Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.09.2022, RV/3100597/2015

Grenzgänger, Jahressechstel

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (in der Folge: Bf.) machte in seinem Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2013 vom ein Pendlerpauschale von EUR 2.568,00, einen Pendlereuro in der Höhe von EUR 2.568,00, Ausgaben für Personenversicherungen in der Höhe von EUR 1.965,10 sowie Krankheitskosten in der Höhe von EUR 328,00 geltend. Der Bf. sei Grenzgänger mit österreichischem Wohnsitz.

Mittels Ergänzungsersuchen vom wurde der Bf. aufgefordert, bis zum seine Angaben bezüglich des Pendlerpauschales zu prüfen (da Formular offenbar falsch ausgefüllt), dieses per Formular L34 neu zu berechnen und zu beantragen und die Finanzamtsbestätigungen betreffend die Personenversicherungen vorzulegen.

Nachdem dieses Ergänzungsersuchen unbeantwortet blieb, wurde der Einkommensteuerbescheid 2013 vom ohne Ansatz der beantragten Werbungskosten und Sonderausgaben erlassen. Die außergewöhnlichen Belastungen wurden im Ergebnis nicht berücksichtigt, weil sie den abzuziehenden Selbstbehalt nicht überstiegen.

In der rechtzeitig elektronisch eingebrachten Beschwerde vom beantragte der Bf., die Sechstelberechnung betreffend die nicht erfolgte begünstigte Besteuerung einer einmaligen Sonderzahlung in der Höhe von EUR 5.000,00 zu überprüfen. Er arbeite in Italien und habe daher nur die Hälfte des Urlaubsgeldes bekommen. Um auf ein volles Jahressechstel zu kommen, hätte seiner Ansicht nach jedoch ein Teil der Jahresprämie iHv EUR 5.000,00 mit 6% besteuert werden müssen, da im angefochtenen Bescheid nur EUR 4.466,55 angesetzt worden seien, die keinem Jahressechstel entsprechen würden. Der Bf. bat um die Überprüfung, ob die EUR 5.000,00 korrekt bzw. begünstigt besteuert wurden.

Mit Ergänzungsersuchen vom wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, bis zum die monatlichen Bezugsabschnitte für das Jahr 2013 nachzureichen, aus denen die Sonderzahlungen ersichtlich sind.

Da auch dieses Ergänzungsersuchen unbeantwortet blieb, wurde die Beschwerde unter Hinweis auf § 119 Abs. 1 und § 138 Abs. 1 BAO mit Beschwerdevorentscheidung vom (zugestellt durch Hinterlegung am ) abgewiesen und dies wie folgt begründet:

"Nach § 119 Abs. 1 Bundesabgabenordnung CBAO) sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offen zu legen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen. In diesem Zusammenhang sieht § 138 Abs. 1 BAO vor, dass die Abgabepflichtigen auf Verlangen der Abgabenbehörde zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen, sowie dessen Richtigkeit zu beweisen haben. § 138 Abs. 1 BAO betrifft vor allem die Feststellung solcher Verhältnisse, die für die Abgabenbehörde nur unter Mithilfe des Abgabepflichtigen aufklärbar sind, also Umstände, denen der Abgabepflichtige hinsichtlich der Beweisführung näher steht als die Abgabenbehörde. Nachdem der Vorhalt vom nicht beantwortet wurde, konnten bezüglich der Sonderzahlungen keine Feststellungen getroffen werden und die Beschwerde war als unbegründet abzuweisen."

Mit rechtzeitiger, als Vorlageantrag zu wertender elektronischer Eingabe vom brachte der Beschwerdeführer vor, dass er seit Kenntnisnahme von seinem Einkommensteuerbescheid die Databox seines Finanzonline-Accounts nicht mehr abgerufen habe und somit auch nicht das das Schreiben zur Nachreichung seines Quartals-Lohnzettels zur Kenntnis genommen habe. Er werde den Nachweis bis zum nachreichen.

Mit Eingabe vom , bei der belangten Behörde postalisch eingelangt am , übermittelte der Bf. dem Finanzamt die Lohnabrechnung seines italienischen Arbeitgebers betreffend den Monat September 2013, in welcher eine "Jahresprämie" in der Höhe von EUR 5.000,00 aufscheint.

