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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.08.2022, RV/7100579/2022

Badezimmerumbau bei einer bewegungseinschränkenden Behinderung von 20%

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache

***Bf1***, ***Bf1-Adr***,

über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 zu Recht erkannt:

  1. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

  2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Bisheriger Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer, ***Bf1*** (in der Folge kurz: Bf.), machte im Rahmen seiner Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 2020, elektronisch eingelangt am , den Betrag von 16.108,21 Euro als außergewöhnliche Belastungen im Zusammenhang mit einer eigenen Behinderung geltend.

Auf Ersuchen des Finanzamtes legte der Bf. dazu unter Anderem eine Anzahlungsrechnung vom und eine Rechnung vom (Montagezeitraum 25.5. bis ) über 15.922,31 Euro von ***1***, einem Lizenzpartner der Firma ***2*** betreffend den Umbau seines Badezimmers vor. Die anderen Aufwendungen sind nicht strittig.

Im Erstbescheid vom berücksichtigte das Finanzamt nur den Freibetrag wegen eigener Behinderung iHv EUR 124,- und begründete den Bescheid wie folgt:

"Die beantragten Ausgaben für Ihre Badsanierung konnten nicht als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 Einkommensteuergesetz 1988 anerkannt werden, da aufgrund der vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich ist , ob hier eine behindertengerechte Adaptierung vorgenommen wurde. Grundsätzlich liegt eine Absetzbarkeit solcher Ausgaben vor, wenn aufgrund der Schwere der Behinderung (z.Bsp. Gehbehinderung, Bezug von Pflegegeld) solche Maßnahmen unbedingt erforderlich sind."

Mit Beschwerde vom legte der Bf. zu den beiden bereits übermittelten Rechnungen ein Angebot des ***1***, Lizenzpartner der Firma ***2*** vom vor und führte aus, dass in diesen genau ersichtlich sei, dass es sich um eine barrierefreie behindertengerechte Badadaptierung handle. Da der Bf. bis dahin nur über eine Badewanne verfügte, sei der Umbau aufgrund seiner Behinderung eine unbedingt erforderliche Maßnahme gewesen. Die Kosten laut Angebot belaufen sich auf 16.058,90 Euro.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und versagte wiederum die steuerliche Anerkennung der beantragten Kosten für den Badumbau. Das Finanzamt führte aus, eine behindertenspezifische Ausstattung des sanierten Badezimmers sei nicht erkennbar und verwies auf die Gegenwerttheorie des Verwaltungsgerichtshofs, nach der eine bloße Vermögensumschichtung zu keiner außergewöhnlichen Belastung führe.

Im Vorlageantrag vom ergänzte der Bf. sein Begehren wie folgt:

"(…) Der Umbau meines Badezimmers erfolgte aufgrund meiner körperlichen Beschwerden nach den Kriterien eines behindertengerechten Umbaus. Es wurde ein barrierefreier Zugang mit 2 flügiger Türe für die Benutzung mit einem Rollstuhl eingerichtet. Weiters wurden die ehemaligen Badewannenarmaturen beibehalten (mit Haltestange) um diese auch mit Rollstuhl benutzen zu können. Eine zusätzliche Ablage die auch als Stütze verwendet werden kann wurde ebenfalls eingerichtet. Eine nachträgliche Anbringung eines Haltegriffes ist bei Erfordernis jederzeit möglich. "

Mit Ersuchen um Ergänzung vom wurde der Bf. vom Bundesfinanzgericht ersucht, eine Bestätigung des Bundessozialamts vorzulegen, aus der die Art der Behinderung im Streitjahr 2020 ersichtlich ist. Des Weiteren wurde der Bf. aufgefordert, die tatsächlichen Kosten des behindertenbedingten Badumbaus darzustellen, zumal sich dem Angebot vom keine ausdrücklich mit einer Behinderung im Zusammenhang stehende Posten entnehmen lassen.

Im Antwortschreiben vom legte der Bf dar:

