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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 19.09.2022, RV/5100332/2022

Verspätet eingebrachte Beschwerde gegen den in die Databox zugestellten Einkommensteuerbescheid

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Karin Pitzer in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch UNICONSULT Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH, Wartenburger Straße 1b, 4840 Vöcklabruck, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2020 Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

Die Beschwerde wird wegen Verspätung gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensablauf:

Das Finanzamt erließ am den Einkommensteuerbescheid 2020. Dieser Bescheid wurde am elektronisch in die Databox der steuerlichen Vertretung des Beschwerdeführers (infolge Bf.) übermittelt. (In der Signatur im Bescheid ist das Datum und die Zeit mit 2022-03-25T20:07:17+01:00 angeführt).

Elektronisch über Finanzonline ist gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 am die Beschwerde unter Beilage der Einnahmen Ausgaben Rechnung eingebracht worden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gem § 260 BAO als verspätet zurückgewiesen mit folgender Begründung:

"Die Beschwerde muss innerhalb der Beschwerdefrist eingebracht werden, welche einen Monat beträgt und in der Regel ab der Zustellung des Bescheides läuft.

Da die Beschwerde nicht innerhalb der Beschwerdefrist eingereicht wurde, war Ihre Beschwerde als nicht fristgerecht zurückzuweisen".

Aus dem am über Finanz Online von der steuerlichen Vertretung des Bf. ein-
gebrachten Vorlageantrag geht folgendes hervor:

"… Art des Bescheides: Einkommensteuer
Zeitraum: 2020
Bescheiddatum:
Beschwerde vom:

Sehr geehrte Damen und Herren, die Beschwerdefrist beginnt mit Zustellung des Bescheides zu laufen. Wie in der Begründung zur Beschwerde angeführt, erfolgte die Beschwerde innerhalb offener Rechtsmittelfrist von einem Monat. Der verfahrensgegenständliche Einkommensteuerbescheid wurde von der belangten Behörde am erlassen, die Zustellung an den steuerlichen Vertreter des Beschwerdeführers erfolgte über FinanzOnline in dessen Databox unstrittig am , das war der Montag. Es war hier ein Wochenende dazwischen. Entsprechend der Bestimmung des § 98 Abs. 2 BAO wurde die Beschwerde vom innerhalb der gesetzlichen Beschwerdefrist eingebracht. Daher ist die Zurückweisung der Beschwerde durch das Finanzamt zu Unrecht erfolgt".

Die Beschwerde wurde mit Vorlagebericht vom dem BFG zur Entscheidung vorgelegt mit folgendem Inhalt:

"Sachverhalt:

Am erging auf Grundlage der eingebrachten Erklärung der Einkommensteuerbescheid 2020 des Beschwerdeführers. Die Zustellung erfolgte noch am selben Tag elektronisch über Finanz Online in die Databox des Beschwerdeführers.

Dagegen wurde am über Finanz Online Beschwerde eingebracht, da im Erstbescheid wesentliche Betriebsausgaben nicht berücksichtigt worden seien, die nun auf diesem Wege beantragt werden sollten. Die Beschwerde wurde von der Abgabenbehörde mit Bescheid am zurückgewiesen, da deren Einreichung nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheides erfolgt und somit nicht rechtzeitig sei.

Die Zustellung erfolgt abermals elektronisch über Finanz Online.

Dazu wurde vom Beschwerdeführer am ein Vorlageantrag eingebracht, in dem ausgeführt wird, dass die Zustellung des Bescheides unstrittigerweise nicht am Freitag, den , erfolgt sei, sondern erst am Montag, den . Die Beschwerde sei daher gem. § 98 Abs. 2 BAO rechtzeitig innerhalb der gesetzlichen Beschwerdefrist eingebracht worden und die Zurückweisung durch die Abgabenbehörde zu Unrecht erfolgt.

