Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.08.2022, RV/7102373/2022

WiEReG - Zwangsstrafe; keine wirksame Zustellung der Androhung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***3***, ***4***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend die Festsetzung einer Zwangsstrafe, Steuernummer , zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die belangte Behörde forderte die Beschwerdeführerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, mit Erinnerungsschreiben vom dazu auf, die Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer entsprechend den Bestimmungen des § 5 Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG) bis spätestens nachzuholen. Für den Fall der Nichtbefolgung wurde die Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von 1.000 Euro angedroht. Dieses Schriftstück (Steuernummer: ***5***) wurde an die Beschwerdeführerin zugestellt.

Da die Beschwerdeführerin dieser Aufforderung nicht nachkam, wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom (Steuernummer: ***6***) eine Zwangsstrafe in Höhe von 1.000 Euro festgesetzt. Die Zustellung erfolgte an die Beschwerdeführerin. Gleichzeitig wurde die Beschwerdeführerin zur Nachholung der unterlassenen Handlung bis aufgefordert und für den Fall der Nichtbefolgung eine weitere Zwangsstrafe in Höhe von 4.000 Euro angedroht.

Die steuerliche Vertreterin der Beschwerdeführerin brachte am eine Beschwerde gemäß § 243 BAO gegen den Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe vom ein und führte zur Begründung aus, dass die steuerliche Vertreterin und Zustellbevollmächtigte das Erinnerungsschreiben vom nicht erhalten habe. Aufgrund dieses Zustellmangels habe die Frist nicht vorgemerkt werden können. Die Beschwerdeführerin habe auf die Zustellung an die zustellbevollmächtigte steuerliche Vertreterin vertraut und sei daher der Meinung gewesen, dass die Erledigung fristgerecht vorgenommen werde.

Die Beschwerde vom wurde mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde folgendes ausgeführt:
"Die Beschwerdeführerin ist FinanzOnline-Teilnehmerin und hat auch der elektronischen Zustellung zugestimmt.
Gem § 37 Abs. 1 ZustG können Zustellungen ohne Zustellnachweis auch an einer elektronischen Zustelladresse oder über das elektronische Kommunikationssystem der Behörde erfolgen. Das
Dokument gilt mit dem Zeitpunkt des Einlangens bzw. nach dem erstmaligen Bereithalten des Dokuments beim bzw. für den Empfänger als zugestellt.
Am wurde die Androhung einer Zwangsstrafe ausgestellt und ordnungsgemäß in die
Databox zugestellt. Eine zusätzliche weitere Zustellung per Post ist gesetzlich nicht vorgesehen.
Zudem geht aus den Grunddaten hervor, dass die Zustellvollmacht der
***3*** zu StNr. ***6*** erst am angemerktwurde.
Da der Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe bereits am zugestellt wurde
und die Meldung an das Register der wirtschaftlichen Eigentümer erst am erfolgte,war spruchgemäß zu entscheiden."

Die steuerliche Vertreterin der Beschwerdeführerin brachte am fristgerecht einen Vorlageantrag gemäß § 264 BAO ein, verwies auf die Ausführungen in der Beschwerde und führte zusätzlich Folgendes aus:
"In der Beschwerdevorentscheidung wird angeführt, dass unsere Zustellvollmacht zur Steuernummer ***6*** erst am angemerkt wurde. Diese genannte Steuernummer ist allerdings eine - offenbar eigens für die Verhängung der Zwangsstrafe angelegte - neue Steuernummer, an die die Zwangsstrafe adressiert wurde. Die Erinnerung samt Androhung der Zwangsstrafe gemäß §111 BAO wurde allerdings an die Steuernummer ***5*** adressiert, für die wir laut FinanzOnline seit alsZustellbevollmächtigte eingetragen sind. § 9 Abs 3Zustellgesetz besagt, dass sofern einZustellungsbevollmächtigter bestellt ist und dieser nicht alsEmpfänger bezeichnet wird, die Zustellung als in demZeitpunkt bewirkt gilt, in dem das Dokument demZustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.Da unsere Mandantin uns das Erinnerungsschreiben desFinanzamtes erst am weitergeleitet hat, ist dieZustellung erst mit diesem Datum bewirkt. Wie auch in derBVE angeführt, ist die Meldung am erfolgt. Dagemäß § 16 Abs 1 WiEReG die Androhung der Zwangsstrafemit einer Fristsetzung von sechs Wochen zu erfolgen hat,war die Vornahme der Meldung fristgerecht."

Die belangte Behörde legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung als unbegründet.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist eine in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung errichtete und im österreichischen Firmenbuch unter der FN ***1*** eingetragene juristische Person des Privatrechts und ist im Register der wirtschaftlichen Eigentümer unter der Nummer ***2*** erfasst. Die ***3*** ist seit steuerliche Vertreterin und Zustellbevollmächtigte der Beschwerdeführerin.

