Steuerpflicht von Bezügen aus einer deutschen Altersrente sowie aus einer deutschen Zusatzversicherung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Albert Salzmann in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid vom hat das Finanzamt (FA) die Einkommensteuer für 2018 veranlagt und ist dabei von der Steuererklärung der beschwerdeführenden Partei (bP) abgewichen.
Mit Schriftsatz vom hat die bP Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 erhoben und begehrt darin die Berücksichtigung des (erhöhten) Pensionistenabsetz-betrages oder des Alleinverdienerabsetzbetrages. Weiter begehrt die bP bei der Ermittlung der Einkommensteuerbemessungsgrundlagen die Berücksichtigung von Sozialversicherungs-beiträgen, die gem § 73a ASVG für eine deutsche Altersrente in Österreich zu entrichten sind.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat das FA den angefochtenen Bescheid abgeändert. In den og Beschwerdepunkten wurde dem Begehren der bP nicht Folge gegeben. Der beantragte Alleinverdienerabsetzbetrag wurde nicht berücksichtigt, weil keine Kinder iSd § 106 EStG 1988 vorhanden seien und der Pensionistenabsetzbetrag wurde nicht berücksichtigt, weil die Pensionseinkünfte der bP die Grenze gem § 33 Abs 6 Z 2 und 3 EStG 1988 von € 25.000,00 überstiegen.
Zur in der Beschwerde beantragten Berücksichtigung von Sozialversicherungsbeiträgen als Werbungskosten finden sich in der Beschwerdevorentscheidung keine Ausführungen, diese wurden jedoch im Rahmen des Progressionsvorbehalts bei der Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes berücksichtigt.
Mit Schriftsatz vom hat die bP "Einspruch" gegen die Beschwerdevorentscheidung erhoben. Dieser Schriftsatz wurde vom FA als Vorlageantrag gem § 264 BAO gewertet. Darin begehrt die bP die Bezüge aus einer deutschen Zusatzversicherung nicht in Österreich zu besteuern und Zahlungen an die GKK in Höhe von monatlich € 111,13 bei der Ermittlung des in Österreich steuerpflichtigen Einkommens als Werbungskosten in Abzug zu bringen.
Mit Vorlagebericht vom hat das FA die Beschwerde elektronisch dem BFG zur Entscheidung vorgelegt und beantragt die Abweisung als unbegründet.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Entscheidungsrelevanter Sachverhalt
Die bP ist 2018 in Österreich wohnhaft gewesen. Neben einer österreichischen Pension (ausbezahlt von der Pensionsversicherungsanstalt) hat die bP 2018 noch eine deutsche Rente (ausbezahlt von der Deutschen Rentenversicherungsanstalt Bund) und eine deutsche Zusatzrente (ausbezahlt von der Zusatzvorsorgekasse ***AB***) bezogen.
Im Zusammenhang mit der deutschen Rente wurden von der österreichischen Gesundheitskasse monatlich Krankenversicherungsbeiträge gem § 73a ASVG einbehalten.
Die bP hat keine Kinder iSd § 106 EStG 1988. Die gesamten Pensionseinkünfte der bP liegen 2018 über € 25.000,00.
2. Beweiswürdigung
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich aus den vorglegten Akten, insbesondere aus den Vorhaltsbeantwortungen der bP vom und , sowie der Sachverhaltsdarstellung im Vorlagebericht und ist zwischen den Verfahrensparteien grundsätzlich unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung
§ 1 Abs 2 EStG 1988 lautet:
"Unbeschränkt steuerpflichtig sind jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte."
§ 2 Abs 8 Z 1 EStG 1988 lautet:
"Soweit im Einkommen oder bei Berechnung der Steuer ausländische Einkünfte zu berücksichtigen sind, gilt Folgendes: Für die Ermittlung der ausländischen Einkünfte sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes maßgebend."
§ 25 Abs 1 Z 2 lit b EStG 1988 lautet:
"Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) sind:
….
Bezüge und Vorteile aus ausländischen Pensionskassen (einschließlich aus ausländischen Einrichtungen im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes).
.…"
§ 5 Z 4 Pensionskassengesetz lautet:
"Einrichtung: die ausländische Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung, die ungeachtet der jeweiligen Rechtsform nach dem Kapitaldeckungsverfahren arbeitet und rechtlich unabhängig vom Arbeitgeber zu dem Zweck eingerichtet ist, unter Einhaltung der einschlägigen arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften Pensionskassengeschäfte zu erbringen und damit im unmittelbaren Zusammenhang stehende Tätigkeiten auszuüben und die nach den Bestimmungen der Richtlinie (EU) 2016/2341 von der zuständigen Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaats in ein nationales Register eingetragen oder zugelassen ist;"
§ 25 Abs 1 Z 3 EStG 1988 lautet:
"Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) sind:
a) Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung. ....