Im Vorlagebericht vom erstattete die belangte Behörde folgende Stellungnahme:

"Die Berechnung des Jahressechstels erfolgte auf der Grundlage des - offenbar vom Arbeitgeber des Bf - über den Hauptverband übermittelten L 17 automatisch. Eine händische Nachrechnung hat dabei keine Unrichtigkeit ergeben. Vom Arbeitgeber wurde ein Bruttolohn von € 42.611,87 und (darin enthaltene) Sonderzahlungen von € 8.892,62 sowie SV-Beiträge von € 3.199,58 (laufende Bezüge) bzw. € 843,91 (Sonderzahlungen) eingetragen. Eine Berechnung des Jahressechstels (42.611,87 minus 8.892,62 ergibt 33.719,25; 33.719,25 durch 6) ergibt € 5.619,88, welche nach Abzug der aliquotierten SV-Beiträge (63,197 % von € 843,91) in Höhe von € 533,33 mit € 5.086,55 der begünstigten Besteuerung zu unterziehen sind. Nach Abzug des Freibetrages von € 620,- werden € 4.466,55 mit 6 % besteuert.

Das (kleine) Pendlerpauschale und der Pendlereuro für die Fahrten Wohnung - Arbeitsstätte (Entfernung laut google-maps ca. 52 km) würden grundsätzlich zustehen, die Streichung im Erstbescheid wurde jedoch in der Beschwerde nicht bekämpft."

Das Rechtsmittel ging am beim Bundesfinanzgericht ein. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom , ergänzt mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom , wurde die Rechtssache der ***Gerichtsabteilung 1*** gemäß § 9 Abs. 9 BFGG aufgrund einer Verhinderung abgenommen und der ***Gerichtsabteilung 2*** zum Stichtag neu zugeteilt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (Bf.) wohnte 2013 in ***Adr_Wohnsitz*** (Österreich) und arbeitete im 52,4 km davon entfernten ***Adr_Arbeitsplatz*** (Italien) bei ***Arbeitgeber*** ganzjährig als Entwicklungsingenieur. Im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung 2013 beantragte der Bf. die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales in der Höhe von EUR 2.568,00, eines Pendlereuros in der Höhe von EUR 2.568,00, eines Betrages von EUR 1.965,10 an Ausgaben für Personenversicherungen und EUR 328,00 an Krankheitskosten. In unmittelbarer Nähe zum Arbeitsort des Bf. befindet sich der Bahnhof ***Bahnhof*** . Aufgrund einer Zugverbindung zwischen ***Wohnort*** und ***Arbeitsort*** bzw. zwischen ***Wohnort*** und ***Bahnhof*** , die jeweils mehr als die Hälfte der Wegstrecke umfasste, lag betreffend die Wegstrecke zum und vom Arbeitsplatz für den Bf. bei (optimaler) Kombination von PKW und öffentlichen Verkehrsmitteln eine einfache Wegzeit von nicht mehr als 2,5 Stunden vor. Die entsprechende PKW-Fahrtzeit über 52,4 km betrug 50 Minuten.

Die Kosten betreffend Personenversicherungen wurden vom Bf. trotz entsprechenden Vorhalts nicht nachgewiesen, nicht glaubhaft gemacht und weder im Rahmen der Beschwerde, noch im Zuge des weiteren Verfahrens vom Bf. thematisiert. Für den Monat September 2013 erhielt der Bf. von seinem Arbeitgeber eine "Jahresprämie" in der Höhe von EUR 5.000,00, welche von der belangten Behörde im Ausmaß von EUR 4.466,55 mit 6 % (begünstigt) besteuert wurde.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ist - soweit entscheidungsrelevant - unstrittig, ergibt sich aus dem Akteninhalt und stützt sich auf die Angaben des Bf. sowie auf die dem Gericht vorgelegten Unterlagen der belangten Behörde. Weiters nahm das Gericht Einsicht in das Zentrale Melderegister sowie in die Grunddatenverwaltung der Finanzverwaltung, woraus eine zwischenzeitliche Adressänderung des Bf. ersichtlich wurde.

