Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.07.2022, RV/7102566/2021

Covid-19 Ratenzahlungsmodell

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ECOVIS Austria Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., Postfach 257, 1061 Wien Postfach, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Covid-19 Zahlungserleichterung, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert aufrecht.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig

Entscheidungsgründe

Mit Ansuchen vom ersuchte die Beschwerdeführerin (Bf.) um Gewährung des folgenden Ratenplans (Variante 2 des COVID-19-Ratenzahlungsmodells inklusive Safety-Car-Phase) zur Begleichung des derzeit aushaftenden Rückstandes in Höhe von € 359.994,58.

Sie ersuche um Gewährung von 3 monatlichen Raten in Höhe von jeweils € 3.600,00, beginnend mit (Safety-Car-Phase). Weiters ersuche sie um Gewährung von 12 monatlichen (regulären) Raten in Höhe von jeweils € 11.100,00, beginnend mit .

In Summe würden damit bis 40% des derzeit aushaftenden Rückstands zuzüglich der in diesem Zeitraum fällig werdenden Körperschaftsteuervorauszahlungen getilgt sein.

Für die zweite Phase ab Oktober 2022, die noch gesondert zu beantragen sein werde, verbleibe ein Restrückstand in Höhe von € 215.994,58 (60% des derzeit aushaftenden Rückstands).

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt dieses Ansuchen ab und führte begründend aus, dass der Rückstand nicht überwiegend aus Abgaben bestehe, die zwischen dem und dem fällig geworden seien. Dabei seien auch die bescheidmäßig festgesetzten (zukünftigen) Vorauszahlungen an Körperschaftsteuer in die Ermittlung des Überwiegens miteinbezogen worden. Die Voraussetzungen des § 323e Abs. 2 Z 1 BAO seien daher nicht erfüllt.

In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde verwies die Bf. auf § 323e BAO, wonach nach Maßgabe der Abs. 2 bis 3 die Möglichkeit zur Entrichtung eines überwiegend COVID-19-bedingten Abgabenrückstandes (Abs. 2 Z 1) in angemessenen Raten in zwei Phasen über die Dauer von längstens 36 Monaten bestehe.

§ 323e BAO laute nicht, dass der Rückstand überwiegend aus Abgaben bestehen müsse, die zwischen dem und dem fällig geworden seien.

Selbstverständlich sei der Rückstand insoweit COVID-19-bedingt, da es der Bf. aufgrund der Pandemie und der wirtschaftlichen Einschränkungen nicht möglich gewesen sei, den schon bestehenden Altrückstand und die neu entstandenen Rückstände schon früher und kurzfristig abzudecken.

Die Voraussetzungen für das COVID-19-Ratenzahlungsansuchen seien ihres Erachtens daher erfüllt, sodass die antragsgemäße Stattgabe des fristgerecht eingebrachten COVID-19-Ratenansuchens beantragt werde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und führte aus, Gegenstand des Antrages auf Ratenzahlung gemäß § 323e BAO seien Abgabenschuldigkeiten, die überwiegend zwischen dem und dem fällig geworden sind, einschließlich die der Höhe nach bescheidmäßig festgesetzten Vorauszahlungen an Einkommen- und Körperschaftsteuer, hinsichtlich derer die Zahlungstermine in der Phase 1 gelegen seien.

Da diese Voraussetzungen nicht gegeben seien, sei der Antrag auf Ratenzahlung gemäß § 323e BAO abzuweisen gewesen.

Mit Schreiben vom beantragte die Bf. die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 323e Abs. 1 BAO besteht abweichend von § 212 Abs. 1 nach Maßgabe der Abs. 2 bis 3 die Möglichkeit zur Entrichtung eines überwiegend COVID-19-bedingten Abgabenrückstandes (Abs. 2 Z 1) in angemessenen Raten in zwei Phasen über die Dauer von längstens sechsunddreißig Monaten. Die Zinsen betragen zwei Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr. Die gleichzeitige Gewährung einer Zahlungserleichterung gemäß § 212 ist ausgeschlossen.

