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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.09.2022, RV/4100248/2022

Rückforderung von Familienbeihilfe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend die Rückforderung von Familienbeihilfe zu Recht erkannt:

  1. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der Rückforderungsbetrag an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag betreffend ***1*** für den Zeitraum Juli 2021 bis Oktober 2021 und den Erhöhungsbetrag an Familienbeihilfe für zwei Kinder betreffend ***2*** für den Zeitraum Juli 2021 bis Oktober 2021 beträgt:


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Familienbeihilfe (FB)
€ 622,80
Kinderabsetzbetrag (KG)
€ 233,60
Summe
€ 856,40

Hinsichtlich des Monates November 2021 erfolgt keine Rückforderung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid des Finanzamtes Österreich vom wurde von der Beschwerdeführerin (Bf) gemäß § 26 Abs.1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) iVm § 33 Abs.3 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) aufgefordert, die für ihre Tochter ***1*** bezogene Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum Juli 2021 bis November 2021 und die Kinderstaffel an Familienbeihilfe für ihren Sohn ***2*** für den Zeitraum Juli 2021 bis November 2021 in Höhe von € 1.070,50 (FB: € 778,50; KG € 292,00) zurückzuzahlen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass ***1*** ihre Lehre mit Juni 2021 beendet habe und in keiner Berufsausbildung mehr stehe.

Gegen diesen Bescheid hat die Bf mit Eingabe vom Beschwerde erhoben. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass das Lehrverhältnis von ***1*** zwar im Juni 2021 einvernehmlich beendet worden sei, ihre Tochter aber weiterhin die Berufsschule besuche.

Mit Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes Österreich vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Berufsschule neben der zeitlich überwiegenden praktischen Ausbildung zu absolvieren sei. Eine Berufsausbildung, die einen Familienbeihilfenanspruch begründet, liege nur dann vor, wenn die Ausbildung die überwiegende Zeit in Anspruch nimmt.

Mit Eingabe vom beantragte die Bf. die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Die Bf. führte im Wesentlichen aus, dass ihre Tochter die Berufsschule blockweise besuche, so auch zwischen und .

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Tochter der Bf, ***1***, geb. am ***3***, befand sich von bis in einem Lehrverhältnis als Friseurin und Stylistin. Im Juni 2021 wurde das Lehrverhältnis einvernehmlich aufgelöst. Seit Juli 2021 bezieht sie mit kurzen Unterbrechungen Arbeitslosengeld. Von bis und von 10. Jänner bis besuchte sie den geblockten ganztägigen Unterricht in der Berufsschule. ***1*** schloss die zweite Fachklasse der Berufsschule am erfolgreich ab.

Der Bf bezog im Zeitraum Juli 2021 bis November 2021 für ***1*** die Familienbeihilfe in Höhe von € 141,50 monatlich zuzüglich dem Kinderabsetzbetrag von € 58,40 monatlich. Zwischen Juli 2021 bis November 2021 wurde zudem die Kinderstaffel für jedes ihrer beiden Kinder in Höhe von € 7,10 monatlich ausbezahlt.

Beweiswürdigung

Das Bundesfinanzgericht gründet den festgestellten Sachverhalt auf den Inhalt der vom Finanzamt Österreich vorgelegten Verwaltungsakten. Der Sachverhalt ist unbestritten.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Teilweise Stattgabe)

Gemäß § 26 Abs.1 FLAG hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Gemäß § 2 Abs.1 lit.b FLAG haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Gemäß § 33 Abs.3 EStG steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. … Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

Die Lehrausbildung in einem gesetzlich anerkannten Lehrverhältnis stellt unzweifelhaft eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs.1 lit.b FLAG dar. Diese Lehrausbildung steht auf zwei Säulen, zum einen die praktische Ausbildung im Betrieb (in der Regel 75 bis 80 % der Lehre), und zum anderen die Ausbildung in der Berufsschule (so genanntes "duales System" der Lehrausbildung).

Die Tochter der Bf hat einen Teil der Lehrausbildung, nämlich die praktische Ausbildung im Betrieb, die nach dem geschlossenen Lehrvertrag bis dauern sollte, mit vorzeitig beendet. Sie stand daher ab diesem Zeitpunkt nicht mehr in praktischer Berufsausbildung im Sinne des FLAG. Sie hat allerdings im verfahrensgegenständlichen Zeitraum von bis den geblockten ganztägigen Unterricht in der Berufsschule besucht. Während dieser Zeit stand die Tochter der Bf in Berufsausbildung im Sinne des FLAG (siehe Lenneis/Wanke FLAG § 2 Rz.45 ABC der Berufsausbildung S. 103; RV/0087-G/06, ).

Ab Juli 2021 war die Tochter der Bf in keiner Berufsausbildung, weshalb kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestand. Die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag wurden zwischen Juli 2021 und Oktober 2021 zu Unrecht bezogen und sind gemäß § 26 Abs.1 FLAG zurückzuzahlen.

Im November 2021 befand sich die Tochter des Bf wieder in einer Berufsausbildung (geblockter Berufsschulunterricht) und hat die Bf für diesen Monat gemäß § 2 Abs.1 lit.b FLAG Anspruch auf Familienbeihilfe. Der Beschwerde war für diesen Monat Folge zu geben und der Rückforderungsbetrag entsprechend einzuschränken.

Berechnung des Rückforderungsbetrages:

***1***:

FB: § 8 Abs.2 Z.3 lit.d FLAG: € 141,50 x 4 = € 566,00

FB: § 8 Abs.3 lit.a FLAG: € 7,10 x 4 = € 28,40

KG: § § 33 Abs.3 EStG: € 58,40 x 4 = € 233,60

***2***:

FB: § 8 Abs.3 lit.a FLAG: € 7,10 x 4 = € 28,40

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Rückforderung der Familienbeihilfe entspricht der bestehenden Gesetzeslage. Eine Revision ist daher nicht zulässig.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.4100248.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at