an welche er über eine elektronische Zustellung zu informieren ist. Die Wirksamkeit der Zustellung der Erledigung selbst wird durch die Nichtangabe, durch die Angabe einer nicht dem Teilnehmer zuzurechnenden oder durch die Angabe einer unrichtigen oder ungültigen elektronischen Adresse nicht gehindert.

(3) Ein Teilnehmer kann in FinanzOnline auf die elektronische Form der Zustellung verzichten. Zu diesem Zweck ist ihm bei seinem ersten nach dem erfolgenden Einstieg in das System unmittelbar nach erfolgreichem Login die Verzichtsmöglichkeit aktiv anzubieten. Die Möglichkeit zum Verzicht ist auch nach diesem Zeitpunkt jederzeit zu gewährleisten. Die in § 2 Abs. 2 genannten Parteienvertreter können den Verzicht für die Zustellungen in ihren eigenen Angelegenheiten und davon getrennt für die Zustellungen in den Angelegenheiten als Parteienvertreter erklären."

Elektronisch zugestellte Dokumente gelten gemäß § 98 Abs. 2 BAO als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Der Zeitpunkt, an dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox, zu der der Empfänger Zugang hat (zB -F/13; ; ; , RV/5100404/2016; , RV/5100209/2016; , RV/7104423/2014; , RV/7104134/2017; , RV/5101130/2017). Dies gilt auch, wenn die Daten am Freitag nach Ende der Kanzleiöffnungszeit des zustellungsbevollmächtigten Parteienvertreters einlangen ( ; , RV/7103033/2018).

Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer (zB Öffnen, Lesen, oder Ausdrucken eines Bescheides) kommt es nicht an (zB ; , RV/0002-F/13; , RV/2100371/2015; , RV/5100404/2016; , RV/7104423/2014; , RV/7103033/2018).

Irrelevant ist das Datum der Information über die in die Databox erfolgte Zustellung ( ). Der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox ist auch dann der Zustellzeitpunkt, wenn die in § 5b Abs 2 FOnV 2006 vorgesehene Information an der vom Teilnehmer angegebenen elektronischen Adresse unterblieben ist. Diese Information hat lediglich Service-Charakter.

Die FinanzOnline-Databox ist ein elektronischer Postkasten. Die "Schlüssel" zu diesem elektronischen Postkasten sind die Zugangscodes, die beim FinanzOnline-Login einzugeben sind. Werden daher Bescheide in der FinanzOnline-Databox bereitgestellt, muss der Anwender zumindest ab diesem Tag nicht gesperrte Zugangscodes haben, damit Bescheide am Tag, ab dem sie in der FinanzOnline-Databox bereitgestellt sind, auch rechtsgültig zugestellt sind ( ) [Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 98, Rz. 4 f.].

Unstrittig ist hier, dass die Bf. die Einkommensteuerbescheide 2013 und 2016 tatsächlich erhalten hat, hätte sie doch sonst nicht die präzisen Angaben auf der am beim Finanzamt eingelangten "Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2013" bzw. auf der am beim Finanzamt eingelangten "Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2016" machen können.

Die Bf. hat niemals vorgebracht, dass sie überhaupt keine Zugangsdaten zum Finanz-Online-Konto gehabt hätte.

Wenn der steuerliche Vertreter die Nicht-Einsichtnahme in die Data-Box damit begründet, dass die Bf. nicht wusste, dass es eine solche gegeben habe bzw. sie ihre Zugangsdaten zu Finanzonline nicht mehr und auch keinen funktionierenden Computer hatte, vermögen diese Vorbringen nichts an der rechtmäßigen Zustellung der Bescheide zu ändern. Es wird auch von der Bf. bzw. der steuerlichen Vertretung kein Nachweis erbracht, dass die Bf. dem Finanzamt einen Verlust der Zugangsdaten gemeldet hätte. Selbst nach Erhalt des Vorhalts vom reagierte die Bf. auf die im Vorhalt festgehaltenen Ausführungen in keiner Weise. Angemerkt werden darf, dass die Bf. zeitweise auch steuerlich vertreten war.

Beim vorliegenden Sachverhalt geht das BFG davon aus, dass die Zustellung an die Bf. korrekt erfolgte. Bei einem aufrechten Online-Zugang ist es auch nicht üblich, wie von der Bf. gefordert, den Steuerpflichtigen Bescheide in Kopie zuzustellen.

Zu dem im Verfahren gestellten Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2013 (siehe Schreiben der Bf. vom , Schreiben der steuerlichen Vertretung vom ) darf festgehalten werden:

Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht gemäß § 305 BAO der Abgabenbehörde zu, die für die Erlassung des nach § 307 Abs. 1 aufzuhebenden Bescheides zuständig war oder vor Übergang der Zuständigkeit als Folge einer Bescheidbeschwerde oder einer Säumnisbeschwerde (§ 284 Abs 3) zuständig gewesen wäre. Ist die diesbezügliche Zuständigkeit auf eine andere Abgabenbehörde übergegangen, so steht die Entscheidung der zuletzt zuständig gewordenen Abgabenbehörde zu.

Das BFG hat daher keine gesetzliche Befugnis, über einen allfälligen Wiederaufnahmeantrag zu entscheiden.

Nach Prüfung aller Vorbringen sind daher die Beschwerden der Bf. - weil nicht innerhalb der Beschwerdefrist von einem Monat ab Zustellung der Bescheide eingebracht - verspätet und demzufolge gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO zurückzuweisen.

Angemerkt werden darf noch, dass zudem auch der Vorlageantrag vom gegen die BVE vom betreffend Einkommensteuer 2016 verspätet eingebracht wurde.

Un/Zulässigkeit der Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Feststellungen über die Zustellung der Bescheide wurden im Rahmen der Beweiswürdigung getroffen. Die Zurückweisung ist eine im Gesetz vorgesehene Rechtsfolge der festgestellten Verspätung der Einbringung der Beschwerden. Eine Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 305 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100157.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at