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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 04.10.2022, RV/2200005/2021

Einreihung von Picknickdecken und Strandmatten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden ***SenV***, den Richter ***SenRi*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***SenLR1*** und ***SenLR2*** in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***Vt***, ***Adr-Vt***, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Zollamtes Graz (nunmehr Zollamt Österreich) vom , Zahlen: ***1***, ***2*** und ***3***, betreffend Eingangsabgaben nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***Sf*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid des damaligen Zollamtes Graz vom , Zahl: ***1***, wurden für die Beschwerdeführerin für die mit der Warenanmeldung zu MRN ***4*** erfolgte Überführung von Picknickdecken (Artikelnummer ***5***) in den freien Verkehr entstandenen Eingangsabgabenschulden festgesetzt, nachträglich der anlässlich der Einfuhrabfertigung zu niedrig festgesetzte Abgabenbetrag buchmäßig erfasst und dieser der Beschwerdeführerin mitgeteilt.

Ebenfalls mit Bescheid vom , Zahl: ***2***, setzte das Zollamt die für die mit der Warenanmeldung zu MRN ***6*** in den freien Verkehr überführten Picknickdecken (Artikelnummer ***7***) entstandenen Eingangsabgabenschulden fest, erfasste nachträglich den anlässlich der Einfuhrabfertigung zu niedrig festgesetzten Abgabenbetrag und teilte diesen der Beschwerdeführerin mit.

Mit einem weiteren Bescheid vom , Zahl: ***3***, wurden für die Beschwerdeführerin für die mit der Warenanmeldung zu MRN ***8*** erfolgte Überführung von Strandmatten (Artikelnummer ***9***) in den freien Verkehr entstandenen Eingangsabgabenschulden festgesetzt, nachträglich der anlässlich der Einfuhrabfertigung zu niedrig festgesetzte Betrag buchmäßig erfasst und dieser der Beschwerdeführerin mitgeteilt.

Als Folge dieser Nacherhebungen wurden jeweils Verzugszinsen vorgeschrieben.
In den wortgleichen Bescheidbegründungen führte das Zollamt aus, eine gemäß Art. 48 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Union (UZK) durchgeführte nachträgliche Kontrolle habe zum Ergebnis geführt, dass die als "Strandmatte" bezeichneten Waren nicht wie anlässlich der Einfuhrabfertigungen erklärt als Bettausstattung in die Warennummer 9404 9090 00, sondern als Campingausrüstung in die Warennummer 6306 9000 90 einzureihen seien. Durch diese Unrichtigkeit seien die Abgaben in zu geringer Höhe festgesetzt, buchmäßig erfasst und mitgeteilt worden. Die "einfach zu faltenden mit isolierender und schmutzabweisender Unterseite aus aluminiumbeschichteter Folie, mit Klettverschluss, Tragegriff und praktischem Schultergurt versehenen Freizeit.-/Picknickdecken (Materialbeschaffenheit: Oberseite 100% Polyester/Mikrofaser, Unterseite 100% aluminiumbeschichtete Folie; Füllung 100% Polyesterfasern)" beziehungsweise "die zusammenrollbaren und mit einer Trageschlaufe versehenen Strandmatten (Materialbeschaffenheit: Webware; Oberstoff 50%Baumwolle / 50% Polyester; Füllung 100% Polyester)" seien nach den objektiven Merkmalen dazu bestimmt, an verschiedene Orte im Freien (z.B. Campingplätze, Strand, Garten usw.) mitgenommen und dort vorübergehend verwendet zu werden. Folglich seien diese Waren in die Warennummer 6306 9000 90 einzureihen.

Gegen diese Bescheide richteten sich die Beschwerden vom . In den gleichlautenden Vorbringen führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, die Einreihung der Waren in die Warennummer 9404 9090 00 sei gemäß der Zusätzlichen Anmerkung 1 zu Kapitel 94 und nach den Erläuterungen zum Harmonisierten System zu Position 9404 erfolgt und werde durch Verbindliche Zolltarifauskünfte für gleichartige Waren bekräftigt. Für die Waren mit den Artikelnummern ***5*** und ***10*** (Anmerkung des Bundesfinanzgerichtes: Ware mit der Artikelnummer ***10*** ist nicht verfahrensgegenständlich, jedoch mit der Ware mit der Artikelnummer ***9*** vergleichbar; laut Angabe der Beschwerdeführerin handelt es sich dabei um ein identes Nachfolgeprodukt) seien am Verbindliche Zolltarifauskünfte beantragt worden. Die gegenständlichen Waren mit einer Füllung aus Spinnstoff unterschieden sich von den in den Erläuterungen zum Harmonisierten System zu Position 6306 aufgezählten Waren. Die "Strandmatten" würden keine objektiven Merkmale einer typischen Campingausrüstung aufweisen.

Das Zollamt wies die Beschwerden mit den Beschwerdevorentscheidungen vom als unbegründet ab. In den (im Wesentlichen) gleichlautenden Begründungen führte die belangte Behörde aus, die von Kapitel 94 erfassten Waren seien im Allgemeinen dazu bestimmt, in Privatwohnungen oder Gärten zu verbleiben. Folglich seien aufblasbare Waren, die dazu bestimmt seien, an verschiedene Orte mitgenommen und dort vorübergehend verwendet zu werden, keine Möbel im Sinne des Kapitels 94, sondern nach ihrer stofflichen Beschaffenheit Campingausrüstungen der Position 6306 oder Waren des Kapitels 39 oder 40. Diese Herangehensweise entspreche auch der Verordnung (EU) Nr. 2019/926 der Kommission vom ; nach dieser sei eine mit zusammen klappbarer Rückenlehne aus Metallstangen versehene Strand-/Campingmatte aus Spinnstoffen, gefüllt mit Zellkunststoff, aufgrund ihrer objektiven Merkmale in die Position 6306 9000 einzureihen sei. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union stelle der Verwendungszweck einer Ware ein objektives Tarifierungskriterium dar.
Die verfahrensgegenständlichen Waren eigneten sich für Strand, Garten und Ausflüge. Sowohl die Warenbezeichnungen als auch deren Aufmachungen zum leichten Transport und die Produktbeschreibungen ließen zweifelsohne auf einen primären Verwendungszweck außerhalb von Bett und Heim schließen. Die gegenständlichen Produkte seien vielmehr dazu bestimmt, an verschiedene Orte mitgenommen und dort vorübergehend verwendet zu werden. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, bei den Waren der Position 6306 handle es sich ausschließlich um aufblasbare und mit Luft gefüllte Waren und diese seien mit den gegenständlichen Produkten nicht vergleichbar, könne nicht gefolgt werden. Es sei vorrangig auf den objektiven Verwendungszweck abzustellen, die Art der Füllung sei nicht von Bedeutung. Die Einreihung der gegenständlichen Waren in die Position 9404 als Bettausstattung oder ähnliche Waren sei ausgeschlossen, da die Waren nicht für die Ausstattung eines Bettes bestimmt seien und nicht mit einer Auflegematratze oder Ähnlichem vergleichbar seien. Die gegenständlichen Waren seien daher als Campingausrüstung in die Position 6306 9000 einzureihen. Nicht für verfahrensgegenständliche Waren erteilte Verbindliche Zolltarifauskünfte oder nach der Abfertigung erteilten Zolltarifauskünften komme keine Bindungswirkung zu.

