1. Beschäftigungsverhältnisse von Bereitschaftsdiensten, 2. SEG-Zulage für Betreuer psychisch erkrankter Personen im betreuten Wohnen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden Richter Mag. Kurt Lorenz, dem beisitzenden Richter Mag. Josef Gutl und den fachkundigen Laienrichtern Mag. Christiane Riel-Kinzer (Wirtschaftskammer Steiermark) sowie Mag. Bruno Sundl (Kammer für Arbeiter und Angestellte Steiermark) in Anwesenheit der Schriftführerin Lisa Pfingstl über die Beschwerden der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Klug & Partner Steuerberatungskanzlei, Petersbergenstraße 7/3, 8042 Graz, vom , welchen ***1***, ***2***, ***3***, ***4***, ***5***, ***6***, alle vertreten durch Klug und Partner Steuerberatung, 8042 Graz, Petersbergenstraße 7, sowie ***7***, ***8*** beigetreten sind, gegen die Haftungsbescheide des Finanzamtes Graz-Stadt, nunmehr Finanzamt Österreich, vom betreffend Lohnsteuer samt Säumniszuschlägen für die Jahre 2005 bis 2009 und gegen die Bescheide vom betreffend Festsetzung des Dienstgeberbeitrages (DB) samt Säumniszuschlägen für die Jahre 2005 bis 2009, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:
1. Den Beschwerden gegen die Haftungsbescheide betreffend Lohnsteuer samt Säumniszuschlägen für die Jahre 2005 bis 2009 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.
2. Die Beschwerden gegen die Bescheide betreffend die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages samt Säumniszuschlägen über die Jahre 2005 bis 2009 werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (Bf) ist ein gemeinnütziger Verein, dessen Tätigkeit nach seinen Statuten nicht gewinnorientiert ist und die Förderung und Unterstützung selbständigen und selbstbestimmten Wohnens von Menschen, die aufgrund psychosozialer Probleme Unterstützung im Bereich des Wohnens benötigen, bezweckt.
Beim bf Verein fand über den Prüfungszeitraum 2005 bis 2009 eine Lohnabgabenprüfung statt. Es wurde festgestellt, dass die Beschäftigungsverhältnisse mit den Personen, die Bereitschaftsdienste leisteten, zu Unrecht als freie Dienstverhältnisse abgeschlossen und für die ausbezahlten Entgelte kein Dienstgeberbeitrag abgeführt wurde. Als Begründung für die Umstellung dieser freien Beschäftigungsverhältnisse auf Dienstverhältnisse nach § 47 Abs. 2 EStG 1988 stützte sich das Finanzamt auf die vom Bf erlassene Bereitschaftsdienstordnung (BDO) und auf den Umstand, dass durch den Bf eine freiwillige Umstellung auf echte Dienstnehmer ab dem Jahr 2010 vorgenommen wurde.
Weiters wurde festgestellt, dass für die PsychotherapeutInnen, die ausschließlich mit Patienten außerhalb geschlossener psychiatrischer Stationen zu tun hätten, eine nach § 68 Abs. 5 EStG steuerfreie Erschwerniszulage ausbezahlt wurde. Von den Dienstnehmern seien auch keine Pflegedienste für ihre Klienten geleistet worden. Da die psychologische Betreuung von psychisch kranken Personen genau dem Berufsbild eines Psychotherapeuten entsprechen würde, könne eine steuerfrei ausbezahlte Erschwerniszulage nach § 68 Abs. 5 EStG nicht anerkannt werden. Für die steuerfrei belassenen Erschwerniszulagen wurde Lohnsteuer nachgefordert.
Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ die angefochtenen Bescheide.
In den dagegen nach mehreren Fristverlängerungsansuchen fristgerecht erhobenen Beschwerden wurde die ersatzlose Aufhebung der angefochtenen Bescheide und der Antrag auf Senatszuständigkeit sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Beschwerden gegen die Haftungsbescheide betreffend Lohnsteuer auch als gegen den Abgabenanspruch eingebracht gelten würde (§ 248 BAO).
Nach Darstellung des Verfahrensganges wurde darauf hingewiesen, dass der bisherige Verlauf des Verfahrens durch eine Reihe formeller und materieller Mängel gekennzeichnet sei, und zwar:
-Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung laut § 114 Abs. 1 BAO
-Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit gemäß § 115 Abs. 1 BAO
-Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 115 Abs. 2 BAO:
Es werde wird darauf hingewiesen, dass im Verlauf des bisherigen Verfahrens der Grundsatz auf Wahrung des Parteiengehörs als massiv verletzt erscheine. Folgenden mündlich gestellten Anträgen sei anlässlich der Besprechungen mit dem Prüfungsorgan vom 23.7., 20.10. und nicht nur nicht entsprochen, sondern auch gleich gar nicht protokolliert worden, wie z.B.:
- auf Protokollierung des Antrages auf bescheidmäßige Ausfertigung der Prüfungsfeststellungen zur SV
- auf Einbeziehung und Berücksichtigung von anonymisierten Falldokumentationen zur Beurteilung von Sachverhalten bzw. deren rechtliche Würdigung
-auf Auswertung der statistischen Daten, die der Landesregierung vorgelegt hätten werden müssen (Bericht der Sanitätsdirektion Stmk/Psychiatriekoordination) um nachzuweisen, dass der bei weitem überwiegende Teil der betreuten Klienten an schweren, lang andauernden psychiatrischen Erkrankungen aus dem Formenkreis der Psychose bzw. an schweren Persönlichkeitsstörungen leiden würden
- auf Berücksichtigung der Tätigkeitsdokumentation an das Land Stmk, aus der die Zeiten der direkten Betreuungsarbeit ersichtlich seien
- auf Berücksichtigung der von der Geschäftsführung des Bf beigebrachten schriftlichen Unterlagen bzgl. der Art der Tätigkeit des Betreuungspersonals und der psychischen Krankheiten der KlientInnen
- auf Heranziehung des Leistungsvertrages gemäß LEVO (=Leistungs- und Entgeltverordnung zum Stmk BHG) zw. Land Stmk und Bf als Beweis der Tatsache, dass alle als Weisungen zu wertenden Vorgaben der BDO lediglich die Weitergabe der vertraglichen Leistungspflichten des Bf an die freien Dienstnehmer, und damit ausschließlich sachliche Weisungen darstellen würden
- auf Befragung von freien Dienstnehmern, die nicht auch in einem echten Dienstverhältnis zum Bf stehen würden
- Erhebungen des Prüfers in Richtung SEG - Tätigkeiten im Zuge der Dienstnehmer-Befragungen
- auf Befragung von betreuenden Mitarbeiterinnen der Einrichtungen ***9*** zur Dokumentation der besonderen Erschwernis der Betreuungstätigkeit
- auf Würdigung der Tatsache, dass die MitarbeiterInnen extramuraler sozialpsychiatrischer Einrichtungen (z.B. ***10***) sowie von ***11*** SEG-Zulagen aufgrund der erschwerten Tätigkeit mit vergleichbaren Personengruppen beziehen würden (Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung aller Abgabepflichtigen).
Nicht berücksichtigt seien weiters Beweisanträge in der Stellungnahme ***12*** vom als Beilage zum Schriftsatz vom an Herrn ***13***/FA Graz-Stadt auf Berücksichtigung der BADOK-Basisdokumentation für das Land Steiermark bezüglich der Diagnosen der betreuten Personen und zeitliches Ausmaß der Tätigkeiten der betreuenden MitarbeiterInnen und von Falldokumentationen zur Fragestellung Zuerkennung von SEG-Zulagen bzw. der LEVO des Landes Steiermark zum Stmk. BehindertenG zur Beuerteilung der Frage der Rechtsnatur der Beschäftigungsverhältnisse der Personen, die Bereitschaftsdienstleistungen erbringen, worden.
Schließlich seien Niederschriften über die abgebrochene Schlussbesprechung vom und die fortgesetzte Schlussbesprechung vom nicht ausgehändigt worden.
Im Hinblick auf die Ermittlungspflicht auch zu Gunsten des Abgabepflichtigen könne von einer normgerechten Ermittlung der materiellen Wahrheit - auch zugunsten der Partei - vor allem dann nicht gesprochen werden, wenn etwa das Prüfungsorgan schon vor Befragung von Mitarbeitern äußern würde, dass dies bloß Formsache sei, da deren Ergebnis ohnehin keinen Einfluss auf die Beurteilung des Sachverhaltes haben würde oder aber die mit Schriftsatz vom vorgebrachten Einwände und Beweisanträge in keiner Weise gewürdigt worden seien, schließlich der mit Schriftsatz vom eingebrachte Antrag auf Mitteilung einer fehlenden Begründung gemäß § 245 Abs. 2 BAO innerhalb eines Zeitraumes von 10 Monaten immer noch nicht erledigt sei.
Bezüglich der vom Prüfungsorgan mit den nichtselbständig beschäftigten und Bereitschaftsdienste leistenden Dienstnehmern des Bf ***14*** aufgenommenen Niederschriften wird auf die fehlenden Formalerfordernissen des § 87 Abs. 2 und 3 BAO in wesentlichen Punkten hingewiesen:
- es fehle in sämtlichen Niederschriften die Benennung der Abgabenbehörde, der Name des Leiters der Amtshandlung, der Gegenstand der Amtshandlung, die eigenhändige Unterschrift des die Amtshandlung leitenden Organs
- in der Niederschrift ***15*** würden darüber hinaus Angaben über Ort und Zeit der Amtshandlung fehlen
- in sämtlichen Niederschriften sei der Verlauf und Inhalt der Amtshandlung nicht richtig und verständlich wiedergegeben worden.
Wegen der dargestellten formellen Mängel würden die vorgenannten Niederschriften keinen Beweis im Sinne des § 88 BAO über den Gegenstand und den Verlauf der betreffenden Amtshandlung liefern.
Zu den formellen Mängeln in der Bescheidbegründung wird ausgeführt, dass in den Begründungen zu den angefochtenen Bescheiden mehrfach davon die Rede sei, dass der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag sowie Kommunalsteuer nachzufordern gewesen sei, obwohl gar keine DZ-Pflicht gegeben gewesen sei bzw. eine Befreiung von der Kommunalsteuer bestanden habe, wobei weder DZ noch Kommunalsteuer bescheidmäßig festgesetzt oder nachgefordert worden seien.
Mit Schriftsatz vom sei unter anderem der Antrag auf Mitteilung der den bekämpften Bescheiden teilweise fehlenden Begründung gestellt worden und zwar hinsichtlich der Überlegungen, die der pauschalen Nachverrechnung von Lohnsteuer mit 30% (2005) bzw. 35% (2006-2009) der Bemessungsgrundlage zugrunde gelegen seien. Diese Ergänzung sei von der Abgabenbehörde nicht beigebracht worden.
Bezüglich der Umqualifizierung der freien Beschäftigungsverhältnisse (Bereitschaftsdienste) in echte Dienstverhältnisse nach § 47 Abs. 2 EStG 1988 wird bemängelt, dass sich das Prüfungsorgan in seiner Beurteilung hinsichtlich des Vorliegens echter Dienstverhältnisse ausschließlich auf die Verpflichtung zur Einhaltung der Bereitschaftsdienstordnung (BDO) gestützt habe und hierin eine persönliche Weisungsgebundenheit sowie eine Eingliederung in den betrieblichen Organismus erblicken würde.
Dem mehrfach geäußerten Vorbringen, dass die BDO lediglich die in den Leistungsverträgen mit dem Land Steiermark bzw. die in den Leistungs- und Entgeltsverordnung des Landes Steiermark (LEVO) statuierten zwingenden sachlichen Vorgaben übernehmen würde, sei seitens des Prüfungsorgans keine Bedeutung beigemessen und auf die Einbeziehung des Inhaltes von Leistungsverträgen bzw. LEVO in die Entscheidungsgrundlagen verzichtet worden.
Die Aussage in der Bescheidbegründung, die Umstellung der Bereitschaftsdienst leistenden Personen von freien Dienstnehmern auf echte Dienstnehmer ab dem Jahr 2010 sei freiwillig erfolgt, sei das Ergebnis mangelhafter Sachverhaltsermittlung, da sich tatsächlich ab dem Jahr 2010 die Vorgaben des Landes Steiermark geändert hätten.
Bezüglich der Mitarbeiterbefragungen wird bemängelt, dass 3 Befragungen aus dem Kreis jener Personen, die neben ihrem freien Dienstverhältnis auch in einem echten Dienstverhältnis zum Bf stehen, folgenden Zahlen an gesamt Bereitschaftsdienst leistenden Personen gegenüber stehen würden:
2005: 25 Personen, davon 15 nicht in einem Dienstverhältnis zum Bf
2006: 38 Personen, davon 25 nicht in einem Dienstverhältnis zum Bf
2007: 34 Personen, davon 23 nicht in einem Dienstverhältnis zum Bf
2008: 35 Personen, davon 24 nicht in einem Dienstverhältnis zum Bf
2009: 38 Personen, davon 19 nicht in einem Dienstverhältnis zum Bf
Somit seien aus dem Kreis der weitaus überwiegenden Zahl an Bereitschaftsdienst leistenden Personen, die in keinem Dienstverhältnis zur Wohnplattform stehen würden, keine einzige befragt worden. Von einer repräsentativen Auswahl könne also nicht gesprochen werden.
Des Weiteren seien die Fragestellungen teils unvollständig, teils missverständlich, teils unverständlich und teils aber auch irreführend formuliert. Bezüglich der Frage einer allfälligen Meldepflicht im Vertretungsfall würden sich von Niederschrift zu Niederschrift Abweichungen ergeben. Es würde die Frage fehlen "Durften Sie sich vertreten lassen?" und "Waren Sie in der Auswahl Ihres Vertreters irgendwelchen Vorgaben und/oder Einschränkungen unterworfen?."
Gerade die Beantwortung auf diese fehlenden Fragen hätte wesentliche Erkenntnisse zur Abgrenzung freier/echter Dienstverhältnisse bringen können. Aus den Fragen 8. bezüglich der Meldepflicht im Vertretungsfall bzw. 9. bezüglich tatsächlicher Inanspruchnahme einer Vertretung lasse nämlich kein Erkenntnis auf ein generelles oder bloß eingeschränktes Vertretungsrecht gewinnen.
