Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 20.09.2022, RV/5100334/2016

Vollbeendigung einer GmbH, die aus dem Rechtsmittelverfahren kein Guthaben erwarten kann, nach Löschung im Firmenbuch wegen Vermögenslosigkeit

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, und ***Bf2***, ***Bf2-Adr***,betreffend die Beschwerden vom gegen die Bescheide des [...] datiert vom betreffend Haftung Kapitalertragsteuer 2008, Haftung Kapitalertragsteuer2009, Umsatzsteuer 2009 und Körperschaftsteuer 2009 Steuernummer [...] beschlossen:

Die Beschwerde vom wird gegenstandslos erklärt und das Beschwerdeverfahren eingestellt.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensgang

Im Jahr 2014 fand bei der Beschwerdeführerin eine abgabenbehördliche Außenprüfung gemäß § 147 Abs. 1 BAO (Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961) statt.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Außenprüfung in den Haftungsbescheiden (Kapitalertragsteuer) für die Zeiträume 2008 und 2009 beide datiert vom , in welchen die von der Beschwerdeführerin zu entrichtende Kapitalertragsteuer des damaligen Geschäftsführers und indirekten Gesellschafter der Beschwerdeführerin mit € 496.283,70 (2008) und € 3.999,60 (€ 3.999,60) festgesetzt wurden.

Weiter wurde mit den im von Amts wegen wieder aufgenommenen Verfahren die Umsatzsteuer 2009 und die Körperschaftsteuer 2009 der Beschwerdeführerin mit den ebenfalls am ausgefertigten Bescheiden neu errechnet. Dabei wurde die Zahllast bei der Umsatzsteuer 2009 um € 2.000,00 durch entsprechende Reduktion der Vorsteuern erhöht und der Bilanzverlust der Beschwerdeführerin als Berechnungsgrundlage für die Körperschaftsteuer um € 10.000,00 vermindert.

In all diesen Bescheiden verwies das Finanzamt hinsichtlich der Begründung auf die Niederschrift über die Schlussbesprechung, beziehungsweise den Bericht über die Außenprüfung.

Gegen die oben geschilderten Bescheide richten sich die in drei Schriftstücken gleichen Datums, dem , verfassten Beschwerden der Beschwerdeführerin (Haftungsbescheide Kapitalertragsteuer 2008 und 2009, Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheid 2009).

Dazu erläuterte die Beschwerdeführerin, dass die Kapitalertragsteuer dem Gesellschafter und nicht der Gesellschaft vorzuschreiben sei und begehrte daher die Haftungsbescheide für die Zeiträume 2008 und 2009 aufzuheben beziehungsweise entsprechend seines Vorbringens abzuändern gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 BAO (Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961) über diese Rechtssache eine mündliche Verhandlung abzuhalten.

Weiter beantrage die Beschwerdeführerin den gesamten festgesetzten Betrag an Kapitalertragsteuer (2008: € 496.283,70, 2009: € 3.999,60) samt Säumniszuschlagen bis zur Erledigung der Beschwerden gemäß § 212a BAO auszusetzen.

In der Beschwerdeschrift gleichen Datums bezüglich der Umsatz- und des Körperschaftsteuerbescheide 2009 erklärte der Beschwerdeführer, dass diese dem Grunde und dem Ausmaß nach falsch seien und beantragte den angefochtenen Umsatz- und den Körperschaftsteuerbescheid 2009 aufzuheben.

Ebenso begehrte der Beschwerdeführer die vom Finanzamt dafür festgesetzten Mehrbeträge gemäß § 212a BAO bis zur Erledigung der Beschwerden auszusetzen.

Das Finanzamt folgte allen Anträgen auf Aussetzung der Einhebung am .

Das Finanzamt wies die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid 2008 mit der Beschwerdevorentscheidung datiert vom mit ausführlicher Begründung ab.

