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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.09.2022, RV/7102528/2021

Zwangsstrafe nach dem WiEReG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Dieter Fröhlich in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch PKF Österreicher & Partner GmbH & Co KG Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung, Wollzeile 16, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe zur Erfüllung der Meldepflicht nach dem Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

  1. Gemäß § 279 BAO wird der Beschwerde teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid abgeändert. Die Zwangsstrafe wird mit Euro 500,00 festgesetzt.

  2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt und Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (in der Folge kurz Bf.) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in der politischen Gemeinde O. und seit 2009 im Firmenbuch unter der FN X1 eingetragen. Im Zeitraum zwischen Mai 2016 und November 2021 war Gf-1, X2 geboren, Deutschland, O2 wohnhaft, der Alleingeschäftsführer der Bf. Die Anteile an der Bf. werden zu 100% von der in Hamburg ansässigen MG gehalten. Beide Kapitalgesellschaften sind Bestandteil des Konzernrechnungsabschlusses beim Konzernmutterunternehmen, KMG AG in Zürich. Es handelt sich bei diesem Konzern um einen Global Player für Serviceleistungen für Fluggesellschaften und Flughäfen.

Am erfolgte die erstmalige Aufnahme der Bf. in das Wirtschaftliche Eigentümer Register. Am nahm der steuerliche Vertreter eine "subsidiäre Meldung der obersten Führungsebene der Bf. mit automatischer Datenübernahme gemäß § 5 Abs. 5 WiEReG" vor. An Stelle eines wirtschaftlichen Eigentümers im engeren Sinn wurde der Alleingeschäftsführer, Gf-1, als natürliche Person, die der obersten Führungsebene der meldepflichtigen Gesellschaft (***Bf1***) angehört, gemäß § 2 Z. 1 lit. b WiEReG gemeldet. Nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten habe die beschwerdeführende Gesellschaft keine natürliche Person ermitteln können, die direkt oder indirekt mehr als 25% der Stimmrechte an der Bf. halte und auch keine natürliche Person oder mehrere natürliche Personen, die gemeinsam eine direkte oder indirekte Kontrolle über die beschwerdeführende Gesellschaft ausüben würden.

Konzernmuttergesellschaft und somit oberster Rechtsträger der Bf. ist lt. dem zum Firmenbuch eingereichten Jahresabschluss 2020 die KMG AG mit Sitz in Zürich (Handelsregister-Nr.: CH-X3).

Zur Konzernmuttergesellschaft finden sich zu den Eigentumsverhältnissen im zeitlichen Zusammenhang zum Meldungsjahr 2021 folgende veröffentlichte Pressemeldungen:

[...]

Mit schriftlicher Erinnerung vom teilte das Finanzamt der Beschwerdeführerin mit, sie habe offenbar übersehen, die von ihr zu erstattende Meldung nach Fälligkeit der jährlichen Überprüfung der wirtschaftlichen Eigentümer entsprechend den Bestimmungen des § 5 Wirtschaftlicher Eigentümer Registergesetz (WiEReG) vorzunehmen. Gleichzeitig forderte es die Bf. auf, diese Meldung bis längstens nachzuholen. Sollte der Aufforderung nicht Folge geleistet werden, werde gemäß § 111 BAO eine Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 Euro festgesetzt. Die schriftliche Erinnerung mit der Aufforderung zur Nachholung der Meldung nach den Bestimmungen des § 5 WiEReG wurde vom Finanzamt in die Databox des steuerlichen Vertreters am nachweislich zugestellt.

Die Bf. brachte durch ihren StV mittels FinanzOnline als "sonstiges Anbringen" einen Fristverlängerungsantrag ein und ersuchte die Frist für die Meldung des wirtschaftlichen Eigentümers bis zu verlängern sowie von der Festsetzung einer Zwangsstrafe entsprechend der im Erkenntnis des , vertretenen Rechtsauffassung abzusehen. Als Grund für die beantragte Fristverlängerung wurde angeführt, dass alle Beteiligungsverhältnisse ins Ausland verlaufen und ein hoher Aufwand für die Beschaffung der erforderlichen Unterlagen notwendig sei, um die Sorgfaltspflichten gemäß dem WiEReG zu erfüllen.