Die Frage "Wurde bei Vertretungen auf einen Pool zugegriffen?" sei unvollständig, missverständlich und irreführend formuliert. Aus der BDO ergeben sich weder die Existenz eines "Pools" noch die Verpflichtung freier Dienstnehmer, im Vertretungsfall auf Poolmitglieder zurückgreifen zu müssen.
Daraus könne keine Einschränkung des Vertretungsrechtes abgeleitet werden. Es habe auch keine vereinbarte Gesamtverpflichtung oder Rahmenvereinbarung zwischen dem Bf und Bereitschaftsdienst leistenden Personen derart gegeben, dass sich diese auf längere Dauer zur Erbringung von Arbeitsleistungen verpflichtet hätten. Vielmehr seien hinsichtlich jedes einzelnen Bereitschaftsdienstes einseitig abgegebene Erklärungen der freien Dienstnehmer vorgelegen, einen bestimmten Bereitschaftsdienst übernehmen zu wollen. Demnach hätten die freien Dienstnehmer aber auch sanktionslos die Übernahme von Bereitschaftsdiensten ablehnen können. Hinsichtlich der vollkommen freiwillig übernommenen Bereitschaftsdienste sei den freien MitarbeiterInnen aber auch ein generelles und nicht auf einen bestimmten Personenkreis eingeschränktes Vertretungsrecht zugestanden.
Hinsichtlich der bei den als BetreuerInnen beschäftigten echten DienstnehmerInnen nachversteuerten SEG-Zulagen wird bemängelt, dass die Ausführungen in der Begründung der bekämpften Bescheide nicht dem Sachverhalt entsprechen würde und entsprechende Beweisanträge und Beweismittel ignoriert worden seien. So sei zur Klärung des Tätigkeitsumfanges und -bildes der MitarbeiterInnen der Diagnosen der betreuten Personen als Beweis für die erschwerten Arbeitsbedingungen und das Ausmaß der Betreuungsarbeit seitens des Geschäftsführers des Bf die Heranziehung einerseits der Basisdokumentation (BADOK im Auftrag des Landes Steiermark/Gesundheitsresort) sowie anonymisierte Falldokumentationen andererseits beantragt.
Auch sei darauf hingewiesen worden, dass sämtliche betreuende MitarbeiterInnen des Bf in Verwendungsgruppe 8 des BAGS-Kollektivvertrages eingestuft seien und nicht als klinisch diagnostizierende Psychologinnen oder PsychotherapeutInnen (Verwendungsgruppe 9 BAGS-KV).
Bei den freien Dienstnehmern/Bereitschaftsdienste würde keinesfalls ein Dienstverhältnis vorliegen, da der Status der freien Dienstnehmer zu keiner persönlichen Arbeitspflicht führen würde, da
- Dienste ohne Begründung und sanktionslos abgelehnt hätten werden können
- bereits übernommene Dienste ohne Begründung dem Bf gegenüber wieder zurück gelegt hätten werden können. Dem Bf hätte nur die Zeit eingeräumt werden müssen (in der Regel ein Tag), den Dienst einem anderen freien Dienstnehmer anzubieten oder anderweitig zu besetzen
- Dienste ohne Zustimmung des Bf an persönlich und fachlich geeignete Vertreterinnen übergeben hätten werden können. Dies sei außerhalb der Organisation des Bf geschehen. Der Bf hätte nur so rechtzeitig über eine Vertretung informiert werden müssen, dass es ihm in Erfüllung sozialversicherungsrechtlicher Vorgaben ermöglicht war, eine ordnungsgemäße Anmeldung einer anderen Person vorzunehmen.
Eine organisatorische Eingebundenheit der freien Dienstnehmer, die ein Dienstverhältnis begründet hätte, bestehe deshalb nicht, da
- diese keinen Arbeitsplatz in den Büros des Bf und daher auch keinen Bf-Dienstort hätten
- diese keine Arbeitsmittel mit der einzigen auf Graz beschränkten Ausnahme des Krisentelefons (wegen der Telefonnummer: die Obersteirische Regelung erfolge durch Weiterleiten der Anrufe auf Privattelefone) des Bf verwenden würden, wobei die Verwendung durch den Bf beigestellter Arbeitsmittel der Annahme einer selbständigen Tätigkeit dann nicht entgegenstehen würde, wenn die Merkmale der Selbständigkeit überwiegen würden
- diese nicht zur Teilnahme an Dienst- oder Teambesprechung verpflichtet seien
- die Teilnahme an den quartalsweise angebotenen "Dienstausschreibungsterminen" nicht verpflichtend, sondern vollkommen freiwillig erfolgen würde, da die Termine für Bereitschaftsdienste auch telefonisch oder schriftlich vereinbart hätten werden können
- keine Verpflichtung zur Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen bestehen würde
- keine Verpflichtung zur Teilnahme an fachlichen Fallbesprechungen und/oder Supervisionen bestehen würde.
Es liege auch keine persönliche Weisungsgebundenheit vor, da
- keine Arbeitspflicht bestanden habe (siehe auch die Ausführungen zum sanktionslosen und uneingeschränkten Ablehnungs- und Vertretungsrecht)
- keine disziplinäre Verantwortung und/oder Sanktion für den Fall ungemeldeten Fernbleibens vom übernommenen Bereitschaftsdienst bestanden habe
- die Möglichkeit bestanden habe, ohne Kündigung und ohne rechtliche Sanktionen die Tätigkeit jederzeit einzustellen
- keine Beschränkung der Entscheidungsbefugnis hinsichtlich der Verrichtung der Tätigkeit bestehen würde, d.h. alle freien DienstnehmerInnen würden über erforderliche Maßnahmen während der übernommenen Bereitschaftsdienste vollkommen frei, selbständig und eigenverantwortlich auf der Basis ihres fachlichen Könnens und ihrer Berufserfahrung (dies treffe z.B. die Entscheidung, ob und wie lange Telefonate oder persönliche Gespräche mit Klientinnen zu führen seien, ob ein Kriseneinsatz erforderlich sei, ob die Polizei und Rettung beigezogen werden solle und ob eine Krankenhauseinweisung zu veranlassen sei, etc.)
- die Krisenbewältigung eigenständig und ohne Kontrolle seitens des Bf erfolgt sei (siehe dazu auch den Punkt zuvor)
- eine Veränderung der Arbeitsabläufe nach Rücksprache mit den betreuten Personen und ohne eigenständig möglich gewesen sei.
Auch aus den Befragungen der drei freien Dienstnehmer gehe dies eindeutig hervor. So seien die Fragen 11 und 12 bezüglich Konsequenzen bei unangemeldetem Fernbleiben bzw. Kontrollen durch den Bf ausnahmslos dahingehend beantwortet worden, dass bei unangemeldetem Fernbleiben keine Konsequenzen zu erwarten gewesen seien bzw. es keine Kontrollen seitens des Bf gegeben habe.
Im Hinblick darauf, dass sich aus der Erteilung sachlicher Weisungen noch kein Dienstverhältnis ergeben würde, zeige sich, dass die Bereitschaftsdienstordnung (BDO) in Erfüllung und Überbindung der durch den Bf eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen (LEVO bzw. Leistungsvereinbarungen) ausschließlich sachliche Weisungen an die freien DienstnehmerInnen erteilt habe und zwar in folgenden Punkten:
- Regelung der Bereitschaftsdienstzeiten
- Regelung der Dienstübergabe zwischen den sich ablösenden Bereitschaftsdiensten inkl. Informationsweitergabe sowie Übergabe von Schlüsseln zu den Wohngemeinschaften und Bereitschaftsdiensthandy
- Regelung der Erreichbarkeit während des Bereitschaftsdienstes
- Regelung der Informationsweitergabe über Vorkommnisse an den Bürodienst
- Regelung der Abrechnungsmodalitäten zum Zweck einer ordnungsgemäßen steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Abwicklung durch den Bf.
Darüberhinausgehende Inhalte der BDO hätten lediglich informativen Charakter, wie z.B.:
- Information über die KlientInnen und ihre aktuelle psychische Situation
- fachliche und rechtliche Information, wie z.B. die Unzulässigkeit, Krankentransporte in die psychiatrische Klinik mit dem eigenen Pkw durchzuführen
- Maßnahmen im Vertretungsfall.
Die Antworten auf die Fragen 3 bis 6 anlässlich der durchgeführten Befragungen würden eindeutig das Fehlen jeglicher persönlicher Weisungsbindung bzw. das Vorliegen ausschließlich sachlicher Weisungen in der BDO dokumentieren.
Ein Unternehmerrisiko liege seitens der freien Dienstnehmer deshalb vor, da
- die Höhe der Einnahmen von der Anzahl der aufgewendeten Arbeitsstunden abhängig sei
- die Ausübung des Ablehnungs-/Vertretungsrechtes zu Einnahmeausfall führen würde
- kein Anspruch auf Urlaubsgeld, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bestehen würde bzw. eine Absicherung bei Verletzungen und/oder Unfällen fehlen würde
- bei Verhinderung, aus welchem Grunde immer, kein Honoraranspruch bestehen würde
- die freien DienstnehmerInnen die aus ihrem Handeln (Tun oder Unterlassen) resultierenden Konsequenzen gänzlich selbst zu verantworten und zu tragen hätten.
Bezüglich der weiteren Feststellung des Prüfers, wonach für Psychotherapeuten, die es ausschließlich mit Patienten außerhalb geschlossener psychiatrischer Stationen zu tun haben, eine nach § 68 Abs. 5 EStG 1988 Erschwerniszulage zu Unrecht steuerfrei ausbezahlt wurde, wird wiederum eine unvollständige und mangelhafte Sachverhaltsermittlung beanstandet, da eine Beschäftigung von Psychologen/Psychotherapeuten durch den Bf und damit keinerlei psychologische/psychotherapeutische Behandlung durch Dienstnehmer des Bf durchgeführt werde, da in LEVO und Leistungsvereinbarungen nicht vorgesehen.
Auch die rechtliche Beurteilung des Prüfers und des Finanzamtes dahingehend, inwieweit die von DienstnehmerInnen des Bf zu leistenden Arbeiten überwiegend unter Umständen erfolgen, die im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellen würden, wird bemängelt.
Nach Darlegung des § 68 Abs. 5 EStG 1988 und der RZ 1136 und 1139 der LStR 2002 wird darauf hingewiesen, dass zunächst die Frage der Vergleichsgruppe zu klären sei. Es könne sich dabei nicht um die Berufsgruppe der Psychologen/Psychotherapeuten handeln, zumal der Bf keinen Auftrag hatte, durch PsychotherapeutInnen Psychotherapie zu erbringen bzw. durch PsychologInnen psychologische Diagnostik und Behandlung zu leisten.
Nach den Bestimmungen des BAGS-Kollektivvertrag habe die Einstufung und Entlohnung tätigkeitsbezogen zu erfolgen (siehe dazu Beilage E: PsychologInnen-Weblog, wonach die Einstufung in die höchste Gehaltsstufe - Verwendungsgruppe 9 nur für jene PsychologInnen und PsychotherapeutInnen gelten würde, die explizit als GesundheitspsychologInnen und Klinische PsyhologInnen und nicht als BehindertenbetreuerInnen, TrainerInnen etc. beschäftigt werden würden.
Im Konkreten sei daher die Einstufung der betreuenden MitarbeiterInnen als fachliche Betreuungsarbeit erfolgt (siehe dazu wiederum LEVO: multiprofessionelle Teamarbeit mit dem gleichen Aufgabenspektrum für alle betreuenden MitarbeiterInnen).
Da die betreuenden MitarbeiterInnen aller Berufsgruppen beim Bf die gleiche Betreuungsarbeit leisten würden, seien sie daher in der gleichen Verwendungsgruppe 8 gemäß BAGS Kollektivvertrag eingestuft worden.
Die konkrete Betreuungsarbeit der BetreuerInnen des Bf sei in Vergleich zu allgemeinen Tätigkeiten dieser Verwendungsgruppe (z.B. Sozialarbeit allgemein, PysiotherapeutInnen etc.) zu setzen.
Aufgrund der Vorgaben der LEVO sowie der zwischen dem Bf und Land Steiermark abgeschlossenen Leistungsvereinbarungen (siehe dazu auch die Ausführungen zuvor unter Punkt D.2.) betreue der Bf als Einrichtung nachweislich (BADOK-Dokumentation für das Land Steiermark) ausschließlich Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen und zwar vorrangig Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis, aber auch schwere Persönlichkeitsstörungen.
So könne der Bf anhand der Dokumentation der Tätigkeiten der betreuenden MitarbeiterInnen für das Land Steiermark (BADOK) belegen, dass mehr als 50% der gesamten Arbeitszeit der unmittelbaren Betreuung von Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen gewidmet wäre.
Diese Zahlen würden die außerordentliche Belastungssituation, der die BetreuerInnen im Vergleich zu allgemeinen Tätigkeiten der Verwendungsgruppe 8 BAGS-Kollektivvertrag (wie z.B. Sozialarbeit allgemein, PhysiotherapeutInnen, etc.) ausgesetzt seien, belegen, sodass die Gewährung und Anerkennung einer nach § 68 Abs. 5 EStG 1988 steuerfreien Erschwerniszulage jedenfalls als gerechtfertigt erscheinen würde.
Die pauschale Lohnsteuernachforderung könne im Hinblick auf die Bestimmungen des § 86 Abs. 2 EStG sowie der Tatsache, dass hinsichtlich der betroffenen freien Dienstnehmer sich dieser Nachrechnungsprozentsatz nicht annähernd mit dem Durchschnittsteuersatz dieser Personen decken würde, in keiner Weise nachvollzogen werden.
Für das weitere Verfahren würden folgende Beweisanträge gestellt werden:
Vorlage sämtlicher im Prüfungszeitraum geltenden Leistungs- und Entgeltverordnungen LEVO des Landes Steiermark
Vorlage sämtlicher für den Prüfungszeitraum zwischen dem Bf und Land Steiermark abgeschlossenen Leistungsvereinbarungen
Vorlage sämtlicher für den Prüfungszeitraum für das Land Steiermark erstellten Basisdokumentationen BADOK
Erforderlichenfalls Vorlage einzelner anonymisierter Enzelfalldokumentationen
Befragung sämtlicher Bereitschaftsdienst leistender Personen - dies auch schon zur Wahrung deren Rechte auf Parteiengehör.