In der ebenfalls am verfassten Beschwerdevorentscheidung über den Haftungsbescheid 2009 wurde der angefochtene Bescheid insoweit abgeändert, als Aufwendungen der Beschwerdeführerin in Höhe von € 10.000,00 (zuzüglich Umsatzsteuer), welche als verdeckte Ausschüttungen aufgrund der Übernahme von Kosten der rechtlichen Beratung im Scheidungsverfahren durch die Beschwerdeführerin behandelt worden waren, auf € 6.020,00 (zuzüglich Umsatzsteuer) vermindert wurden, wie es der Rechtsanwalt der Beschwerdeführerin angegeben hatte.

Dementsprechend wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom gleichen Datum betreffend die Umsatzsteuer 2009 die Summe der anerkannten Vorsteuern um € 796,00 erhöht und hinsichtlich Begründung auf die Beschwerdevorentscheidung zu Kapitalertragsteuer 2009 verwiesen.

Auf gleiche Weise ging das Finanzamt bei der Beschwerdevorentscheidung betreffend die Körperschaftssteuer 2009, ebenfalls datiert vom vor und erkannte zusätzliche € 3.980,00 als Betriebsausgaben für rechtsfreundliche Vertretung bei der Beschwerdeführerin an, wobei erneut auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung zur Kapitalertragsteuer 2009 verwiesen wurde.

Gegen diese Beschwerdevorentscheidungen wandte sich die Beschwerdeführerin und deren Gruppenträgerin, welche damit den Beschwerdeverfahren beitrat, mit den am und (Haftungsbescheiden Kapitalertragsteuer 2008 und 2009) und (Umsatz- und Körperschaftsteuer 2009) persönlich dem Finanzamt überreichten Anträgen auf Entscheidung über die Beschwerden durch das Bundesfinanzgericht.

In all diesen Vorlageantragen wurde von den Beschwerdeführerinnen beantragt die angefochtenen Bescheide entsprechend des Beschwerdebegehrens abzuändern beziehungsweise die Haftungsbescheide ersatzlos aufzuheben und über die Sache eine mündliche Verhandlung vor dem Senat abzuhalten.

Gleichzeitig stellten die Beschwerdeführerinnen in allen Vorlageanträgen den Anträgen den Antrag die strittigen Abgabenbeträge gemäß § 212a auszusetzen, was vom Finanzamt entsprechend durchgeführt wurde.

Am informierte das Finanzamt die Beschwerdeführerinnen über die Vorlage der Beschwerden an das Bundesfinanzgericht und stellte im beigelegten Vorlagebericht die Ansicht des Finanzamtes dar, beziehungsweise verwies auf den Bericht über die Außenprüfung und die Begründung der Beschwerdevorentscheidung datiert vom . Das Finanzamt beantragte im Übrigen die Beschwerden abzuweisen.

Am regte die damalige steuerliche Vertreterin der Beschwerdeführerinnen einen Erörterungstermin gemäß § 269 Abs. 3 BAO abzuhalten.

Am gab die Wirtschaftstreuhänderin, welche die Beschwerdeführerinnen bis dahin vertreten hatte dem Bundesfinanzgericht bekannt, dass sie die Beschwerdeführerinnen nicht mehr vertrete. Diese seien zu einem Vertreter in Wien gewechselt.

Aufgrund von Nachforschungen des Bundesfinanzgerichts ergab sich, dass der damalige Zustellbevollmächtige Rechtsanwalt der Beschwerdeführerin die gleiche Adresse hatte, wie die Beschwerdeführerinnen. Dieser erklärte telefonisch , dass er nicht mehr als Zustellbevollmächtigter oder gar als Vertreter der Beschwerdeführerinnen agieren könne, da nun ein ***5*** Rechtsanwalt für diese Firmen zuständig sei, welcher aber die notwendigen Gebühren für diese Firmen nicht bezahlt habe.

Ein Firmenbuchauszug vom gleichen Tag ergab, dass nicht mehr der ursprüngliche Geschäftsführer der ersten Beschwerdeführerin, der auch die der beigetretene Gruppenträgerin dominierte, direkten beziehungsweise indirekten Einfluss auf die Beschwerdeführerinnen ausgeübt hat, vielmehr war das gesamte Firmengeflecht bestehend aus vier Firmen in einer Gruppe verkauft worden und schien nunmehr als Geschäftsführer ***1*** auf, dessen Adresse in ***2*** angegeben wurde. An dieser Adresse findet sich im örtlichen Telefonbuch eine Vielzahl anderer Firmen.

