Vermietung an den Ehemann mit anschließender Nutzungsüberlassung der Wohnung an die gemeinsame unterhaltspflichtige Tochter
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Renate Schohaj in der Beschwerdesache ***1***, vertreten durch ***2***, über die Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2020, beschlossen:
1) Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 278 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde aufgehoben.
Gemäß § 278 Abs. 2 BAO tritt dadurch das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.
2) Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
I) Verfahrensgang:
Im Rahmen einer bei der Beschwerdeführerin (Bf.) durchgeführten Umsatzsteuersonderprüfung betreffend den Zeitraum 08/2020 wurden im Bericht vom folgende Feststellungen getroffen:
Die Beschwerdeführerin (Bf.) hat mit Kaufvertrag vom die Liegenschaft ***3***, ***4*** inklusive Kellerabteil und Stellplatz in ***5***, von der Firma ***6*** GmbH erworben. Der Kaufpreis der Liegenschaft betrug 261.047,00 Euro plus 52,209,40 Euro USt. Der Nettokaufpreis, der von der Raiffeisen Bank Region Schwechat eGen fremdfinanziert wurde, wurde am auf das Bankkonto des Treuhänders überwiesen. Betreffend die Vorsteuer wurde seitens der steuerlichen Vertretung der Bf. ein Überrechnungsantrag auf das Abgabenkonto der Firma ***6*** GmbH eingereicht. Diese Vorgangsweise wurde im Kaufvertrag unter Punkt 2.2. geregelt.
Mit Mietvertrag vom vermietete die Bf. die erworbene Wohnung an ihren Ehemann auf unbestimmte Zeit, beginnend am , um 600,00 Euro plus 60,00 Euro USt (10%). Der Ehepartner überwies die Miete für den Zeitraum 10-12-/2020 an die Bf.
Laut ZMR Abfrage sind sowohl der Ehepartner der Bf. als auch deren gemeinsame unterhaltspflichtige Tochter an der Adresse ***5***, nebenwohnsitzmäßig gemeldet. Ihren Hauptwohnsitz haben beide - ebenso wie die Bf. - an der Adresse ***7***.
Aus der Beantwortung der Ergänzungsersuchen vom sowie vom geht hervor, dass die Wohnung in ***8*** nicht vom Ehemann der Bf., sondern von der gemeinsamen Tochter bewohnt wird, welche seit die ***9*** GmbH besucht und über kein eigenes Einkommen verfügt. Weder gibt es einen Untermietvertrag zwischen dem Ehemann der Bf. und deren Tochter, noch werden seitens der Tochter Mietzinszahlungen an den Vater als Mieter der Wohnung geleistet.
Laut den Angaben der Bf. wurde die Liegenschaft zu Vermietungszwecken angeschafft und von Anfang an eine Fremdvermietung angedacht. Um Kosten zu sparen seien jedoch weder Inserate geschaltet noch Immobilienmakler mit der Suche eines Mieters beauftragt worden.
Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde die Umsatzsteuer für 08/2020 in der Höhe von 340,79 Euro fest, wobei die Vorsteuern aus dem Kauf der Liegenschaft in ***5***, unberücksichtigt blieben.
In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde verwies die Bf. auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2008/13/0223, und behauptete einen nahezu identen Sachverhalt. Hätte die Bf. an einen fremden Mieter zu denselben Konditionen vermietet, wäre der Vorsteuerabzug zugestanden. Aus den versteuerten Mieteinnahmen hätte die Bf. eine andere Wohnung mieten müssen. Eine derartige Vorgangsweise sei nicht zumutbar. Das Argument der Fremdüblichkeit gehe der Argumentation der Abgabenbehörde vor. Die Bf. beantragte die Entscheidung durch den gesamten Senat sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab.
Mit Eingabe vom beantragte die Bf. die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte ergänzend aus, dass die Umsatzsteuer den europäischen Vorgaben in Gestalt der MwSt-SystRL 2006/112/EG (Art. 167, 168) samt der dazu ergangenen Judikatur von EuGH und VwGH - nicht jedoch einkommensteuerlichen Überlegungen - folge. Auf dieser Linie liege auch der VwGH in seiner - hier völlig negierten Judikatur ( Rn 28 bis 35).
Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Am übermittelte die belangte Behörde den für das Veranlagungsjahr 2020 ergangenen Umsatzsteuerjahresbescheid vom .
Mit Eingabe vom hat die Bf. ihren Antrag auf Entscheidung durch den gesamten Senat sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.
