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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.09.2022, RV/7101978/2022

Parkgebühren und Garagierungskosten einer Dienstnehmerin während der Corona-Pandemie

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Susanne Haim in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Wolfgang Sobotka, Alfons Petzold Gasse 32, 1238 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2020 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I.

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (In der Folge: Bf.) machte in ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2020 vom EUR 1.998,00 an Reisekosten geltend.

Mittels Ergänzungsersuchen vom wurde die Bf. dazu aufgefordert, bis zum den beruflichen Zusammenhang der geltend gemachten Reisekosten zu erklären und belegmäßig nachzuweisen.

Mit rechtzeitig eingebrachter Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom gingen durch den Steuerberater der Bf. ein Auszug der vorgeschriebenen Verhaltensregeln der Arbeitgeberin der Bf. (Arbeit Dienstort) ein, welcher nach Auskunft des Steuerberaters bis zum Datum des Einlangens dieser Beantwortung gültig war, sowie ein Kalender des Jahres 2020, in welchem die Tage, an denen die Bf. ihrer Tätigkeit vor Ort nachging, farbig markiert wurden und die angefallenen Kosten der Parkgebühren an den jeweiligen Arbeitstagen händisch notiert wurden.

Im Schreiben der Arbeitgeberin vom ersten April 2020, welches mit "Aktuelle Informationen Coronavirus - Update und Maßnahmen" tituliert wurde, steht unter Punkt 1:

"Maßnahmen zur Risikominimierung - Ansteckung Covid19

Einhaltung der vollständigen Verkehrsbeschränkung (Nutzen Sie keine öffentlichen Verkehrsmittel)."

Dazu führte der Steuerberater der Bf. aus:

"Um den geregelten Betrieb aufrecht zu erhalten und zur Absicherung des Dienstverhältnisses wurde der Anordnung entsprochen. Da die Dienstgeberin keinen Abstellplatz zur Verfügung gestellt und in der gesamten Umgebung die Kurzparkzonenregelung gilt, sind die nachgewiesenen Parkkosten zwangsläufig entstanden. Aufgrund der seit März 2020 herrschenden außergewöhnlichen Umstände ersuchen wir die geltend gemachten Werbungskosten anzuerkennen."

Im Einkommensteuerbescheid 2020 vom wurden diese Reisekosten zur Gänze nicht anerkannt. Dies wurde wie folgt begründet:

"Gem. § 16 Abs. 1 Z 6 Einkommensteuergesetz 1988 sind mit dem Verkehrsabsetzbetrag und einem eventuell zustehenden Pendlerpauschale alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten. Diese Abgeltung betrifft nicht nur die "reinen Fahrtkosten", sondern alle Aufwendungen, die durch die Benützung des Kraftfahrzeuges entstehen - auch die Kosten des Parkplatzes. Parkplatz(Garagen)gebühren für einen Autoabstellplatz stellen grundsätzlich keine Werbungskosten dar (vgl. ) und können daher neben dem Verkehrsabsetzbetrag nicht als Werbungskosten im Sinne des § 16 EStG 1988 berücksichtigt werden."

In der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde vom bestritt die Bf. durch ihren Steuerberater die Nichtanerkennung der Reisekosten und begründete dies wie folgt:

"Beeinsprucht wird die Nichtanerkennung der Abstellkosten des DN-KFZ während der Dienstzeit. Aufgrund der DG-Anordnung ist auf Öffis weitgehend zu verzichten. Diese enormen Aufwendungen sind nicht im Verkehrsabsetzbetrag (der ja nur einen kleinen Zuschuss zu den tatsächlichen Kosten ist) abgegolten, da es sich um Zusatzkosten handelt, die durch die Dienstanweisung ans Spitalspersonal verursacht werden. Die Abgabepflichtige hat dieser Aufforderung Folge geleistet. Dadurch wurde sie in ihrem Einkommen und Vermögen erheblich beschwert (die geltend gemachten Ausgaben betragen fast einen Nettomonatsbezug). Beim Verweis auf VwGH 88/13/0235, v. bezüglich § 16 EStG 1988 ist zu berücksichtigen, dass es im vorigen Jahrtausend, Jahrhundert, somit vor 33 Jahren weder eine flächendeckende Parkraumbewirtschaftung noch eine Pandemie gab.