Dagegen richteten sich die Vorlageanträge vom . Die Beschwerdeführerin, nunmehr vertreten durch ***Vt***, brachte betreffend den Bescheid zu Zahl: ***1*** vor:

"I. ZUR VZTA DES HZA HONNOVER VOM , ***11*** UND DEREN AUSWIRKUNGEN AUF DIESES VERFAHREN
1. Verfahrensgegenständlich ist eine mit Polyester gefüllte Freizeit- bzw. Picknickdecke, Oberstoff: Oberseite 100% Polyester (Mikrofaser), Unterseite 100% aluminiumbeschichtete Folie; Füllung 100% Polyesterfaser.
2. Wie das Zollamt Österreich in der Beschwerdevorentscheidung richtig ausführt, ist dasselbe Produkt, wie die verfahrensgegenständliche Ware, mit der VZTA des Hauptzollamtes Hannover vom ,
***11***, der Zolltarifnummer 9404909000 zugeordnet worden, ebenso wie -weil mit gleichartigem Verwendungszweck bestimmt und aus gleichen Materialien bestehend - vergleichbare Waren mit an andere Unternehmen adressierten VZTA ***12*** und ***13***. Wenn auch richtig ist, dass einer VZTA gemäß Art. 33 Abs. 2 UZK rückwirkend keine bindende Wirkung zukommt, ebenso wenig an andere Unternehmen adressierten VZTA, mögen sie auch dieselben Waren betreffen, so ist diese Argumentation zu kurz gegriffen:

1. Maßgeblich ist Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung

3. Zunächst geht es im vorliegenden Fall gar nicht um die Frage einer rückwirkenden Anwendung einer später erlassenen VZTA:
Der VwGH hat in seinem Erkenntnis 2004/16/0277 - zu einer Einreihungs-VO - mit Recht entschieden, dass die Abgabenbehörde und Finanzgerichte auf Basis der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung zu entscheiden haben: kommt es zu einer Einreihungs-Verordnung der EU-Kommission nach der Einfuhranmeldung, aber vor der Entscheidung des BFG, dann hat das BFG auf Basis der Einreihungs-Verordnung zu entscheiden, dies ungeachtet des Umstands, dass einer Einreihungs-VO Rechtswirkung nur pro-futuro zukommt.
4. Einreihungen von Waren unter bestimmten Tarifpositionen können nun bindend nicht nur durch Einreihungs-VO sondern - zumindest für den Adressaten der VZTA - auch durch VZTA's vorgenommen werden: auch diesen kommt an sich - so wie Einreihungs-VO - keine rückwirkende Wirkung auf zuvor abgeschlossene Vorgänge zu. Im gegenständlichen Verfahren liegt daher eine im Wesentlichen vergleichbare Sach- und Rechtslage wie dem Erkenntnis des VwGH 2004/16/0277 vor: die VZTA
***11*** ist an dieselbe Person (=die Beschwerdeführerin) und für dieselbe Ware, wie die gegenständliche Ware, ergangen; diese VZTA ist zwar nach der verfahrensgegenständlichen Zollanmeldung, aber vor der angefochtenen Beschwerdevorentscheidung und daher auch vor dem Zeitpunkt ergangen, zu dem das BFG über die gegenständliche Beschwerde aufgrund dieses Vorlageantrages zu entscheiden hat. Das BFG hat aber die Sach- und Rechtslage anzuwenden, die zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zu dieser gilt: zu diesem Zeitpunkt gilt jedoch bereits die der Beschwerde angeschlossene VZTA des Zollamtes Hannover vom , ***11***.

2. VZTA ist zumindest Beweismittel, von dem nur aus wichtigen, überwiegenden Gründen abgewichen werden darf

5. Hinzu kommt, dass die auch von einer ausländischen, nach den Rechtsvorschriften des betreffenden EU-Mitgliedsstaates zuständige Behörde, wie hier das Zollamt Hannover, erlassene VZTA jedenfalls ein Beweismittel für die richtige Tarifierung ist und von den Zollbehörden der anderen Mitgliedsstaaten entsprechend zu berücksichtigen ist.
6. Dementsprechend hat etwa der VwGH in seiner Entscheidung Ra 2015/16/0009 zwar einerseits die fehlende rückwirkende Bindungswirkung einer späteren VZTA bejaht, aber dennoch die spätere VZTA bei seinen Überlegungen als Beweismittel hinsichtlich der richtigen Beurteilung der Tarifierung einfließen lassen und ist dann letztlich auch in dem diesem VwGH-Erkenntnis zugrundeliegenden Fall letztlich die Tarifierung gemäß der späteren VZTA von den Zollämtern (korrekt) angewendet worden.
7. Auch der EuGH hat (C-153/10 …) VZTA's ausdrücklich als Beweismittel für die richtige Tarifierung anerkannt: Dabei darf aufgrund des Primats der Einheitlichkeit der Anwendung des EU-Rechtes von der Tarifierung in einer VZTA für dasselbe Produkt nur dann abgewichen werden, wenn tatsächlich vernünftige Zweifel in Bezug auf die richtige Anwendung der Tarifnummer in der VZTA bestehen (Rz 42 der Entscheidung C-153/10; ebenso EuGH C-495/03 …], Rn 34).