II) Erwägungen:
1.) Feststellungen
Mit Kaufvertrag vom erwarb die Bf. eine Wohnung in ***8***, welche sie in der Folge mit Wirksamkeit auf unbestimmte Zeit an ihren Ehemann vermietete.
Das Bundesfinanzgericht stellt fest, dass das Mietverhältnis entsprechend den Bestimmungen über Verträge zwischen nahen Angehörigen durch den Mietvertrag vom nach außen in Erscheinung getreten ist, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt hat und fremdüblich ist.
Die Mietzinszahlungen erfolgen durch den Ehemann der Bf. (Mieter), welcher die Wohnung der unterhaltsberechtigten Tochter zur Nutzung überlässt.
In Streit steht, ob der Bf. in Ansehung der vorliegenden Sachlage Unternehmereigenschaft zukommt und diese zum Abzug der aus dem Kauf der Wohnung resultierenden Vorsteuerbeträge in der Höhe von 52.209,40 Euro berechtigt.
Die gegenständliche Beschwerde richtete sich ursprünglich lediglich gegen den Bescheid betreffend Umsatzsteuerfestsetzung 08/2020. Da mit Bescheid vom jedoch die Umsatzsteuer für das Jahr 2020 festgesetzt wurde, erstreckt sich die Beschwerde nunmehr auf den Umsatzsteuerjahresbescheid für das Jahr 2020.
2.) Beweiswürdigung
Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig. Dagegensprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.
Zwischen den Verfahrensparteien steht außer Streit, dass die formelle Ausgestaltung des Mietvertrages Fremdgrundsätzen entspricht, weswegen dieser Aspekt keiner gesonderten Prüfung unterzogen wird.
Ebenfalls außer Streit steht der Umstand, dass der gemeinsamen Tochter der Bf. und des Bestandnehmers die Selbsterhaltungsfähigkeit fehlt und daher eine Unterhaltsverpflichtung der Eltern gemäß § 231 ABGB vorliegt.
Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.
3.) Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 kann ein Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung an ihn gesondert ausgewiesen Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.
Gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 gelten Lieferungen und sonstige Leistungen, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Aufwendungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 1-5 EStG darstellen, als nicht für das Unternehmen ausgeführt.
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden.
Aufwendungen für die Wohnung sind als typische Haushaltsaufwendungen nicht abzugsfähig.
Mit der Bestimmung des § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 hat der Gesetzgeber - nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes -zum Ausdruck gebracht, dass auch rechtliche Gestaltungen, die darauf abzielen, derartige Aufwendungen in das äußere Erscheinungsbild von "Einkünften" zu kleiden, steuerlich unbeachtlich bleiben sollen. Dies gilt auch dann, wenn die Vereinbarungen einem Fremdvergleich standhalten. Entscheidend ist lediglich, dass der Steuerpflichtige einen Aufwand geltend machen möchte, der mit der Befriedigung seines Wohnbedürfnisses oder mit dem Wohnbedürfnis seiner Familienangehörigen in wirtschaftlichem Zusammenhang steht (vgl. ).
Im gegenständlichen Fall macht die Bf. allerdings keinen solchen Aufwand, der mit der Befriedigung ihres Wohnbedürfnisses oder dessen ihrer Familienangehörigen in wirtschaftlichem Zusammenhang steht, geltend. Vielmehr stehen die Aufwendungen der Bf. für die angeschaffte Wohnung im Hinblick darauf, dass die Vermietung der in Rede stehenden Wohnung an den Ehemann der Bf. unstrittig zu fremdüblichen Bedingungen erfolgt, mit den aus der Vermietung erzielten Mieterlösen in Zusammenhang. Die Bf. erhält also für die Überlassung der Wohnung vom Mieter (Ehemann) eine gleichwertige wirtschaftliche Gegenleistung in Gestalt fremdüblicher Mieten.
Darüber hinaus verlieren Aufwendungen den ihrer steuerlichen Berücksichtigung entgegenstehenden Charakter als Kosten der Lebensführung iSd. § 20 EStG 1988 nicht deswegen, weil der Nutzung des Hauses (der Wohnung) zivilrechtlich ein Bestandstitel zu Grunde gelegt wird ().
Die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs betrafen die Vermietung von im Eigentum eines Ehegatten stehenden Wohnungen an den anderen Ehegatten zur gemeinsamen Benützung als Ehewohnung (vgl. , , und , VwSlg. 7337/F), die Vermietung von im Miteigentum von Ehegatten stehenden Wohnungen an einen der beiden Miteigentümer (Ehegatten) zur gemeinsamen Benützung als Ehewohnung (vgl. , und ), die Vermietung an Unterhaltsberechtigte (vgl. , VwSlg. 7665/F), oder die Vermietung von Miteigentümern an einen der Miteigentümer zur Nutzung als Wohnung (vgl. , VwSlg. 7977/F, , VwSlg. 8553/F, und , VwSlg. 8560/F).