Mehrere Versuche Herrn ***1*** zu erreichen blieben erfolglos.

Auf Nachfrage beziehungsweise dem Ersuchen um Hilfe bei der Ermittlung von Zustellbevollmächtigten teilte das Finanzamt am telefonisch mit, dass die Beschwerdeführerinnen und alle anderen Firmen derselben Firmengruppe als "Mantel" verkauft worden seien und seither von Mag. ***3*** verwaltet würden. Dieser nutze Strohmänner, wie den wohnungs- und arbeitslosen ***1*** als Geschäftsführer, um die Firmen europaweit für dubiose oder illegale Geschäfte zur Verfügung zu stellen. Die gesamte Firmengruppe sei mittlerweile im Firmenbuch gelöscht. Das Finanzamt wurde daher vom Richter ersucht, entsprechende Unterlagen dies belegen, beizubringen.

Aus der Datenbank der Finanzverwaltung ist ersichtlich, dass das Finanzamt bereits mit Vorhalt an ***1*** am versucht hat, herauszufinden, welche Tätigkeit das Firmengeflecht der Beschwerdeführerinnen verfolgte und wo sie diese ausübte. Das Finanzamt fragte auch nach dem Ort der Leitung des Unternehmens, wo die Geschäfte angebahnt würden und wo die Unterlagen aufbewahrt werden würden. Es wurde um die Bekanntgabe einer österreichischen Kontonummer ersucht. Das Finanzamt wies darauf hin, dass wenn dieses Schreiben nicht beantwortet würde, davon ausgegangen werden müsse, dass an der Geschäftsanschrift keinerlei Tätigkeiten beziehungsweise Aktivitäten erfolgen würden. Es würde dann beim Firmengericht um amtswegige Löschung ersucht werden.

Als Antwort erhielt das Finanzamt am ein Schreiben eines Steuerberaters, der mitteilte, dass er die angeforderten Unterlagen der Beschwerdeführerinnen nicht erhalten habe und sich deshalb gezwungen sehe, seine Vollmachten zurückzulegen. Dies teilte der Steuerberater auch den Herrn ***1*** und Mag. ***3*** mit Schreiben gleichen Datums mit.

Am übermittelte das Finanzamt dem Bundesfinanzgericht per Mail sechs Dokumente und teilte mit, dass alle Firmen der Firmengruppe im Firmenbuch gemäß § 40 FBG (Firmenbuchgesetz, BGBl. Nr. 10/1991) wegen Vermögenslosigkeit gelöscht worden seien. Es handle sich bei der Firmengruppe um einen Gruppenträger, die ***Bf2***, und drei Gruppenmitglieder, zu denen auch die ***Bf1***, gehörte. Weder deren jüngere Geschäftsführer (Mag. ***3***) und später ***1*** hätten je einen Wohnsitz in Österreich gehabt. Die Firmensitze hätten sich immer bei einem Bürodienstleister oder einem Steuerberater befunden.

Als Beilage wurde vom Finanzamt eine Niederschrift über die Nachschau vom , eine Mail mit einer Darstellung des Sachverhalts und aktuelle Firmenbuchauszüge aller vier erwähnten Firmen übermittelt.

In der Niederschrift über die Nachschau vom wurde auszugsweise Folgendes zu einer Schwesterfirma der Beschwerdeführerin festgehalten:

"Herr Mag. ***3*** ist der einzige Geschäftsführer und Gesellschafter der Firma ***4***. Der Geschäftsbereich umfasst Rechtsberatung, Übernahme von Firmen und Mantelkäufen in den Ländern Mitteleuropas. Im Juli 2017 wurden von Herrn ***3*** die Firmen der Beschwerdeführerinnen und ihre zwei Schwesterfirmen allesamt als Mantelkauf erworben um sie später zu verkaufen. Seit Ende des Jahres 2017 hat Herr Mag. ***3*** eine mündliche Vereinbarung mit Herrn ***6***, über die treuhändige Verwaltung obiger Firmen. Herr ***6*** hat mehrere Firmen und Standorte in der ***5***. Der Hauptsitz befindet sich bei der Firma ***7***. Der Firmensitz in der ***BF1-Adr-alt***, wurde im Zuge des Mantelkaufes übernommen. Es wurde bis jetzt, nicht darauf geachtet, was sich dort befindet. Bei der Post gab es einen Nachsendeauftrag auf die Steuerberatungs-Kanzlei nach ***8***."