II. RICHTIGE TARIFIERUNG DURCH DAS HZA HANNOVER
8. Vernünftige Zweifel an der richtigen Tarifierung durch das HZA Hannover, VZTA
***11*** oder der früher vor dem verfahrensgegenständlichen Anmeldungszeitpunkt erlassenen und in der VZTA-Datenbank abrufbaren VZTA ***12*** und ***13*** für Waren derselben Beschaffenheit und demselben Verwendungszweck, bestehen aber tatsächlich nicht, vielmehr entspricht die Tarifierung durch das Hauptzollamt Hannover den Tarifierungsregeln in den Allgemeinen Vorschriften (AV):
9. Nach AV 1 sind die Überschriften der Abschnitte Kapitel und Teilkapitel nur Hinweise: maßgebend für die Einreihung sind vielmehr der Wortlaut der (einzelnen) Positionen und der Anmerkungen zu den einzelnen Positionen. Ergänzend bestimmt AV 6, dass maßgebend für die Einreihung in die Unterpositionen einer Position der Wortlaut dieser Unterposition und der Anmerkungen zu den Unterpositionen und - sinngemäß - die vorstehenden Vorschriften (AV 1-5) sind. Einander vergleichbar sind dabei nur Unterpositionen der gleichen Gliederungsstufe.
10. Weiters geht nach AV 3 die Position mit der genaueren Warenbezeichnung den Positionen mit allgemeinerer Warenbezeichnung vor.
11. Schließlich gilt die Auffangregelung der AV 4, wobei Waren, die nach den vorstehenden allgemeinen Vorschriften nicht eingereiht werden können, in die Position der Waren eingereiht werden, denen sie am ähnlichsten sind.
12. Soweit das Zollamt Österreich in der angefochtenen Berufungsvorentscheidung vermeint, die gegenständliche Freizeit-/Picknickdecke sei nicht als "Bettausstattung oder ähnliche Ware" zu qualifizieren, verstößt sie gegen AV 1 und 6, weil sie sich damit lediglich auf die nach der AV 1 nicht maßgebliche Überschrift bezieht, wohingegen nach AV 1 und AVG lediglich der Wortlaut der einzelnen Positionen und Unterpositionen maßgeblich ist. Die gegenständliche Freizeit-/Picknickdecke ist aber- um auf die einzelnen (Unter-)Positionen einzugehen - weder ein Zelt (Position 630619), noch ein Segel (630630) noch "andere" (63690), wobei sich das "andere" auf die Untergruppe "Planen und Markisen, Zelte, Segel für Wasserfahrzeuge, Surfbretter und Landfahrzeuge und Camping-Ausrüstungen" bezieht: zweifellos ist die gegenständliche "Freizeit- Picknickdecke" oder "Strandmatte" nicht mit diesen Warenbeschreibungen vergleichbar.
13. Dies wird noch verstärkt, wenn man die Untergruppe zu "Luftmattatzen" (6306900011), nämlich "Hängematten handgearbeitet einbezieht: auch da zeigt sich naturgemäß, dass die gegenständliche "Freizeit-/Picknickdecke" keinesfalls mit den anderen Positionen, wie "Planen und Markisen, Zelte, Segel für Wasserfahrzeuge, Surfbretter und Landfahrzeuge und Camping-Ausrüstungen" oder "Hängematten, handgearbeitet vergleichbar ist.
14. Demgegenüber beziehen sich die Untergruppen des Kapitel 94 u.a. auf "Auflegematratzen, Schlafsäcke und andere Bettausstattungen und ähnliche Waren". Nun ist es wohl unbestreitbar, dass eine Freizeit-/Picknickdecke, wie vorstehend (I./Rz 1) beschrieben, im Sinn der Auffangregel AV 4 eindeutig ähnlicher zu Bettdecken ist als zu Segel, Zelten, Luftmatratzen oder Hängematten.
15. Soweit das Zollamt Österreich demgegenüber vermeint, dass die Decke aufgrund des Tragegriffs, der an der Decke angebracht ist, und aufgrund der Deklaration der Ware durch die Beschwerdeführerin als "Strandmatte" bzw. "schnell aufbau- und verstaubar und leicht zu transportieren" sei, sowie "eine Verwendung im Freien, zB für Campingplätze, für den Strand usw. " vorgesehen sei, und deswegen diese als "Camping-Ausrüstung" zu qualifizieren und daher in die Tarifposition 63069000 einzuordnen sei, übersieht es dabei abgesehen davon, dass "Camping" typischerweise nicht am Strand, im Garten oder bei (kurzen) Ausflügen stattfindet, dass in den Erläuterungen zum Harmonisierten System zu Position 6306 ausdrücklich (10.0 und 12.0) Waren wie zB "Matratzen und Kissen mit Füllungen" von dieser Position ausgenommen sind: auch diese nach AV 1 und AV 6 maßgebliche Anmerkung schließt somit die Einordnung unter die Zolltarifnummer 6306 aus.
16. Hinzu kommt, dass - wie sich aus dem Zusammenhalt dieser Anmerkung mit der korrespondierenden Anmerkung zu HS-Code 9404 ergibt - von der Tarifposition 9404 von den "Decken, ähnlich wie Bettdecken" lediglich die "aufblasbaren Decken", wie eben Luftmatratzen, ausgenommen sind. Umgekehrt sind nach Anmerkung 3.0 zum HS, Pos. 9404 "Bettausstattungen und ähnliche Waren gefedert, gepolstert oder mit Stoffen aller Art (...synthetische Fasern, usw.) gefüllt" unter 9404 einzuordnen; aus der Zusatzanmerkung 1 zu Kapitel 94 umfasst diese Formulierung "gepolstert oder mit Füllung aus Stoffen aller Art" Material jeder Decke.
17. Dasselbe ergibt sich auch aus den Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur (vgl. Amtsblatt L361/673), Anm. 9.0 und 10.1.zu Kapitel 94, wonach zu Kapitel 94 (nur) "aufblasbare Matratzen, Kopfkissen oder Kissen oder Matratzen, Kopfkissen oder Kissen für Wasserfüllung" nicht gehören: die gegenständlichen Freizeit-/Picknickdecke oder "Strandmatten" sind aber weder aufblasbar noch für Wasserfüllung gedacht.
18. Dementsprechend hat das Hauptzollamt Hannover in seiner VZTA
***11*** vom , gültig bis , richtig ausgeführt, dass die gegenständliche Freizeit-/Picknickdecke (siehe oben Rz 1) als mit Polyester gefüllte Strandmatte, als den Bettausstattungen "ähnliche Ware, gepolstert" entsprechend einzureihen ist und daher unter Anwendung der AV 1 und AV 6 bzw. der Zusatzanmerkung 1 zu Kapitel 94 unter die Tarifnummer 9404909000 einzuordnen ist: dies ist schlüssig und richtig.
19. Diese Einrechnung wird auch durch die schon früher erlassene VZTA
***16*** und ***17*** für vergleichbare Waren bestätigt.