Da die Dienstgeberin die Abstellkosten des KFZ weder vergütet noch eine kostenlose Abstellmöglichkeit zur Verfügung stellt, gehen diese Kosten ausschließlich zu Lasten der Dienstnehmerin. Diese muss die Kosten zur Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses zwangsläufig auf sich nehmen! Somit stellen diese Abstellkosten Werbungskosten dar und sind bei der Einkommensermittlung abzuziehen. Wir ersuchen daher die beantragten Werbungskosten aufgrund der völlig neuen Umstände in der beantragten Höhe anzuerkennen."

Mittels Ergänzungsersuchen vom wurde die Bf. dazu aufgerufen, bis zum die Dienstanweisung ihres Arbeitgebers an alle Dienstnehmer vorzulegen, da nur eine Empfehlung vorgelegt wurde, sowie im Falle eines Ersatzes vom Arbeitgeber eine Bestätigung des Arbeitgebers darüber einzureichen, die Ausgaben durch Belege nachzuweisen sowie die Tätigkeit im Spital auszuführen.

In der rechtzeitig eingebrachten Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom führte der Steuerberater der Bf. aus wie folgt:

"Unsere Klientin ist Diätologin. Die Diätologinnen haben den meisten Personenkontakt der Klinik. Sie sind erstens mit der Patientenbefragung und -betreuung beschäftigt. Bei den betroffenen Patienten handelt es sich überwiegend um Diabetiker/innen und Krebspatient/innen, die als besonders vulnerabel gelten. Weiters haben sie täglich mit der Küchenleitung und Küchenmitarbeiter/innen und dem Stationspersonal zu tun. Im Falle einer Infektion könnten sie drei Spitalsbereiche mit Coronaviren "beglücken". Wohlwissend, dass die nur fallweise Testung viele Lücken offenlässt, veranlasste die Klinikleitung zur Herausgabe der vorgelegten Empfehlung. Es ist uns kein Dienstgeber bekannt, der dies in Befehlsform formuliert hat. Es gab/gibt keinerlei Kostenersätze des Dienstgebers. Zu den Belegen: Da zum damaligen Zeitpunkt niemand an eine steuerliche Verwertung gedacht hat, kann nur der Jahreskalender mit Nutzungstagen und einem noch auffindbaren Parkbeleg () vorgelegt werden. Die Parkgebühren betrugen: lt. Beleg Parkgarage ***1*** € 15,-- und Park & Ride ***2*** € 3,60 pro Tag."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und wie folgt begründet:

"Gem § 16 Abs 1 Z 6 Einkommensteuergesetz 1988 sind Parkgebühren mit dem Verkehrsabsetzbetrag abgegolten und Garagierungskosten für den PKW des Arbeitnehmers am oder in der Nähe des Wohnsitzes oder des Arbeitsortes grundsätzlich keine Werbungskosten (vgl. , ).

Weiters wurde keine konkrete Dienstanweisung vorgelegt, sondern eine Empfehlung, somit war auch der berufliche Zusammenhang mit den geltend gemachten Kosten nicht vorhanden, daher war die Beschwerde abzuweisen."

Im rechtzeitig eingebrachten Vorlageantrag vom brachte die Bf. durch ihren Steuerberater Folgendes vor:

"Mit Verwunderung müssen wir feststellen, dass das FA Österreich (09) noch immer mit VwGH-Entscheidungen aus dem vorigen Jahrhundert argumentiert, obwohl sich die zu berücksichtigenden Parameter hinsichtlich Parkraumbewirtschaftung und Covid-19 grundlegend geändert haben.