Trotz entsprechenden (dem Bf. auch zugestellten) Vorhalts wurden seitens des Bf. keine Nachweise betreffend die Personenversicherungen vorgelegt und deren Nichtberücksichtigung im Erstbescheid weder in der Beschwerde, noch im weiteren Verfahren thematisiert oder bekämpft.

Im Hinblick auf die Aufforderung durch die belangte Behörde an den Bf., einen Pendlerrechner-Ausdruck vorzulegen, ist jedoch darauf hinzuweisen, dass ein solcher betreffend ausländische Start- und Endpunkte nicht erstellt werden konnte bzw. kann und daher ohne diesen das Auslangen gefunden werden muss. Nach Recherchen des Gerichts via google maps betrug die schnellste einfache Wegstrecke für den Bf. 52,4 km bei ca. 50 Minuten PKW-Fahrtdauer. Eine Kombination von öffentlichen Verkehrsmitteln mit dem PKW ergibt eine längere Fahrtdauer, jedoch im Vergleich zur ausschließlichen PKW-Fahrt jedenfalls keine, die eine 2,5 Mal so lange Fahrtdauer ergibt, zumal sich in unmittelbarer Nähe des Arbeitsortes des Bf. ein Bahnhof befindet und auch eine aktuelle Abfrage bei der Fahrplanauskunft der ÖBB (scotty.oebb.at) keine abweichenden Ergebnisse ergab.

Rechtliche Beurteilung

Rechtslage

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 (Einkommensteuergesetz) idF BGBl. I Nr. 53/2013 sind Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Werbungskosten abzugsfähig. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:

  1. Diese Ausgaben sind durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z 1) abgegolten. Nach Maßgabe der lit. b bis j steht zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 ein Pendlereuro zu. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.

  2. Wird dem Arbeitnehmer ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt, steht kein Pendlerpauschale zu.

  3. Beträgt die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mindestens 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale: Bei mindestens 20 km bis 40 km 696 Euro jährlich, bei mehr als 40 km bis 60 km 1.356 Euro jährlich, bei mehr als 60 km 2.016 Euro jährlich.

  4. Ist dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale abweichend von lit. c: Bei mindestens 2 km bis 20 km 372 Euro jährlich, bei mehr als 20 km bis 40 km 1.476 Euro jährlich, bei mehr als 40 km bis 60 km 2.568 Euro jährlich, bei mehr als 60 km 3.672 Euro jährlich.

(…)

  1. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, Kriterien zur Festlegung der Entfernung und der Zumutbarkeit der Benützung eines Massenverkehrsmittels mit Verordnung festzulegen.

Nach § 1 Abs. 8 2. Satz der Pendlerverordnung des Bundesministers für Finanzen in der Fassung BGBl. II Nr. 276/2013 sind betreffend die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte angefangene Kilometer auf volle Kilometer aufzurunden, wenn die Gesamtstrecke zumindest 20 Kilometer beträgt.

§ 33 Abs. 5 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 53/2013 lautet:

"Bei Einkünften aus einem bestehenden Dienstverhältnis stehen folgende Absetzbeträge zu:

1. Ein Verkehrsabsetzbetrag von 291 Euro jährlich.

2. Ein Arbeitnehmerabsetzbetrag von 54 Euro jährlich, wenn die Einkünfte dem Lohnsteuerabzug unterliegen.

3. Ein Grenzgängerabsetzbetrag von 54 Euro jährlich, wenn der Arbeitnehmer Grenzgänger (§ 16 Abs. 1 Z 4) ist. Dieser Absetzbetrag vermindert sich um den im Kalenderjahr zu berücksichtigenden Arbeitnehmerabsetzbetrag.

4. Ein Pendlereuro in Höhe von jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 hat. Für die Berücksichtigung des Pendlereuros gelten die Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b und lit. e bis j entsprechend.

5. Ein Pendlerausgleichsbetrag nach Maßgabe des Abs. 9a."

Gemäß § 115 Abs. 1 BAO haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Diese Verpflichtung wird durch eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen, wie beispielsweise bei Auslandssachverhalten, eingeschränkt.