Gemäß § 323e Abs. 2 BAO gilt für die Phase 1 des COVID-19-Ratenzahlungsmodells Folgendes:

1. Gegenstand des Antrags auf Ratenzahlung sind Abgabenschuldigkeiten, die überwiegend zwischen dem und dem fällig geworden sind einschließlich die der Höhe nach bescheidmäßig festgesetzten Vorauszahlungen an Einkommen- oder Körperschaftsteuer, hinsichtlich derer die Zahlungstermine in der Phase 1 gelegen sind.

2. Der Antrag auf Ratenzahlung ist ab dem bis zum einzubringen.

3. Der Ratenzahlungszeitraum endet am .

4. Innerhalb des Ratenzahlungszeitraumes kann der Abgabepflichtige einmal einen Antrag auf Neuverteilung der Ratenbeträge stellen.

5. Die während des Ratenzahlungszeitraumes an eine Abgabenbehörde geleisteten Zahlungen können weder nach der Insolvenzordnung - IO, RGBl. Nr. 337/1914 noch nach der Anfechtungsordnung - AnfO, RGBl. Nr. 337/1914, angefochten werden.

Abgesehen von den Voraussetzungen für die Gewährung der Ratenzahlung ist im übrigen § 212 BAO anzuwenden.

Dem Bf. ist zwar zuzustimmen, dass in § 323e Abs. 1 BAO von einem COVID-19-bedingten Abgabenrückstand die Rede ist, jedoch wird in § 323e Abs. 2 Z 1 BAO zur näheren Definition präzisiert, dass Gegenstand des Antrages auf Ratenzahlung gemäß § 323e Abs. 1 BAO Abgabenschuldigkeiten sind, die überwiegend zwischen dem und dem fällig geworden sind, einschließlich die der Höhe nach bescheidmäßig festgesetzten Vorauszahlungen an Einkommen- oder Körperschaftsteuer, hinsichtlich derer die Zahlungstermine in Phase 1 gelegen sind. § 323e Abs. 2 Z 3 BAO wiederum legt den Ratenzahlungszeitraum in Phase 1 bis fest.

Nach dem Abgabenkonto waren mit Stichtag (Tag der Antragstellung) nachstehende fällige Abgabenschulden mit dem Gesamtbetrag von € 359.998,58 aushaftend und folgende fällig werdende Vorauszahlungen an Körperschaftsteuern zu berücksichtigen:

1) vor Phase 1 (vor dem ) fällig gewordene und im Rückstand vom enthaltene Abgabenschulden: € 261.624,02

2) innerhalb der Phase 1 (zwischen dem und dem ) fällig gewordene und im Rückstand vom enthaltene Abgabenschulden: € 96.183,56

3) innerhalb der Phase 1 (bis ) fällig werdende, am jedoch noch nicht im Rückstand enthaltene Körperschaftsteuervorauszahlungen, die mit Bescheid vom festgesetzt wurden: € 2.187,00

Somit stehen den vor Phase 1 in Höhe von 261.684,02 (72,67%) fällig gewordenen Abgabenschulden ein COVID-19-bedingter Abgabenrückstand iSd § 323e Abs. 1 BAO iVm § 323e Abs. 2 Z 1 BAO in Höhe von 98.370,56 (37,33%) gegenüber.

Gemäß § 323e Abs. 1 BAO steht das COVID-19-Ratenzahlungsmodell lediglich zur Entrichtung eines überwiegend COVID-19-bedingten Abgabenrückstandes zur Verfügung, wobei dem Begriff "überwiegend" nach dem allgemeinen Sprachgebrauch die Bedeutung "den größten Teil darstellend", somit mehr als 50%, zukommt, sodass im gegenständlichen Fall keine Zahlungserleichterung nach der genannten Gesetzesbestimmung in Betracht kommen kann.

Da es im gegenständlichen Fall ausschließlich um die Frage ging, ob ein überwiegend Covid-19-bedingter Abgabenrückstand gemäß § 232e BAO vorlag und diese Frage ausschließlich durch Einsichtnahme in das Abgabenkonto der ***Bf1*** zu klären war, konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da kein ergänzendes Vorbringen vorstellbar ist, das zu einem anderen Ergebnis in der Sache geführt hätte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 323e Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 323e Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102566.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at