Rückzahlung eines Guthabens
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr*** über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom Rückzahlung gemäß § 239 BAO, Steuernummer ***BfStNr*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid wird insoweit abgeändert, dass dem Antrag auf Rückzahlung eines Betrages von € 45.493,67 stattgegeben und dieser hinsichtlich des darüber hinaus gehenden Betrages von € 2.229.190,15 als unbegründet abgewiesen wird.
Die Rückzahlung des erstgenannten Betrages erfolgte bereits am .
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Eingabe vom beantragte das ***Bf*** (=Bf.) die Rückzahlung des nach Bewilligung der gleichzeitig beantragten Aussetzung der Einhebung nachstehender Abgaben auf seinem Abgabenkonto in Höhe von € 2.274.683,82 ausgewiesenen Guthabens:
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Haftungsbescheid nach § 82 EStG für Lohnsteuer | 2012 | € 527.441,45 |
Haftungsbescheid nach § 82 EStG für Lohnsteuer | 2013 | € 544.483,24 |
Haftungsbescheid nach § 82 EStG für Lohnsteuer | 2014 | € 484.672,08 |
Haftungsbescheid nach § 82 EStG für Lohnsteuer | 2015 | € 508,797,58 |
Gesamt Haftungsbescheide | € 2.065.394,35 | |
Dienstgeberbeiträge | 2012 | € 55.657,81 |
Dienstgeberbeiträge | 2013 | € 57.391,74 |
Diestgeberbeiträge | 2014 | € 49.038,25 |
Dienstgeberbeiträge | 2015 | € 47.201,67 |
Gesamtsumme DB | € 209.289,47 |
Begründend wurde vorgebracht, dass das Finanzamt Wien 1/23 mit den Bescheiden vom die Haftungsbescheide nach § 82 EStG sowie die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages für die Finanzjahre 2012 bis 2015 erlassen habe. Gegen diese Bescheide habe das ***Bf*** fristgerecht eine Bescheidbeschwerde erhoben, die bis dato im fortgesetzten Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht noch nicht entschieden worden sei.
Aufgrund der Inanspruchnahme des Bf. ***Bf*** als Haftenden iSd § 82 EStG stehe dieses nach haushaltsrechtlichen Bestimmungen in der Pflicht von den Dienstnehmern, welche eine Naturalwohnung benützten und Schuldner der Lohnsteuer seien, einen Regress durchzuführen. Das fristenauslösende Element für den Regress bilde die Zahlung der Abgabennachforderung mit an die Abgabenbehörde.
Nach Studium der einschlägigen Fachliteratur, Rechtsprechung und nach Konsultierung der Finanzprokuratur sei im Verhältnis des Dienstgebers (***Bf***) und den Bediensteten (Naturalwohnungsnutzer) eine Übernahme einer fremden Schuld im Sinne des § 1358 ABGB vorliegend, deren Verjährungsfrist für den Regress unklar sei. Aufgrund einer Empfehlung der Finanzprokuratur wäre davon auszugehen, dass bei Einbringung einer Klage (Regressforderung) gegen die Bediensteten, welche nach Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (GZ A7/96-B 2844/95 vom ) vorgegeben sei, von einer dreijährigen Verjährungszeit ab Zahlung des Dienstgebers () auszugehen wäre und nicht von einer allgemeinen (30-jährigen) Verjährungsfrist. Dies insbesondere, da die ordentlichen Gerichte zu einer kürzeren Verjährungsfrist des Arbeitgebers gegenüber den Arbeitnehmern tendierten. Demnach würde eine Verjährung spätestens mit eintreten.
Mit dem Vorlagebericht vom , eingegangen am , sei
das ***Bf*** über die Aktenvorlage an das Bundesfinanzgericht (BFG) informiert worden. Aufgrund der voraussichtlichen Verfahrensdauer wäre aus Sicht ***Bf*** nicht davon auszugehen, dass eine Entscheidung durch das BFG vor dem erfolgen werde. Um eine Verjährung der Forderungen des ***Bf*** gegenüber seinen Bediensteten aufgrund der Arbeitgeberhaftung [Sd § 82 EStG zu vermeiden (gesamte Lohnsteuernachforderung für alle Abgabenkonten ca. € 3,1 Mio.), werde der vorliegende Antrag auf Aussetzung nach § 212a°BAO und die Rückzahlung eingebracht, um das fristenauslösende Element der Zahlung durch den Arbeitgeber () aufzuheben und die Durchführung eines Regressverfahrens gegen die Bediensteten erst nach einer rechtskräftigen Entscheidung anstreben zu müssen.
Für das vorliegende Abgabenkonto liege kein Zugang in FinanzOnline vor. Dieses Abgabenkonto sei durch das BMF lediglich zur Durchführung der automatisierten Bundesbesoldung (Ableitung der Lohnsteuer und SV-Beträge) eingerichtet worden.
Das Finanzamt wies das Ansuchen mit Bescheid vom teilweise ab, da auf dem Abgabenkonto nur ein Guthaben in Höhe des rückgezahlten Betrages bestanden habe.