III. SCHLUSSFOLGERUNG UND ANTRAG
20. Aufgrund der vorstehend dargestellten sachlichen und rechtlichen Überlegungen sind daher die verfahrensgegenständlichen Strandmatten unter der Zolltarifnummer 9404909000 einzureihen und daher der Beschwerde stattzugeben.
21. Es wird daher beantragt, in Stattgebung der Beschwerde den angefochtenen Bescheid des Zollamtes Graz vom , GZ
***1*** ersatzlos aufzuheben, in eventu dahingehend abzuändern, dass die Abgabenvorschreibung auf 0 reduziert wird."

Die Ausführungen in den Vorlageanträgen zu den Bescheiden vom , Zahlen: ***2*** und ***3*** sind - soweit nachfolgend nicht anders angeführt - (beinahe) wortgleich. Im Vorlageantrag zum letztgenannten Bescheid brachte die Beschwerdeführerin unter "I. ZUR VZTA DES HZA HANNOVER VOM , ***14*** UND DEREN AUSIRKUNGEN AUF DIESES VERFAHREN" zu den Punkten 1. und 2. Folgendes vor:
"1. Verfahrensgegenständlich ist ein Set, bestehend aus einer ca. 90cm langen und ca. 80cm breiten Decke und einem ca. 40 cm langen Kopfkissen, jeweils aus Baumwolle sowie Polyester (jeweils 50%), gefüllt mit einem Wattierungsstoff aus Polyester (100%), welche durch zwei Spinnstoffbänder am Kopf der Decke miteinander verbunden sind.
2. Wie das Zollamt Österreich in der Beschwerdevorentscheidung richtig ausführt, ist dasselbe Produkt, wie die verfahrensgegenständliche Ware, mit der VZTA des Hauptzollamtes Hannover vom , DE 10549/16-1, jeweils der Zolltarifnummer 9404909000 zugeordnet worden. Wenn auch richtig ist, dass einer VZTA gemäß Art. 33 Abs. 2 UZK rückwirkend keine bindende Wirkung zukommt, so ist diese Argumentation zu kurz gegriffen:"

In allen drei Vorlageanträgen stellte die Beschwerdeführerin die Anträge auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und auf eine Entscheidung durch den Senat.

Mit Mängelbehebungsauftrag vom trug das Bundesfinanzgericht der Beschwerdeführerin gemäß § 85 Abs. 2 BAO auf, Muster, Abbildungen oder Beschreibungen, aus denen die für die Einreihung maßgeblichen Merkmale der gegenständlichen Waren hervorgehen, beinzubringen. Mit Schreiben vom legte die Beschwerdeführerin für alle Waren jeweils eine Produktbeschreibung, Lichtbilder und einen Produktpass vor. Im genannten Schreiben verwies die Beschwerdeführerin auf verbindliche Zolltarifauskünfte und beantragte die Einvernahme einer näher genannten Person als Zeugen, zum Beweis dafür dass die verfahrensgegenständlichen Waren - abgesehen von geringfügig unterschiedlichen Ausmaßen - ident seien mit den Produkten, für die die verbindlichen Zolltarifauskünfte erteilt worden seien bzw. dass es sich dabei um ein identes Nachfolgeprodukt handle.

In Beantwortung eines Schreibens legte die belangte Behörde dem Bundesfinanzgericht am die von der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen zu den Waren mit den Artikelnummern ***9***, ***7*** und ***5*** vor.

In der mündlichen Verhandlung brachte die Vertretung der Beschwerdeführerin vor, in die Position 6306 seien keine Waren einzureihen, die mit einer Füllung ausgestattet seien. Bei den verfahrensgegenständlichen Waren handle es sich nicht um aufblasbare Waren, die nach den Erläuterungen als Campingausrüstung einzureihen seien. Darüber hinaus seien nur Luft- und Wassermatratzen nicht in die Position 9404 einzureihen, bei den gegenständlichen Waren handle es sich nicht um Luft- oder Wassermatratzen und diese seien daher nicht von der Position 9404 ausgenommen. Die belangte Behörde verwies auf eine Einreihungsverordnung, nach dieser seien Picknickdecken in die Position 6306 einzureihen. Zu dieser Verordnung brachte die Vertretung vor, diese Verordnung habe nicht ein vergleichbares Produkt zum Gegenstand. Die gegenständlichen Produkte seien mit einer Füllung ausgestattet, das in der Verordnung beschriebene Produkt verfüge nicht über eine Füllung; es sei die Abgrenzung zu der Position 6301 geprüft worden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 323b Abs. 1 BAO tritt das Zollamt Österreich am an die Stelle der am zuständig gewesenen Zollämter.

Am meldete die direkt vertretene Beschwerdeführerin mit der Warenanmeldung zu CRN ***4*** "Freizeit Picknickdecken" (Artikelnummer ***5***) zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an.

Diese Picknickdecke (Maße 127 x 168 cm), mit einer Wattierung aus Polyesterfasern, ist einfach zu falten, mit Klettverschluss, Tragegriff und Schultergurt ausgestattet. Die Oberseite, bestehend aus 100% Polyester (Mikrofaser), ist bedruckt, die isolierende und schmutzabweisende Unterseite der Picknickdecke besteht aus einer aluminiumbeschichteten Folie. Die Picknickdecke ist durch alle drei Lagen versteppt (10 x 10 cm). Die Decke weist am Rand einen Zuschnitt aus gleichem Material auf, mit dem die Decke in zusammengefaltetem Zustand mit dem Klettverschluss fixiert wird.

Mit der Warenanmeldung zu CRN ***6*** vom beantragte die direkt vertretene Beschwerdeführerin die Überführung von "XXL Picknickdecken" (Artikelnummer ***7***) in den zollrechtlich freien Verkehr.