Mit Bescheid vom 17.06.2021setzte das Finanzamt gemäß § 111 BAO in der angedrohten Höhe eine Zwangsstrafe von Euro 1.000,00 fest. Zur Begründung führte es aus, die Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer iSd § 5 WiEReG diene dem Zweck der Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems für Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung. § 16 WiEReG sehe vor, dass die Abgabenbehörde die Vornahme der Meldung nach § 5 WiEReG durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen könne, wenn diese nicht oder nicht vollständig erstattet werde. Da diese Meldung von der Bf. nicht in der vom Gesetz geforderten Weise erstattet worden sei, werde die Zwangsstrafe in Höhe von 1.000 Euro festgesetzt.

Das Ansuchen um Fristverlängerung wies das Finanzamt mit Bescheid vom als unzulässig zurück, weil es sich bei der eingeräumten Nachfrist um eine gesetzliche Frist gemäß § 16 WiEReG handle und eine Verlängerung gesetzlicher Fristen nicht möglich sei.

Mit Schriftsatz vom erhob der StV namens der Bf. gegen die Festsetzung der Zwangsstrafe Beschwerde. Begründend wurde ausgeführt, dass der schriftlichen Erinnerung zur Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer innerhalb der gesetzten Frist () insofern nachgekommen sei, als am ein begründetes Ansuchen auf einmalige Verlängerung der Nachfrist um rund einen Monat (bis ) gestellt wurde. In dem Erkenntnis des BFG, , RV/2101131/2020 ist in einem vergleichbaren Fall von einer Zwangsstrafe abgesehen, weil eine angemessene Reaktion des Meldepflichtigen erfolgt ist und von diesem zeitnah im Rahmen seiner Möglichkeiten die Meldung vorgenommen worden ist.

Anstatt die Monatsfrist noch Abzuwarten, hat die Behörde - ohne vorher der Bf. zumindest formlos die Ablehnung des Ersuchens mitzuteilen, mit Bescheid vom die Zwangsstrafe in der vollen angedrohten Höhe von Euro 1.000 festgesetzt. Von der Bf. sei schließlich innerhalb der beantragten Fristverlängerung (am ) die Meldung des wirtschaftlichen Eigentümers vorgenommen worden. Es werde aus diesen Gründen die ersatzlose Aufhebung des Zwangsstrafenbescheides begehrt und der Antrag auf Entscheidung durch den Senat und Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab. Zur Begründung führte es Folgendes aus:

"Mit Schreiben vom wurde die Beschwerdeführerin unter Androhung einer Zwangsstrafe aufgefordert, die nicht rechtzeitig erfolgte Meldung des wirtschaftlichen Eigentümers iSd § 5 WiEReG bis zum nachzuholen. Das Mahnschreiben wurde der Beschwerdeführerin bzw. deren steuerlicher Vertretung nachweislich am in die Databox zugestellt.

Mit Antrag vom ersuchte die Bf die Frist zur Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BFG, , RV/2101131/2020 zu verlängern. Mit Bescheid vom wurde die gegenständlich bekämpfte Zwangsstrafe in Höhe von EUR 1.000,00 festgesetzt. Am teilte die Behörde der steuerlichen Vertretung der Beschwerdeführerin telefonisch mit, dass Fristverlängerungen zur Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer nicht vorgesehen sind, da es sich um gesetzliche Fristen handele.

Gegen den Bescheid über die Festsetzung der Zwangsstrafe richtet sich die Beschwerde vom , wobei begründend ausgeführt wird: Man habe die Erinnerung zur Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer zwar erhalten, aber hierfür einen Antrag auf Fristverlängerung unter Bezugnahme auf die Entscheidung des eingereicht. Bescheide würden automationsunterstützt ergehen, weswegen die Festsetzung gegenständlich zu Unrecht erfolgte. Die Meldung würde rechtzeitig nachreicht werden. Am wurde die Meldung erstattet.

Am erging ein zurückweisender Bescheid betreffend den Antrag auf Fristverlängerung.