In der Beilage A zur Beschwerdeschrift wurde eine Liste der den Beschwerden beigetretenen Personen übermittelt.
In der Beilage B wurde die auf der Grundlage des § 43 des steiermärkischen Behindertengesetzes errichtete Vereinbarung des Bf mit dem Land Steiermark vorgelegt.
Als Beilage C wurde die LEVO betreffend "Betreute Wohngemeinschaft für psychisch beeinträchtigte Menschen - Verbund IV.D" vorgelegt.
Als Beilage D wurde eine von der GKK mit einer beim Bf geringfügig in einem freien Dienstverhältnis beschäftigten Dienstnehmerin aufgenommene Niederschrift vorgelegt.
Beilage E bildete eine Information über eine Tariferhöhung des BAGS-Kollektivvertrages.
Als Beilage F wurde ein Bericht 2007 über Vollzeit betreutes Wohnhaus Graz (BADOK 2007) übermittelt.
Das Finanzamt legte die Beschwerden ohne Erlassung von Beschwerdevorentscheidungen und ohne Stellungnahme zu den Einwendungen des Bf an die damals zuständige Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor.
In der am stattgefundenen mündlichen Verhandlung wiederholte der bf Verein im Wege seines steuerlichen Vertreters im Wesentlichen sein Vorbringen in der Beschwerdeschrift. Die Vertreter des Finanzamtes beharrten auf den Inhalt des Berichts über das Ergebnis der Außenprüfung. Von den den Beschwerden beigetretenen Personen ist trotz Ladung niemand erschienen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Bf ist ein gemeinnütziger Verein und hat laut Statuten vom bzw. der Fassung vom folgenden Vereinszweck:
"§ 2 Vereinszweck
Der Verein, dessen Tätigkeit nicht gewinnorientiert ist, bezweckt die Förderung und Unterstützung selbständigen und selbstbestimmten Wohnens von Menschen, die aufgrund psychosozialer Probleme Unterstützung im Bereich des Wohnens benötigen. Der Verein engagiert sich in wohnungspolitischen Fragen auf landes- und bundesweiter Ebene."
Weiters führte er Bf hierzu aus:
"In Erfüllung dieses Vereinszweckes bietet die ***Bf1*** seit 1992 betreutes Wohnen für Menschen mit psychischen Problemen an. Die Zielsetzungen des Vereines sind in den Leitlinien vom August 2002 weiter präzisiert.
Die Wohnplattform betreibt Wohneinrichtungen, bietet mobile sozialpsychiatrische Betreuung und stellt betreute Übergangswohnungen für erwachsene Menschen mit psychischen Erkrankungen zur Verfügung.
Die Wohneinrichtungen verbinden die Wohnmöglichkeiten und die Betreuung in Form einer beidseitig eingegangenen vertraglichen Verpflichtung. Es förderndurch die gemeinschaftliche Wohnform Kontakte, gegenseitige Unterstützung und soziale Komponenten. Es werden verschiedene Formen betreuten Wohnens angeboten:
In betreuten Wohngemeinschaften erfolgt die Betreuung durch gemeinsame Termine in der Wohnung und flexibel vereinbarte Einzeltermine.
ImTeilzeitbetreuten Wohnhaus erfolgt die Betreuung zu festgelegten Zeiten durch im Haus anwesende MitarbeiterInnen. In beiden Einrichtungen steht in der Nacht, an Wochenenden und Feiertagen ein Bereitschaftsdienst zur Verfügung.
In den Vollzeitbetreuten Wohnhäusern erfolgt die Betreuung durch rund um die Uhr im Haus anwesende MitarbeiterInnen.
Betreute Übergangswohnungen können befristet an Personen untervermietet werden, die wohnungslos sind und Betreuung benötigen würden. Die Betreuung kann entweder durch die vom Verein angebotene mobile sozialpsychiatrischen Betreuung oder bei einer Partnereinrichtung in Anspruch genommen werden.
Die Mobile Sozialpsychiatrische Betreuung richtet sich an erwachsene Personen, die privat wohnen und zeitlich befristet oder dauerhaft Unterstützung benötigen. Die Betreuung erfolgt hauptsächlich in Form von Hausbesuchen. Hilfestellungen werden im lebenspraktischen und psychosozialen Bereich angeboten."
Die Grundlage für die vertragliche Regelung bildet die Leistungs- und Entgeltsverordnung des Landes Steiermark (LEVO). Hierin sind die Funktion und Ziele, das Leistungsangebot, Maßnahmen zur Qualitätssicherung, Controlling und schließlich die Abgeltung der erbrachten Leistungen für alle Betreuungsleistungen gemäß Stmk BHG geregelt.
Zur personellen Ausstattung wird im Beschwerdeschreiben ausgeführt, dass neben den in der Verwaltung beschäftigten Personen im Betreuungsbereich fachlich einschlägig qualifizierte Personen eingesetzt werden. Die Beschäftigung im Prüfungszeitraum 2005 bis 2009 erfolgte teils in Form sogenannter freier Dienstverträge (für Bereitschaftsdienste) und teils in Form echter Dienstverträge (im Bereich der laufenden Betreuung gemäß LEVO außerhalb der Bereitschaftsdienst). Teilweise waren Personen sowohl als echte Dienstnehmer als auch als freie Dienstnehmer beschäftigt. Hinsichtlich der in den Leistungsverträgen mit dem Land Steiermark verpflichtend zu erbringenden Bereitschaftsdiensten ist zur Sicherstellung und Umsetzung der erforderlichen sachlichen, organisatorischen und dokumentarischen Maßnahmen eine Bereitschaftsdienstordnung (BDO) formuliert worden, welche auch Honorare der freien Dienstnehmer für diverse Leistungen regelt.
Grundsätzlich sind während des Prüfungszeitraumes folgende Beschäftigungsverhältnisse zu unterschieden:
Echte Dienstnehmer ohne freien Dienstvertrag erbrachten die Leistungen laut Leistungsbeschreibung (LEVO). Bereitschaftsdienst waren nicht Bestandteil der Dienstverträge, sondern umfassten diese nur die Betreuungsleistungen samt den damit in Zusammenhang stehenden notwendigen administrativen Tätigkeiten. Angestellte betreuende MitarbeiterInnen waren zu keinem Zeitpunkt verpflichtet, Bereitschaftsdienste zu leisten.
Echte Dienstnehmer mit freiem Dienstvertrag erbrachten im Rahmen ihres Dienstverhältnisses die gleichen Betreuungsleistungen wie die unter a) genannten Personen und zusätzlich als freie Dienstnehmer nach freier Zeiteinteilung, außerhalb ihrer Dienstzeit, Leistungen des Bereitschaftsdienstes.
Freie Dienstnehmer ohne echtes Dienstverhältnis:
- Rufbereitschaftsdienste erbrachten Leistungen der Rufbereitschaft und im Krisenfall Kriseneinsätze.
- Vertretungsdienste: In den vollzeit- und teilzeitbetreuten Wohnhäusern gab es freie Dienstnehmer, die gelegentlich Vertretungsdienste im Haus übernommen haben (Nacht/Wochenende oder während stundenweiser Team-Abwesenheiten (z.B. im Falle von Teamsupervisionen). Diese Vertretungsdienste umfassten keine regulären Betreuungstätigkeiten (keine Bezugspersonen-Betreuung), sondern nur Anwesenheitsdienste und Dienste, die im Tagesablauf unbedingt erforderlich waren.
In Punkt 2.3 der LEVO betreffend "Betreute Wohngemeinschaft für psychisch beeinträchtigte Menschen - Verbund IV.D" und in der auf der LEVO basierenden Leistungsvereinbarung mit dem bf Verein wird der Leistungsumfang der sozialpsychiatrischen Betreuungsarbeit umschrieben.
Die LEVO und die darauf aufbauende Leistungsvereinbarung mit dem Bf haben keine psychologischen oder psychotherapeutischen Tätigkeiten und Leistungen zum Inhalt.
Die für die Rundumbetreuung der in den Einrichtungen des Bf untergebrachten psychisch erkrankten Personen eingesetzten Bereitschaftsdienste beschäftigte der Bf in einem freiem Dienstverhältnis und führte für diese Entgelte keinen Dienstgeberbeitrag ab.
An seine nichtselbständig beschäftigten Dienstnehmer, die in der Betreuung der in den Einrichtungen des Bf untergebrachten psychisch erkrankten Personen tätig waren, zahlte der Bf die im Kollektivvertrag BAGS vorgesehene SEG-Zulage ab dem Jahr 2005 für 50% (ab 1991 für 100%) der Arbeitszeit steuerfrei aus. Die betroffenen Dienstnehmer waren als Behindertenfachkräfte in die Verwendungsgruppe 8 des BAGS-Kollektivvertrages eingestuft.
Strittig ist zusammengefasst,
- ob die vom bf Verein nach den Leistungsverträgen mit dem Land Steiermark für die betreuten Wohneinrichtungen verpflichtend durchzuführenden Bereitschaftsdienste zu Recht von einem freien in ein echtes nichtselbständiges Beschäftigungsverhältnis gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 mit der Konsequenz der Nachforderung des Dienstgeberbeitrages umgewandelt wurden und
- ob die an die in einem echten Dienstverhältnis gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 beschäftigten Dienstnehmer, die in der Betreuung der in den Wohneinrichtungen des Bf untergebrachten psychisch kranken Personen tätig sind, ausbezahlte Erschwerniszulage zu Recht vom Bf für 50% der Arbeitszeit steuerfrei ausbezahlt wurde.
Beweiswürdigung
Der erkennende Senat erachtet den in der Beschwerde vorgebrachten und den im Wesentlichen in der mündlichen Verhandlung wiederholten Sachverhalt als glaubwürdig. Das Finanzamt hat weder in der Stellungnahme im Vorlagebericht noch in der mündlichen Verhandlung dem vorgebrachten Sachverhalt widersprochen.
Die Bereitschaftsdienstordnung 2007 (BDO) wurde vom Geschäftsführer des beschwerdeführenden Vereins angeordnet. Dass die BDO im Hinblick auf die Forderung des Bf, sämtliche Bereitschaftsdienste leistende Personen zu befragen, nicht in Geltung gewesen wäre, wurde nicht vorgebracht. Es ist daher davon auszugehen, dass die Anordnungen in der BDO im Prüfungszeitraum in vollem Umfang gültig waren und der BDO Beweiskraft zukommt.
Der auf dem im Jahr 2004 in Kraft getretenen steiermärkischen Behindertengesetz (StBHG) basierenden für betreutes Wohnen geltenden Leistungs- und Entgeltsverordnung (LEVO) "Betreute Wohngemeinschaft für psychisch beeinträchtigte Menschen - Verbund IV.D" und der zwischen dem Bf und dem Land Steiermark abgeschlossenen Leistungsvereinbarung kommt in den das gegenständliche Verfahren betreffenden Bestimmungen Beweiskraft zu.
Zur Beurteilung der Beschäftigungsverhältnisse der Personen, die Bereitschaftsdienst leisteten, fertigte das Prüfungsorgan des Finanzamtes mit drei Dienstnehmern, die neben ihrer nichtselbständigen Tätigkeit beim Bf als Betreuer der psychisch erkrankten Personen auch als freie Dienstnehmer als Bereitschaftsdienste tätig waren, Niederschriften an.
Die befragten Personen gaben weitestgehend übereinstimmend an, dass es ein Einstellungsgespräch gegeben habe und die Bereitschaftsdienste später hinzugekommen sind. Als Qualifikationen wurde Erfahrung in der sozialpsychiatrischen Arbeit und die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen, gefordert. Als Vorgabe für die Bereitschaftsdienste wurde die Bereitschaftsdienstordnung genannt. Der Arbeitsablauf konnte leicht, aber im Rahmen der BDO geändert werden. Als Tätigkeiten wurden die Krisenintervention (keine Pflegedienste) und Beratungsdienste genannt. Zur Vertretungsmöglichkeit gaben sie an, nie ausgefallen zu sein bzw. sich öfters vertreten lassen zu haben. Dies war theoretisch bis vor Dienstantritt möglich, aus ökonomischen Gründen wurde auf andere freie Dienstnehmer laut Liste des Bf zurückgegriffen. Unangemeldetes Fernbleiben hätte keine Konsequenzen gehabt. Zwischendurch-Kontrollen habe es keine gegeben. Schwere Krisen wurden an den Hauptbetreuer weitergegeben. Die Abrechnung erfolgte auf Basis der BDO. An Betriebsmittel wurden ihnen ein Diensthandy und Schlüssel für die Wohngemeinschaften übergeben bzw. wurde das Bereitschaftsdiensthandy auf das private Handy umgeleitet. Die Arbeitszeiten waren nach der BDO vorgegeben. Kilometergelder oder Taxikosten wurden abgerechnet. Es habe Verschwiegenheitspflichten gegeben. Für andere Unternehmen hätten sie arbeiten dürfen. Als Tätigkeiten als echte nichtselbständige Dienstnehmer wurden mobile sozialpsychologische Betreuung, Hausbesuche bei kranken Menschen, Beratung Therapie, keine Pflegedienste, Betreuungsarbeit, administrative Tätigkeiten, Beratungstätigkeit, Dokumentation und Klientenbegleitung genannt. Als Berufsbild laut Ausbildung wurde Studienplan der Akademie für Sozialarbeit (jetzt FH soziale Arbeit), als Wohnbetreuer gebe es keine Ausbildung, man gehe davon aus, die Fähigkeiten aus Vorberufen mitzubringen, Psychologe laut PsychologInnengesetz genannt. Arbeiten, die nichts mit der Ausbildung zu tun haben, mussten nicht erledigt werden. Es wurden keine Pflege- und Putzarbeiten durchgeführt. Gegebenenfalls wurden Anweisungen gegeben, was die Klienten zu tun haben.