Die Picknickdecke mit der Artikelnummer ***7*** (Maße 200 x 200 cm), mit einer Wattierung aus Polyesterfasern, ist einfach zu falten, mit Klettverschluss, Tragegriff und Schultergurt ausgestattet. Die Oberseite, bestehend aus 100% Polyester (Mikrofaser), ist bedruckt, die isolierende und schmutzabweisende Unterseite der Picknickdecke besteht aus einer aluminiumbeschichteten Folie. Die Picknickdecke ist durch alle drei Lagen versteppt (10 x 10 cm). Die Decke weist am Rand einen Zuschnitt aus gleichem Material auf, mit dem die Decke in zusammengefaltetem Zustand mit dem Klettverschluss fixiert wird.

Mit der Warenanmeldung zu CRN ***8*** vom meldete die direkt vertretende Beschwerdeführerin "Strandmatten mit abnehmbarer Nackenrolle" (Artikelnummer ***9***) zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an.

Die gefüllte Strandmatte (Maße 80 x 190 cm) mit der Artikelnummer ***9*** ist mit abnehmbarer Nackenrolle ausgestattet, ist platzsparend zusammenrollbar (verfügt über zwei jeweils 30 cm lange Befestigungsbänder) und ist mit einer Trageschlaufe versehen. Eine Seite der Standmatte ist gemustert, die andere Seite ist einfarbig (Pigmentdruck). Das Obermaterial der Matte und der Nackenrolle besteht aus Baumwolle und Polyester (je 50%), die Füllung aus 100% Polyester. Laut der Produktbeschreibung ist die Strandmatte "[i]deal für Strand, Garten und Ausflüge".

Mit der verbindlichen Zolltarifauskunft vom , ***11***, hat das Hauptzollamt Hannover die Picknickdecke mit der der Artikelnummer ***5*** in die Position 9404 9090 der Kombinierten Nomenklatur eingereiht. Für die Strandmatte mit der Artikelnummer ***10*** hat das Hauptzollamt Hannover mit der verbindlichen Zolltarifauskunft vom , ***15*** (und nicht wie im Vorlageantrag angegeben ***14***), ebenfalls eine Einreihung in die Position 9404 9090 der Kombinierten Nomenklatur vorgenommen. Bei der Strandmatte, die Gegenstand der verbindlichen Zolltarifauskunft vom ist, handelt es sich um das idente Nachfolgeprodukt zu der verfahrensgegenständlichen Strandmatte mit der Artikelnummer ***9***.

Der Sachverhalt stand aufgrund der dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Unterlagen fest. Dieser wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung von beiden Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens außer Streit gestellt. Dem Antrag der Beschwerdeführerin, eine näher genannte Person als Zeugen zu vernehmen, war gemäß § 183 Abs. 3 BAO nicht nachzukommen, weil auch das Bundesfinanzgericht davon ausging, dass eine gleiche, eine vergleichbare und eine idente Ware wie die verfahrensgegenständlichen Waren Gegenstand der genannten verbindlichen Zolltarifauskünfte vom 4. und waren.

Strittig war in den verfahrensgegenständlichen Fällen, ob die Picknickdecken und die Strandmatten in die Position 9404 9090 oder in die Position 6306 9000 der Kombinierten Nomenklatur einzureihen sind.

Die zu entrichtenden Einfuhr- und Ausfuhrabgaben stützen sich gemäß Art. 56 Abs. 1 UZK auf den Gemeinsamen Zolltarif. Dieser umfasst gemäß Art. 56 Abs. 2 UZK unter anderem die Kombinierte Nomenklatur nach der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 sowie jede andere Nomenklatur, die ganz oder teilweise auf der Kombinierten Nomenklatur beruht oder weitere Unterteilungen für diese vorsieht, und die durch Unionsvorschriften zu bestimmten Bereichen im Hinblick auf die Anwendung zolltariflicher Maßnahmen im Warenverkehr erstellt wurde. Gemäß § 51 Abs. 1 ZollR-DG hat der Bundesminister für Finanzen auf der Grundlage des Zolltarifs der Europäischen Union im Sinn des Art. 56 Abs. 2 UZK einen Österreichischen Gebrauchszolltarif herauszugeben.

Die Kombinierte Nomenklatur wurde mit Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif festgelegt und ist im Anhang I dieser Verordnung enthalten. Für die verfahrensgegenständlichen Einfuhrabfertigungen findet Anhang I in den Fassungen der Durchführungsverordnung (EU) 2017/1925 der Kommission vom zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (für die im Jahr 2018 erfolgte Einfuhr der Strandmatten) und der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1602 der Kommission vom zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (für die im Jahr 2019 erfolgten Einfuhren der Picknickdecken) Anwendung. Gemäß Art. 1 Abs. 2 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 umfasst die Kombinierte Nomenklatur die Nomenklatur des Harmonisierten Systems (als Harmonisiertes System wird das "Internationale Übereinkommen über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren" bezeichnet).

In Teil I (Einleitende Vorschriften) Titel I des Anhanges I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 sind die Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur normiert. Die Allgemeine Vorschrift 1 bestimmt, dass "die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel nur Hinweise sind. Maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Positionen und Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und - soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nicht anderes bestimmt ist - die nachstehenden Allgemeinen Vorschriften."

Gemäß der Allgemeinen Vorschrift 6 sind für die Einreihung von Waren in die Unterpositionen einer Position der Wortlaut dieser Unterpositionen, die Anmerkungen zu den Unterpositionen und (sinngemäß) die vorstehenden Allgemeinen Vorschriften maßgebend. Einander vergleichbar sind dabei nur Unterpositionen der gleichen Gliederungsstufe.