"(…) Aufgrund meiner Erkrankungen (KHK mit Stent 2008, Osteochondrose mit Instabilität C3/C4, Sehstörung links, ..) wurde mir vom BASB auf meinen Antrag eine 30% Behinderung zugesprochen. Diese liegt dem Finanzamt vor. Den Bescheid lege ich diesem Mail als Anhang bei.
Bemerkung: weiters wurde aktuell ein Antrag auf Erhöhung gestellt - Begründung : es wurde inzwischen ein Herzschrittmacher implantiert (Sick Sinus Syndrom).
Aufgrund der Einschränkung und zunehmender Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule, sowie anderer Erkrankungen, haben wir uns dazu entschlossen unser Bad barrierefrei umbauen zu lassen. Der Fokus lag insbesondere darauf, schon jetzt die Veränderungen so vorzunehmen, dass selbst mit einem Rollstuhl bzw. einer Pflegeperson die uneingeschränkte Benützung des Bades ermöglicht wird. Für diesen Zweck musste die bestehende Badewanne entfernt und das Niveau des Abflusses gesenkt werden. Es wurde eine stufenlos begehbare Dusche eingebaut. Durch den barrierefreien Duschbereich mussten auch die Wände sowie der Boden ausgetauscht bzw. adaptiert werden. Hierfür war es natürlich auch unter anderem erforderlich, die bestehende Waschmaschine und den Heizkörper vorübergehend abzubauen. Der vorgelegte Beleg über die Umbauten ist bereits abzüglich der gekauften Möbel, sodass sich sämtliche angeführten Kosten lediglich auf die für den Umbau notwendigen Arbeiten beziehen. Aus meiner Sicht liegen daher die Vorraussetzungen für die steuerliche Absetzung für den Umbau auf ein barrierefreies Bad vor. Bitte daher um antragsgemäße Entscheidung. (…)"

Vorgelegt wurden der Bescheid des Sozialministeriumservice über die Abweisung des Antrags auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten vom sowie das diesbezügliche Sachverständigengutachten des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen vom , das einen Bestandteil der Begründung des Bescheids des Sozialministeriumservice über die Abweisung des Antrags auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten vom bildet.

Dem Sachverständigengutachten lassen sich folgende Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden und zu dem vorliegenden Behinderungsgrad von 30% führen, entnehmen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Laufende Nummer
Funktionseinschränkungen
Grad der Behinderung in %
1
Koronare Herzkrankheit, Zustand nach Intervention Unterer Rahmensatz, da erfolgreiche Intervention (Dehnung, Stentsetzung), ohne klinische Hinweise für Dekompensation. Hypertonie mitinkludiert.
30
2
Schielschwachsichtigkeit mit Reduktion der korrigierten Sehschärfe auf ca. 0,1 links, bei normalem Sehvermögen rechts Tabelle 1/7
20
3
Degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Zustand nach operativer Intervention Oberer Rahmensatz, da endlagig-mäßige funktionelle Einschränkung ohne relevantes neurologisches Defizit.
20

Das führende Leiden 1 wurde durch die Leiden 2 und 3 mangels relevanter ungünstiger Leidensbeeinflussung laut Gutachten nicht weiter gesteigert.

Laut Gutachten ist die Gesamtmobilität unauffällig, es werden keine Hilfsmittel (Krücken, Rollstuhl) benötigt und das Gangbild ist sicher. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist uneingeschränkt möglich.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt und Beweiswürdigung

Die steuerlich geltend gemachten Kosten betreffen den Umbau des Badezimmers inkl. Duschanlage mit barrierefreiem Einstieg, Entkernen des bestehenden Bades (Badewanne entfernen), Neuanlage barrierefreier Dusche mit einem 8mm starken MWS Board.

Laut Rechnung vom betragen die tatsächlich bezahlten Kosten für den Badumbau insgesamt 15.922,31 Euro (9.922,31 Euro brutto + 6.000,- Euro brutto Anzahlung). Das ist genau jener Betrag, den der Bf. steuerlich geltend macht.

Laut dem Angebot vom besteht die Adaptierung aus den folgenden Positionen:

- Entfernen der Badewanne /Duschabtrennung
- Demontage der Armatur samt Brausegarnitur
- Demontage Waschtisch samt Armatur /Spiegel-schrank /Möbeln
- Stilllegen Heizkörper
- Demontage Waschmaschine
- Demontage Lüfter / Deckenleuchte
- fachgerechte Entsorgung von Badewanne /Duschabtrennung /Armatur /Brausegarnitur/ Waschtisch/Spiegelschrank /Möbeln
- Position der Armaturen unverändert
- neuen Sifon ans bestehende Gebäudeleitsystem anpassen (so tief als möglich)
- lose Fliesen abschlagen, Haftbrücke auf Wand-/Boden herstellen
- Gebäudeabdichtung unter der Duschtasse herstellen
- Setzen der hochwertigen, pflegeleichten und zugleich rutschhemmenden Mineralwerkstoffduschtasse
- Ablage-Podest rechts neben der Duschtasse auf Höhe ca. 90cm herstellen
- Unterkonstruktion für Spanndecke montieren
- LED-Spots vorelektrifizieren
- großformatige Wandpaneele vor Ort zuschneiden und punktuell auf Fliesenaltbestand bis Raumhöhe im kompletten Bad kleben
- Podestablage oben mit Mineralwerkstoff abdecken
- Boden nivellieren, Unterlagsmatte auslegen, Vinyl verlegen
-Spanndecke montieren, LED-Spots anschließen
- 200cm hohe ESG-(Einscheibensicherheitsglas) Duschabtrennung bestehend aus einer 6mm starken Pendelfalttür mit 8mm Festteil links montieren
- Komplettierung (Wannenarmatur (!), Brausegarnitur, Lüfter), bereitgestellte Ware: Waschtisch, Unterschrank, Spiegelschrank, Hochschrank, Oberschank)