Zum Fristverlängerungsantrag: Sowohl die Fristen für die jährliche Meldung (vgl. § 5 Abs 2 WiEReG) als auch die Fristen betreffend Androhung und Festsetzung von Zwangsstrafen (vgl. § 16 WiEReG) sind gesetzlich geregelt. Die Verlängerung gesetzlicher Fristen ist gern. § 110 BAO nicht vorgesehen. Auch haben Anträge auf Fristverlängerung nur dann eine den Fristlauf hemmende Wirkung, wenn dies gesetzlich so angeordnet ist (Ritz, BAO, § 110 Rz 5). Da im WiEReG eine den Fristlauf hemmende Wirkung nicht vorgesehen ist, laufen die gesetzten Fristen trotz eines rechtzeitig eingebrachten Antrags auf Fristverlängerung ab (vgl Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO, § 108 Anm 2).

Aus den dargelegten Erwägungen hatte daher der von der Beschwerdeführerin am eingelangte Antrag auf Fristverlängerung keine Auswirkungen auf den Fristenlauf. Verweist die Beschwerdeführerin auf die Entscheidung des , so ist daraus abzuleiten, dass der Beschwerdeführerin das Vorliegen einer gesetzlichen Frist jedenfalls bekannt war.

Zur Festsetzung der Zwangsstrafe: Zweck der Zwangsstrafe ist, die Abgabenbehörde bei Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen und die Partei zur Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten zu verhalten. Daher darf eine Zwangsstrafe nicht mehr verhängt werden, wenn die Anordnung - wenn auch verspätet - befolgt wurde. Maßgebend ist diesbezüglich der Zeitpunkt der Wirksamkeit des die Zwangsstrafe festsetzenden Bescheides; wird die Anordnung erst danach befolgt, so steht dies der Abweisung einer Bescheidbeschwerde gegen den Zwangsstrafenbescheid nicht entgegen (Ritz, BAO6 § 111 Rz 1). Im vorliegenden Fall erfolgte die Meldung iSd § 5 WiEReG am , somit nach Festsetzung der Zwangsstrafe mittels Bescheid vom , zugestellt am , und war diese daher nicht unrechtmäßig. Jede Zwangsstrafenfestsetzung setzt die vorherige (idR schriftliche) Aufforderung zur Erbringung der verlangten Leistung und die Androhung der Zwangsstrafe voraus. Die angedrohte Höhe stellt die Obergrenze für die Festsetzung dar. Nach § 111 Abs 3 BAO darf die einzelne Zwangsstrafe den Betrag von EUR 5.000,00 nicht überschreiten. Somit darf die Summe der einzelnen Zwangsstrafen diesen Höchstbetrag je zu erzwingender Leistung nicht übersteigen (Ritz, BAO6, § 111 Rz 7 f).

Gegenständlich erfolgte die Androhung der Zwangsstrafe mit Schreiben vom , welches der Beschwerdeführerin nachweislich am zugestellt wurde. Der angefochtene Bescheid über die Festsetzung der Zwangsstrafe erweist sich daher nicht als rechtswidrig. Aus § 5 Abs 1 WiEReG ergibt sich, dass Rechtsträger binnen vier Wochen nach Fälligkeit der jährlichen Überprüfung die bei der Überprüfung festgestellten Änderungen zu melden oder die gemeldeten Daten zu bestätigen haben. Da die Meldung zum Säumigkeitsdatum nicht erstattet wurde, erfolgte am die Androhung der Zwangsstrafe mittels Mahnschreiben.

Zum Ermessen: Die Festsetzung der Zwangsstrafe liegt (dem Grunde und der Höhe nach), wie auch vom Bundesfinanzgericht in der Entscheidung vom , RV/2101131/2020, ausgeführt, im Ermessen der Abgabenbehörde. Gemäß § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Bei der Ermessensübung ist ua. zu berücksichtigen: das bisherige die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten betreffende Verhalten der Partei, der Grad des Verschuldens der Partei, die Höhe allfälliger Abgabennachforderungen (bei Zwangsstrafe wegen Nichteinreichung der Abgabenerklärungen), die wirtschaftlichen Verhältnisse des Abgabepflichtigen und die abgabenrechtliche Bedeutung (Auswirkung) der verlangten Leistung (Ritz, BAO6, § 111 Tz 10).