Zur Seuche:

Wie bereits dargelegt, hat unsere Klientin im Verhältnis zu anderen Beschäftigten der Klinik mit einem viel größeren Kreis an Kontaktpersonen zu tun. Beginnend bei der eigenen Abteilung (Diätologie). Daraus ergibt sich der Patientenkontakt, in der Regel mit sehr gefährdeten Personen. Aufgrund der Ernährungsberatung ergibt sich zwangsläufig ein intensiver Kontakt zum jeweiligen Stationspersonal, Kontrolle der richtigen Nahrungsverabreichung und Verhinderung von Eigenmächtigkeiten der Patienten. Aufgrund des nicht immer mitdenkenden Küchenpersonals ist auch intensiver Kontakt mit den Nahrungszubereitenden notwendig.

Zum Parken:

Aufgrund all dieser Umstände ist es doch nachvollziehbar, dass unsere Klientin dem dringenden Ersuchen des Dienstgebers Folge geleistet hat. Dass dieser keinen "Befehl", wie von der Abgabenbehörde verlangt, aussprechen konnte, ist aufgrund der zu erwartenden Folgekosten (Übernahme der Parkkosten für vielleicht hunderte Dienstnehmer) und mangels überprüfbarer Einhaltung der Anordnung dem Dienstgeber nicht zumutbar. Weiter offen ist, ob eine solche Anordnung rechtlich überhaupt zulässig ist. Unsere Klientin fühlt sich daher in Ihrem Einkommen und Vermögen beschwert, da sie getätigte Werbungskosten nicht vom Dienstgeber ersetzt bekommt und andererseits der Abzug derselben bei der Einkünfteermittlung verweigert wird. Unter der Annahme, dass Covid-19 auch einmal keine Epidemie mehr ist, stellt sich die gesamte Problematik als nur temporär dar. Wir ersuchen daher, die beantragten Werbungskosten bei der Einkünfteermittlung 2020 in Abzug zu bringen."

Im Vorlagebericht vom erstattete die belangte Behörde folgende Stellungnahme:

"Das FA vertritt die auf die einschlägige Judikatur gestützte Ansicht, dass die Parkgebühren und Garagierungskosten gem. § 16 Abs. 1 Z. 6 EStG mit dem Verkehrsabsetzbetrag (vgl. u.a.) und beantragt die Abweisung der Beschwerde."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Bf. arbeitet als Diätologin in der Arbeit Dienstort. Aufgrund einer Empfehlung der Dienstgeberin hat sie wegen der Covid-Pandemie für die 17,2 km langen Fahrten zum Dienstort einen PKW benützt und diesen in der Zeit von bis kostenpflichtig in der Nähe des Dienstortes abgestellt. Die Bf. beantragt die Anerkennung von Parkgebühren und Garagenkosten am Dienstort in Höhe von insgesamt EUR 1.998,00 als Werbungskosten gem. § 16 EStG.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig, ergibt sich aus dem Akteninhalt und stützt sich auf die Angaben des Steuerberaters der Beschwerdeführerin.

Nach Recherchen des Gerichts beträgt die Entfernung zwischen der Wohnung der Bf. in der ***Bf1-Adr*** und ihrem Arbeitsplatz bei ihrer Dienstgeberin, der Arbeit Dienstort, Arbeitsort, laut Google Maps mit dem PKW 17,2 km und laut dem Pendlerrechner mit öffentlichen Verkehrsmitteln 15 km bzw 57 Minuten.

Das Schriftstück der Dienstgeberin ist mit "Aktuelle Informationen Coronavirus - Update und Maßnahmen" tituliert und ist somit als keine konkrete Dienstanweisung anzusehen. Dass es sich hierbei nur um eine (bloße) Empfehlung handelt, wurde auch vom Steuerberater der Bf. in der Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom bestätigt.

