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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.09.2022, RV/7102070/2022

Kein Anspruch auf Familienbeihilfe bei Berufsausbildung nach Vollendung des 24. Lj.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Abweisung des Antrages auf Familienbeihilfe vom für den Zeitraum ab 09.2021, SVNR ***1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe vom beantragte die Beschwerdeführerin (Bf.) für sich selbst Familienbeihilfe für den Zeitraum September 2021 bis September 2023 aufgrund einer Polizeiausbildung (Eigenanspruch).
In einer Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom wurde die Bf. über die Zuerkennung der Familienbeihilfe für das Monat September 2021 informiert. Für weitere Zeiträume bestehe kein Anspruch.

Am brachte die Bf. einen Antrag auf Direktauszahlung der Familienbeihilfe ein; am beantragte die Bf. erneut Familienbeihilfe für den Zeitraum September 2021 bis September 2023.

Mit Abweisungsbescheid vom wurden die Anträge vom (Antrag auf Direktauszahlung) und vom (Antrag auf Familienbeihilfe) abgewiesen, da Familienbeihilfe nur bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres zustehe und die Familienbeihilfe für September 2021 bereits gewährt worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom . Darin brachte die Bf. vor, dass sie die Polizeiausbildung vor ihrem 24. Geburtstag begonnen habe und ihr die Beihilfe während der 2-jährigen Ausbildung zustehe.

Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, da das 24. Lebensjahr im September 2021 beendet worden sei. Begründend führte das Finanzamt detailliert aus wie folgt:
"Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 ( FLAG 1967) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die sich in Berufsausbildung befinden, bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres. Eine Verlängerung des Familienbeihilfenanspruches wegen Berufsausbildung längstens bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres ist nur möglich, wenn
• der Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes zum 24. Geburtstag abgeleistet
wird oder bereits abgeleistet wurde,
• eine erhebliche Behinderung vorliegt (§ 8 Abs. 5 . FLAG 1967),
• das Kind ein eigenes Kind geboren hat oder zum 24. Geburtstag schwanger ist,
• ein Studium mit einer gesetzlichen Studiendauer von mindestens zehn Semestern betrieben wird,
• vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig eine freiwillige praktische soziale Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland in der Dauer von mindestens acht Monaten ausgeübt wurde.

Sie haben das 24ste Lebensjahr im 09/2021 beendet. Die Familienbeihilfe für den Monat 09/2021 wurde bereits gewährt. Ab 10/2021 steht Ihnen aus den oben genannten Gründen keine Familienbeihilfe mehr zu, da die Altersgrenze überschritten wurde."

Im Vorlageantrag vom wiederholte die Bf. im Wesentlichen ihre in der Beschwerde vorgebrachten Ausführungen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:
Sachverhalt

Die o.a. Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig. Dagegensprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.

Die Bf. bringt in der Beschwerde sowie im Vorlageantrag vor, dass sie die Polizeiausbildung vor ihrem 24. Geburtstag begonnen habe, weshalb sie Anspruch auf Familienbeihilfe für die zweijährige Polizeiausbildung habe. Bezug genommen wurde von der Bf. auf ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts , RV/5100538/2014, aus dem dieser Anspruch abzuleiten sei.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der im Beschwerdezeitraum geltenden Fassung (idgF) lautet wie folgt:

(1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a) für minderjährige Kinder,

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. ...

Nach § 6 Abs. 2 lit. f Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben volljährige Vollwaisen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Gemäß § 6 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) idgF haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs 1 und 3). ...

§ 10 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der im Beschwerdezeitraum geltenden Fassung:

(1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; ... (2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

..

(4) Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal.

Die Bf. hat mit ihr 24. Lebensjahr vollendet.
§ 6 Abs. 2 lit. a FLAG 1967 sieht für volljährige Vollwaisen im Falle der Berufsaus-(oder Berufsfort)bildung einen Familienbeihilfenanspruch nur bis zum vollendeten 24. Lebensjahr vor.

Ein Anspruch auf Zuerkennung von Familienbeihilfe über das 24. Lebensjahr hinaus bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres besteht nur dann, wenn die im § 6 Abs. 2 lit. f FLAG 1967 genannten Voraussetzungen erfüllt sind, was gegenständlich nicht der Fall ist.

Die Bestimmung des § 6 Abs. 2 lit. f FLAG 1967 entspricht jener des § 2 Abs. 1 lit. g leg. cit., sodass die zu § 2 Abs. 1 lit. g FLAG 1967 geltenden Überlegungen auch für § 6 Abs. 2 lit. f FLAG 1967 herangezogen werden können.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. g FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; ...