Teil II (Zolltarif) des Anhanges I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 (in den genannten Fassungen) lautet auszugsweise:
"…
ABDSCHNITT XI
SPINNSTOFFE UND WAREN DARAUS
Anmerkungen
1. Zu Abschnitt XI gehören nicht:

s) Waren des Kapitels 94 (z.B. Möbel, Bettausstattungen, Beleuchtungskörper);

7. Als "konfektioniert" im Sinne des Abschnitts XI gelten:

f) Waren, durch Nähen, Kleben oder in anderer Weise zusammengefügt, ausgenommen Meterwaren, die aus zwei oder mehr Stücken des gleichen Spinnstofferzeugnisses bestehen, die an ihren Enden zu einem Stück von größerer Länge vereinigt sind, und Meterwaren, die aus zwei oder mehr mit ihrer ganzen Fläche aufeinander liegenden und so miteinander verbundenen Spinnstofferzeugnissen bestehen, auch mit Zwischenlagen aus einem Polsterfüllstoff;

8. Für die Anwendung der Kapitel 50 bis 60 gilt:
a) konfektionierte Waren im Sinne der vorstehenden Anmerkung 7 gehören nicht zu den Kapiteln 50 bis 55 und 60 und, soweit nichts anderes bestimmt ist, nicht zu den Kapiteln 56 bis 59;

KAPITEL 63
ANDERE KONFEKTIONIERTE SPINNSTOFFWAREN; WARENZUSAMMENSTELLUNGEN; ALTWAREN UND LUMPEN
Anmerkungen
1. Zu Teilkapitel I gehören nur konfektionierte Waren aus Spinnstofferzeugnissen aller Art.


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KN-Code
Warenbezeichnung
Vertragsmäßiger Zollsatz (%)
Besondere Maßeinheit
1
2
3
4
I. ANDERE KONFEKTIONIERTE SPINNSTOFFWAREN
6306
Planen und Markisen; Zelte (einschließlich Faltpavillons und ähnliche Waren); Segel für Wasserfahrzeuge, für Surfbretter oder für Landfahrzeuge; Campingausrüstungen :
- Planen und Markisen :
6306 12 00
- - aus synthetischen Chemiefasern
12
-
6306 19 00
- - aus anderen Spinnstoffen
12
-
- Zelte (einschließlich Faltpavillons und ähnliche Waren) :
6306 22 00
- - aus synthetischen Chemiefasern
12
-
6306 29 00
- - aus anderen Spinnstoffen
12
-
6306 30 00
- Segel
12
-
6306 40 00
- Luftmatratzen
12
p/st
6306 90 00
- andere
12
-


ABSCHNITT XX
VERSCHIEDENE WAREN
KAPITEL 94
MÖBEL; MEDIZINISCH-CHIRURGISCHE MÖBEL; BETTAUSSTATTUNGEN UND ÄHNLICHE WAREN; BELEUCHTUNGSKÖRPER, ANDERWEIT WEDER GENANNT NOCH INBEGRIFFEN; REKLAMELEUCHTEN, LEUCHTSCHILDER, BELEUCHTETE NAMENSSCHILDER UND DERGLEICHEN; VORGEFERTIGTE GEBÄUDE
Anmerkungen

Zusätzliche Anmerkung
1. Im Sinne der Position 9404 umfasst die Formulierung ,gepolstert oder mit Füllung aus Stoffen aller Art' Material jeder Dicke.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
KN-Code
Warenbezeichnung
Vertragsmäßiger Zollsatz (%)
Besondere Maßeinheit
1
2
3
4
9404
Sprungrahmen; Bettausstattungen und ähnliche Waren (z. B. Auflegematratzen, Steppdecken, Deckbetten, Polster, Schlummerrollen und Kopfkissen) mit Federung oder gepolstert oder mit Füllung aus Stoffen aller Art oder aus Zellkautschuk oder Zellkunststoff, auch überzogen :
9404 10 00
- Sprungrahmen
3,7
-
- Auflegematratzen :
9404 21
- - aus Zellkautschuk oder Zellkunststoff, auch überzogen :
9404 21 10
- - - aus Zellkautschuk
3,7
-
9404 21 90
- - - aus Zellkunststoff
3,7
-
9404 29
- - aus anderen Stoffen :
9404 29 10
- - - mit Federkern
3,7
-
9404 29 90
- - - andere
3,7
-
9404 30 00
- Schlafsäcke
3,7
p/st
9404 40
- Steppdecken, Tagesdecken, Bettüberwürfe, Deck- und Federbetten :
9404 40 10
- - mit Federn oder Daunen gefüllt
3,7
-
9404 40 90
- - andere
3,7
-
9404 90
- andere :
9404 90 10
- - mit Federn oder Daunen gefüllt
3,7
-
9404 90 90
- - andere
3,7
-

"

Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Position der Kombinierten Nomenklatur und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind. Die Anmerkungen zu den Kapiteln der Kombinierten Nomenklatur sind deshalb wichtige Hilfsmittel, um eine einheitliche Anwendung des Gemeinsamen Zolltarifs zu gewährleisten, und können als wertvolle Erkenntnismittel für die Auslegung des Tarifs angesehen werden. Der Inhalt dieser Anmerkungen muss daher mit den Bestimmungen der Kombinierten Nomenklatur in Einklang stehen und darf deren Bedeutung nicht verändern. Außerdem sind die von der Europäischen Kommission zur Kombinierten Nomenklatur und die von der Weltzollorganisation zum Harmonisierten System ausgearbeiteten Erläuterungen ein wichtiges, wenn auch nicht rechtsverbindliches Hilfsmittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen (vgl. , Rn. 39 ff).

Darüber hinaus kann der Verwendungszweck der Ware ein objektives Tarifierungskriterium sein, sofern er dieser Ware innewohnt. Das Innewohnen muss sich anhand der objektiven Merkmale und Eigenschaften der Ware beurteilen lassen (vgl. , Rn. 24; ).

Nach der Anmerkung 1 Buchstabe s des Abschnitts XI gehören Waren des Kapitels 94 (zum Beispiel Möbel, Bettausstattungen, Beleuchtungskörper) nicht zu Abschnitt XI.

Gemäß Nummer 2 der Erläuterungen zum Harmonisierten System gehören zu Kapitel 94 Sprungrahmen, Matratzen, andere Bettausstattungen und ähnliche Waren, mit Federung, gepolstert oder mit Stoffen aller Art gefüllt, einschließlich solcher aus Zellkautschuk oder - kunststoff, auch überzogen. Nach Buchstabe B der Erläuterungen zum Harmonisierten System zur Position 9404 sind in diese Position Bettausstattungen und ähnliche Waren, gefedert, gepolstert oder mit Stoffen aller Art (Baumwolle, Wolle, Rosshaar, Daunen, synthetischen Fasern usw.) gefüllt, oder aus Schaum-, Schwamm- oder Zellkautschuk oder Zellkunststoff, auch überzogen mit Gewebe, Kunststoffen usw. einzureihen. Als Beispiele sind Matratzen, auch mit Federkern (Nummer 1), Deckbetten und Bettdecken, Tagesdecken und Bettüberwürfe (einschließlich Paradedecken und Kinderwagendecken), Steppdecken und Daunendecken und Federdecken, Matratzenschoner (eine Art dünner Matratze, die zwischen Matratze und Sprungrahmen gelegt wird), Keilkissen, Kopfkissen, Polster, Schlummerrollen usw. (Nummer 2) und Schlafsäcke (Nummer 3) genannt.