In der Beschwerde wird bemängelt, dass die Niederschriften nicht den in § 87 Abs. 3 BAO genannten Formalerfordernissen entsprechen würden (Benennung der Abgabenbehörde, Name des Leiters der Amtshandlung, Fehlen des Gegenstandes der Amtshandlung, teilweise Angaben über Ort und Zeit der Amtshandlung, Fehlen der eigenhändigen Unterschrift des Leiters der Amtshandlung, Fehlen der verständlichen Wiedergabe des Verlaufs und Inhalt der Amtshandlung) und daher die Niederschriften keinen Beweis im Sinne des § 88 BAO über den Gegenstand und den Verlauf der betreffenden Amtshandlung darstellen würden.
Trotz dieser vom Bf beanstandeten formellen Mängel und dem Hinweis, dass wegen der dargestellten Mängel die Niederschriften keinen Beweis iSd § 88 BAO über den Gegenstand und den Verlauf der betreffenden Amtshandlung liefern würden, verweist der Bf in der Beschwerdeschrift darauf, dass auch aus den Befragungen der 3 freien Dienstnehmer eindeutig hervorgehen würde, dass bei den Bereitschaftsdienst leistenden Personen kein Dienstverhältnis vorliegen würde. Konkret wird auf die Fragen 11 und 12 bezüglich Konsequenzen bei unangemeldetem Fernbleiben bzw. Kontrollen durch den Bf verwiesen, wonach ausnahmslos dahingehend geantwortet wurde, dass bei unangemeldetem Fernbleiben keine Konsequenzen zu erwarten gewesen wären bzw. es keine Kontrollen gegeben habe.
Der erkennende Senat erachtet die aufgezeigten formellen Mängel der Befragungen als nicht so schwerwiegend, dass aus den Befragungen kein Informationsgehalt abzuleiten wäre. Insbesondere wurde den Vorgaben der BDO nicht widersprochen, wodurch die Beweiskraft der BDO bestätigt wird.
Der vom Bf im Zuge der Beschwerde vorgelegten von der GKK angefertigten Einvernahme der ***16*** ist zu entnehmen, dass sie von bis beim Bf als geringfügig freier Dienstnehmer beschäftigt war. Sie war im Bereitschaftsdienst tätig. Es gab von Zeit zu Zeit ein Treffen mit den anderen Personen vom Bereitschaftsdienst. Es wurde vor allem die Diensteinteilung besprochen. Es wurden die Beginn- und Endezeiten der BDO bestätigt. Während ihrer Dienstzeit war sie zu Hause oder in der näheren Umgebung, sodass sie nicht länger als eine halbe Stunde zur Wohngemeinschaft gebraucht hat. Sie habe mit ziemlicher Sicherheit kein Diensthandy vom Bf erhalten. Wenn ihr Dienst zu Ende war, hat sie beim Bf angerufen, damit die Rufumleitungen wieder deaktiviert werden. Wenn es zu einer Krise während des Dienstes gekommen ist, konnte sie dies meist telefonisch erledigen. Es kam auch vor, dass sie zu der Person hinfuhr und dort Gespräche geführt hat. Sie fuhr mit dem eigenen Auto. Bei der Dienstübergabe gab es von den angestellten Informationen über etwaige Schwierigkeiten, da die Angestellten die Bezugspersonen für die Klienten waren. So gegen 20 Uhr hat sie alle WG`s angerufen und mitgeteilt, wer sie ist und gefragt, ob alles in Ordnung war. Es ist nie vorgekommen, dass sie ihren Dienst nicht machen konnte und sie kann zu diesem Zeitpunkt auch nicht sagen, was sie gemacht hätte. Sie kennt die BDO, welche ihr auch übergeben wurde. Die Abrechnung ihrer Stunden erfolgte einmal im Monat per mail an den Bf, so wie es in der BDO angeführt war. Wenn Vorfälle waren, hat sie eine kurze Information an den Bf geschickt.
Rechtliche Beurteilung
Beschäftigungsverhältnisse der Bereitschaftsdienste:
Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG 1967 haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen; als im Bundesgebiet beschäftigt gilt ein Dienstnehmer auch dann, wenn er zur Dienstleistung ins Ausland entsendet ist.
Gemäß § 41 Abs. 2 FLAG 1967 sind Dienstnehmer Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988.
Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG 1967 ist der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988.
Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
Das steiermärkische Behindertengesetz (StBHG) ist im Jahr 2004 in Kraft getreten. Seit diesem Zeitpunkt waren die dazu gehörige "Leistungs- und Entgeltsverordnung LEVO" bzw. die zwischen dem bf Verein und dem Land Steiermark für 2004 bis 2011 abgeschlossenen Leistungsvereinbarungen in Geltung.
Im Prüfungszeitraum war hinsichtlich des betreuten Wohnens die LEVO "Betreute Wohngemeinschaft für psychisch beeinträchtigte Menschen - Verbund IV.D" (als Beilage B zum Beschwerdeschreiben übermittelt) in Kraft. Darin wurde unter den Punkten 1.1 und 2.3 das Vorliegen eines dauernd rund um die Uhr erreichbaren Bereitschaftsdienstes gefordert. Weiters werden darin die Grundsätze und der Leistungsumfang der sozialpsychiatrischen Betreuungsarbeit geregelt.
Die zwischen dem Land Steiermark und dem Bf auf Grundlage des § 43 des Steiermärkischen Behindertengesetzes (Stmk. BHG) abgeschlossene Vereinbarung basiert auf der Leistungs- und Entgeltverordnung der Stmk Landesregierung vom . Als Leistungsart wird "Betreute Wohngemeinschaft Psychiatrisch Verbund (Bet- WG PSY)" und ein Standort genannt.
Darin werden unter anderem Rechte und Pflichten der Einrichtung des Bf und im Zusammenhang mit den zu betreuenden Menschen mit Behinderung und den zu erfolgenden Leistungen (unter anderem Rufbereitschaft, Tagesbereitschaft, Nacht-, Sonn- und Feiertagsbereitschaft) das erforderliche Fachpersonal, Struktur- und Prozess-Standards, Rechnungslegungsbestimmungen sowie die Kontrolle der Abrechnung und Controlling geregelt.
Die in einem Dienstverhältnis zum Bf stehenden BetreuerInnen wurden nach dem BAGS - Kollektivvertrag (Berufsvereinigung von Arbeitgebern für Gesundheits- und Sozialberufe), Einstufung in die Verwendungsgruppe 8, entlohnt. Rufbereitschaften (betreffend freie Dienstnehmer) galten gemäß BAGS - Kollektivvertrag nicht als Arbeitszeit, sondern wurden mit einem Stundenpauschale abgegolten.
Für die Bereitschaftsdienste erließ der damalige Geschäftsführer des bf Vereins eine Bereitschaftsdienstordnung (BDO).
Darin sind die Bereitschaftsdienstzeiten, das Übergabesystem, die Aufgaben des Bereitschaftsdienstes, die Entlohnung und die Auszahlung der Bereitschaftsdienstgelder geregelt.
Die Bereitschaftsdienstzeiten regeln den zeitlichen Umfang der Dienste und zwar:
Nachtbereitschaftsdienst: von 20:00 bis 8:30 Uhr,
Wochenendbereitschaft: ab Freitag 16:00 Uhr bis Montag 8:30 Uhr und
an Feiertagen: ab Vortag des Feiertages 16:00 bis zum darauffolgenden Werktag 8:30 Uhr
Unter Punkt 2) Übergabesystem werden der Beginn, die Beendigung die Vertretung des Bereitschaftsdienstes geregelt:
Beginn des Bereitschaftsdienstes (Übernahme des Mobiltelefons und der Bereitschaftstasche im Beratungszentrum oder im Büro der Wohnplattform mit Eingangsschlüssel aller Wohngemeinschaften, Informationen über den aktuellen Stand, Mitteilung wichtiger Informationen, monatlich aktualisierte Kurzinformation über die Wohngemeinschaftsbewohner)
Beendigung des Bereitschaftsdienstes: Mitteilung der aktuellen Informationen an die bürodiensthabenden MitarbeiterInnen in der Zeit von 10:00 bis 12:00 Uhr. Der jeweils letzte Bereitschaftsdienst leitet die aktuellen Informationen dann an das Wohnplattform Team weiter (Telefonnummer).
Zur Vertretung des Bereitschaftsdienstes wird angeordnet, dass die Organisation einer Vertretung durch eine Person mit entsprechender fachlicher und persönlicher Eignung in der Eigenverantwortung der BereitschaftsdienstmitarbeiterInnen liegt. Änderungen von Bereitschaftsdiensten müssen sofort im Büro bekannt gegeben werden.
In Punkt 3) werden die Aufgaben des Bereitschaftsdienstes angeordnet:
-Abhören der Mailbox zu Beginn des Bereitschaftsdienstes (Telefonnummer)
-Der Bereitschaftsdienst muss für die Bewohner der betreuten Wohngemeinschaft über das Handy erreichbar sein
-Wenn erforderlich, muss der Bereitschaftsdienst in der Lage sein, die jeweilige Wohngemeinschaft innerhalb kurzer Zeit aufzusuchen (ca. innerhalb einer halben Stunde). Fahrten mit KlientInnen - z.B. Begleitung in die Landesnervenklinik Siegmund Freud dürfen nicht mit dem privaten Pkw unternommen werden, sondern nur mit der Rettung oder mit dem Taxi. Auf diese Anordnung wird offensichtlich besonderer Wer gelegt, da sie unterstrichen ausgeführt wurde.
-Einmal pro Tag telefonischer Rundruf in den Wohngemeinschaften um 20 Uhr.
-Ausfüllen der Honorarnote "Bereitschaftsdienst"(Tabellenblatt "Honorarnote" und "Vorfälle") Übermittlung an die Zentrale bis 10. Des Folgemonats
-Teilnahme an quartalsmäßig stattfindenden Bereitschaftsdienst-Teamsitzungen (Diensteinteilung).
In Punkt 4) wird die Entlohnung geregelt. Dabei wird unterschieden in Nachtbereitschaftsdienst pro Stunden EUR 2,66, Einsatzdienste pro Stunde EUR 42,23, Fahrtkosten pro Kilometer EUR 0,38, telefonische Beratung pro Minute EUR 0,36 und Teamsitzungen pro Stunde EUR 16,5. Die Bereitschaftsdienstgelder werden monatlich im Nachhinein überwiesen.
Die Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG enthält zwei Kriterien, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. Ermöglichen diese beiden Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit, dann ist anhand weiterer Merkmale zu beurteilen, ob die Merkmale der Selbständigkeit oder jene der Nichtselbständigkeit überwiegen (vgl. ; ; ). Als weitere Merkmale für die Nichtselbständigkeit gelten unter anderem das Fehlen eines Unternehmerwagnisses, keine Vertretungsbefugnis.
Im Einkommensteuerrecht ist der Begriff des "freien Dienstnehmers" nicht geregelt. Steuerlich ist zu beurteilen, ob eine Beschäftigung die in § 47 Abs. 2 EStG 1988 umschriebenen Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweist, wobei der Beurteilung in anderen Rechtsgebieten - wie beispielsweise auch im Sozialversicherungsrecht - für das Steuerrecht keine Bedeutung zukommt (; ; ; ). Es besteht daher für die steuerrechtliche Beurteilung der Beschäftigungsverhältnisse der Bereitschaftsdienste keine Bindungswirkung, wenn in der LEVO oder Im BAGS die Entlohnung von Bereitschaftsdiensten auf Honorarbasis zu erfolgen hat.
Es ist in diesem Zusammenhang das Gesamtbild einer Tätigkeit darauf zu untersuchen, ob die Merkmale der Selbständigkeit oder jene der Unselbständigkeit überwiegen. Dabei kommt es nicht auf die von den Vertragspartnern gewählte Bezeichnung wie Dienstvertrag, Freier Dienstvertrag oder Werkvertrag an, entscheidend sind vielmehr die tatsächlich verwirklichten vertraglichen Vereinbarungen (; ; ; ; ; ; ). Wird von den Vertragspartnern ausdrücklich ein "freier Dienstvertrag" begründet, steht dies der Qualifikation der Einkünfte als solche aus nichtselbständiger Arbeit dann nicht entgegen, wenn das tatsächlich verwirklichte Geschehen überwiegend für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 spricht (; ).
Bei der Beurteilung der Weisungsgebundenheit ist zwischen den persönlichen Weisungen einerseits und den sachlichen Weisungen andererseits zu unterscheiden. Bei der Beurteilung der persönlichen Abhängigkeit treten die fachlichen Weisungen in den Hintergrund. Sachliche Weisungen kommen auch bei Werkverträgen oder Dauerschuldverhältnissen ohne echten Arbeitsvertragscharakter vor. Kennzeichnend für einen echten Dienstvertrag sind Weisungen betreffend das persönliche Verhalten des Dienstnehmers bei der Verrichtung der Arbeit. Diese Weisungen betreffen den Arbeitsort, die Einhaltung bestimmter Arbeitszeiten, die Einhaltung gewisser Organisationsrichtlinien. Unter persönlichen Weisungen versteht man Weisungen, die die persönliche Gestaltung der Dienstleistung zum Gegenstand haben und die, soweit sie berechtigt nach dem Vertragsinhalt erteilt werden, die eigene Gestaltungsfreiheit bei der Erbringung der Dienstleistung weitgehend ausschalten. Gerade die Freiheit von persönlichen Weisungen, also die Möglichkeit, den Ablauf der Arbeit selbständig zu regeln und jederzeit zu ändern, wird als entscheidendes Kriterium angesehen, das gegen eine persönliche Abhängigkeit spricht.
Das Prüfungsorgan stützte seine Entscheidung im Wesentlichen darauf, dass auf Grund der Anordnungen in der Bereitschaftsdienstordnung (BDO) die Voraussetzungen eines Dienstverhältnisses gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 vorgelegen sind.
Im Beschwerdeschreiben wird dem entgegnet, dass hinsichtlich der in den Leistungsverträgen mit dem Land Steiermark verpflichtend zu erbringenden Bereitschaftsdiensten (siehe Beilage C) zur Sicherstellung und Umsetzung der erforderlichen sachlichen, organisatorischen und dokumentarischen Maßnahmen eine Bereitschaftsdienstordnung formuliert worden sei, welche auch Honorare der freien Dienstnehmer für diverse Leistungen regelt. Weiters werden dieser Feststellung des Prüfers im Beschwerdeschreiben Mängel in der Sachverhaltsermittlung insofern entgegengehalten, als dem mehrfach geäußerten Vorbringen, dass die BDO lediglich die in den Leistungsverträgen mit dem Land Steiermark bzw. die in der Leistungs- und Entgeltsverordnung des Landes Steiermark (LEVO) statuierten zwingenden sachlichen Vorgaben übernehmen würde, keine Bedeutung beigemessen und auf die Einbeziehung des Inhalts von Leistungsverträgen bzw. LEVO in die Entscheidungsgrundlagen verzichtet worden sei. Es zeige sich, dass die BDO in Erfüllung und Überbindung der durch die Wohnplattform eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen der durch den Bf eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen (LEVO bzw. Leistungsvereinbarungen) ausschließlich sachliche Weisungen an die freien Dienstnehmer erteilt habe.