Die im Verfahrensablauf dargestellten Schriftstücke (Erinnerung vom und Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe vom ) wurden von der belangten Behörde an die Beschwerdeführerin und nicht an die steuerliche Vertreterin als Zustellbevollmächtigte zugestellt.

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsdarstellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und den vom Bundesfinanzgericht vorgenommenen Abfragen in den Datenbanken der Finanzverwaltung und dem Firmenbuch.

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durfte das Bundesfinanzgericht daher in freier Beweiswürdigung von den obigen Sachverhaltsfeststellungen ausgehen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 5 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Einrichtung eines Registers der wirtschaftlichen Eigentümer von Gesellschaften, anderen juristischen Personen und Trusts (Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz - WiEReG), BGBl. I Nr. 136/2017 idF BGBl. I Nr. 62/2019, haben die in § 1 Abs. 2 WiEReG aufgelisteten Rechtsträger mit Sitz im Inland (vorbehaltlich näher definierter Ausnahmen) die in dieser Bestimmung genannten Daten über ihre wirtschaftlichen Eigentümer an die Bundesanstalt Statistik Österreich als Auftragsverarbeiterin der Registerbehörde zu melden. Wer wirtschaftlicher Eigentümer ist, ergibt sich aus § 2 WiEReG.

§ 16 Abs. 1 WiEReG lautet:
"Wird die Meldung gemäß § 5 nicht erstattet, kann das Finanzamt Österreich deren Vornahme durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen. Die Androhung der Zwangsstrafe ist mit Setzung einer Frist von sechs Wochen vorzunehmen."

In § 111 BAO ist angeordnet:
"(1) Die Abgabenbehörden sind berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die elektronische Übermittlung von Anbringen und Unterlagen, wenn eine diesbezügliche Verpflichtung besteht.
(2) Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, muß der Verpflichtete unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im Verzug ist.
(3) Die einzelne Zwangsstrafe darf den Betrag von 5 000 Euro nicht übersteigen.
(4) Gegen die Androhung einer Zwangsstrafe ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig."

Gemäß § 97 Abs. 1 erster Satz BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt gemäß § 97 Abs. 1 lit a BAO bei schriftlichen Erledigungen abgesehen von hier nicht interessierenden Ausnahmen durch Zustellung.

Gemäß § 98 Abs. 1 BAO sind Zustellungen, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, ausgenommen Abschnitt III (Elektronische Zustellung) vorzunehmen.

§ 9 Abs. 3 Zustellgesetz (ZustG), BGBl. Nr. 200/1982 in der Fassung BGBl. I Nr. 5/2008, normiert:
"Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist."

Entsprechend der Regelung des § 9 Abs. 3 ZustG kann bei aufrechtem Bestand einer Zustellbevollmächtigung nicht an die Partei selbst rechtswirksam zugestellt werden; wird statt an den Zustellungsbevollmächtigten an den von diesem Vertretenen zugestellt, so ist die Zustellung unwirksam (vgl. ). Im Falle des Bestehens einer wirksamen Vollmacht hat sich sohin die Behörde an den Vertreter zu wenden, also alle Verfahrensakte mit Wirkung für die Partei diesem gegenüber zu setzen. Dem Bevollmächtigten sind alle Schriftstücke bei sonstiger Unwirksamkeit zuzustellen und dieser ist auch als Empfänger zu bezeichnen, wobei die Adressierung an die Partei zu Handen des Zustellungsbevollmächtigten ausreicht (vgl. ; , 2008/22/0607).

Die belangte Behörde hat die Adressierung der strittigen Schriftstücke unstrittig nicht an die Partei zu Handen der Zustellungsbevollmächtigten veranlasst. Eine Heilung nach § 9 Abs. 3 ZustG tritt dann ein, wenn der steuerlichen Vertreterin und Zustellbevollmächtigten sowohl die Erinnerung vom als auch der Bescheid vom tatsächlich zugekommen sind. Laut den Angaben der zustellbevollmächtigten steuerlichen Vertretung wurde das Erinnerungsschreiben vom erst am an sie weitergeleitet und die geforderte Meldung erfolgte am . Einwendungen gegen diese Angaben wurden von der belangten Behörde nicht vorgebracht. Zum Zeitpunkt des Zuganges des Bescheides vom wurden im Beschwerdeverfahren keine Angaben gemacht. Betreffend die Erinnerung vom konnte erst am die Heilung des Zustellungsmangels eintreten. § 111 Abs. 2 BAO, welcher gemäß § 16 Abs. 1 WiEReG anzuwenden ist, sieht vor, dass eine Zwangsstrafe vor der Festsetzung zwingend schriftlich anzudrohen ist. Im gegenständlichen Fall erfolgte die rechtswirksame Zustellung der Androhung jedoch erst nach der Festsetzung der verfahrensgegenständlichen Strafe.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 111 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 5 Abs. 1 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017
§ 16 Abs. 1 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017
§ 9 Abs. 3 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102373.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at