Die erwähnte interne Mail der Finanzverwaltung vom hat auszugsweise folgenden Inhalt:

"Kurzer Sachverhalt:

Am wurden alle vier GmbH's mit Geschäftsanschrift, ***BF1-Adr-alt***, durch Mantelkauf von Herrn Mag. ***3*** (Advokat aus ***5***) angeblich Treuhändig erworben. Auf der Geschäftsanschrift waren die GmbH's jedoch nicht ersichtlich. Nach Urgenz wurde die Geschäftsanschrift nach ***9*** (Adresse eines Bürodienstleisters) verlegt. Anfang Mai 2019 wurde die Geschäftsanschrift auf Wallnerstraße 4/2/44, 1010 Wien, verlegt. Es handelt sich dabei um den Kanzleisitz des Herrn Mag. ***10*** (Steuerberater und Rechtsanwalt).

Seit Juli beziehungsweise August 2019 ist der alleinige Geschäftsführer und Gesellschafter aller vier Firmen Herr ***1*** (kein Wohnsitz in Österreich). Beim Gruppenträger (der zweiten Beschwerdeführerin. … ist die genaue Tätigkeit nicht bekannt."

Bei den übrigen Gruppenmitgliedern, also auch der ersten Beschwerdeführerin seien ihre Tätigkeiten ebenfalls nicht bekannt.

Aus den ebenfalls übermittelten Firmenbuchauszügen lässt sich das bisher Dargestellte nachvollziehen. Beide Beschwerdeführerinnen sind von Amts wegen aus dem Firmenbuch gemäß § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit gelöscht worden (das Gruppenmitglied, die erste Beschwerdeführerin, am ; die Gruppenträgerin, welche der Beschwerde beigetreten ist am ).

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Beide Beschwerdeführerinnen wurden im Jahr 2006 errichtet und im Juli als Mantel, also ohne den ursprünglichen Geschäftsbetrieb als bloßes rechtliches Gebilde, an Herrn Mag. ***3*** verkauft, der diese Firmen möglicherweise als Treuhänder für ***6*** innehatte. Als Geschäftsführer dient seit August 2019 ***1***. Alle in diesem Absatz genannten Personen haben keinen Wohnsitz in Österreich. Seit dem Verkauf als Mantel sind die Firmenadressen bei Bürodienstleistern oder Rechtsanwälten. Alle ehemaligen steuerlichen Vertreter haben ihr Mandat ausdrücklich niedergelegt.

Am wurde die erste Beschwerdeführerin (Gruppenmitglied) wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 FBG aus dem Firmenbuch gelöscht. Auch die Gruppenträgerin, welche der hier anhängigen Beschwerde im Vorlageantrag vom beigetreten ist, ist bereits am aus demselben Grund aus dem Firmenbuch gelöscht worden.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt vorgelegten Unterlagen und dem Einblick in die Datenbanken der Finanzverwaltung sowie in das Firmenbuch.

Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Gegenstandsloserklärung)

Da die Beschwerdeführerinnen wegen Vermögenslosigkeit amtswegig aus dem Firmenbuch gelöscht worden sind, muss der Frage nachgegangen werden, ob damit deren Rechtspersönlichkeit untergegangen ist oder ob diese noch fortbesteht (solange noch abwicklungsfähiges Vermögen vorhanden ist).

Nach § 79 BAO ("Für die Rechts- und Handlungsfähigkeit gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes. § 2 Zivilprozeßordnung ist sinngemäß anzuwenden.") gelten für die Rechts- und Handlungsfähigkeit einer GmbH die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts.

