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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 18.10.2022, RV/6100381/2022

Zurückweisung mangels Aktivlegitimation

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Christian Polanec, ***1***, betreffend die Beschwerden vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom betreffend Feststellung der Einkünfte § 188 BAO 2019, Feststellung der Einkünfte § 188 BAO 2020, Umsatzsteuer 2019 und Umsatzsteuer 2020,
Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Gemäß § 101 Abs. 3 BAO sind schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichtet sind (§ 191 Abs. 1 lit. a und c BAO), einer nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen.

Begründung

A. Verfahrensgang:

  1. Am ergingen für die Jahre 2019 und 2020 die Umsatzsteuerbescheide und die Bescheide über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO.
    Die Zustellung erfolgte an ***Z*** als nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person.

  2. Am langten beim Finanzamt mit datierte Schriftsätze mit dem Firmenstempel der ***Bf1*** ein. Darin wird gegen die oben genannten Bescheide Beschwerde erhoben und um Richtigstellung gemäß Erklärung ersucht.

  1. Mit Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt an den Masseverwalter RA Mag. ***MV***, wies das Finanzamt die Beschwerden als unzulässig zurück.
    Begründend wurde ausgeführt:
    "Da es sich um beim Sanierungsverfahren GZ. um eines ohne Eigenverwaltung handelt, ist es Vertretern des Unternehmens nicht gestattet ohne Zustimmung des Masseverwalters Rechtshandlungen zu setzen, wie im gegebenen Fall Rechtsmittel zu ergreifen (zb BFG RV/2100429/2022).
    Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des VwGH, dass mit der Konkurseröffnung die Wahrnehmung aller abgabenrechtlichen Belange des Schuldners auf den Masseverwalter übergeht, weshalb auch das Beschwerderecht nur dem Masseverwalter zusteht (
    2004/17/0145; 93/14/0004; 90/14/0072). Mangelt es daher an der Beschwerdelegitimation des Einschreiters, ist die Beschwerde unzulässig (vg. Ellinger/Sutter/Urtz, BAO 3. Auflage, § 260 Anm 4)."

  2. Am langte beim Finanzamt ein Schriftsatz mit folgendem Inhalt ein:
    "***Ort*** - Bezüglich der Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt am an RA Mag. ***MV***, beantragen wir innerhalb offener Frist die Entscheidung unserer Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht in öffentlicher Sitzung und halten unsere Beschwerden vom vollinhaltlich aufrecht. Mit gestrigem Datum wurde das Sanierungsverfahren aufgehoben und damit ist unser Vorlageantrag zulässig."
    Darunter findet sich der Firmenstempel der ***Bf1*** mit einer Paraphe.

  3. Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Zurückweisung mangels Aktivlegitimation.

B. Sachverhalt

  1. Die bekämpften Bescheide wurden am erlassen und an ***Z*** als Zustellbevollmächtigen zugestellt.

  2. Mit Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen vom (öffentlich bekannt gemacht in der Insolvenzdatei am selben Tag) wurde über das Vermögen der BF ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet (Aktenzeichen ***X***) und RA Mag. ***MV*** zum Masseverwalter bestellt.

  3. Die Wirkungen der Eröffnung begannen laut Insolvenzdatei am .

  4. Am langten beim Finanzamt mit datierte Beschwerden mit dem Firmenstempel der ***Bf1*** ein.

  5. Eine Zustimmung des Masseverwalters zu dieser Prozesshandlung liegt nicht vor und wurde im Übrigen auch nicht behauptet.

  6. Mit Beschluss des Landesgerichtes vom wurde der Sanierungsplan rechtskräftig bestätigt und das Sanierungsverfahren aufgehoben.

  7. Am langte beim Finanzamt der Vorlageantrag der ***Bf1*** ein.

C. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt unstrittig aus den vom Finanzamt im Vorlagebericht vorgelegten Akten und der Abfrage in der Ediktsdatei.

D. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 2 Abs 2 IO wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Schuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Insolvenzverfahrens erlangt (Insolvenzmasse), dessen freier Verfügung entzogen.
Gemäß § 80 Abs 1 IO hat das Insolvenzgericht bei der Eröffnung des Verfahrens von Amts wegen einen Insolvenzverwalter zu bestellen.

Der Insolvenzverwalter ist für die Zeit seiner Bestellung betreffend die Insolvenzmasse - soweit die Befugnisse des Schuldners beschränkt sind - gesetzlicher Vertreter des Schuldners im Sinne des § 80 BAO (vgl etwa ; ; ).

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH geht mit der Insolvenzeröffnung die Wahrnehmung aller abgabenrechtlichen Belange des Schuldners auf den Masseverwalter über, weshalb auch das Beschwerderecht nur dem Masseverwalter zusteht (vgl etwa ; ; ).

Der Schuldner ist demnach nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Masseverwalters Beschwerde gegen einen Bescheid, der das zur Konkursmasse gehörige Vermögen betrifft, zu erheben (vgl ; ; ).

Liegt eine Zustimmung des Masseverwalters zu der vom Schuldner erhobenen Beschwerde vor, ist der Schuldner als Bevollmächtigter des Masseverwalters anzusehen und die erhobene Beschwerde dementsprechend dem zur Beschwerdeführung legitimierten Masseverwalter zuzurechnen (vgl ).

Im gegenständlichen Fall hat die BF (Schuldnerin) das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben.

Eine Zustimmung des Masseverwalters zur Beschwerdeerhebung liegt nicht vor.

Nach der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung kommt der BF (Schuldnerin) selbst kein Beschwerderecht zu.

Mangelt es an der Beschwerdelegitimation des Einschreiters, ist die Beschwerde unzulässig.

Unzulässige Beschwerden sind gemäß § 260 Abs 1 lit a BAO zurückzuweisen. Dies hat durch die Abgabenbehörde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO) bzw durch das Verwaltungsgericht mit Beschluss (§ 278 BAO) zu erfolgen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 260 Abs 1 lit a BAO iVm § 278 Abs 1 lit a BAO mit Beschluss zurückzuweisen.

Es wird darauf hingewiesen, dass für die beschwerdeführende Partei die Möglichkeit besteht bis Ablauf eines Jahres ab Bekanntgabe des Bescheides eine Bescheidaufhebung nach § 299 BAO zu beantragen, wenn sich der Spruch des Bescheides als nicht richtig erweist.

Gemäß § 274 Abs 3 iVm Abs 5 BAO kann der Einzelrichter ungeachtet eines Antrages von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen ist. Aus Gründen einer ökonomischen Verfahrensführung und der Unstrittigkeit des Sachverhalts war von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand zu nehmen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.6100381.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at