Die Beschwerdeführerin vertritt die Ansicht, bei den Strandmatten und Picknickdecken handle es sich um Bettausstattungen und ähnliche Waren; diese seien in die Position 9404 einzureihen, zumal nach einer Anmerkung zur Position 9404 (Anmerkung des Bundesfinanzgerichtes: offenbar Buchstabe B der Erläuterungen zum Harmonisierten System) "Bettausstattungen und ähnliche Waren gefedert, gepolstert oder mit Stoffen aller Art (…synthetische Fasern, usw.) gefüllt" in die Position 9404 einzureihen seien. Die Beschwerdeführerin stützt ihre Ansicht auf die Zusätzliche Anmerkung 1 zu Kapitel 94 und auf die verbindlichen Zolltarifauskünfte des Hauptzollamtes Hannover vom , Nummer ***15***, für eine mit Artikelnummer ***9*** vergleichbare Strandmatte und vom , Nummer ***11***, für die Picknickdecke mit der Artikelnummer ***5***.

Aus der genannten Zusätzlichen Anmerkung 1 und aus den Erläuterungen zum Harmonisierten System zur Position 9404 ergibt sich nicht eine Einreihung der Strandmatten und der Picknickdecken in die Position 9404. Diese zusätzliche Anmerkung und diese Erläuterung bestimmen entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht, dass eine Polsterung oder eine Füllung allein eine Einreihung in das Kapitel 94 zur Folge hat, sondern dass andere Bettausstattungen und ähnliche Waren, mit Federung, gepolstert oder mit Stoffen aller Art gefüllt, in das Kapitel 94 einzureihen sind. Nur wenn es sich bei den verfahrensgegenständlichen Picknickdecken und Strandmatten um andere Bettausstattungen und ähnliche Waren handelt hätte, wäre eine Einreihung in das Kapitel 94 in Betracht gekommen.

Das war nicht der Fall. Buchstabe B der Erläuterungen zum Harmonisierten System zu Position 9404 zählt demonstrativ die von "Bettausstattungen und ähnliche Waren" erfassten Waren auf. Bei den Picknickdecken und Strandmatten handelt es sich nicht um Matratzen oder Schlafsäcke. Die unter Nummer 2 des Buchstaben B aufgezählten Waren finden in Betten Verwendung oder werden bei anderen (auch) zum Schlafen vorgesehenen Gegenständen (wie zum Beispiel bei einem Kinderwagen) verwendet. Die verfahrensgegenständlichen Picknickdecken und Strandmatten finden nach Aufmachung, Zusammensetzung und Verwendungszweck nicht in Betten, Kinderwägen, Kinderbetten, etc. Verwendung; die genannten Grundlagen deuten eindeutig auf andere Waren als auf Strandmatten und Picknickdecken hin. Bei den Picknickdecken und Strandmatten handelt sich daher nicht um Bettausstattungen und ähnliche Ware im Sinne der Position 9404.

Da es sich bei den Strandmatten und bei den Picknickdecken nicht um Bettausstattungen und ähnliche Waren und somit nicht um solche der Position 9404 handelt, war eine Einreihung in Abschnitt XI nicht ausgeschlossen.

Nach Nummer 5 der Erläuterungen zum Harmonisierten System zu Position 6306 gehören zur Campingausrüstung Wassereimer und Wassersäcke, Waschbecken und Behälter, Zeltböden, Luftmatratzen und Luftkissen (andere als solche der Position 4016), sowie Hängematten (andere als solche der Position 5608). Nicht zu dieser Position gehören Schlafsäcke, Matratzen und Kissen, mit Füllungen (Position 9404). Bei den Strandmatten und Picknickdecken handelt es sich nicht um Schlafsäcke, Matratzen oder Kissen.

Nach den Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur zu der Unterposition 6306 9000 gehören in diese Unterposition auch Campingausrüstungen wie aufblasbare Sitze aus Spinnstoff, aufblasbare Liegesessel aus Spinnstoff und ähnliche Waren, die im Allgemeinen dazu bestimmt sind, an verschiedene Orte (zum Beispiel Campingplätze, Strand usw.) mitgenommen und dort vorübergehend verwendet zu werden. Aufgrund ihrer objektiven Merkmale wie ihres geringen Gewichts sind diese aufblasbaren Waren leicht zu transportieren sowie einfach und schnell aufzustellen und wieder einzupacken.

Die Beschwerdeführerin brachte vor, die gegenständlichen Strandmatten und Picknickdecken seien nicht aufblasbar oder mit Luft zu füllen und würden somit nicht den in Nummer 5 der Erläuterungen zum Harmonisierten System zu Position 6306 beschriebenen Waren entsprechen. Die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur zu der Unterposition 6306 9000 bringen zum Ausdruck, dass auch andere als aufblasbare Waren von dieser Unterposition erfasst sind (argumentum: "auch Campingausrüstungen wie").

Die Strandmatten und Picknickdecken sind - wie bereits ausgeführt - nach Aufmachung und Verwendungsbeschreibung für eine Verwendung im Freien und an verschiedenen Orten vorgesehen. Dieser Verwendungszweck wohnt den Waren inne. Durch die Tragegriffe, Schultergurte, Befestigungsbänder, Klettverschlüsse lassen sich die Strandmatten und Picknickdecken leicht transportieren, auflegen und auch leicht wieder einrollen beziehungsweise zusammenfalten. Die Picknickdecken sind darüber hinaus auf der Unterseite mit einer aluminiumbeschichteten Folie ausgestattet. Die Zusammensetzung und Aufmachung der Strandmatten und Picknickdecken deuten klar und deutlich auf eine vorübergehende Verwendung im Freien hin und geben keine Anhaltspunkte für eine Verwendung in Betten oder ähnlichen Vorrichtungen. Die verfahrensgegenständlichen Picknickdecken und Strandmatten waren daher in die Position 6306 9000 der Kombinierten Nomenklatur einzureihen; der Regelzollsatz für diese Position beträgt 12%. Die Mitteilungen der nachträglich buchmäßig erfassten Abgabenbeträge erfolgten zu Recht.