Nach einhelliger Lehre und Judikatur hat die Auflösung und Löschung einer im Firmenbuch eingetragenen juristischen Person nur deklaratorischen Charakter () und beendet die Rechtsfähigkeit nicht, solange Vermögen vorhanden ist ( 8 Ob A 46/06g) und Rechtsverhältnisse zu Dritten nicht vollständig abgewickelt sind (Ritz, BAO6 § 79 Tz 10f; ).

Die Rechts- und Parteifähigkeit einer GmbH bleibt solange erhalten, als noch Abwicklungsbedarf besteht, was dann der Fall ist, wenn die Abgabenfestsetzung etwa durch Anrechnung von Steuervorauszahlungen, Abzugsteuern oder Vorsteuern zu einem Aktivvermögen der gelöschten Gesellschaft führen kann. An eine im Firmenbuch bereits gelöschte GmbH gerichtete Bescheide ergehen daher im Fall eines bestehenden Abwicklungsbedarfs grundsätzlich rechtswirksam ().

Da im hier gegenständlichen Verfahren jedoch keine der in den angefochtenen Abgabenbescheiden festgesetzten Mehrbeträge an Steuern von der ersten Beschwerdeführerin bezahlt wurden, sondern vielmehr alle diese Summen bis zur Erledigung des gegenständlichen Verfahrens gemäß § 212a BAO ausgesetzt wurden und dies immer noch sind, würde selbst eine vollinhaltliche Stattgabe der Beschwerde zu keinem Aktivvermögen der gelöschten Beschwerdeführerinnen führen.

Weder die Beschwerdeführerinnen noch deren Gläubiger könnten ein Abgabenguthaben erwarten.

Mangels Aktivvermögen sind somit die Beschwerdeführerinnen somit gemäß § 40 Abs. 1 FBG mit der Löschung als aufgelöst und sind daher mit (Gruppenmitglied) beziehungsweise (Gruppenträger; jeweils amtswegige Löschung im Firmenbuch) vollbeendet (vergleiche ).

Seit diesen Stichtagen fehlt es den Beschwerdeführerinnen an der Rechtsfähigkeit des § 79 BAO. Wird aber eine an sich Bescheidcharakter aufweisende Erledigung oder ein Urteil an eine rechtsunfähige Person gerichtet, so ist dieser behördlichen Erledigung jede Rechtsqualität abzusprechen (herrschende Judikatur siehe etwa ; , 2002/17/0273).

So sind zwar die angefochtenen Bescheide grundsätzlich rechtsgültig, doch ist durch die amtswegige Löschung der Beschwerdeführerinnen deren Rechtspersönlichkeit im laufenden Verfahren untergegangen.

In einem solchen Fall ist das Beschwerdeverfahren einzustellen (siehe etwa -K/09; ; , RV/7200072/2009).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in solchen Fällen, in denen es zum "Wegfall der Rechtspersönlichkeit" der revisionswerbenden Partei kommt, die Revision in einem anhängigen Revisionsverfahren in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und einzustellen (siehe hierzu ; ; ).

§ 33 Abs. 1 VwGG betrifft die Fälle der Klaglosstellung (§ 289 BAO) und der Zurückziehung der Revision. Dies entspricht - wie auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis , ausführlich dargelegt hat - den Fällen des § 278 Abs. 1 lit. b BAO, wonach die Bescheidbeschwerde in den Fällen des § 256 Abs. 3 BAO (Zurücknahme der Beschwerde) und des § 261 BAO (Fälle, in denen dem Beschwerdebegehren Rechnung getragen wurde) mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes "als gegenstandslos … zu erklären" ist. Die Einstellung des Beschwerdeverfahrens durch das Bundesfinanzgericht in analoger Vorgangsweise zu jener im Revisionsverfahren wurde demgemäß vom Verwaltungsgerichtshof als rechtmäßig erachtet.

Auch in der Judikatur des Unabhängigen Finanzsenates und des Bundesfinanzgerichtes wurde dies genauso behandelt (siehe etwa -K/09; ; , RV/7200072/2009; , RV/5100498/2018).