Dem Bf. wird vom Sozialministeriumsservice eine körperliche Behinderung von insgesamt 30% bescheinigt. Die Behindeurng ergibt sich aus folgenden Einschränkungen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Laufende Nummer
Funktionseinschränkungen
Grad der Behinderung in %
1
Koronare Herzkrankheit, Zustand nach Intervention Unterer Rahmensatz, da erfolgreiche Intervention (Dehnung, Stentsetzung), ohne klinische Hinweise für Dekompensation. Hypertonie mitinkludiert.
30
2
Schielschwachsichtigkeit mit Reduktion der korrigierten Sehschärfe auf ca. 0,1 links, bei normalem Sehvermögen rechts Tabelle 1/7
20
3
Degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Zustand nach operativer Intervention Oberer Rahmensatz, da endlagig-mäßige funktionelle Einschränkung ohne relevantes neurologisches Defizit.
20

Laut Gutachten ist die Gesamtmobilität unauffällig, es werden keine Hilfsmittel (Krücken, Rollstuhl) benötigt und das Gangbild ist sicher. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist uneingeschränkt möglich.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen gründen sich auf die im Zuge des Verfahrens vorgelegte Angebotslegung, die Rechnungen, den Bescheid des Sozialministeriumservice über die Abweisung des Antrags auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten inkl. Sachverständigengutachten, auf die Angaben des Bf. sowie auf den Veranlagungsakt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Rechtslage

§ 34 EStG 1988:

(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(…)

(6) Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden: (…)

- Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.

Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

§ 35 EStG 1988:

(1) Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen

- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung, (…)

und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.

(2) (…) Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:
- Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).
- Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
- In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

(…)

(5) Anstelle des Freibetrages können auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden (§ 34 Abs. 6).

Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl 303/1996 idF BGBl II 430/2010

§ 1 (1) Hat der Steuerpflichtige Aufwendungen

  1. durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,

  2. bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe- )Partners (§ 106 Abs. 3 EStG 1988),

  3. ohne Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe- )Partners (§ 106 Abs. 3 EStG 1988), wenn dieser Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt, oder

  4. bei Anspruch des Steuerpflichtigen selbst oder seines (Ehe-)Partners auf den Kinderabsetzbetrag oder den Unterhaltsabsetzbetrag, durch eine Behinderung des Kindes (§ 106 Abs. 1 und 2 EStG 1988), für das keine erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 gewährt wird,

so sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

(2) Eine Behinderung liegt vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25% beträgt.

(3) Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 dieser Verordnung sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.

§ 4. Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

3.2. Außergewöhnliche Belastung

Außergewöhnliche Belastung gem. § 34 EStG 1988

Eine Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung im Allgemeinen (gemäß § 34 EStG 1988) kommt nur dann in Betracht, wenn sämtliche Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 EStG 1988 vorliegen (vgl. ; Peyerl in Jakom EStG15, Tz 5 zu § 34). Der Aufwand muss damit außergewöhnlich sein, zwangsläufig erwachsen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.

Der Umbau eines Bades ist ein Umstand, der typischerweise alle Steuerpflichtigen gleichermaßen trifft/treffen kann, sodass dieser Aufwand nicht höher ist als jener, der der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst. Damit fehlt dem Umbau grundsätzlich das Merkmal der Außergewöhnlichkeit gemäß § 34 Abs 2 EStG 1988, sodass der Abzug der Kosten gem. § 34 EStG 1988 nicht möglich ist.

Außergewöhnliche Belastung in Zusammenhang mit einer Behinderung (§ 35 EStG 1988)

Aufgrund der §§ 34 und 35 EStG 1988 hat der Bundesminister für Finanzen die Verordnung über außergewöhnliche Belastungen, BGBl 303/1996 idF BGBl II 430/2010 (im Folgenden: VO) erlassen. Gemäß § 4 der VO sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

Unter Aufwendungen für Hilfsmittel im Sinne des § 4 der VO sind laut Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 785/02 generell auch behinderungsbedingte Ein- und Umbauten in Gebäuden zu verstehen. Konkret hält der Verfassungsgerichtshof in diesem Erkenntnis fest, dass unter Hilfsmittel im Sinne des § 4 der VO auch sanitäre Einrichtungsgegenstände fallen, die auch oder ausschließlich für Behinderte konzipiert und bestimmt sind, unabhängig davon, ob sie mit dem Gebäude fest verbunden werden oder nicht.