Der vom Gesetzgeber in § 2 Abs. 1 lit. g FLAG 1967 geschaffenen Verlängerung der Anspruchsdauer für die Familienbeihilfe um ein Jahr liegt der Umstand zugrunde, dass Personen, die den Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienst leisten, in der Regel daran gehindert sind, diese Zeit erfolgreich für eine Berufsausbildung zu nutzen. Aus diesem Grund wurde in § 2 Abs. 1 lit. g FLAG 1967 eine Rechtsgrundlage für den Bezug von Familienbeihilfe, verlängert um ein Jahr, geschaffen (vgl. ). Damit soll der durch die Ableistung des Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienstes regelmäßig eintretende zeitliche Verlust bei der beruflichen Ausbildung durch eine Verlängerung des Zeitraumes, für den Familienbeihilfe beansprucht werden kann, wettgemacht werden.

Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. g FLAG 1967 stellt auf Fälle ab, in denen volljährige Kinder nach Ableistung des Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienstes mit einer Berufsausbildung beginnen oder diese fortsetzen, die begonnene oder fortgesetzte Berufsausbildung aber innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Studiendauer bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres nicht erfolgreich abschließen können.

§ 2 Abs. 1 lit. g FLAG 1967 findet jedoch nicht auf Fälle Anwendung, in denen die o.a. unabdingbaren Voraussetzungen nicht vorliegen, was gegenständlich der Fall ist. Da die Bf. keinen Präsenz-/Ausbildungs-/Zivildienst abgeleistet hat, und die Bf. die Ausbildung zur Polizistin im Monat ihres 24. Geburtstages begonnen hat, wurde vom Finanzamt lediglich für den Monat September 2021 der Anspruch auf Familienbeihilfe für die Bf. anerkannt.

Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass aus dem von der Bf. ins Treffen geführten Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/5100538/2014 für das Beschwerdebegehren der Bf. nichts gewonnen werden kann, zumal die familienbeihilfenrechtliche Frage über einen allfälligen Bezug von Familienbeihilfe nach dem 24. Lebensjahr (Lj) in der damaligen Entscheidung des Bundesfinanzgerichts nicht Sache war.

Weiters wird auf den Vorhaltscharakter der o.a. Beschwerdevorentscheidung hingewiesen. Die Bf. hat keinen Nachweis für das Erfüllen von allfälligen Anspruchsvoraussetzungen auf Familienbeihilfe nach ihrem 24. Lebensjahr vorgelegt. Überdies ist auch aus dem detailgetreuen Aktenmaterial des Finanzamtes betreffend die gegenständliche Causa der Bf. keine Anspruchsvoraussetzung auf Familienbeihilfe für die Bf. über das 24. Lebensjahr hinausgehend erkennbar.

Sache des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens ist die vom Finanzamt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegte Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid vom zum Antrag der Bf. auf Familienbeihilfe vom .
Laut Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom wurde die Familienbeihilfe für 09.2021 bereits gewährt. Die Beschwerde wurde von der Bf. erst danach, nämlich am eingebracht.
Wie bereits das Finanzamt richtig ausgeführt hat (s. Beschwerdevorentscheidung [BVE] sowie Vorlagebericht des Finanzamtes im Zuge der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht) besteht der Anspruch auf Auszahlung der Familienbeihilfe nur einmal für ein bestimmtes Monat (gegenständlich also nur einmal für 09.2021), weshalb die Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid für das Monat 09.2021 schon aus dem Grund, da die Auszahlung der Familienbeihilfe für das Monat 09.2021 bereits am veranlasst wurde, abzuweisen ist. (vgl. o.a. § 10 Abs 4 FLAG 1967 idgF)

Darüber hinaus ist die Beschwerde für den Zeitraum ab 10.2021 mangels Erfüllens der o.a. unabdingbaren Voraussetzungen für einen allfälligen (ausnahmsweisen) Anspruch auf Familienbeihilfe nach dem 24. Lebensjahr (vgl. o.a. § 2 Abs. 1 lit. g FLAG 1967 ), wie oben ausgeführt wurde, abzuweisen (vgl. o.a. § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 idgF).

Insgesamt ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Nichtzulassen der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da das gegenständliche Erkenntnis der Gesetzeslage sowie der hL und hRspr folgt, ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig. Eine über den Individualfall hinaus relevante Rechtsfrage liegt nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102070.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at