In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde vom führte das ***Bf*** aus, dass die Abgabenbehörde die Rechtslage zu § 212a BAO grob verkenne und somit der erlassene Bescheid vom , ohne Berücksichtigung des Antrages auf Aussetzung-der Einhebung (§ 212a BAO), in einem besonderen Maß mit der Rechtsvorschrift im Widerspruch stehe und daher den Gleichheitssatz nach Art 7 B-VG (objektive Willkür) verletze.
Mit Antrag vom habe das ***Bf*** für das Abgabenkonto ***BfStNr*** den Antrag auf Aussetzung der Einhebung mit detaillierter Darstellung der besonderen Umstände gestellt sowie um Rückzahlung der dort angeführten Jahresbeträge ersucht.
Mit Bescheid vom begründe die zuständige Abgabenbehörde die Abweisung des Aussetzungsantrages damit, dass durch die Tilgung der Nachforderung durch das ***Bf*** hinsichtlich der ergangenen Bescheide vom für einen solchen Zahlungsaufschub iSd § 212a BAO keine Voraussetzungen mehr bestünden.
Parallel dazu sei ebenfalls durch das Finanzamt Wien 1/23 mit Datum vom der Bescheid über die teilweise Abweisung eines Rückzahlungsantrages ergangen, welcher mit beim ***Bf*** eingegangen sei und gegen den sich nun die vorliegende Beschwerde richte. Nach § 212a BAO könne der Abgabenpflichtige die Aussetzung der Einhebung bis zur rechtskräftigen Entscheidung beantragen. Dieser Antrag sei fristgerecht gestellt und gleichzeitig die Rückzahlung der bereits geleisteten Nachforderungsbeträge beantragt worden.
Die beantragten jährlichen Rückzahlungsbeträge (Nachforderungen) seien jedoch nicht erstattet worden. Die rücküberwiesene Summe gemäß dem Bescheid über die teilweise Abweisung eines Rückzahlungsantrages betrage € 45.493,67. Diese entspreche daher nicht dem Antrag vom . Die detaillierten Gründe für die Rückzahlung seien im Antrag vom enthalten und bezweckten den Schutz der Republik Österreich vor finanziellen Schäden infolge eines möglichen zivilrechtlichen Regressverfahrens gegenüber den steuerpflichtigen Bediensteten.
Nach Rechtsansicht des Bf. sei folglich der Bescheid vom (Abweisung eines Aussetzungsantrages) rechtswidrig und damit aufzuheben. Daher sei auch der Bescheid über die teilweise Abweisung eines Rückzahlungsantrages (ebenfalls vom ), gegen welchen diese Bescheidbeschwerde vorgebracht werde, ebenfalls rechtswidrig. Die teilweise Stattgabe eines Rückzahlungsanspruches bei gleichzeitiger (gänzlicher) Abweisung des Antrages auf Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO, gegen welchen eine Bescheidbeschwerde mit fristgerecht eingebracht und bis dato noch keine Beschwerdevorentscheidung seitens der Abgabenbehörde erlassen worden sei, scheine im konkreten Fall rechtspolitisch zweifelhaft und mit objektiver Willkür behaftet. Die objektive Willkür sei verfassungswidrig (Verletzung nach Art. 7 B-VG), welche durch das ***Bf*** auch behauptet werde.
Daher sei der Bescheid über die Abweisung des Aussetzungsantrages als auch der Bescheid über die teilweise Abweisung eines Rückzahlungsantrages (beide vom ) rechtswidrig und ersatzlos aufzuheben.
Ergänzend werde mit dieser Beschwerde vorgebracht, dass die Abgabenbehörde den Bescheid über die teilweise Abweisung eines Rückzahlungsantrages mangelhaft begründe. Damit würden Verfahrensvorschriften iSd § 93 BAO verletzt, die nach Rechtsansicht des ***Bf*** zusätzlich die Aufhebung des Bescheides über die teilweise Abweisung eines Rückzahlungsantrages vom erforderten.
Folglich werde beantragt, dass der Bescheid vom über die teilweise Abweisung eines Rückzahlungsantrages ersatzlos aufgehoben und dem Antrag vom über die Aussetzung der Einhebung sowie dem Rückzahlungsantrag im vollem Umfang stattgegeben werde.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde ab und führte begründend aus, dass gemäß § 239 Abs. 1 BAO erster Satz die Rückzahlung von Guthaben (§ 215 Abs. 4) auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen könne.
Ein Guthaben iSd § 239 Abs. 1 BAO sei das Ergebnis der Gebarung auf dem Abgabenkonto (vgl. ). Ein Guthaben entstehe erst dann, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften (Zahlungen, sonstige Gutschriften) die Summe der Lastschriften übersteige. Dabei komme es nicht auf die Gutschriften an, welche die Abgabenbehörde nach Auffassung des Abgabepflichtigen hätte durchführen müssen, sondern auf die von der Abgabenbehörde tatsächlich durchgeführten Gutschriften (vgl. z.B. ; ).