Nach den Anordnungen des Geschäftsführers des Bf in der BDO sind die Bereitschaftsdienstzeiten klar geregelt (Nachtbereitschaft von 20:00 bis 08:30 Uhr, Wochenendbereitschaft ab Freitag 16:00 bis Montag 8:30 Uhr, an Feiertagen ab Vortag des Feiertages 16:00 Uhr bis zum darauffolgenden Werktag 8:30 Uhr.
Betreffend das Übergabesystem des Bereitschaftsdienstes wird in der BDO angeordnet, dass die Übernahme des Mobiltelefons und der Bereitschaftstasche im Beratungszentrum oder im Büro des Bf erfolgt, der jeweilige Bereitschaftsdienst vom Wohngemeinschaftsteam direkt über den aktuellen Stand informiert wird, direkte Mitteilung wichtiger Informationen aufgrund noch laufender Wohngemeinschaftssitzungen direkt über das Privattelefon kommuniziert werden, alle Eingangsschlüssel aller Wohngemeinschaften (die Zimmerschlüssel befinden sich in einem Schlüsselkasten in der Wohngemeinschaft) sowie eine monatlich aktualisierte Kurzinformation über die Wohngemeinschaftsbewohner, die sich in der Bereitschaftasche befinden, übernommen werden.
Nach Beendigung des Nacht-, Wochenend- bzw. Feiertagsbereitschaftsdienstes teilen die Bereitschaftsdienste die jeweils aktuellen Informationen dem bürodiensthabenden Mitarbeiter in der Zeit von 10:00 bis 12:00 Uhr mit oder sprechen diese auf den Anrufbeantworter des Bf auf.
Damit ist die Tätigkeit aber an einen genau vorgegebenen und vorher bestimmten Zeitrahmen gebunden. Beginn und Ende der Tätigkeit oder auch Unterbrechungen können nicht frei gewählt werden, da die vorgegebenen Zeiten einzuhalten sind. Die im Bereitschaftsdienst tätigen Personen können ihren Einsatz in zeitlicher Hinsicht im Sinne einer freien Zeiteinteilung in keiner Weise selbst bestimmen oder einteilen. Der Umstand, dass den Bereitschaftsdiensten ein zeitlicher Freiraum eingeräumt wird, wann sie die in der BDO angeordneten Rundanrufe in den Wohneinrichtungen des Bf durchführen, führt nicht zur Weisungsungebundenheit der gesamten Tätigkeit. Zu berücksichtigen ist weiters, dass der Einsatz der sich in Rufbereitschaft befindlichen Bereitschaftsdienste von ihnen nicht beeinflussbaren Faktoren im Zusammenhang mit den zu betreuenden Personen abhängig ist.
Die Bereitschaftsdienste hatten somit nicht die Möglichkeit, den vorgegebenen Ablauf der Arbeit jederzeit selbständig zu regeln bzw. abzuändern (vgl. ).
Auch in örtlicher Hinsicht kann nicht davon gesprochen werden, dass die Bereitschaftsdienste ihren Tätigkeitsort frei wählen können, denn bei Bedarf müssen sie innerhalb kurzer Zeit (ca. innerhalb einer halben Stunde) in den betreuten Wohnstätten tätig werden können.
Zudem werden die Aufgaben des Bereitschaftsdienstes in Punkt 3) der BDO durch den Geschäftsführer des Bf zusätzlich zu den sich aus der Leistungs- und Entgeltverordnung der Stmk Landesregierung vom (LEVO) ergebenden Leistungen gegenüber den betreuten Personen wie folgt angeordnet:
Abhören der Mailbox zu Beginn des Bereitschaftsdienstes laut angegebener Telefonnummer
Der Bereitschaftsdienst muss für die Bewohner der betreuten Wohngemeinschaft über das Handy erreichbar sein.
Wenn erforderlich, muss der Bereitschaftsdienst in der Lage sein, die jeweilige Wohngemeinschaft innerhalb kurzer Zeit aufzusuchen (ca. innerhalb einer halben Stunde). Fahrten mit KlientInnen - z.B. Begleitung in die Landesnervenklinik Sigmund Freud - dürfen nicht mit dem privaten Pkw unternommen werde, sondern nur mit der Rettung oder mit dem Taxi.
Einmal pro Tag telefonischer Rundruf in den Wohngemeinschaften um 20:00 Uhr.
Ausfüllen der Honorarnote "Bereitschaftsdienst" (Tabellenblatt "Honorarnote" und "Vorfälle") Übermittlung an die Zentrale des Bf bis 10. des Folgemonats.
Teilnahme an den quartalsmäßig stattfindenden Bereitschaftsdienst-Teamsitzungen (Diensteinteilung).
Durch diese direkt in die Tätigkeit der Bereitschaftsdienste eingreifenden Anordnungen des Bf werden nicht unerhebliche persönliche Weisungen im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 erteilt. In der oben bereits genannten Vereinbarung des Landes Steiermark mit dem bf Verein mit der Leistungsart "Betreute Wohngemeinschaft Psychiatrisch Verbund, Standort …" werden Leistungen genannt, die für die Menschen mit Behinderung im betreuten Wohnen wohl auch im erforderlichen Umfang von den Bereitschaftsdiensten regelmäßig zu erbringen sein werden. Auch wenn der Bf diese Leistungen als sachliche Weisungen versteht, zeugen sie eindrucksvoll davon, dass die Bereitschaftsdienste an die Vorgaben des Bf streng gebunden sind.
Aus diesen Gründen kann die Ansicht des Bf, dass die Bereitschaftsdienste ihre Tätigkeit frei von persönlicher Weisung im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 durchführen und die BDO lediglich sachliche Weisungen an die Bereitschaftsdienste erteilt, nicht geteilt werden. Ein Arbeitsablauf, der frei von persönlichen Weisungen die jederzeitige selbständige Abänderung und freie Gestaltung der Arbeitserbringung zulässt, liegt bei den gegenständlichen Bereitschaftsdiensten nicht vor.
Wenn im Beschwerdeschreiben eine Weisungsgebundenheit der Bereitschaftsdienste bestritten wird, da keine Arbeitspflicht bestanden habe, keine disziplinäre Verantwortung und/oder Sanktion für den Fall ungemeldeten Fernbleibens vom übernommenen Bereitschaftsdienst bestanden habe und die Möglichkeit bestanden habe, ohne Kündigung und ohne rechtliche Sanktionen die Tätigkeit jederzeit einzustellen, ist darauf hinzuweisen, dass der einmal begonnene Bereitschaftsdienst, wie bereits oben ausgeführt, zeitlich wie auch örtlich begrenzt unter Einhaltung der Organisationvorschriften (BDO) grundsätzlich abzuleisten ist.
Dem weiteren Vorbringen, dass für die freien Dienstnehmer keine Beschränkung der Entscheidungsbefugnis hinsichtlich der Verrichtung der Tätigkeit bestehen würde und über erforderliche Maßnahmen während der übernommenen Bereitschaftsdienste vollkommen frei, selbständig und eigenverantwortlich auf der Basis ihres fachlichen Könnens und ihrer Berufserfahrung zu entscheiden sei (z.B. die Entscheidung, ob und wie lange Telefonate oder persönliche Gespräche mit Klientinnen zu führen sind, ob ein Kriseneinsatz erforderlich ist, ob die Polizei und Rettung beigezogen werden soll und ob eine Krankenhauseinweisung zu veranlassen ist, etc.) ist entgegenzuhalten, dass derartige Entscheidungen von vielen Dienstnehmern im Rahmen ihrer beruflichen und fachlichen Qualifikation selbständig zu treffen sind und eine Weisungsungebundenheit darin nicht zu erblicken ist.
Das weitere sich aus § 47 Abs. 2 EStG 1988 ergebende Merkmal eines Dienstverhältnisses, die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers, zeigt sich neben der Vorgabe der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Arbeitsmittel durch den Auftraggeber in der unmittelbaren Einbindung der Tätigkeit in betriebliche Abläufe des Arbeitgebers (vgl. ).
Bezüglich der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des bf Vereins ergibt sich aus der BDO neben der zeitlichen und örtlichen Gebundenheit der Bereitschaftsdienste aus den Anordnungen zum Übergabesystem betreffend den Beginn und die Beendigung des Bereitschaftsdienstes, der Übergabe des Mobiltelefons und der Bereitschaftstasche mit allen wichtigen Informationen eine klare Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des bf Vereins. Nur unter Einbindung in die betrieblichen Strukturen des Bf können die Bereitschaftsdienste tätig werden, da ohne die Wohneinrichtungen des Bf und der zu betreuenden Bewohner Bereitschaftsdienste nicht möglich sind. Daran ändert auch der Umstand, dass für die Bereitschaftsdienste in den Büros des Bf kein Arbeitsplatz vorgesehen ist, nichts, da die steuerrechtliche Qualifikation einer Tätigkeit nach § 47 Abs. 2 EStG 1988 nicht davon abhängig ist, ob dem Dienstnehmer ein Arbeitsplatz im Büro seines Arbeitgebers zur Verfügung gestellt wird (vgl. Außendienste, Telehomeworker, etc.).
Die Einteilung der Nacht-, Wochenend- Feiertags- oder Bereitschaftsdiensten innerhalb des Personals ohne Anordnung des Arbeitgebers spricht nicht gegen eine nichtselbständige Tätigkeit. Wenn also die Bereitschaftsdienste in ihrer Zeiteinteilung hinsichtlich der zu übernehmenden Dienste weitestgehend frei waren und eine auf Dauer bestehende Verpflichtung zur Übernahme von Bereitschaftsdiensten nicht bestanden hat, spricht dies nicht gegen eine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Bf, da die laufende und ununterbrochen zu gewährleistende Zurverfügungstellung von Bereitschaftsdiensten, zu der der Bf nach den Vereinbarungen mit dem Land Steiermark verpflichtet war, nur im Zusammenwirken der Personen, die gewollt waren, Bereitschaftsdienste zu übernehmen, mit dem Bf gewährleistet werden konnte, auch wenn die Bereitschaftsdienste an den zu diesem Zweck vom Geschäftsführer des Bf in der BDO angeordneten quartalsmäßig stattfindenden Bereitschaftsdienst-Teamsitzungen, für deren Teilnahme den Bereitschaftsdiensten sogar ein Honorar in Höhe von € 16,5 pro Stunden (Verrechnung in Viertelstundeneinheiten) bezahlt wurde, für die Diensteinteilung, wie vom Bf behauptet, nicht teilnehmen mussten.
Zu den Betriebsmitteln ist auszuführen, dass in der BDO unter dem Punkt Übergabesystem, Beginn des Bereitschaftsdienstes, angeordnet wurde, dass die Übernahme des Mobiltelefons (nach den Angaben des Bf nur in Graz) im Beratungszentrum oder im Büro des Bf zu erfolgen hat. Weiters wird ein Modus für die Mitteilung des aktuellen Standes und andere wichtige Informationen an die Bereitschaftsdienste festgeschrieben. Ebenso wird die Übergabe der Bereitschaftsdiensttasche, in der sich die Eingangsschlüssel aller Wohngemeinschaften sowie eine monatlich aktualisierte Kurzinformation über die Wohngemeinschaftsbewohner befindet, geregelt. Als Betriebsmittel zur Ausübung der Bereitschaftsdienste sind demnach das an die Bereitschaftsdienste in Graz übergebene Mobiltelefon bzw. außerhalb von Graz die privaten Mobiltelefone, die Bereitschaftsdiensttasche, die übernommenen wichtigen Informationen, die Eingangsschlüssel der zu betreuenden Wohnhäuser zu nennen.
Bei der Beurteilung des Vorhandenseins wesentlicher Betriebsmittel ist zu untersuchen, ob sich der freie Dienstnehmer mit Betriebsmitteln eine eigene betriebliche Infrastruktur geschaffen hat ().
Als eigene Betriebsmittel sind lediglich die Privattelefone der außerhalb von Graz eingesetzten Bereitschaftsdienste zu erkennen. Damit wird aber keine eigene betriebliche Infrastruktur geschaffen, die für die Ausübung der Bereitschaftsdiensttätigkeit erforderlich wäre. Ganz im Gegenteil sind die Bereitschaftsdienste für ihre Tätigkeit auf die ihnen vom bf Verein zur Verfügung gestellten Betriebsmittel angewiesen. Anzumerken ist, dass die eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten der Bereitschaftsdienste nicht zu den Betriebsmitteln zählen, da ihre Verwendung im Wesen des Einsatzes der persönlichen Arbeitskraft liegt.
Der Bf vertritt in der Beschwerdeschrift die Ansicht, dass sich aus der Meldepflicht im Vertretungsfall an den bf Verein bzw. dem Umstand, dass nach den Angaben der befragten Personen tatsächliche Vertretungen nicht in Anspruch genommen wurden, keine Erkenntnisse bezüglich eines generellen oder bloß eingeschränkten Vertretungsrechtes gewinnen lassen würden. Weiters wird auf die Ausführungen in der BDO zur "Vertretung des Bereitschaftsdienstes" verwiesen. Darin heißt es: "Die Organisation einer Vertretung durch eine Person entsprechender fachlicher und persönlicher Eignung liegt in der Eigenverantwortung der BereitschaftsmitarbeiterInnen. Änderungen von Bereitschaftsdiensten müssen sofort im Büro bekanntgegeben werde." Eine Einschränkung des Vertretungsrechtes könne hieraus keinesfalls abgeleitet werden. Hinsichtlich der vollkommen freiwillig übernommenen Bereitschaftsdienste sei den freien Mitarbeitern ein generelles und nicht auf einen bestimmten Personenkreis eingeschränktes Vertretungsrecht zugestanden.