….
c) Pensionen aus einer ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung, die einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entspricht.
…."
§ 106 Abs 1 EStG 1988 lautet:
"(1) Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner (Abs 3) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs 3 zusteht.
(2) Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch Kinder, für die dem Steuerpflichtigen mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 Abs 4 Z 3 zusteht.
(3) …."
Art 18 DBA-Deutschland (Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. III Nr. 182/2002) lautet:
"(1) Erhält eine in einem Vertragsstaat ansässige Person Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen oder Renten aus dem anderen Vertragsstaat, so dürfen diese Bezüge nur im erstgenannten Staat besteuert werden.
(2) Bezüge, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus der gesetzlichen Sozialversicherung des anderen Vertragsstaats erhält, dürfen abweichend von vorstehendem Absatz 1 nur in diesem anderen Staat besteuert werden.
(3) ….
(4) Der Begriff "Rente" bedeutet bestimmte Beträge, die regelmäßig zu festgesetzten Zeitpunkten lebenslänglich oder während eines bestimmten oder bestimmbaren Zeitabschnitts auf Grund einer Verpflichtung zahlbar sind, die diese Zahlungen als Gegenleistung für in Geld oder Geldeswert bewirkte angemessene Leistung vorsieht.
(5) …."
Art 23 Abs 2 lit a DBA-Deutschland lautet:
"Bezieht eine in der Republik Österreich ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und dürfen diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen in der Bundesrepublik Deutschland besteuert werden, so nimmt die Republik Österreich vorbehaltlich der Buchstaben b und c diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus."
Art 23 Abs 2 lit d DBA-Deutschland lautet:
"Einkünfte oder Vermögen einer in der Republik Österreich ansässigen Person, die nach dem Abkommen von der Besteuerung in der Republik Österreich auszunehmen sind, dürfen gleichwohl in der Republik Österreich bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder Vermögen der Person einbezogen werden."
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt und die Steuerpflicht der österreichischen Pension ist zwischen den Verfahrensparteien unstrittig. Strittig sind die Steuerpflicht der deutschen Zusatzrente und der Umfang der Steuerpflicht der deutschen Altersrente. Darüber hinaus ist strittig, ob und wie die gem § 73a ASVG geleisteten Sozialversicherungsbeiträge bei der Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlagen zu berücksichtigen sind.
Einleitend ist festzustellen, dass die bP Teile des Beschwerdebegehrens im Vorlageantrag nicht mehr aufrechterhalten hat (Pensionistenabsetzbetrag bzw Alleinverdienerabsetzbetrag). Da vom BFG über die Beschwerde selbst abzusprechen ist, ist hier der Vollständigkeit halber auszuführen, dass - wie in der Beschwerdevorentscheidung vom und im Vorlagebericht vom zutreffend vom FA dargelegt - mangels dem Vorliegen eines Kindes iSd § 106 EStG 1988 keine Alleinverdienerabsetzbetrag und wegen der Überschreitung der Einkunftsgrenze des § 33 Abs 6 EStG 1988 kein (erhöhter) Pensionistenabsetzbetrag zusteht.
Die bP hatte 2018 ihren Wohnsitz durchgehend in Österreich. Gem § 1 Abs 2 EStG 1988 unterliegt sie daher mit ihrem gesamten Welteinkommen in Österreich der Einkommensteuer.
Die österreichische Pension ist gem § 25 Abs 1 Z 3 lit a EStG 1988 in Österreich steuerpflichtig.
Das sind laut übermitteltem Lohnzettel € 1.713,96.
Die Bezüge aus der deutschen Zusatzvorsorgekasse (***AB***) stellen keine Bezüge aus einer gesetzlichen Sozialversicherung iSd Art 18 Abs 2 DBA-Deutschland dar und unterliegen in Österreich der Steuerpflicht. Laut Anfragebeantwortung der bP vom sind 2018 aus dieser Zusatzversicherung 4 x € 241,20, sohin gesamt € 964,80, zugeflossen. Mit diesem Zufluss im Zusammenhang stehende Werbungskosten wurden nicht geltend gemacht.
Der Gesamtbetrag der in Österreich zu besteuernden Pensionseinkünfte beläuft sich auf € 2.678,76 (= 1,713,96 + 964,80).