Es konnten von der Beschwerdeführerin nach Aufforderung keine Belege betreffend der Park- und Garagenkosten vorgelegt werden. Lediglich ein Kalender des Jahres 2020 mit farbigen handschriftlichen Markierungen und einer handschriftlichen Berechnung der ursprünglich geltend gemachten Park- und Garagenkosten wurden dazu von der Bf. vorgelegt.

Strittig ist, ob diese Parkplatzkosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu Werbungskosten aus nichtselbständiger Tätigkeit führen oder nicht.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 (Einkommensteuergesetz) idF BGBl. I Nr. 103/2019 sowie BGBl. I Nr. 96/2020 sind Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Werbungskosten abzugsfähig. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:

  1. Diese Ausgaben sind durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z 1) abgegolten.

Gemäß § 33 Abs. 5 Z 1 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 103/2019 sowie BGBl. I Nr. 96/2020 steht bei Einkünften aus einem bestehenden Dienstverhältnis ein Verkehrsabsetzbetrag von 400 Euro jährlich zu.

Für eine/n Arbeitnehmer/in sind die Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte pauschal mit dem in § 16 Abs. 1 Z 6 lit a EStG 1988 iVm § 33 Abs. 5 Z 1 EStG 1988 festgesetzten Verkehrsabsetzbetrag iHv 400 Euro jährlich abgegolten. Mit diesem Betrag sind die Fahrtkosten eines/r Arbeitnehmers/in zwischen seiner/ihrer Wohnung und seinem/ihrem Arbeitsplatz abschließend abgegolten. Zusätzliche Werbungskosten für Fahrten und damit zusammenhängende Parkplatz- bzw. Garagierungskosten etc. stehen einem/r Arbeitnehmer/in auf Grund dieser Bestimmung nicht zu.

Unter Fahrtkosten sind nicht nur die damit zusammenhängenden Treibstoffkosten oder Straßengebühren zu verstehen, sondern alle mit einer Fahrt verbundenen Kosten. Da ein PKW auch geparkt bzw. abgestellt werden muss um die Fahrt zu beenden bzw. auch den Dienst antreten zu können, sind damit auch die mit dieser Fahrt zusammenhängenden Parkgebühren, Mietkosten für einen Parkplatz und Garagierungskosten von dem Begriff der Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte umfasst. Unter den Fahrtkosten für eine/n Arbeitnehmer/in zwischen Wohnung und Arbeitsstätte umfasst das Gesetz alles was mit dieser Fahrt im engen Zusammenhang steht. Alle Arten von Kosten für das Abstellen eines Kfz während der Arbeitszeit hängen mit den Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zusammen und sind nicht davon losgelöst zu beurteilen (vgl. ; vgl. ; vgl. Ebner in Jakom EStG15 (2022), § 16, II. Ausdrückl angeführte WK Abs 1 Z 1-10, Rz 25).

Der Verkehrsabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 5 Z 1 EStG 1988 iHv EUR 400,00 wurde für die Beschwerdeführerin bei der Ermittlung der Einkommensteuer für das Jahr 2020 berücksichtigt.

Ein Pendlerpauschale steht der Beschwerdeführerin aufgrund der Wegstrecke von weniger als 20 Kilometern sowie der Zumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels (öffentlichen Verkehrsmittels) nicht zu und wurde von dieser auch weder in der Einkommensteuererklärung 2020 geltend gemacht noch zu einem späteren Zeitpunkt beanstandet.

Die Coronavirus-Pandemie vermag nach Ansicht der Richterin an diesen klaren gesetzlichen Vorgaben nichts zu ändern bzw. wurden durch den Gesetzgeber keine diesbezüglichen temporären Änderungen vorgenommen.

Der Beschwerdeführerin stehen somit keine weiteren Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit im Zusammenhang mit dem Arbeitsweg zu.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der VwGH hat sich in den oben zitierten Judikaten gegen die Abzugsfähigkeit von Parkplatzkosten und Garagierungskosten ausgesprochen. Das BFG konnte sich im vorliegenden Fall daher auf die oben zitierte Rechtsprechung stützen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt somit nicht vor; die Revision ist daher nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7101978.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at