Abgesehen davon, dass § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 insofern besonders eng auszulegen ist, als diese Regelung nicht Bestandteil der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie (in der Folge MwSt-Richtlinie) (und der MwStSystRL 2006/112/EG) ist, sondern vielmehr eine nationale Ausnahmeregelung darstellt, erfolgt die Vermietung im hier zu beurteilenden Fall nicht unmittelbar an jene Person, die in der in Rede stehenden Wohnung sodann ihren Haushalt (§ 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988) führt, also die gemeinsame Tochter. Die Vermietung erfolgt vielmehr an den Ehegatten der Bf., der diese Wohnung der gemeinsamen Tochter zu Wohnzwecken überließ. Dass der Ehegatte der Bf. nicht selbsterhaltungsfähig gewesen wäre und die Vermietung der Erfüllung ihm gegenüber bestehender Unterhaltspflichten in Form eines Naturalunterhaltes gedient hätte, wurde von der belangten Behörde weder behauptet noch bestehen dafür aktenkundige Anhaltspunkte.
Diese Sachverhaltskonstellation aber ist mit der einer unmittelbaren Nutzungsüberlassung im Angehörigenverhältnis nicht vergleichbar. Derartige Konstellationen unterliegen damit auch nicht dem § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, sondern sind allenfalls unter dem Gesichtspunkt des Gestaltungsmissbrauchs zu prüfen (vgl. VwGH Ra 2016/13/0025).
Weshalb die Vermietung der in Rede stehenden Wohnung seitens der Bf. an ihren Ehemann vom familienhaften Verhältnis zur gemeinsamen Tochter überschattet sein soll und daher die Unternehmereigenschaft der Bf. in Bezug auf diese Tätigkeit ausschließt, ist nicht erkennbar.
Da im gegenständlichen Fall nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts somit kein Anwendungsfall des § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 vorliegt, dienten die Aufwendungen der Bf. zur Anschaffung der Wohnung auch nicht der unmittelbaren Wohnversorgung der unterhaltsberechtigten Tochter der Bf. sondern vielmehr der Vermietung der Immobilie, welche als wirtschaftliche Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen einzustufen ist.
Sofern sich die belangte Behörde auf den Missbrauchstatbestand des § 22 BAO stützt, ist zunächst auf die Rechtsprechung des EuGH zu verweisen, wonach die Bekämpfung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen ein Ziel ist, das von der Sechsten MwSt-Richtlinie (und der MwStSystRL 2006/112/EG) anerkannt und gefördert wird (vgl. , Halifax, ÖStZB 2006/544, Rn 71). Nach dem Grundsatz des Verbots des Rechtsmissbrauchs sind künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltungen verboten, die allein zu dem Zweck erfolgen, einen Steuervorteil zu erhalten.
Nach der Rechtsprechung des EuGH setzt die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer zum einen voraus, dass die fraglichen Umsätze trotz formaler Anwendung der Bedingungen der einschlägigen Bestimmungen der Richtlinien und des zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Rechts einen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung dem mit diesen Bestimmungen verfolgten Ziel zuwiderliefe, und zum anderen aus objektiven Anhaltspunkten ersichtlich ist, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen lediglich ein Steuervorteil bezweckt wird (vgl. , Tanoarch, Rn 52, und vom , C-103/09, Weald Leasing).
Im Einklang mit dieser Rechtsprechung des EuGH wird im Sinne der Terminologie der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als Missbrauch im Sinne des § 22 BAO eine rechtliche Gestaltung angesehen, die im Hinblick auf die wirtschaftliche Zielsetzung - vor dem Hintergrund des mit der Regelung des Abgabengesetzes verfolgten Zieles - ungewöhnlich und unangemessen ist und die nur auf Grund der damit verbundenen Steuerersparnis verständlich wird. Können beachtliche außersteuerliche Gründe für eine - wenn auch ungewöhnliche - Gestaltung angeführt werden, ist ein Missbrauch auszuschließen (vgl. ).