Wie bereits ausgeführt, ist im Steuerrecht zwischen einer nichtselbständigen und einer selbständigen Tätigkeit zu unterscheiden. Von einem uneingeschränkten generellen Vertretungsrecht im Sinne einer selbständigen Tätigkeit kann grundsätzlich nicht gesprochen werden, wenn Änderungen des Personals z.B. auf Baustellen bzw. der Wechsel des Personals, das einen Werkvertrag ausführt, sofort im Büro des Auftraggebers bekanntgegeben werden muss. Auch bedarf es bei selbständigen Tätigkeiten keiner Vereinbarung, wonach eine Vertretung durch eine Person mit entsprechender fachlicher und persönlicher Eignung zu erfolgen hat, da die Erstellung eines Werkes im Vordergrund steht. Grundsätzlich obliegt es dem selbständigen Unternehmen, welches Personal fachlicher oder persönlicher Eignung zur Herstellung des im Mittelpunkt eines Werkvertrages stehenden Werkes einsetzt wird.
Die Einschränkung in der BDO auf Vertretungen der Bereitschaftsdienste durch eine Person mit entsprechender fachlicher und persönlicher Eignung zeugt davon, dass eine Vertretung eines bereits eingeteilten Bereitschaftsdienstes nur mit Einverständnis bzw. Rücksprache des Beschwerdeführers möglich ist und der sich vertreten lassende Bereitschaftsdienst auf die Erfordernisse des Beschwerdeführers und nicht auf seine eigenen Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen hat. Damit ist es dem Bereitschaftsdienst nicht möglich, jederzeit nach Gutdünken beliebige Teile seiner Verpflichtung auf Dritte (Hilfskräfte, Subunternehmer) zu überbinden, sondern hat grundsätzlich die von ihm versprochene Leistung höchstpersönlich zu erbringen. Auch übt der Beschwerdeführer dadurch gegenüber den Bereitschaftsdiensten eine Art persönliche Kontrollfunktion im Sinne einer persönlichen Weisung aus.
Im Übrigen stellt die bloß wechselseitige Vertretungsmöglichkeit mehrerer vom selben Vertragspartner beschäftigter Personen - im gegenständlichen Fall würde sich das auf Personen beziehen, die immer wieder oder auch nur gelegentlich Bereitschaftsdienste für den Bf leisten - kein generelles Vertretungsrecht dar (vgl. ). Wenn der bf Verein die Suche der Vertretung an die Bereitschaftsdienst leistenden Personen überträgt, kann daraus kein generelles Vertretungsrecht abgeleitet werden, da es auch bei nichtselbständig beschäftigten Dienstnehmern üblich sein kann, für einmal übernommene Bereitschaftsdienste bei Verhinderung für Ersatz zu sorgen. Nach der vom Bf vorgelegten Niederschrift der GKK von ***16*** wurde aus ökonomischen Gründen auf andere freie Dienstnehmer des Bf zurückgegriffen. Das wird auch von den vom Prüfungsorgan befragten Personen angegeben und ist insofern einleuchtend, da ansonsten entsprechend fachlich und persönlich geeignetes Personal für die Bereitschaftsdienste nicht gefunden werden kann. Das wird durch die Angaben von ***16*** bestätigt, indem sie angegeben hat, nach einem Bewerbungsgespräch, in dem offensichtlich die fachliche Eignung festgestellt wurde, die Mitteilung bekommen zu haben, beim Bf Bereitschaftsdienste machen zu können.
Nach stRsp des VwGH (Hinweis E , 90/14/0103) liegt ein Unternehmerwagnis insbesondere dann vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit und daher auch die Höhe der erzielten Einnahmen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der Ausdauer und der persönlichen Geschicklichkeit abhängig sind und die mit der Tätigkeit verbundenen Aufwendungen nicht vom Auftraggeber ersetzt, sondern vom Unternehmer aus eigenem getragen werden müssen.
Der Bf vertritt in der Beschwerdeschrift die Ansicht, dass ein Unternehmerrisiko seitens der freien Dienstnehmer deshalb vorliegen würde, da
- die Höhe der Einnahmen von der Anzahl der aufgewendeten Arbeitsstunden abhängig sei
- die Ausübung des Ablehnungs-/Vertretungsrechtes zu Einnahmeausfall führen würde
- kein Anspruch auf Urlaubsgeld, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bestehen würde bzw. eine Absicherung bei Verletzungen und/oder Unfällen fehlen würde
- bei Verhinderung, aus welchem Grunde immer, kein Honoraranspruch bestehen würde
- die freien DienstnehmerInnen die aus ihrem Handeln (Tun oder Unterlassen) resultierenden Konsequenzen gänzlich selbst zu verantworten und zu tragen hätten.
In der vorgelegten BDO Punkt 4) ist die Entlohnung der Bereitschaftsdienste geregelt. Demnach wurde für einen Nachtbereitschaftsdienst, unabhängig ob Nacht-, Wochenende- oder Feiertagbereitschaft, ein Stundenlohn von € 2,66 bezahlt. Ergänzend wurden Einsatzdienste für den Einsatz in der Wohngemeinschaft in Höhe von € 42,23 pro Stunde vergütet. Fahrtkosten mit dem eigenen Pkw wurden mit dem amtlichen Kilometergeld in Höhe von € 0,38 pro Kilometer, Fahrten mit dem öffentlichen Verkehrsmittel oder - wenn erforderlich mit dem Taxi zur Gänze vergütet. Telefonische Beratung, also Telefonate, die über die üblichen Rundrufe hinausgehen und eventuell auch zur Vermeidung von Einsätzen in die Wohngemeinschaft führen können - im Sinne von telefonischen (Krisen-)Beratungen - , wurden mit € 0,36 pro Minute und die Teilnahme an Teamsitzungen mit € 16,5 pro Stunde (Verrechnung in Viertelstundeneinheiten) vergütet. Die Bereitschaftsgelder wurden monatlich im Nachhinein überwiesen.
Daraus ist zu ersehen, dass die Bereitschaftsdienste exakt nach der Art ihrer Tätigkeit, abhängig nach ihrem zeitlichen Einsatz in unterschiedlicher Höhe bezahlt wurden. Die Bereitschaftsdienste hatten somit bei dieser Vergütungs-Konstellation in keiner Weise die Möglichkeit, in Abhängigkeit von ihrer persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der Ausdauer und der persönlichen Geschicklichkeit ihre Einnahmen in irgendeiner Weise zu beeinflussen.
Wenn der Bf im Wege seiner steuerlichen Vertretung die Ansicht vertritt, dass ein Unternehmerrisiko der Bereitschaftsdienste vorliegen würde, weil die Höhe der Einnahmen von der Anzahl der aufgewendeten Arbeitsstunden abhängig sei bzw. die Ausübung des Ablehnungs-/Vertretungsrechtes zu Einnahmeausfall führen würde, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach die Bezahlung nach unterschiedlich geleisteten Arbeitsstunden und die daraus resultierenden monatlichen Einnahmenschwankungen kein einnahmenseitiges Unternehmerrisiko begründet und nicht gegen das Vorliegen eines Dienstverhältnisses spricht (vgl. ).
Dass die Bereitschaftsdienste die mit ihrer Tätigkeit verbundenen Aufwendungen aus eigenem zu tragen hätten, kann ebenfalls nicht ersehen werden, da ihnen die Fahrtkosten mit ihrem eigenen Pkw mit dem Kilometergeld sowie die Kosten für Taxi und öffentliche Verkehrsmittel belegmäßig zur Gänze vom Bf ersetzt werden. Nachdem den Bereitschaftsdiensten auch keine selbst zu tragenden Aufwendungen für wesentliche Betriebsmittel erwachsen, kann auch ein ausgabenseitiges Unternehmerrisiko nicht erblickt werden.
Dass für die Bereitschaftsdienste kein Anspruch auf Urlaubsgeld, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bestehen würde bzw. eine Absicherung bei Verletzungen und/oder Unfällen fehlen würde und bei Verhinderung, aus welchem Grunde immer, kein Honoraranspruch bestehen würde, ist darauf zurückzuführen, dass der beschwerdeführende Verein den Bereitschaftsdiensten den ihnen gebührenden arbeitsrechtlichen Schutz vorenthalten hat, was mit einem Unternehmerrisiko im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 nichts zu tun hat.
Auch kann der BDO nicht entnommen werden, dass die Bereitschaftsdienste die aus ihrem Handeln (Tun oder Unterlassen) resultierenden Konsequenzen gänzlich selbst zu verantworten und daraus entstandene Kosten selbst zu tragen hätten.
Entgegen dem Vorbringen des Bf kann weder ein einnamen- noch ein ausgabenseitiges Unternehmerrisiko ersehen werden.
Zusammenfassend ist für die steuerliche Beurteilung der gegenständlichen Frage, ob bei den Bereitschaftsdiensten ein Dienstverhältnis oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, das Gesamtbild der Verhältnisse daraufhin zu untersuchen, ob die Merkmale eines Dienstverhältnisses oder einer selbständigen Tätigkeit überwiegen. Nach Ansicht des erkennenden Senates sprechen nicht nur die vorrangig zu prüfenden Kriterien der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung, sondern auch die anderen Merkmale wie Unternehmerrisiko, Betriebsmittel, Vertretung bei der Tätigkeit der gegenständlichen Bereitschaftsdienste weitaus überwiegend für eine nichtselbständige Tätigkeit. Die Beschwerden waren daher bezüglich dieses Streitpunktes abzuweisen.
Steuerfreiheit der Erschwerniszulagen :
Gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 sind Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen sowie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit und mit diesen Arbeiten zusammenhängende Überstundenzuschläge insgesamt bis 360 Euro monatlich steuerfrei.
§ 68 Abs. 5 EStG 1988 lautet:
"Unter Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen sind jene Teile des Arbeitslohnes zu verstehen, die dem Arbeitnehmer deshalb gewährt werden, weil die von ihm zu leistenden Arbeiten überwiegend unter Umständen erfolgen, die
in erheblichem Maß zwangsläufig eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung bewirken
im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellen, oder
infolge der schädlichen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Gasen, Dämpfen, Säuren, Laugen, Staub oder Erschütterungen oder infolge einer Sturz- oder anderen Gefahr zwangsläufig eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit des Arbeitnehmers mit sich bringen.
Diese Zulagen sind nur begünstigt, soweit (…)"
Die Entlohnung der als Betreuer von psychisch erkrankten Personen nichtselbständig beschäftigten Dienstnehmer, denen für 50% ihrer Arbeitszeit die Erschwerniszulage steuerfrei ausbezahlt wurde, erfolgte nach dem damals gültigen Kollektivvertrag der Berufsvereinigung von Arbeitgebern für Gesundheits- und Sozialberufe (BAGS-KV). Sie wurden nach der Art ihrer Tätigkeit in die Verwendungsgruppe 8 von insgesamt 9 Verwendungsgruppen eingestuft.
In der Verwendungsgruppe 8 werden Behindertenfachkräfte mit Spezialaufgaben, Bilanzbuchhalterinnen, Sozialarbeiterinnen, EDV-Expertinnen (zB Netzwerkadministratorinnen oder Systementwicklerinnen), alleinverantwortliche Fachkraft mit Spezialaufgaben für die Betreuung von Hilfskräften und angelernten Arbeitnehmern in Sozialökonomischen Beschäftigungsbetrieben und Gemeinnützigen Beschäftigungsprojekten sowie in vergleichbaren Maßnahmen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt, Frühförderinnen mit mind. 3-jähriger verwendungsspezifischer Ausbildung, Musiktherapeutinnen, gehobener medizinisch-technischer Dienst MTD (zB Physiotherapeutinnen, Ergotherapeutinnen, Logopädinnen, Med. techn. Analytikerinnen) genannt.
Die Mindestqualifikation für eine Behindertenfachkraft für die Einstufung in die Verwendungsgruppe 8 ist der Abschluss des Lehrgangs zur Fachkraft in der Behindertenarbeit oder eine fachspezifische Ausbildung in vergleichbarem Umfang. Insbesondere sind folgende Ausbildungen gleichwertig:
Pädagoginnen (Heilpädagoginnen, Sozialpädagoginnen, Dipl. Behindertenpädagoginnen), Sonderkindergärtnerinnen, Psychologinnen, Sozialarbeiterinnen, Fachsozialbetreuerinnen für Altenarbeit, Behindertenarbeit, Behindertenbegleitung, Diplom-Sozialbetreuerin für Altenarbeit, Behindertenarbeit, Behindertenbegleitung und Familienarbeit.
In § 31 Punkt 1) des BAGS-KV werden Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen - SEG-Zulagen geregelt:
"Arbeitnehmerinnen, die unter erschwerten Bedingungen arbeiten, gebührt eine SEG-Zulage, wobei in Betriebsvereinbarungen die erschwerten Arbeitsbedingungen im Sinne der Bestimmungen des EStG zu bestimmen sind. In Betrieben ohne Betriebsrat ist eine entsprechende Vereinbarung mit der jeweils zuständigen Gewerkschaft abzuschließen.
Die Höhe der SEG-Zulage beträgt für:
Verwendungsgruppe 1-3: ....................... € 0,53
je Arbeitsstunde mit erschwerten Bedingungen
Verwendungsgruppe 4-9: ....................... € 0,92
je Arbeitsstunde mit erschwerten Bedingungen
Im Falle regelmäßiger erschwerter Arbeitsbedingungen kann unter Berücksichtigung der angeführten Stundensätze eine Pauschale vereinbart werden.
Im Falle überwiegend erschwerter Arbeitsbedingungen gebührt eine monatliche SEG-Pauschale in den Verwendungsgruppen 1-3 von ..... € 85,89 und
in den Verwendungsgruppen 4-9 von ..... € 150,03.
Überwiegend erschwerte Arbeitsbedingungen liegen vor, wenn mehr als 80 % der Arbeitszeit unter diesen Bedingungen gearbeitet wird.
Durch Betriebsvereinbarungen können höhere SEG-Zulagen vereinbart werden (Ermächtigung gem. § 68 Abs. 5 Z 5 EStG)."