Denkbar ist es daher - wie vom Bf. beantragt - anstelle des Freibetrages für Behinderung die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend zu machen (§ 35 Abs 5 iVm § 34 Abs 6 EStG 1988).

Gemäß § 35 Abs. 2 EStG 1988 sind die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.

Die Abgabenbehörde hat ihrer Entscheidung die jeweils vorliegende amtliche Bescheinigung zugrunde zu legen (). Obwohl der Bf. angibt, eine Änderung der Bescheinigung beantragt zu haben, ist diese aktenkundig noch nicht erfolgt. Im Übrigen betrifft der Antrag laut Vorbringen des Bf. die Tatsache des Setzens eines Herzschrittmachers, sohin eine Erkrankung, die nicht den Bewegungsapparat betrifft.
Damit ist die Bescheinigung vom (bzw. das damit verbundene Sachverständigengutachten des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen vom ) für das Beschwerdeverfahren auch betreffend das Streitjahr 2020 maßgeblich.

Der Bf. leidet laut vorliegender Bescheinigung (bzw. Sachverständigengutachten) an einer Herzerkrankung, die eine Stentsetzung erforderlich machte. Des Weiteren hat der Bf. eine Sehschwäche und degenerative Wirbelsäulenveränderungen ohne relevantes neurologisches Defizit.

Aus den Wortfolgen "Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung" (§ 34 Abs 6 EStG 1988) bzw. "außergewöhnliche Belastungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung" (§ 35 Abs 1 EStG 1988) leitet die Rechtsprechung (zB , ) ab, dass es eines unmittelbaren, ursächlichen Zusammenhangs der geltend gemachten Kosten mit der Behinderung, die der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu Grunde liegt, bedarf.

Die Behinderung aufgrund der degenerativen Wirbelsäulenveränderungen könnte von allen drei festgestellten Behinderungen als einzige denkmöglich unmittelbare ursächlich für den Badumbau gewesen sein.

Diese Behinderung beträgt laut Gutachten 20%.

Für die Geltendmachung der Mehraufwendungen fordert § 1 Abs 2 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen, BGBl 303/1996 idF BGBl II 430/2010 jedoch einen Grad der Behinderung von mind. 25%.

Dem Bf. wurde zwar insgesamt eine Behinderung von 30% bescheinigt, jedoch ergeben sich diese 30% nicht aus der Bewegungseinschränkung, sondern aus der Herzkrankheit. Die Behinderung, mit der der Badumbau in einem unmittelbareren, ursächlichen Zusammenhang steht, ist die degenerativen Wirbelsäulenveränderung. Diese beträgt jedoch nur 20%, womit das in § 1 Abs 2 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen geforderte Merkmal der Behinderung nicht erfüllt ist.

Im Übrigen musste der Bf. im Vorlageantrag selbst einräumen, dass eine nachträgliche Anbringung eines Haltegriffes bei Erfordernis jederzeit möglich sei, woraus sich ergibt, dass dies im Zeitpunkt des Umbaus noch nicht nötig war. Der Fokus des gesamten Umbaus sei laut Antwortmail vom insbesondere darauf gelegen, schon jetzt die Veränderungen so vorzunehmen, dass selbst mit einem Rollstuhl bzw. einer Pflegeperson die uneingeschränkte Benützung des Bades ermöglicht wird. Der Umbau des Bades inkl. des ersatzweisen Einbaus der Dusche wurde im Hinblick auf zunehmende Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule, somit aufgrund etwaiger zukünftiger Ereignisse (Rollstuhl, Pflegeperson) und nicht aufgrund einer aktuell bereits bestehenden Behinderung vorgenommen.

Damit liegt auch kein unmittelbarer, ursächlicher Zusammenhang der geltend gemachten Kosten mit einer bestehenden Behinderung vor, die der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu Grunde liegt.

Zusammengefasst bedeutet das:

Hat ein Steuerpflichtiger Aufwendungen durch eine eigene körperliche Behinderung, so sind die Mehraufwendungen nach den Vorgaben der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen, BGBl 303/1996 idF BGBl II 430/2010 als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

Eine Behinderung, die zum Abzug von außergewöhnlichen Belastungen berechtigt, liegt gemäß § 1 Abs 2 der Verordnung vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25% beträgt.

Da der Umbau des Bades nur in Zusammenhang mit einer Behinderung stehen könnte, deren Grad laut Bescheinigung 20% beträgt, ist der steuerliche Abzug der Aufwendungen ohne Selbstbehalt bereits aus diesem Grund ausgeschlossen.

Die Beschwerde war daher - wie im Spruch ersichtlich - abzuweisen.

3.3. Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall ergibt sich die Lösung der Rechtsfrage aus der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb eine Revision nicht zulässig ist.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100579.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at