Im vorliegenden Fall wird mit der Vermietung der Wohnung auf dem Gebiet der Umsatzsteuer ein Steuervorteil bezweckt, der im Vorsteuerabzug aus der Anschaffung der Immobilie besteht. Um auf eine missbräuchliche Praxis schließen zu können, ist erforderlich, dass dieser Steuervorteil trotz formaler Anwendung der Bedingungen der einschlägigen Bestimmungen der Sechsten MwSt-Richtlinie und des zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Rechts dem mit diesen Regelungen verfolgten Ziel zuwiderläuft, die Gestaltung sohin vor dem Hintergrund des mit dem Abgabengesetz verfolgten Zieles ungewöhnlich und unangemessen ist.
Vermietungsumsätze fallen in den Anwendungsbereich der MwSt-Richtlinie, 2006/112/EG des Rates vom , und des UStG 1994. Soweit Österreich für viele Bereiche der Vermietung das Mitgliedstaatenwahlrecht dahingehend ausgeübt hat, dass die Vermietung ein mehrwertsteuerpflichtiger Vorgang ist, stellt der mit der Vermietung verbundene Vorsteuerabzug für sich keinen Steuervorteil dar, dessen Gewährung dem mit den einschlägigen Bestimmungen dieser Richtlinie und des zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Rechts verfolgten Ziel zuwiderläuft. Außerdem führt die Vermietung eines Gegenstandes nicht schon an sich dazu, dass der auf diese Vermietungsleistung entfallende Mehrwertsteuerbetrag (insgesamt) geringer wäre als der mit dem Erwerb dieses Gegenstands verbundene Vorsteuerabzug (vgl. ).
Daher ist bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides im vorliegenden Fall zu prüfen, ob die besonderen Umstände der gegenständlichen Vermietung dem mit den Bestimmungen der Sechsten MwSt-Richtlinie und des UStG 1994 verfolgten Ziel entgegenstehen.
Die belangte Behörde geht weder davon aus, dass im gegenständlichen Fall ein Scheingeschäft (§ 23 BAO) vorliegt noch, dass die vereinbarte Vermietung nicht tatsächlich durchgeführt worden wäre. Die belangte Behörde nimmt auch nicht an, dass das Mietverhältnis zwischen den Ehepartnern hinsichtlich der Höhe der Miete oder sonstigen Konditionen des Mietvertrages nicht so gestaltet ist, wie es unter Fremden gestaltet worden wäre (vgl. etwa im Fall ). Sie nimmt auch nicht an, die Bf. würde die Vermietung nicht in einer Weise betreiben, dass dauerhaft die Erzielung von Einnahmen ausgeschlossen ist (Liebhaberei).
Vielmehr geht die belangte Behörde davon aus, dass die Gestaltung deshalb ungewöhnlich und unangemessen ist, weil keine unternehmerische Tätigkeit entwickelt würde und daher kein Vorsteuerabzug zustünde, wenn die Bf. die Wohnung an ihren Ehemann vermietet, welcher sie in Folge der unterhaltsberechtigten Tochter in Form eines Naturalunterhalts zur Nutzung überließe.
Dieser Überlegung der belangten Behörde ist jedoch entgegen zu halten, dass die Bf. als Bestandsgeberin eine solche Gestaltung (Wohnungsüberlassung als Form der Unterhaltsgewährung) insofern gar nicht gewählt hat, als die Vermietung der Immobilie tatsächlich nicht an die unterhaltsberechtigte Tochter, sondern vielmehr an ihren Ehegatten erfolgt, und es der Bf. frei steht, eine in ihrem Eigentum stehende Immobilie am Markt an einen fremden Mieter oder aber auch an Angehörige zu fremdüblichen Bedingungen zu vermieten. Die Tätigkeit der Bf. hinsichtlich der in Rede stehenden Eigentumswohnung besteht somit keineswegs darin, sie ihrer Tochter zu deren ausschließlichen Wohnzwecken zu überlassen. Damit kann aber auch nicht mehr von der Überlassung der Wohnung als Gewährung des Unterhaltes an die Familienangehörige (Tochter) der Bf. gesprochen werden, welche seitens der belangten Behörde nicht als wirtschaftliche Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen dargestellt wurde.
Dass ein Steuerpflichtiger eine wirtschaftliche Tätigkeit in Form der entgeltlichen Überlassung von in seinem Eigentum stehenden Wohnungen erst dann entfalten sollte, wenn vorrangig das Wohnbedürfnis aller Kinder des Steuerpflichtigen befriedigt sind, ist jedoch aus den dem Mehrwertsteuerrecht zugrundeliegenden Zielen nicht ableitbar (vgl. ).
Die seitens der Bf. entfaltete Vermietung erweist sich somit nicht als ungewöhnlich oder unangemessen. Die Gestaltung steht nicht im Widerspruch zu den mit den umsatzsteuerlichen Bestimmungen verfolgten Zielen, sodass nicht von Missbrauch im Sinne des § 22 BAO ausgegangen werden kann.
Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts ist der Beschwerde somit im Streitpunkt Folge zu geben, die Unternehmereigenschaft der Bf. anzuerkennen und diese daher zum Abzug der aus dem Kauf der Wohnung resultierenden Vorsteuerbeträge in der Höhe von 52.209,40 Euro berechtigt.
Zum gegenwärtigen Verfahrensstand ist es jedoch nicht möglich, die anzuerkennenden Vorsteuerbeträge und damit das anzuerkennende Mietverhältnis in die Umsatzsteuerveranlagung des Jahres 2020 einzubauen, zumal bei der Erlassung des Umsatzsteuer Jahresbescheides 2020 folgende Ermittlungen unterlassen wurden.
Der Umsatzsteuerbescheid 2020 enthält Umsatzsteuerbemessungsgrundlagen, bei den nicht ersichtlich ist, ob sie im Zusammenhang mit dem Erwerb der in Rede stehenden Wohnung stehen. Die belangte Behörde hat daher zu ermitteln, inwieweit diese Bemessungsgrundlagen im Zusammenhang mit der Wohnung in ***8*** stehen bzw. inwieweit kein Zusammenhang besteht.
Von diesem Ergebnis wird abhängen, wie der stattzugebende Betrag im Ausmaß von 52.209,40 Euro sich auf den Gesamtbetrag der anzuerkennenden Vorsteuer auswirkt.
Zudem bedeutet die Anerkennung der Unternehmereigenschaft der Bf. in Bezug auf die gegenständliche Wohnung sowie die in der Folge aus dem Erwerb der Wohnung zu berücksichtigenden Vorsteuern gleichzeitig auch eine Anerkennung des Mietverhältnisses zwischen der Bf. und ihrem Ehemann, sodass zu ermitteln sein wird, wie die Anerkennung der Vermietung in den Umsatzsteuerbescheid 2020 einzubauen ist bzw. ob sie nicht bereits im Umsatzsteuer Jahresbescheid 2020 einberechnet worden ist.
In diesem Zusammenhang stellt sich des Weiteren die Frage, ob die laut Mietvertrag vom zweimal jährlich abgerechneten Betriebskosten bereits in den berücksichtigten Vorsteuern enthalten sind oder nicht.
Da die Abgabenbehörde keine ausreichenden Tatsachenfeststellungen in die genannte Richtung getroffen hat, auf deren Grundlage die Berechnung der anzuerkennenden Vorsteuerbeträge sowie der Umsatzsteuer für das Jahr 2020 vorgenommen werden kann, erweist sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt als nicht oder nicht ausreichend erhoben.
Somit sind die Voraussetzungen des § 278 Abs. 1 BAO für eine Aufhebung unter Zurückverweisung erfüllt.
Mit Rücksicht auf den Umfang der Ermittlungen, die zur Gewinnung eines entsprechenden Gesamtbildes der Verhältnisse erforderlich sind, erscheint es zweckmäßig, den angefochtenen Bescheid gemäß § 278 Abs. 1 BAO aufzuheben, da es nicht im Sinne des Gesetzes wäre, wenn das Bundesfinanzgericht, statt seine (umfassende) Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Instanz ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht (vgl. Ritz, BAO, § 278, Tz 5).
Für die Ermessensübung zugunsten einer Bescheidaufhebung und somit gegen die Verfahrensergänzung durch das Bundesfinanzgericht spricht zum einen der Grundsatz der Verfahrensökonomie, weil im Hinblick auf das kontradiktorische Rechtsmittelverfahren alle Beweisergebnisse erst wieder der Amtspartei zur allfälligen Stellungnahme vorgehalten werden müssten; zum anderen der Gesichtspunkt, dass der Bf. der volle Instanzenzug erhalten bleiben soll.
Es wird an der Abgabenbehörde liegen, nach Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes einen neuen Umsatzsteuerbescheid 2020 zu erlassen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Formalerledigung der Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde bei Unterlassung wesentlicher Ermittlungen hat grundsätzlich Eingang in die höchstgerichtliche Judikatur gefunden (vgl. z.B. , ). Die dazu vorliegende Rechtsprechung des VwGH ist nicht als uneinheitlich zu bezeichnen und die vorliegende Entscheidung berücksichtigt die Überlegungen des VwGH zu Formalerledigungen der Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde bei Unterlassung wesentlicher Ermittlungen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 12 Abs. 2 Z 2a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 22 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103057.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at