Haben Sachverhaltselemente ihre Wurzeln im Ausland, so ist die Mitwirkungspflicht und Offenlegungspflicht der Partei in dem Maße höher, als die Pflicht der Abgabenbehörde zur amtswegigen Erforschung des Sachverhaltes wegen des Fehlens der ihr sonst zu Gebote stehenden Ermittlungsmöglichkeiten geringer wird. In solchen Fällen tritt die Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen in den Vordergrund, sodass es vornehmlich an ihm liegt, Beweise für die Aufhellung auslandsbezogener Sachverhaltselemente beizuschaffen ().

Auf Verlangen der Abgabenbehörde haben gemäß § 138 Abs. 1 BAO die Abgabepflichtigen und die diesen im § 140 BAO gleichgestellten Personen in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119 BAO) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung. § 138 Abs. 1 BAO hat die Feststellung solcher Verhältnisse im Auge, die für die Abgabenbehörde nur unter Mithilfe des Abgabepflichtigen aufklärbar sind, denen der Abgabepflichtige hinsichtlich der Beweisführung somit näher steht als die Behörde ().

Kommt der Abgabepflichtige seiner nach § 138 Abs. 1 BAO bestehenden Verpflichtung zur Klärung des Sachverhaltes nicht nach, ist es im Allgemeinen nicht Aufgabe der Behörde, noch zusätzliche Erhebungen zu pflegen. Sie wird vielmehr auf Grund des vorliegenden Beweismaterials in freier Beweiswürdigung ihre Entscheidung zu fällen haben ().

Zu Spruchpunkt I. (Teilweise Stattgabe)

Die Regelung über die Pauschalierung der Kosten der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ist nicht nur bei Bezügen die dem Lohnsteuerabzug unterliegen, heranzuziehen. Das Gesetz stellt bei der Pauschalierung der Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nur auf die Arbeitnehmereigenschaft (§ 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988) bzw. auf ein bestehendes Dienstverhältnis ab (§ 33 Abs. 5 Z 1 EStG 1988) und nicht darauf, ob die Bezüge dem Lohnsteuerabzug unterliegen.

Wenn die Fahrten Wohnung-Arbeitsstätte-Wohnung im Ausland (oder teilweise im Ausland) zurückgelegt werden, steht nach der Judikatur () das Pendlerpauschale ebenfalls zu, da die Verhältnisse im Inland und benachbarten Ausland gleichgelagert sind.

Wurde das Pendlerpauschale nicht bereits beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt oder war dies nicht möglich (weil wie im gegenständlichen Fall der Arbeitgeber nicht zum Lohnsteuerabzug verpflichtet war) kann dies im Rahmen der Veranlagung geltend gemacht werden (Jakom/Lenneis, EStG14 (2021), § 16 Rz 31).

Nach den (für das Bundesfinanzgericht nicht verbindlichen) Lohnsteuerrichtlinien der Finanzverwaltung ist die Benützung des Massenbeförderungsmittels jedenfalls zumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke nicht mehr als 90 Minuten beträgt, und jedenfalls unzumutbar, wenn die Wegzeit mehr als 2,5 Stunden beträgt. Für Zeiten dazwischen sei die Benützung des Massenbeförderungsmittels zumutbar, wenn die Wegzeit mit dem Massenbeförderungsmittel höchstens dreimal so lange dauert wie die Fahrzeit mit dem Kfz (Jakom/Lenneis, EStG6 (2013), § 16 Rz 28; ). Entsprechend diesen Überlegungen war auch im konkreten Fall (Einkommensteuer 2013) die Frage der Unzumutbarkeit der Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln bzw. einer Kombination mit diesen für den Bf. zu beurteilen.

Auch wenn der Sachverhalt Anknüpfungspunkte im Ausland enthält (ausländischer Arbeitgeber und entsprechende Pendlerbewegung), war es trotz der in diesem Fall dem Bf. obliegenden Pflicht zumindest zur Glaubhaftmachung der konkreten Umstände, der dieser nicht nachgekommen ist, im konkreten Fall ohne erhebliche Umstände möglich, das Vorliegen der Anspruchsgrundlagen für das Pendlerpauschale in freier Beweiswürdigung festzustellen (siehe Punkt Beweiswürdigung).

Bereits aufgrund der PKW-Wegstrecke von 52,4 km und der jeweils vorhandenen nahen Zugverbindungen war davon auszugehen, dass auch bei (zu unterstellender optimaler) Kombination von PKW und öffentlichen Verkehrsmitteln eine einfache Wegzeit von nicht mehr als 2,5 Stunden vorlag. Die genannte Zugstrecke umfasste mehr als die Hälfte der Wegstrecke.