Beweismittel:
Einkommensteuerbescheid 2020 vom (Erstbescheid)
Beschwerde vom
BVE Zurückweisung der Beschwerde vom
Vorlageantrag vom
Mailanfrage bez. Zustelldaten vom
Antwort Zustelldaten Databox vom

Stellungnahme:

Gem. § 5b Abs. 1 FOnV hat die Abgabenbehörde nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von Finanz Online sind, elektronisch vorzunehmen.

Gem. § 98 Abs. 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Der Zeitpunkt, an dem die Daten in den elektronischenVerfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, ist bei Finanz Online der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox (zB RV/0002-F/13; ; ; , RV/5100404/2016; , RV/5100209/2016; , RV/7104423/2014; , RV/7104134/2017; , RV/5101130/2017).

Die Zustellung des angefochtenen Bescheides erfolgte nachweislich elektronisch in die Databox des Beschwerdeführers. Laut der von der Abteilung Applikation Bereichsübergreifende Finanzverfahren, BMF I/10-BF, übermittelten genauen Daten erfolgte die Zustellung in die Databox des Beschwerdeführers am um 20:07:18 Uhr. Gelesen wurdedie Nachricht bzw. der Bescheid am um 05:00:50 Uhr. Den Angaben im Vorlageantrag, dass die Zustellung in die Databox unstrittigerweise am Montag, erfolgt sei, kann daher nicht gefolgt werden.

In Bezug auf die Ausführungen im Vorlageantrag, dass dazwischen ein Wochenende gelegen sei, wird darauf verwiesen, dass eine Zustellung als bewirkt gilt mit dem Zeitpunkt des Einlangens in der Databox, auch wenn diese am Freitag nach dem Ende der Kanzleiöffnungszeit des zustellungsbevollmächtigten Parteienvertreterserfolgt (; ).

Nach Ansicht der Abgabenbehörde wurde die Beschwerde nicht innerhalb der Beschwerdefrist eingebracht und die Zurückweisung gem. § 260 BAO in der BVE am ist aus den dargelegten Gründen zu Recht erfolgt".

Mit Vorhalt vom wurde der Bf. um Stellungnahme zum beigelegten Vorlagebericht vom ersucht. Gleichzeitig wurde dem Bf. mitgeteilt, dass eine Zustellvollmacht für die steuerliche Vertretung bestehe. Laut Ausführungen des Finanzamtes im Vorlagebericht und den von der Abteilung Applikation Bereichsübergreifende Finanzverfahren, BMF I/10-BF, am übermittelten Zustelldaten wurde der Einkommensteuerbescheid 2020 am in die Databox zugestellt, und am von der steuerlichen Vertretung gelesen. Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 sei elektronisch über Finanz Online am eingebracht worden. Die Beschwerdefrist sei somit am abgelaufen. Somit wäre die Beschwerde verspätet.

Eine Stellungnahme bzw. Äußerung zum Vorhalt vom erfolgte nicht.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt:

Am Freitag wurde vom Finanzamt der Einkommensteuerbescheid 2020 erlassen. Der Bescheid wurde am Abend des laut Signatur auf elektronischem Wege in die Databox der zustellbevollmächtigten steuerlichen Vertretung des Bfs übermittelt.

Der Bescheid wurde am Montag, den von der steuerlichen Vertretung (= Empfänger) gelesen.

Die Beschwerde wurde am Mittwoch, den über Finanz Online elektronisch eingebracht.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen. Dagegen wurde rechtzeitig ein Vorlageantrag erhoben. Mit Vorhalt vom wurde der Bf. aufgefordert zum Vorlagebericht bzw. zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde sich zu äußern und eine Stellungnahme abzugeben.

Beweiswürdigung:

Die Zeitpunkte der Zustellung des angefochtenen Bescheides am in die Databox des steuerlichen Vertreters des Bf. und der Erstellung der Beschwerde sowie des Einlangens der Beschwerde beim Finanzamt ergeben sich eindeutig und nachweislich aus den in Finanz-Online gespeicherten Daten.

Die Verspätung wurde dem Bf. mit Vorhalt vom unter Beilage des Vorlageberichts vom im Wege des Parteiengehörs vorgehalten und wurde ihm somit Gelegenheit gegeben, entsprechende Einwendungen bzw. eine Stellungnahme vorzubringen. Von diesem Recht hat der Bf. nicht Gebrauch gemacht.