Festzuhalten ist, dass vom Beginn der Pflicht zur Meldung () bis zur Festsetzung der Zwangsstrafe am über vier Monate verstrichen sind. Die Beschwerdeführerin hatte somit auch auf Grund der Nachfrist im Erinnerungsschreiben ausreichend Zeit, die nicht vorgenommene Meldung nachzuholen. Dass der Beschwerdeführerin die vorliegende Meldeverpflichtung bekannt war, ergibt sich daraus, dass die Beschwerdeführerin bereits seit dem Jahr 2009 besteht und bereits in der Vergangenheit eine Meldung abgab. Letztlich erfolgte die Meldung am sogar nach Einbringung der Beschwerde und sohin fünf Monate ab Säumnisdatum. Würde man, wie in der genannten Entscheidung des Bundesfinanzgerichts ausgeführt, gegenständlich in Ermessensausübung die Zwangsstrafe aufheben, hätte die Beschwerdeführerin letztlich durch den bekanntermaßen unzulässigen Fristverlängerungsantrag nicht nur eine Fristverlängerung, sondern auch eine Umgehung der Zwangsstrafe erreicht. Aus den dargelegten Erwägungen erscheint die Festsetzung der Zwangsstrafe daher keineswegs unbillig. Es ist auch nicht zu ersehen, mit welchen gelinderen Mitteln als der Festsetzung der Zwangsstrafe die Beschwerdeführerin zur Erfüllung der ihr obliegenden Meldepflicht bewegt hätte werden können. Da durch das WiEReG die Nutzung des Finanzsystems für Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung verhindert werden soll und die seitens der Beschwerdeführerin im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigenden angeführten Gründe aufgrund der vorigen Ausführungen nicht schwerer wiegen, erweist sich die Festsetzung der Zwangsstrafe als angemessen. Was die Höhe der verhängten Zwangsstrafe anlangt, ist darauf hinzuweisen, dass das Gesetz für die Ermessensübung hinsichtlich der Höhe der Zwangsstrafe keine verbindlichen Vorgaben vorsieht. § 111 Abs 3 BAO sieht lediglich vor, dass die einzelne Zwangsstrafe den Betrag von EUR 5.000,00 nicht übersteigen darf. Daher ist jeweils im Einzelfall zu entscheiden, welche Höhe angemessen erscheint. Bei Würdigung der oben genannten Umstände erscheint die Höhe der Zwangsstrafe mit 20% des vorgesehenen Höchstbetrages im gegenständlichen Fall nicht unangemessen und war daher spruchgemäß zu entscheiden."

Mit Anbringen vom wurde gegen die BVE vom fristgerecht ein Vorlageantrag eingebracht. Das Finanzamt Österreich legte die Beschwerde mitsamt den bezugshabenden Verwaltungsakten am dem Bundesfinanzgericht (BFG) vor und erstattete einen Vorlagebericht.

Von der Bf. wurde im Schreiben vom erklärt, den Antrag auf Entscheidung durch den Senat und Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus verwaltungsökonomischen Gründen zurückzunehmen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Mit dem Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG), BGBl. I 2017/150, wurde ein Register eingerichtet, in das die wirtschaftlichen Eigentümer von Gesellschaften, anderen juristischen Personen und Trusts eingetragen werden. Der Anwendungsbereich des Registers der wirtschaftlichen Eigentümer wird durch Art. 30 und 31 der Richtlinie (EU) 2015/849 verbindlich vorgegeben. Das Register soll einen wesentlichen Beitrag zur Verhinderung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung leisten. Zur Gewährleistung der Effektivität der Meldepflichten sollen wirkungsvolle Sanktionen bei Meldepflichtverletzungen durch die Abgabenbehörden des Bundes verhängt werden können (vgl. Allgemeiner Teil der EB zur RegVorl).

Die Bf. ist als Gesellschaft mit beschränkte Haftung gemäß § 1 Abs. 2 Z 4. WiEReG Rechtsträger im Sinne des WiEReG. Für die Bf. besteht keine Befreiung von der Meldepflicht nach § 6 Abs.2 WiEReG.

Gemäß § 3 Abs. 1 erster Satz WiEReG haben die Rechtsträger die Identität ihres wirtschaftlichen Eigentümers festzustellen und angemessene Maßnahmen zur Überprüfung seiner Identität zu ergreifen, so dass sie davon überzeugt sind zu wissen, wer ihr wirtschaftlicher Eigentümer ist; dies schließt die Ergreifung angemessener Maßnahmen mit ein, um die Eigentums- und Kontrollstruktur zu verstehen.