Für den gegenständlichen Beschwerdefall bedeutet dies, dass die gegenständliche Beschwerde in sinngemäßer Anwendung des § 278 Abs. 1 lit. b BAO gegenstandslos zu erklären und das Beschwerdeverfahren einzustellen war, dies mit der Wirkung, dass damit die Rechtskraft der Ausgangsbescheide festgestellt wird (in diesem Sinne auch BVwG , L511 2014203-1). Diese Einstellung hat durch Beschluss zu erfolgen (vergleiche ).

Wegen der fehlenden Möglichkeit eine Rechtsmittelentscheidung den Beschwerdeführern gegenüber rechtswirksam zu erlassen, hat dieser Beschluss daher nur an die belangte Behörde zu ergehen. An nicht Parteifähige zugestellte Bescheide sind nichtig ("Nichtbescheide"; Ritz, BAO6, § 79 Tz 4).

Gemäß § 248 BAO kann zwar der nach den Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Beschwerde wegen seiner Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 Abs. 1 BAO) innerhalb der für die Einbringung der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Beschwerde erheben.

Genau dies hat die erste Beschwerdeführerin getan. Der Erstschuldner der Kapitalertragsteuer ist der damalige Geschäftsführer der ersten Beschwerdeführerin. Das Finanzamt hat sich jedoch entschieden, die Kapitalertragsteuer 2008 und 2009 bei der ersten Beschwerdeführerin als Solidarschuldnerin geltend zu machen. Dieser Umstand kann jedoch nicht zu einer Zustellung eines Erkenntnisses für die Beschwerdeführerinnen an deren damaligen Geschäftsführer führen, der inzwischen schon zweimal ersetzt worden ist und die fraglichen Gesellschaften rechtlich untergegangen sind.

Angemerkt sei, dass auch keinerlei Veranlassung besteht, eine Kuratorenbestellung gemäß § 82 Abs. 1 BAO beim zuständigen Gericht zu initiieren: Diese setzt nämlich ein handlungsunfähiges aber rechtsfähiges Steuersubjekt voraus. Diese Rechtsfähigkeit haben jedoch die Beschwerdeführerinnen, wie oben dargestellt, verloren, sodass die Anwendungsvoraussetzungen für eine gerichtliche Kuratorenbestellung nicht vorliegen können.

Hinsichtlich der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Senat ist festzuhalten, dass deren Durchführung mangels vertretungsbefugter Personen der Gesellschaft nicht denkbar und tatsächlich unmöglich ist.

Eine mündliche Verhandlung kann im Übrigen ungeachtet eines Antrages gemäß § 274 Abs. 3 Z 2 BAO unter anderem dann entfallen, wenn die Beschwerde gegenstandslos zu erklären ist. Die analoge Anwendung der §§ 272 Abs. 4 BAO und § 274 Abs. 5 BAO ergibt für den Fall einer Gegenstandslosigkeit die Zuständigkeit des Berichterstatters und der Entfall der beantragten mündlichen Verhandlung.

Es wurde daher von einer Anberaumung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen und erfolgte der Beschluss zur Gegenstandsloserklärung durch den Berichterstatter (siehe die oben zitierte Judikatur und ; , RV/7200030/2014).

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dass nach Wegfall der Rechtspersönlichkeit einer juristischen Person ein anhängiges Verfahren nicht fortgeführt werden kann, ergibt sich unzweifelhaft aus der Rechtsprechung der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Auch hat der Verwaltungsgerichtshof die analoge Anwendung seiner Vorgangsweise in Fällen des Wegfalls der Rechtspersönlichkeit des Revisionswerbers im Revisionsverfahrens auf das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzgericht (Gegenstandsloserklärung und Einstellung des Verfahrens) bereits bestätigt ().

Belehrung und Hinweise

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 79 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 40 Abs. 1 FBG, Firmenbuchgesetz, BGBl. Nr. 10/1991
§ 33 Abs. 1 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
§ 278 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise






-K/09


ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100334.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at