Im Fall eines Rückzahlungsantrages sei grundsätzlich nur über jenen Betrag abzusprechen, der im Zeitpunkt der Antragstellung auf dem Abgabenkonto aufscheine (; ).
Im Zeitpunkt des Antrages auf Rückzahlung (am ) sei auf dem Abgabenkonto der Beschwerdeführerin ein Guthaben in Höhe von € 45.493,67 ausgewiesen gewesen. Mangels eines - darüber hinaus gehenden - Guthabens im Sinn des § 215 Abs. 1 BAO könne ein Rückzahlungsanspruch gemäß § 239 Abs. 1 BAO nicht mit Erfolg erhoben werden (vgl. ).
Aus dem Dargelegten folge, dass der Bescheid vom (betreffend die teilweise Abweisung des Rückzahlungsantrages vom ) zu Recht ergangen, weshalb die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abzuweisen gewesen sei.
Das ***Bf*** beantragte daraufhin mit Schreiben vom die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und verwies auf die Ausführungen des Antrages vom . Das ***Bf*** sei als Partei iSd § 78 zum Vorlageantrag legitimiert.
Sollte das Finanzamt Österreich auch eine (negative) Beschwerdevorentscheidung der noch nicht erledigten Beschwerde betreffend Aussetzung der Einhebung zum vorliegenden Abgabenkonto erlassen (Beschwerde vom (Einbringung: )), werde angeregt, die beiden Verfahren ([a] Ablehnung eines Rückzahlungsantrages und [b] Abweisung der Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO) zusammenzufassen.
Beide Verfahren hätten ihren Ursprung im Antrag des ***Bf*** vom (Einbringung am ) und stünden in Verbindung mit dem beim BFG zur Entscheidung vorgelegten Verfahren hinsichtlich der Beschwerde vom sowie den Ergänzungen vom in Bezug auf die Bescheide des Finanzamtes über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages (2010-2015) sowie den Haftungsbescheiden nach § 82 EStG 1988 (2010-2015).
Eine Verbindung mit dem Verfahren hinsichtlich Beschwerde gegen die Bescheide zur Festsetzung des Dienstgeberbeitrages (2012-2015) sowie den Haftungsbescheiden (2012-2015) zum Abgabenkonto ***BfStNr*** mit dem vorliegenden Verfahren werde nicht angeregt (Vorlagebericht Finanzamt 1/23 vom ).
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen festgestellt:
Am beantragte das ***Bf*** die Rückzahlung eines Betrages von € 2.274.683,82. Zu diesem Stichtag wies das Abgabenkonto ***BfStNr*** ein Guthaben in der Höhe von € 45.493,67 aus. Dieses Guthaben wurde am an das Bf. zurückgezahlt.
Die gegen die teilweise Abweisung eines Rückzahlungsantrages erhobene Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.
Beweiswürdigung:
Dieser - seitens des ***Bf*** nicht bestrittene - Sachverhalt ergab sich zweifelsfrei aus den vorgelegten Verwaltungsakten.
Rechtslage und Erwägungen:
Soweit Guthaben nicht gemäß Abs. 1 bis 3 zu verwenden sind, sind sie gemäß § 215 Abs. 4 BAO nach Maßgabe der Bestimmungen des § 239 zurückzuzahlen oder unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen über Antrag des zur Verfügung über das Guthaben Berechtigten zugunsten eines anderen Abgabepflichtigen umzubuchen oder zu überrechnen.
Die Rückzahlung von Guthaben (§ 215 Abs. 4) kann gemäß § 239 Abs. 1 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen.
Strittig ist, ob die angefochtenen Lohnsteuern und Dienstgeberbeiträge 2012-2015 im Gesamtbetrag von € 2.274.683,82 aufgrund der beantragten Aussetzung der Einhebung antragsgemäß an das ***Bf*** zurückzuzahlen sind.
Da zum Zeitpunkt der Antragstellung, dem , das Abgabenkonto des Bf., Steuernummer ***BfStNr***, lediglich ein rückzahlbares Guthaben in der Höhe von € 45.493,67 auswies, war dem Rückzahlungsantrag ein darüber hinaus gehender Erfolg zu versagen.
Ein Guthaben im Sinne des § 239 Abs. 1 BAO stellt sich als Ergebnis der Gebarung auf dem Abgabenkonto dar ().
Ein Guthaben entsteht, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften (Zahlungen, sonstige Gutschriften) die Summe der Lastschriften übersteigt. Maßgeblich sind die tatsächlich durchgeführten Gutschriften (Lastschriften) und nicht diejenigen, die nach Meinung des Abgabepflichtigen hätten durchgeführt werden müssen ().
Die mit Bescheid vom erfolgte teilweise Abweisung des vom Bf. am eingebrachten Rückzahlungsansuchens erfolgte deswegen zu Recht, weil an diesem Tag kein den Betrag von € 45.493,67 übersteigendes rückzahlbares Guthaben auf dessen Abgabenkonto bestand.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt hier nicht vor. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten Judikatur des VwGH.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102263.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at