Gemäß § 2 WiEReG sind wirtschaftlicher Eigentümer alle natürlichen Personen, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle ein Rechtsträger letztlich steht, hierzu gehört zumindest folgender Personenkreis:

1. bei Gesellschaften, insbesondere bei Rechtsträgern gemäß § 1 Abs. 2 […] Z 4 (GmbH):

a) alle natürlichen Personen, die direkt oder indirekt einen ausreichenden Anteil von Aktien oder Stimmrechten (einschließlich in Form von Inhaberaktien) halten, ausreichend an der Gesellschaft beteiligt sind (einschließlich in Form eines Geschäfts- oder Kapitalanteils) oder die Kontrolle auf die Gesellschaft ausüben:

b) die natürlichen Personen, die der obersten Führungsebene der Gesellschaft angehören, wenn nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten und sofern keine Verdachtsmomente vorliegen, keine Person nach lit. a ermittelt werden kann. Für die nachfolgend genannten Gesellschaften gilt […]:

cc) bei eigentümerlosen Gesellschaften gelten die natürlichen Personen, die der obersten Führungsebene angehören als wirtschaftliche Eigentümer, sofern keine Anhaltspunkte vorliegen, dass die Gesellschaft direkt oder indirekt unter der Kontrolle einer oder mehrerer anderer natürlichen Personen steht.

Nach § 3 Abs. 3 WiEReG idF BGBl. I 62/2019 haben die Rechtsträger die Sorgfaltspflichten gemäß Abs. 1 zumindest jährlich durchzuführen und dabei angemessene, präzise und aktuelle Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer, einschließlich genauer Angaben zum wirtschaftlichen Interesse, einzuholen und zu prüfen, ob die an das Register gemeldeten wirtschaftlichen Eigentümer noch aktuell sind.

Das WiEReG sieht in dessen § 5 Abs. 1 Meldepflichten der in § 1 Abs. 2 WiEReG genannten Rechtsträger über ihre direkten und indirekten wirtschaftlichen Eigentümer vor. Zu diesen Meldepflichten gehört seit der am in Kraft getretenen Änderung des § 5 WiEReG durch BGBl. I Nr. 62/2019 auch die Verpflichtung, die an das Register gemeldeten Daten jährlich zu überprüfen, die bei der Überprüfung festgestellten Änderungen zu melden oder die gemeldeten Daten zu bestätigen. Zu dieser jährlichen Melde- und Bestätigungsverpflichtung muss der Rechtsträger nicht eigens von der Behörde aufgefordert werden. Er hat dieser Verpflichtung von sich aus nachzukommen.

Nach § 5 Abs. 2 WiEReG hat die Meldung der Daten von den betroffenen Rechtsträgern im elektronischen Wege über das Unternehmensserviceportal (§ 1 USPG) an die Bundesanstalt Statistik Österreich als Auftragsverarbeiterin der Registerbehörde zu erfolgen. Die Übermittlung der Daten durch berufsmäßige Parteienvertreter gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 USPG ist zulässig.

Gemäß § 16 Abs. 1 WiEReg kann das Finanzamt Österreich, wenn die Meldung gemäß § 5 nicht erstattet wird, deren Vornahme durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen. Die Androhung der Zwangsstrafe ist mit Setzung einer Frist von sechs Wochen vorzunehmen.

§ 111 BAO lautet:

"(1) Die Abgabenbehörden des Bundes sind berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die elektronische Übermittlung von Anbringen und Unterlagen, wenn eine diesbezügliche Verpflichtung besteht.

(2) Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, muss der Verpflichtete unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im Verzug ist.

(3) Die einzelne Zwangsstrafe darf den Betrag von 5.000 Euro nicht übersteigen.

(4) Gegen die Androhung der Zwangsstrafe ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig."