Die Bezüge aus der deutschen Altersrente (deutsche Rentenversicherungsanstalt Bund) stammen aus einer gesetzlichen Sozialversicherung iSd Art 18 Abs 2 DBA-Deutschland bzw § 25 Abs 1 Z 3 lit c EStG 1988. Für diese Bezüge kommt daher Deutschland (= Quellenstaat) das Besteuerungsrecht zu. Gem Art 23 Abs 2 lit d DBA-Deutschland hat Österreich das Recht, diese in Deutschland zu versteuernden Rentenbezüge bei der Ermittlung der Einkommensteuer für das in Österreich zu besteuernde Einkommen zu berücksichtigen (Progressionsvorbehalt). Dabei ist das Gesamteinkommen aufgrund der österreichischen Rechtslage zu ermittelt und die auf dieses Einkommen entfallende österreichische Einkommensteuer (Durchschnittssteuersatz) zu berechnen. Dieser wird auf jenen Einkommensteil angewandt, welcher von Österreich besteuert werden darf (vgl zB unter Hinweis auf Hofstätter/Reichel, § 33 EStG 1988 Tz 18 und Lang/Schuch, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland/Österreich, Art 15 Rz 51).
Dieser Progressionsvorbehalt ist bei Vorliegen entsprechender inländischer Einkünfte im Wege einer Steuerveranlagung durch das Wohnsitzfinanzamt zwingend vorzunehmen und liegt nicht im Ermessen der Behörde. Das Gesamteinkommen des bP liegt über € 11.000. Daher ist der Durchschnittssteuersatz gem § 33 Abs 1 EStG 1988 zu berechnen.
§ 73a Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) in der Fassung des BGBl. I Nr. 102/2010 bestimmt, dass auch von ausländischen Renten ein Krankenversicherungsbeitrag nach § 73 Abs 1 und 1a ASVG in Österreich zu entrichten ist, wenn ein Anspruch des Beziehers der ausländischen Rente auf Leistungen der Krankenversicherung (im Inland) besteht.
Intention des Gesetzgebers bei Einführung dieser Bestimmung war, eine Gleichstellung von Auslands- und Inlandspensionen bzw. Renten herbeizuführen (vgl RV 937 BlgNR 24. GP zum 2. SVÄG 2010).
Pflichtbeiträge liegen auch dann vor, wenn bei Bezug einer ausländischen Rente der für diese Rente nach § 73a ASVG zu entrichtende Krankenversicherungsbeitrag von der inländischen Pension einbehalten oder gesondert vorgeschrieben wird. Diese Werbungskosten gelten als durch die Auslandsrente veranlasst und sind demnach bei dieser (im Wege des Progressionsvorbehaltes zu erfassenden) in Abzug zu bringen (vgl ; , und ). Aufwendungen, die mit Einkünften im Zusammenhang stehen, die auf Grund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Besteuerung im Inland ausgenommen sind (Befreiungsmethode), sind daher von den ausländischen und nicht von den im Inland steuerpflichtigen Einnahmen abzuziehen (Zorn in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, 48. Lfg, § 16 Tz 3). Demnach vermindern die einbehaltenen Krankenversicherungsbeiträge die ausländischen Progressionseinkünfte.
Die im Wege des Progressionsvorbehaltes bei der Ermittlung des Durchschnittsteuersatz zu berücksichtigenden ausländischen Einkünfte setzen sich wie folgt zusammen:
- 6 x € 2.080,28 und 6 x € 2.147,32 laut Rentenanpassungs-Schreiben vom
- abzüglich € 1.261,44 an KV-Beiträgen gem § 73a ASVG lt PVA-Schreiben vom
= ausländische Pensionseinkünfte in der Gesamthöhe von € 24.104,16
Die Berechnung der Steuerbemessungsgrundlagen ist der Beilage A zu entnehmen.
Demzufolge erweist sich der angefochtene Bescheid als gesetzeskonform. Die geringfügig abweichende Beschwerdevorentscheidung vom scheidet mit dem vorliegenden BFG-Erkenntnis ex lege aus dem Rechtsbestand aus. Der angefochtene Erstbescheid vom bleibt unverändert.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das vorliegende Erkenntnis stützt sich bei der Lösung der Rechtsfragen auf die bereits bestehende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und weicht von dieser nicht ab. Es besteht daher kein Grund, eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof zuzulassen.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 106 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 73a ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955 § 33 Abs. 6 Z 2 und 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 2 Abs. 8 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 25 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 25 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 Art. 18 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002 Art. 23 Abs. 2 lit. a DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002 Art. 23 Abs. 2 lit. d DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002 § 33 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.6100183.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at