Nach Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG 22 Tz 11 zu § 68 müssen für die Begünstigung folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Zahlung neben dem Grundlohn (funktionelle Voraussetzung)
- in § 68 definierte Arbeitserschwernis (materielle Voraussetzung)
- Zahlung aufgrund einer sogenannten lohngestaltenden Vorschrift (iSd Abs. 5 Z 1 bis 6) oder Zahlung an alle oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern (formelle Voraussetzung
- Nachweis der tatsächlichen Arbeitsverrichtung
- Angemessenheit der Zulage.
Die Grundvoraussetzungen (funktionell, materiell und formell) müssen kumulativ erfüllt sein; liegt nur eine Voraussetzung nicht vor, kommt eine Begünstigung nicht in Betracht (-I/04; -F/05; -F/09; vgl auch Müller, ecolex 1995, 833).
Die funktionelle und die formelle Voraussetzung liegen vor, da nach den glaubwürdigen Angaben des steuerlichen Vertreters in der mündlichen Verhandlung sich die Höhe der Zahlung der Zulage am Kollektivvertrag und der Betriebsvereinbarung orientierte und an alle betreuenden Dienstnehmer für 50% der Arbeitsleitung steuerfrei ausbezahlt wurde. Je nach Gehaltsstufe betrug die Zulage ca. zwischen 7,38% und 4,96% des Gehalts.
Es muss daher geprüft werden, ob die in § 68 Abs. 5 ESTG 1988 genannte außerordentliche Erschwernis im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen (materielle Voraussetzung) bei der Tätigkeit der betreuenden Dienstnehmer vorliegt. Bei der Frage des Vorliegens außerordentlich erschwerter Arbeitsbedingungen handelt es sich um eine rechtliche Beurteilung ().
Zur Ermittlung der Tätigkeit der betroffenen Dienstnehmer sind das in der LEVO betreffend "Betreute Wohngemeinschaft für psychisch beeinträchtigte Menschen - Verbund IV.D" unter Punkt 2 verordnete Leistungsangebot bzw. die Grundsätze und Methodischen Grundlagen heranzuziehen. Darin wird Folgendes aufgezählt:
"2. Leistungsangebot
2.1 Grundsätze und Methodische Grundlagen
Die sozialpsychiatrische Betreuungsarbeit hat sich an folgenden Grundsätzen insbesondere zu orientieren:
- Integration (physisch, funktional und sozial)
- Kontinuität
- Prinzip der Normalisierung
- Prinzip der Wahrung der Intimsphäre
- Eigenveranwortung und Selbständigkeit (Empowerment)
- Individualität
- Freiwilligkeit
- Verpflichtung zur Verschwiegenheit
- Arbeit in einem multiprofessionellen Team
- Beziehungsarbeit als tragendes Element
- Orientierung an der Salutogenese
2.2 Grundsätze der sozialpsychiatrischen Betreuungsarbeit:
Die sozialpsychiatrische Betreuungsarbeit soll insbesondere durch Betreuung, Begleitung und Assistenz Folgendes fördern:
- Stärkung der Autonomie und Annäherung an das Ziel einer möglichst selbständigen Lebensform
- Hilfestellung nach individueller Problemstellung und Krankheitsverlauf
- Erarbeitung eines individuellen Betreuungsplans
- Erlernen eines angemessenen Umgangs mit der psychosozialen und/oder psychiatrischen Beeinträchtigung
- Bezugsbetreuersystem
- Hilfestellung bei der Strukturierung des Tagesablaufes und Alltagsbewältigung
- Fördern von lebenspraktischen Kompetenzen
- zielorientiertes Fördern von Ressourcen, deren Erhaltung und (nach Möglichkeit) Erweiterung
- Förderung der Beziehung zu sich selbst und anderen und der sozialen und gesellschaftlichen Integration
- Begleiten bei Befindlichkeitsschwankungen und Krisen
- Unterstützung bei lebenspraktischen Angelegenheiten
- Beratung und Hilfestellung in sozialen und rechtlichen Angelegenheiten
- sozialpsychiatrische Beratung, Begleitung und Betreuung
- Krisenintervention
- Freizeitaktivitäten (Einzel- und Gruppenangebote: Urlaubsaktivitäten, Ausflüge und dergleichen)
- Vermittlung von anderer Hilfe (andere soziale Einrichtungen, fachärztliche Hilfe, Psychotherapie, arbeitsrehabilitative Angebote, Gruppenangebote und dergleichen)
Vernetzungsarbeit
- Angehörigenarbeit
- Helferkonferenzen
- Öffentlichkeitsarbeit
- Nacht-/Feiertags-/Wochenendbereitschaft in Form von Rufbereitschaftsdiensten
2.3 Leistungsumfang
Die Leistung ist wie folgt zu erbringen:
- Hilfestellung bei der Strukturierung des Tageablaufes und Alltagsbewältigung
- Unterstützung bei lebenspraktischen Angelegenheiten
- Beratung und Hilfestellung in sozialen und rechtlichen Angelegenheiten
- sozialpsychiatrische Beratung, Begleitung und Betreuung
- Krisenintervention
- Freizeitaktivitäten (Einzel- und Gruppenangebote: Urlaubsaktivitäten, Ausflüge und dergleichen)
- Vermittlung von anderer Hilfe (andere soziale Einrichtungen, fachärztliche Hilfe, Psychotherapie, arbeitsrehabilitative Angebote, Gruppenangebote und dergleichen)
- Vernetzungsarbeit
- Angehörigenarbeit
- Helferkonferenzen
- Öffentlichkeitsarbeit
- Rufbereitschaft und Wohngemeinschaftsbesuche in Krisenfällen: zu allen Zeiten, zu denen kein Büro- oder Journaldienst besteht (Tagesbereitschaft, Nacht-, Sonn- und Feiertagsbereitschaft)."
In der auf dieser LEVO basierenden Leistungsvereinbarung zwischen dem Land Steiermark und dem bf Verein wird zum Thema Tätigkeitsfeld unter 2. für Menschen mit Behinderung im Sinne des Punktes A-I.1. der oben namhaft gemachten Leistungsumfang laut LEVO übernommen.
Im Zuge der Ermittlungen des Bundesfinanzgerichtes hat sich herausgestellt, dass die im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung getroffene Feststellung, dass die psychologische Betreuung von psychisch kranken Personen genau dem Berufsbild eines Psychotherapeuten entsprechen würde und deswegen eine steuerfrei ausbezahlte Erschwerniszulage nach § 68 Abs. 5 EStG 1988 nicht anerkannt hätte werden können, nicht den tatsächlichen Verhältnissen entspricht, da die betreuenden Mitarbeiter des Bf in die Verwendungsgruppe 8 des BAGS-KV als Behindertenfachkräfte eingestuft wurden und nicht als klinisch diagnostizierende Psychologinnen oder PsychtherapeutInnen (Verwendungsgruppe 9 des BAGS-KV) beschäftigt wurden. Nach dem in der LEVO und den Leistungsverträgen umschriebenen Tätigkeitsumfang wurden keine psychologischen oder psychotherapeutischen Tätigkeiten und Leistungen von den betreuenden Mitarbeitern erbracht. Vielmehr soll nach LEVO die sozialpsychiatrische Betreuungsarbeit durch Betreuung, Begleitung und Assistenz erfolgen. Die zu betreuenden Personen werden durch entsprechende Fachärzte zugewiesen. Die Betreuungsbedürftigkeit der zu betreuenden Personen muss durch jährliche Gutachten bestätigt werden.
Im Zuge der Prüfung wurde seitens des damaligen Geschäftsführers des Bf zur Klärung des genauen Tätigkeitsumfanges und -bildes der Mitarbeiter auf die Diagnosen der betreuten Personen als Beweis für die erschwerten Arbeitsbedingungen und das Zeitausmaß der Betreuungsarbeit hingewiesen und die Heranziehung der BADOK sowie anonymisierte Falldokumentationen beantragt.
Der Bf legte als Beilage der Beschwerdeschrift betreffend BADOK exemplarisch den Bericht 2007 für das Vollzeit betreute Wohnhaus ***17***, vor. Demnach sind von den gesamt geleisteten Stunden 78,3% auf unmittelbar klientenbezogene Tätigkeiten, weitere 9,4% auf klientenbezogene Tätigkeiten in der Qualitätssicherung und 12,4% auf allgemeine organisatorische Arbeiten entfallen. In diesem Vollzeit betreuten Wohnhaus wurden im Jahr 2007 insgesamt 15 Klienten betreut, wobei alle 15 nach dem BHG eingestuft waren. Von diesen 15 Klienten litten 11=73,33% an Schizophrenie bzw. schizotypen und wahnhaften Störungen; die restlichen 4=26,67% an affektiven sowie neurotischen Belastungsstörungen und somatoformen Störungen.
Weiters wurde der Bericht 2007 über die Mobile Sozialpsychiatrische Betreuung in ***18***, vorgelegt. Demnach entfielen 64,4% der gesamt geleisteten Stunden auf unmittelbar klientenbezogene Tätigkeiten, weitere 20,9% auf Tätigkeiten in der Qualitätssicherung (Supervision, Intervision, Fortbildung, etc.) und 14,7% auf allgemeine organisatorische Tätigkeiten. Insgesamt wurden im Jahr 2007 57 Klienten betreut. Davon litten 23=40,53% an Schizophrenie bzw. schizotypen und wahnhaften Störungen. Die weiteren 19 Personen=33,33% litten an affektiven sowie neurotischen Belastungs- und somatoformen Störungen.
Dass sich die Zahlen für die restlichen Jahre im Prüfungszeitraum bezüglich des Anteils der Betreuungsarbeit an den gesamt geleisteten Arbeitsstunden wie auch für die Verteilung der Diagnosen bei den Klienten nicht wesentlich geändert haben, ist nachvollziehbar.
Die in § 68 Abs. 5 EStG 1988 umschriebene außerordentliche Erschwernis liegt vor, wenn sich die Tätigkeiten selbst als außerordentlich schwierig erweisen, unter außerordentlich schwierigen Bedingungen auszuführen oder besonders dringlich sind.
In der Beschwerdeschrift wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass weder LEVO noch die einzelnen Leistungsvereinbarungen psychologische oder psychotherapeutische Tätigkeiten und Leistungen zum Inhalt haben. Das ergibt sich aus dem in der LEVO vorgegebenen Leistungsumfang.
Im Beschwerdeschreiben und in der mündlichen Verhandlung wird zur Tätigkeit der betreuenden Dienstnehmer ausgeführt, dass aufgrund der Vorgaben der LEVO sowie der zwischen dem Bf und Land Steiermark abgeschlossenen Leistungsvereinbarungen die in Betreuung stehende, an schweren psychischen Erkrankungen, vorrangig aus dem schizophrenen Formenkreis, aber auch an schweren Persönlichkeitsstörungen, leidende Zielgruppe umfasst, die zu ihrer Stabilisierung laufende Medikation sowie enge fachlich kompetente Betreuung benötigt. Diese werden teils mobil in ihren Wohnungen betreut, was mehrfache Belastungen und teils auch Gefährdungen mit sich bringt. Mobile BetreuerInnen müssen auf sich selbst gestellt schwierige Betreuungssituationen meistern, sich als langfristige Bezugspersonen zur Verfügung stellen, Risikopotential abschätzen und bei Bedarf dringende Interventionen setzten. Teils erfolgt die Betreuung in Wohngruppen und Wohnhäusern, was neben den Belastungen der individuellen Betreuung die Belastung der Arbeit mit Gruppen psychisch kranker Menschen bedeutet, die Bewältigung nicht nur einzelner Krisen, sondern krisenhafter Wohngruppen - Situationen, die Beobachtung nicht nur einer einzelnen Bedrohungssituation, sondern die Beobachtung der Auswirkungen auf die Gruppe und der Schutz anderer BewohnerInnen. Die fachlich und persönlich außerordentlich fordernde Arbeit birgt ständige Risiken unvorhersehbarer Entwicklungen bis hin zu vereinzelten Suiziden bzw. Gewalthandlungen gegenüber MitbewohnerInnen und BetreuerInnen. Im Vergleich zu den allgemeinen Tätigkeiten der Verwendungsgruppe 8 stehe außer Zweifel, dass die Arbeit mit schwer psychisch erkrankten Personen im Rahmen von Betreuungsbeziehungen eine besondere Erschwernis bedeuten würde.
Hingewiesen wird auch darauf, dass die Gewährung von steuerbegünstigten SEG-Zulagen im psychosozialen Arbeitsbereich seit langem anerkannt werde. So stehe diese Zulage etwa den MitarbeiterInnen der Vereinssachwalterschaft seit dem Jahr 1982 zu, den MitarbeiterInnen des Beratungszentrums für psychische und soziale Fragen als extramurale Einrichtung der Landesnervenklinik Sigmund Freud seit dem Jahr 1978, weiters aber auch den MitarbeiterInnen von Neustart/Bewährungshilfe. Der Grund für die Gewährung und auch Anerkennung dieser Zulage sei die besondere Erschwernis der Arbeit mit Menschen mit psychischen Erkrankungen, Persönlichkeitsstörungen und schwierigen psychosozialen Situationen, nicht nur in Kliniken, sondern darüber hinaus in besonderem Maße in extramuralen Einrichtungen oder im Rahmen mobiler Betreuung zu Hause oder aber in betreuten Wohngemeinschaften, da hier kurzfristig medizinisch-therapeutische Entscheidungen ohne ärztliche Unterstützung und vor allem ohne die in einer (psychiatrischen) Krankenanstalt vorhandenen Arbeitserleichterungen zu treffen seien (vgl. zu Pflegpersonal in Altersheimen sowie die in RZ 1136 LStR 2002 sowohl für Ärzte wie auch für Pflegepersonal in psychiatrischen Abteilungen grundsätzlich zuerkannte Erschwernis bei ihrer Tätigkeit).
Die Auslagerung von Behandlungs- und Betreuungsleistungen, die zuvor im Krankenhaus stattfinden hätten müssen, in den ambulanten Bereich mit mobiler Leistungserbringung führe zu einer, wie z.B. im Bereich der Pflege allgemein bekannt, aufgrund der nötigen intensiven Betreuung ohne Ressourcen eines Krankenhauses, noch höheren Belastung der betreuenden Personen.