Da betreffend die Wegstrecke zum bzw. vom Arbeitsplatz für den Bf. daher zumindest hinsichtlich der halben Entfernung keine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Massenverkehrsmittel vorlag, war die Frage, ob das "kleine" (§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988) oder das "große" (§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988) Pendlerpauschale zusteht, entsprechend dem Vorbringen der belangten Behörde im Vorlagebericht mit der Gewährung des "kleinen" Pendlerpauschales in der Höhe von EUR 1.356,00 zu entscheiden. Aufgrund der einfachen Wegstrecke von 52,4 km ergibt sich gemäß § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 und unter Berücksichtigung der Aufrundung auf volle Kilometer gemäß § 1 Abs. 8 2. Satz der Pendlerverordnung in der Fassung BGBl. II Nr. 276/2013 ein Pendlereuro von EUR 53,00 x 2 = EUR 106,00 für das Jahr 2013.

Da im Rahmen des angefochtenen Bescheides trotz entsprechenden Antrages weder Pendlerpauschale, noch ein Pendlereuro gewährt wurden, war der Bescheid diesbezüglich zu Gunsten des Bf. abzuändern.

Bereits vor Erlassung des Erstbescheides wurde der Bf. von der belangten Behörde aufgefordert, seine mit EUR 1.965,10 im Antrag bezifferten Ausgaben für Personenversicherungen zu belegen. Dieser Aufforderung kam der Bf. nicht nach, woraufhin der Erstbescheid ohne deren Berücksichtigung erging. In der Folge bekämpfte der Bf. dies nicht weiter (weder in der Beschwerde, noch im Rahmen einer Vorhaltsbeantwortung, noch im Vorlageantrag), sondern ersuchte lediglich um die Prüfung der begünstigten Besteuerung der gewährten Prämie in der Höhe von EUR 5.000,00. Es war daher davon auszugehen, dass der Bf. die Berücksichtigung dieser Beträge nicht weiter verfolgte. Auch hier darf auf die Mitwirkungspflicht und Offenlegungspflicht des Bf. verwiesen werden, da für ihn günstige Sachverhaltselemente zu prüfen waren, die nur er und nicht die belangte Behörde nachweisen könnte. Nicht nur Ergänzungsersuchen, sondern auch eine Beschwerdevorentscheidung (; , 94/15/0024; , 98/15/0108; , 2000/14/0194; , 2008/15/0288) und ein Vorlagebericht () haben Vorhaltecharakter. Da nur der Bf. über diese Informationen verfügte, war im konkreten Fall ein neuerlicher Vorhalt durch das Bundesfinanzgericht diesbezüglich entbehrlich und die Berücksichtigung dieser Ausgaben mangels Nachweis zu versagen. Auf die zutreffenden Ausführungen der belangten Behörde in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung vom wird ergänzend verwiesen. In der Folge war dem Bf. jedoch, wie bereits von der belangten Behörde korrekt vorgenommen, der Sonderausgaben-Pauschbetrag von EUR 60,00 zu gewähren.

Die geltend gemachten Beträge betreffend Krankheitskosten wirkten sich aufgrund des abzuziehenden Selbstbehalts, wie bereits im angefochtenen Bescheid richtig begründet, nicht rechnerisch aus.

Dem Bf. wurde aufgrund seiner unstrittigen Grenzgängereigenschaft zu Recht der Grenzgänger-Absetzbetrag nach § 33 Abs. 5 Z 3 EStG 1988 gewährt.

Die von der belangten Behörde vorgenommene und im Vorlagebericht vom näher erläuterte, begünstigte Steuerberechnung (mit 6 %) bezüglich der "Jahresprämie" von EUR 5.000,00 im Ausmaß von EUR 4.466,55 hat sich zudem als korrekt erwiesen, sodass diesbezüglich kein Abänderungsbedarf bestand.

Der Beschwerde war daher im Ergebnis teilweise stattzugeben. Die Berechnung der Einkommensteuer 2013 kann dem beiliegenden Berechnungsblatt entnommen werden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen (oben zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurden. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100597.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at