Das Bundesfinanzgericht stützte seine Ansicht (auch) auf die Durchführungsverordnung (EU) 2019/926 der Kommission vom und auf die Durchführungsverordnung (EU) 2022/1524 der Kommission vom zur Einreihung bestimmter Waren in die Kombinierte Nomenklatur.

Mit der erstgenannten Verordnung wurde eine Ware, die sich neben einem Rahmen aus Metallstangen (für eine Rückenlehne) aus zusammengefügten Spinnstoffeinlagen und einer Polsterung aus Zellkunststoff zusammensetzt und bei der die Spinnstoffe der Waren ihren wesentlichen Charakter verleihen, in die Unterposition 6306 9000 der Kombinierten Nomenklatur eingereiht. Begründet wurde die Einreihung mit der aufgrund ihrer objektiven Merkmale ausgelegten vorübergehenden Verwendung der als Campingmatte oder Strandmatte aufgemachten Ware im Freien und damit, dass eine Einreihung in die Position 9404 ausgeschlossen sei, weil die Ware nicht für die Ausstattung eines Bettes bestimmt sei und nicht mit einer Auflegematratze oder Ähnlichem vergleichbar sei.

Mit der Durchführungsverordnung vom wurde eine Picknickdecke, bestehend aus zwei Lagen aus gewirkten Spinnstofferzeugnissen, von denen eine auf einer Seite mit einer Kunststofffolie laminiert ist (und die zusammenlegbar und mit einem Tragegriff ausgestattet ist) in die Position 6306 9000 der Kombinierten Nomenklatur eingereiht. Begründet wurde die Einreihung damit, dass die Picknickdecke aufgrund ihrer objektiven Merkmale für eine Verwendung im Freien, z.B. für Campingplätze oder für den Strand, sowie für eine dortige vorübergehende Verwendung ausgelegt sei.

Mit diesen Verordnungen wurde klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass auch andere als aufblasbare Waren und auch andere als in Nummer 5 der Erläuterungen zum Harmonisierten System zu Position 6306 genannte Waren von der Position 6306 9000 der Kombinierten Nomenklatur erfasst sind; das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführerin führte daher nicht zum Erfolg der Beschwerde. Diese Verordnungen bestimmen auch, dass es sich bei Picknickdecken und Strandmatten nicht um Bettausstattungen und ähnliche Waren handelt.

Die Durchführungsverordnung vom bestätigt darüber hinaus die Ansicht des Bundesfinanzgerichtes, wonach eine Polsterung oder Füllung nicht das alleinige entscheidende Kriterium für eine Einreihung in die Position 9404 ist. Denn die von dieser Verordnung erfasste Ware wurde - obwohl diese gepolstert ist - in die Position 6306 9000 eingereiht. Auch bei den verfahrensgegenständlichen Strandmatten und Picknickdecken ist aufgrund der objektiven Merkmale von einer Verwendung im Freien auszugehen und diese sind auch nicht für die Ausstattung eines Bettes bestimmt. Da es sich bei den verfahrensgegenständlichen Picknickdecken und Strandmatten nicht um Bettausstattungen oder ähnliche Waren handelt, vermag der Umstand, dass diese gefüllt sind, nicht eine Einreihung in die Position 9404 begründen; diese sind - wie bereits ausgeführt - auf Basis der geltenden Rechtslage in die Position 6306 9000 der Kombinierten Nomenklatur einzureihen.

Gemäß Art. 33 Abs. 2 UZK entfalten die im Beschwerdeverfahren vorgelegten verbindlichen Zolltarifauskünfte vom (für eine mit der Artikelnummer ***9*** vergleichbare Strandmatte) und vom (für die Picknickdecke mit der Artikelnummer ***5***) im Beschwerdefall keine Bindungswirkung, weil die hier zu beurteilenden Sachverhalte, nämlich die in den Jahren 2018 und 2019 erfolgten Überführungen in den zollrechtlich freien Verkehr, vor dem Erlassen der verbindlichen Zolltarifauskünfte verwirklicht worden sind. Nur für nach dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens von verbindlichen Zolltarifauskünften vorgenommene Einfuhren ist die verbindliche Zolltarifauskunft maßgebend (Art. 33 Abs. 2 Buchstabe a UZK; ).

Zu dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, die nach den verfahrensgegenständlichen Einfuhren wirksam gewordenen verbindlichen Zolltarifauskünfte vom 4. und seien als Beweis für die Einreihung der Picknickdecken und Strandmatten in die Position 9404 zu berücksichtigen, ist festzuhalten, dass das Bundesfinanzgericht Zweifel an der Richtigkeit der beiden verbindlichen Zolltarifauskünfte hat. Unter Berücksichtigung der einschlägigen Bestimmungen und unter der Berücksichtigung der genannten Durchführungsverordnungen vom und vom war für das Bundesfinanzgericht - wie vorstehend erwogen - eine Einreihung der verfahrensgegenständlichen Picknickdecken und Strandmatten in die Position 9404 ausgeschlossen.

Art. 114 Abs. 2 UZK bestimmt Folgendes: "Entsteht die Zollschuld aufgrund von Artikel 79 oder 82 oder wird die Zollschuld aufgrund einer nachträglichen Kontrolle mitgeteilt, so werden ab dem Tag des Entstehens der Zollschuld bis zum Tag der Mitteilung der Zollschuld Verzugszinsen auf den Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrag berechnet. Der Verzugszinssatz wird nach Absatz 1 bemessen." Die Vorschreibung der Verzugszinsen für den nachzuerhebenden Abgabenbetrag erfolgte daher zu Recht.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht stützt seine Entscheidung auf den klaren und eindeutigen Wortlaut der einschlägigen Vorschriften und auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäische Union und auf die des Verwaltungsgerichtshofes. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind (insbesondere im Hinblick auf die genannten Durchführungsverordnungen vom und vom ) keine Rechtsfragen aufgeworfen worden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, eine Revision ist nicht zulässig.

Aus den dargestellten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 56 Abs. 1 UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
Art. 33 Abs. 2 UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
Anhang I Titel I Teil I KN-VO, VO 2658/87, ABl. Nr. L 256 vom S. 1
Verweise
EuGH, C-700/15
EuGH, C-772/19
VwGH, Ra 2015/16/0009
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.2200005.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at