In der mündlichen Verhandlung führte der steuerliche Vertreter weiters aus, dass die Zuweisung der zu betreuenden Personen ausschließlich durch psychiatrische Fachärzte zu erfolgen hat. Die Betreuer sind für die Anleitung und Überwachung der Medikation verantwortlich. Kommt es bei den zu betreuenden Personen zur Absetzung der Medikamente kann es zu Krisen (Suizide, Spannungsverhältnisse in den Wohngemeinschaften bis zu Gewalttätigkeiten) kommen. Aus diesem Grund ist eine Rundum-Betreuung verpflichtend. Die Kostenübernahme durch das Land Steiermark der zu betreuten Personen muss jährlich durch ein psychiatrisches Gutachten festgestellt werden.
Mit den auch in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Einwendungen, dass die betreuenden Personen aufgrund ihrer Ausbildung in der Lage waren die erschwerenden Arbeitsbedingungen zu meistern und, dass die Aufgaben dem allgemeinen Berufsbild der Betreuungspersonen entsprochen hätten sowie dem weiteren Einwand, dass es sich bei den zu betreuenden Personen um Personen mit einer Therapie handeln müsse und damit erschwerende Arbeitsbedingungen nicht gegeben seien, treten die Vertreter des Finanzamtes weder den Ausführungen in der Beschwerdeschrift noch des steuerlichen Vertreters in der mündlichen Verhandlung über die Tätigkeiten der betreuenden Personen konkret entgegen.
Der steuerliche Vertreter entgegnete den Einwendungen des Finanzamtes damit, dass das nicht richtig sei, da die Auslagerung aus dem Krankenhausbereich in den extramuralen Bereich (z.B. betreutes Wohnen) aus Kostengründen so schnell wie möglich erfolgen würde. Die besondere Erschwernis bestehe bei den betreuenden Personen im Vergleich zu einem Krankenhaus darin, dass die betreuende Person allein auf sich gestellt ist, wohingegen im Krankenhaus eine Vielzahl von Personen bei auftretende Krisen einschreiten können. Weiters wird vorgebracht, dass das Argument der Ausbildung nicht greifen könne, da SEG Zulagen auch von anderen gut ausgebildeten Berufsgruppen, z.B. Polizisten, steuerfrei bezogen werden.
Von der Vorlage der in der Beschwerde angeführten Falldokumentationen wurde aus Datenschutzgründen Abstand genommen.
Der erkennende Senat würdigt den in der Beschwerdeschrift und in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Sachverhalt und kommt in seiner Beratung zu dem Ergebnis, dass diesen Schilderungen über die Tätigkeit der nichtselbständigen Beschäftigten des Bf mit den zu betreuenden Personen im Zusammenhang mit ihren psychischen Erkrankungen durchaus Glaube zu schenken ist. Auf Grund des Umstandes, dass die zu betreuenden Personen ausschließlich über den Befund eines Facharztes in die Betreuung des Bf aufgenommen werden können und des weiteren Umstandes, dass der Krankheitszustand der zu betreuenden Personen jährlich durch ein Gutachten eines Facharztes überprüft und bestätigt werden muss, kann davon ausgegangen werden, dass die Betreuung dieser Personen überwiegend ein gewisses Potential einer Erschwernis bzw. vereinzelt auch einer Gefahr birgt. Vor allem der nachvollziehbare Umstand, dass die psychisch erkrankten Personen nach einer vorhergehenden Behandlung in einem dafür geeigneten Krankenhaus einer Diagnose unterzogen wurden, lässt keinesfalls die vom Finanzamt geäußerte Schlussfolgerung zu, dass die erkrankten Personen nach Stellung einer Diagnose und Verabreichung geeigneter Psychopharmaka gleichsam geheilt in die Betreuung des bf Vereins übergeben werden. Vielmehr ist den Erfahrungen des täglichen Lebens und den Ausführungen des steuerlichen Vertreters dahingehend zu folgen, dass die mit vielen Nebenwirkungen behafteten Psychopharmaka dann, wenn es den Patienten bessergeht, weggelassen werden und es nicht nur dann zu Rückfällen und Krisensituationen kommen kann, für deren Bewältigung die betreuenden Dienstnehmer vorerst auf sich allein gestellt sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach den Entscheidungen des BFG die Möglichkeit einer Gefahreinwirkung für die Gewährung der Steuerfreiheit einer Zulage ausreichend ist (vgl. , ).
§ 68 Abs. 5 Teilstrich zwei EStG 1988 fordert einen Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen. Dieser muss innerhalb der jeweiligen Berufssparte gezogen werden (; , betreffend Lagerarbeiter), wobei der Vergleichsrahmen dabei nicht zu eng gezogen werden darf. So sind zB Gerüstarbeiter nicht mit anderen Gerüstarbeitern, sondern mit Bauarbeitern zu vergleichen (). Unzulässig ist es auch, Anstreicher, die unter besonders schwierigen Arbeitsbedingungen arbeiten, mit Anstreichern zu vergleichen, die unter denselben besonderen Umständen tätig werden. Ein Vergleich muss allgemein innerhalb der Berufsgruppe der Anstreicher getroffen werden. Bezüglich der stärkeren nervlichen Belastung beim Lenken überlanger Autobusse muss der Vergleich zwischen Autobuslenkern sowie Lenkern überlanger Autobusse erfolgen ().
Die beim Bf beschäftigten BetreuerInnen der psychisch erkrankten Personen wurden nach dem BAGS-Kollektivvertrag in der Verwendungsgruppe 8 als Behindertenfachkräfte mit Spezialaufgaben entlohnt. In der Verwendungsgruppe 8 werden neben Behindertenfachkräften auch SozialarbeiterInnen, alleinverantwortliche Fachkräfte mit Spezialaufgaben für die Betreuung von TransitmitarbeiterInnen in Sozialökonomischen Beschäftigungsbetrieben und Gemeinnützigen Beschäftigungsprojekten sowie in vergleichbaren Maßnahmen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt, FrühförderInnen mit mindestens dreijähriger verwendungspezifischer Ausbildung, MusiktherapeutInnen, PhysiotherapeutInnen, ErgotherapeutInnen, LogopädInnen, Med. techn. AnalytikerInnen genannt. Vergleicht man die gegenständlichen in der Betreuung von psychisch erkrankten Menschen tätigen Behindertenfachkräfte mit diesen ebenfalls betreuenden Berufsgruppen ist erkennbar, dass die Betreuung psychisch erkrankter Personen eine vom Gesetz geforderte außerordentliche Erschwernis im Vergleich mit den allgemeinen Arbeitsbedingungen unter den dargestellten Bedingungen darstellen kann.
Diese außerordentliche Erschwernis lässt sich daraus ableiten, dass für Ärzte und Personal auf psychiatrischen Stationen in Krankenhäusern eine steuerfreie Erschwerniszulage gerechtfertigt ist (LStR 2002 Rz 1136), obwohl davon auszugehen ist, dass sich Ärzte einer für die Behandlung psychischer Erkrankungen umfassenden Ausbildung unterziehen mussten und die Behandlung dieser Patienten auf Grund ihrer Ausbildung nach Ansicht des Finanzamtes keine außerordentliche Erschwernis darstellt. Wenn es also gerechtfertigt ist, Ärzten mit entsprechender Ausbildung im Rahmen der Behandlung psychisch erkrankter Personen auf psychiatrischen Stationen ein Erschwerniszulage steuerfrei auszuzahlen, würde die steuerpflichtige Behandlung der an die gegenständlichen Behindertenfachkräfte ausbezahlten Zulage für die Betreuung der aus den psychiatrischen Stationen entlassenen Patienten und in den Wohneinrichtungen des Bf untergebrachten Patienten zu einer Ungleichbehandlung führen, zumal die Ausbildung der vom Bf beschäftigten BetreuerInnen als Behindertenfachkräfte naturgemäß im ihrem Umfang nicht mit der Ausbildung von Ärzten auf psychiatrischen Stationen verglichen werden kann. Hinzu kommt das vom Bf vorgebrachte Argument, dass die BetreuerInnen in den Wohneinrichtungen des Bf weitestgehend auf sich allein gestellt sind und mit den vorzufindenden Situationen umzugehen und oft weitreichende Entscheidungen zu treffen haben. Es ist ihnen nicht möglich, etwa bei auftretenden Krisensituationen der zu betreuenden psychisch erkrankten Personen kurzfristig einen Facharzt zuzuziehen.
§ 68 Abs. 5 EStG 1988 stellt neben der außerordentlichen Erschwernis auf das "Überwiegen" der zu leistenden Arbeiten für die Steuerfreiheit der in diesem Zusammenhang ausbezahlten Zulage ab. Es müssen daher die gesamten vom Arbeitnehmer zu leistenden Arbeiten in mehr als der Hälfte der Arbeitszeit, für die eine Zulage steuerfrei gewährt wird, eine außerordentliche Erschwernis oder Gefahr bewirken (). Im gegenständlichen Fall wurde die Erschwerniszulage nicht für die gesamte, sondern lediglich für 50% der gesamten Arbeitszeit steuerfrei ausbezahlt. Unter Berücksichtigung, dass der Begriff "überwiegend" nicht auf die Dauer der (Normal)Arbeitszeit zu beziehen sein wird, sondern lediglich auf die verrichtende konkrete Dienstleistung innerhalb der (Normal)Arbeitszeit, bedeutet das, dass bei den gegenständlichen DienstnehmerInnen ein Überwiegen der erschwerenden Bedingungen für mehr als ein Viertel der gesamten Arbeitszeit gegeben sein muss, um die Steuerfreiheit der ausbezahlten Erschwerniszulage gesetzlich zu rechtfertigen. Nach den beispielshaft vorgelegten BADOK-Berichten hatten die BetreuerInnen klientenbezogene Tätigkeiten von durchschnittlich 78,3% bzw. 64,4% ihrer (Normal)Arbeitszeit. Das bedeutet, dass im ersten Fall bei ca. 32% und im zweiten Fall bei ca. 39% der Pateientenkontakte außerordentlich erschwerte Arbeitsbedingungen im Sinne des § 68 Abs. 5 EStG 1988 vorgelegen haben. Der erkennende Senat geht hinsichtlich dieses Umfanges davon aus, dass im Wesentlichen die Tätigkeit der BetreuerInnen schwerpunktmäßig mit einer außerordentlichen Erschwernis im Sinne des § 68 Ab. 5 EStG 1988 verbunden ist.
Aus Sicht der in diesem Beschwerdeverfahren gewonnenen Erkenntnisse und der daraus folgenden rechtlichen Beurteilung kommt der erkennende Senat zu dem Ergebnis, dass die ausbezahlten SEG-Zulagen steuerfrei belassen werden können. Die angefochtenen Bescheide betreffend die Nachforderung der Lohnsteuer für die Jahre 2005 bis 2009 waren daher samt Säumniszuschlägen aufzuheben.
Zu den vom Bf vorgebrachten Verfahrensmängeln ist darauf hinzuweisen, dass grundsätzlich nur wesentliche Verfahrensmängel zur Rechtswidrigkeit eines Bescheides führen. Der vom Finanzamt unzureichend ermittelte Sachverhalt wurde vom Bf umfassend in der Beschwerdeschrift und in der mündlichen Verhandlung dargelegt und konnte somit in die Entscheidung des erkennenden Senates einfließen. Ebenso wurde das vom Bf vorgebrachte rechtliche Umfeld iZm der Tätigkeit des Bf und seiner Bediensteten bei der gegenständlichen Entscheidung berücksichtigt. Schlussendlich hinderten die eingewendeten Verfahrensmängel bzw. Mängel in der Bescheidbegründung den Bf nicht daran, eine umfassende Beschwerdeschrift zu verfassen. Jedenfalls war der Bf auf Grund des Prüfungsverfahrens und der Begründung der in diesem Zusammenhang ergangenen angefochtenen Bescheide in die Lage versetzt seine Beschwerdeschrift einzubringen. Darüber hinaus hatte der Bf im Verlauf des Beschwerdeverfahrens und in der mündlichen Verhandlung ausreichend Gelegenheit, seine Standpunkte darzulegen.
Gemäß § 281 Abs. 1 BAO können im Beschwerdeverfahren nur einheitliche Entscheidungen (Beschwerdevorentscheidungen, Erkenntnisse und gemäß § 278 BAO aufhebende Beschlüsse) getroffen werden. Sind Arbeitnehmer einer Beschwerde des Arbeitgebers beigetreten und wurden die Beitritte nicht als unzulässig zurückgewiesen, so ist die über die Beschwerde ergehende Erledigung (hier Erkenntnis) der Beschwerdeführerin und den Beigetretenen gegenüber einheitlich zu erlassen (). Das gegenständliche Erkenntnis war der Beschwerdeführerin und den den Beschwerden Beigetretenen zuzustellen.
Das Verfahren betreffend die Zustellung von Erledigungen ist im 3. Abschnitt der Bundesabgabenordnung (BAO) geregelt. So gilt gemäß § 101 Abs. 1 BAO mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an eine dieser Personen die Zustellung an alle als vollzogen, wenn eine schriftliche Ausfertigung an mehrere Personen gerichtet ist, die dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden oder die gemeinsam zu einer Abgabe heranzuziehen sind, und diese der Abgabenbehörde keinen gemeinsamen Zustellungsbevollmächtigten bekanntgeben haben und wenn auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen wird. Mit dieser Bestimmung hat der Gesetzgeber der Abgabenbehörde die Möglichkeit eingeräumt, durch die Zustellung an einen der Gesamtschuldner die Zustellwirkung für die anderen Gesamtschuldner zu erreichen.
Im verfahrensgegenständlichen Fall lag schon zwischen dem für die Lohnsteuer zur Haftung herangezogenen Beschwerdeführer und den den Beschwerden beigetretenen Arbeitnehmern ein Gesamtschuldverhältnis vor (vgl. ). Aufgrund der gesetzlich vorgesehenen Zustellfiktion des § 101 Abs. 1 BAO gilt das dem Beschwerdeführer z.Hd. seines steuerlichen Vertreters zugestellte Erkenntnis auch den Beigetretenen gegenüber als zugestellt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nachdem die Beschwerde insoweit keine für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen aufwirft, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme, war unter Hinweis auf die zitierte eindeutige und einheitliche Rechtsprechung die Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision auszusprechen.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 47 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 68 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 68 Abs. 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 41 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 41 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 41 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.2100353.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at