Unbestritten ist, dass die Bf. als Rechtsträger zur Meldung im Sinne des § 5 Abs. 1 WiEReG verpflichtet war und dieser Pflicht innerhalb der gesetzlichen Frist nicht nachgekommen ist. Aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung nach § 5 WiEReG hätte die Meldung bereits bis vorgenommen werden müssen. Auch die mit der schriftlichen Erinnerung vom eingeräumte Nachfrist bis zur Nachholung der versäumten Meldung wurde nicht eingehalten. Die Nachfrist des § 16 Abs. 1 WiEReG ist bereits im Gesetz festgelegt und im Unterschied zu einer behördlichen Frist aufgrund der ausdrücklichen Bestimmung des § 110 Abs. 1 BAO nicht verlängerbar. Der Antrag auf Fristverlängerung vom konnte daher auch keine die Frist hemmende Wirkung entfalten und wurde vom FA zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Festsetzung einer Zwangsstrafe gemäß § 16 WiEReG iVm § 111 BAO sind somit vorgelegen. Ob und in welcher Höhe letztlich die Zwangsstrafe festgesetzt wird, lag somit im Ermessen der Abgabenbehörde.

Gemäß § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dabei wird dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei" und dem Begriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliche Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beigemessen (vgl. z.B. ). Bei der Ermessensübung ist unter anderem das bisherige, die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten betreffende Verhalten der Partei zu berücksichtigen, der Grad des Verschuldens der Partei, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Abgabepflichtigen und die abgabenrechtliche Bedeutung (Auswirkung) der verlangten Leistung (siehe dazu Ritz, BAO6, § 111 Tz 10 einschließlich der dort angeführten Judikate).

Wie bereits ausgeführt, dient das Wirtschaftliche Eigentümerregister der Verhinderung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung. Zur Durchsetzung der im WiEReG vorgesehenen Meldepflichten sieht § 16 WiEReG selbst ausdrücklich die Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO vor. Die Zweckmäßigkeit der Zwangsstrafe aufgrund der im Beschwerdefall vorliegenden Verletzung der Meldepflicht gemäß § 5 ergibt sich somit schon aus dem Gesetz.

Die Verhängung der Zwangsstrafe ist dem Grunde nach auch billig. Die Bf. hat weder innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist (hier: ) noch auch innerhalb der mit Erinnerungsschreiben gesetzten Frist bis die ihr obliegende Meldung nach dem WiEReG erbracht.

Aus dem ins Treffen geführte Erkenntnis des BFG (RV/2101131/2020), wonach in einem vergleichbar gelagerten Fall vom BFG im Rahmen der eigenständigen Ermessensübung (Art 130 Abs. 2 B-VG), von der Festsetzung einer Zwangsstrafe abgesehen wurde, kann die Bf. keinen Anspruch ableiten. Da bei der Ermessenübung auf die individuellen Umstände abzustellen ist, kann schon aus diesem Grunde keine gleiche Ermessensentscheidung eingefordert werden, weil auch kein diesbezüglich identischer Sachverhalt vorliegt. Ermessensentscheidungen basieren primär auf Wertungen und weisen daher naturgemäß im Rahmen des zulässigen Spielraumes eine Schwankungsbreite auf. Im Übrigen entfaltet ein Erkenntnis des BFG kein über den Einzelfall hinausgehendes Präjudiz. Zudem fand die in dem zitierten Erkenntnis (RV/2101131/2020) enthaltene Ermessensübung in der Rechtsprechung des BFG keine Bestätigung.

Zu Recht wurde von der belangten Behörde eingewandt, dass die Bf. zwar mit dem Fristverlängerungsansuchen eine Reaktion auf das Erinnerungsschreiben setzte, ob von der Bf. auch tatsächlich gewissenhaft versuchte wurde, innerhalb der Nachfrist die versäumte Meldung nachzuholen, kann daraus aber nicht geschlossen werden. Gewiss ist jedoch, dass die Bf. bei Einbringung des Fristverlängerungsantrages bereits eindeutig wusste, dass eine Verlängerung der gesetzlichen Nachfrist überhaupt nicht möglich ist (das Erkenntnis des BFG, RV/2101131/2020 wurde nämlich im Antrag zitierte) und trotzdem hat die Bf. dieses unzulässige Anbringen bei der Abgabenbehörde eingebracht. Dass ein solches Verhalten zu keinem Anspruch oder Vorteil durch Abstandnahme von der Festsetzung einer angedrohten Zwangsstrafe führen kann, versteht sich von selbst.

Die letzte Meldung des wirtschaftlichen Eigentümers der Bf. ist am erfolgt. Nach dem Inkrafttreten der Verpflichtung zur jährlichen Meldung der Überprüfung der Richtigkeit der gemeldeten Daten hatte die Bf. mit Eintritt dieser Meldepflicht ab - auch im Hinblick auf ihre im Ausland befindliche Gesellschafterebene - grundsätzlich ausreichend Zeit für eine fristgerechte Überprüfung und Meldung. Konkrete nachvollziehbare Gründe weshalb eine fristwahrende Meldung - trotz Aufbringung aller Sorgfalt - der Bf. nicht möglich gewesen sein soll, wurden nicht vorgebracht.

Die Verhängung einer Zwangsstrafe war daher nach dem Ablaufen der gesetzten Nachfrist () dem Grunde nach zweckmäßig und billig. Die Bedeutung des Einlangens zeitgerechter Überprüfungsmeldung zeigt sich auch in dem Umstand, dass der Gesetzgeber die Nachfrist ausdrücklich im Gesetz festgelegt und ihre Dauer von zunächst drei Monaten auf sechs Wochen verkürzt hat.

Hinsichtlich der Höhe der Zwangsstrafe wurde vom BFG aber aus folgenden Gründen das Ermessen anders ausgeübt und wurde deshalb der Beschwerde teilweise stattgegeben:

Die Bf. ist eine inländische GmbH, die zu 100% von einer deutschen GmbH gehalten wird und diese beiden Gesellschaften gehören wiederum zur schweizer Mutterkonzerngesellschaft, KMG AG. Nachvollziehbar ist, dass die gewissenhafte Dokumentation der Überprüfung, dass bei der Bf. kein wirtschaftlicher Eigentümer iSd WiEReG ermittelt werden kann und daher subsidiär der Geschäftsführer der meldepflichtigen Gesellschaft (die oberste Führungsebene) mitzuteilen ist, mit erhöhten Aufwand verbunden sind kann und sich dabei auch zeitliche Verzögerungen eintreten können, die nicht im Einflussbereich der Bf. liegen. Nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch die noch anhaltende Corona-Situation im In- und Ausland die Erfüllung der Meldepflicht in der ersten Jahreshälfte 2021 erschwert haben kann.

Die Bf. hat mit der Einbringung des Fristverlängerungsansuchens zumindest die Bereitschaft der Meldepflicht nachzukommen aufgezeigt und dem FA mitgeteilt, dass es für die Erfüllung der Meldeverpflichtung um einen Monat länger Zeit benötige als im Mahnschreiben festgesetzt. Auch ein plausibler Grund für die Verzögerung wurde genannt. Die Bf. hat dann innerhalb dieser erbetenen Fristverlängerung die Überprüfungsmeldung vorgenommen (). Im Hinblick auf die begründete Sachlage, wurde die Frist nicht wesentlich überschritten und es hat sich die Bf. auch in der Vergangenheit keine Fristversäumnisse zu Schulden kommen lassen. Der Bf. war zwar bekannt, dass eine Fristverlängerung nicht möglich ist, sie hat aber dennoch darauf vertraut, dass in ihrem Fall ebenso keine Zwangsstrafe verhängt würde, wenn sie innerhalb der mitgeteilten noch erforderlichen weiteren Nachfrist, die Meldung vornimmt. Da erst nach Festsetzung der Zwangsstrafe über den unzulässigen Fristverlängerungsantrag vom FA abgesprochen wurde, hatte die Bf. auch keine Möglichkeit mehr, allenfalls doch noch früher, vor Verhängung einer Sanktion, der Meldeverpflichtung zu entsprechen.

Unter Abwägung der aufgezeigten Umstände (insb. Verschuldensausmaß, bisheriges Wohlverhalten, wirtschaftliche Lage des Unternehmens) wurde vom BFG im Rahmen des Ermessens die Zwangsstrafe auf Euro 500 herabgesetzt.

Zusammenfassend hält das Bundesfinanzgericht daher die Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von 500 Euro für zweckmäßig und billig.

Der Beschwerde war somit teilweise stattzugeben.

Zu Spruchpunkt II. (Zulässigkeit der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nur die Einzelfallgerechtigkeit berührende Wertungsfragen sind keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung (vgl. ; ). Auch angesichts der eindeutigen Rechtslage war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu lösen, weshalb die Revision nicht zulässig ist (vgl. ).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 111 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102528.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at