Der Vorhalt vom wurde nicht beantwortet.

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 260 Abs. 1 lit b BAO ist eine Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung der Abgabenbehörde (§ 262 BAO) oder mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes (§ 278 BAO) zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat. Für den Beginn der Beschwerdefrist ist der Tag maßgebend, an dem der Bescheid bekannt gegeben worden ist (vgl. Ritz, BAO. 6. Auflage, § 245 Tz 4). Bei schriftlichen Bescheiden beginnt die Frist daher in der Regel am Tag von dessen Zustellung zu laufen. Für die Fristberechnung (insbesondere für das Fristende) gelten § 108 Abs. 2 und 3 sowie 4 BAO. Die Tage des Postlaufes werden nicht in die Frist eingerechnet (siehe Ritz, BAO5, § 245, Rz 1ff).

Gemäß § 108 Abs. 2 BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.

Zur Zustellung des angefochtenen Bescheides ist auf § 98 Abs. 2 BAO zu verweisen, wonach elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt gelten, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amtswegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nachweislich nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Der Zeitpunkt, an dem Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangen, ist bei Finanz-Online der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox (vgl. Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO, 3. Auflage, § 98 Anm. 8). Die Databox ist eine solche, zu der der Empfänger Zugang hat (vgl. ). Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den Finanz-Online-Teilnehmer, beispielsweise durch Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Bescheides, kommt es nicht an (vgl. RV/0002-F/13).

Der steuerlichen Vertretung des Bf. wurde zur Wahrung des Parteiengehörs mit Schreiben vom die Möglichkeit gegeben, zum Umstand der verspäteten Einbringung der Beschwerde Stellung zu nehmen.

Die zur Wahrung des Parteiengehörs (nach erfolgter Zustellung des Schreibens an die steuerliche Vertretung) zugestandene Frist endete am und ist ungenützt verstrichen.

Auf die Ausführungen im Vorlagebericht vom des Finanzamtes sowie insbesondere auf den , in einem ähnlich gelagerten Fall betreffend Zustellung in die Databox außerhalb der Kanzleistunden, wird verwiesen.

Erwägungen:

Aufgrund obiger Ausführungen konnte der Umstand, dass die Kanzlei der zustellungsbevollmächtigten steuerlichen Vertretung zum Zeitpunkt der Übermittlung der Daten des Bfs in die Databox nicht mehr besetzt war, nicht bewirken, dass die Zustellung des entsprechenden Bescheides erst am darauffolgenden Werktag (= Montag) vollzogen wurde.

Der Einkommensteuerbescheid 2020 galt vielmehr gemäß § 98 Abs. 2 erster Satz BAO bereits am Freitag, , als zugestellt und wurde damit der Lauf der Beschwerdefrist an diesem Tag in Gang gesetzt. Damit endete die einmonatige Beschwerdefrist aber gemäß § 108 Abs. 2 BAO am Montag den . Die erst am eingebrachte Beschwerde war daher gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO mit Beschluss zurückzuweisen, da sie nicht fristgerecht eingebracht worden war.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist im gegenständlichen Fall nicht zulässig, weil einerseits die Rechtsfolgen der Zurückweisung wegen erwiesener Verspätung, die Beschwerdefrist sowie die Berechnung der Frist eindeutig dem Gesetz zu entnehmen sind (§ 260 Abs. 1 lit. b BAO; § 245 BAO, § 108 BAO). Andererseits ergibt sich die Nichterfüllung des Tatbestandes der nicht rechtzeitigen Kenntniserlangung vom Zustellvorgang wegen Abwesenheit von der Abgabestelle gemäß § 98 Abs. 2 3. Satz BAO aus der umfangreichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den gleichlautenden Bestimmungen des Zustellgesetzes (siehe zusammenfassend ). Die gegenständliche Entscheidung war daher nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängig (siehe , wonach bei ausreichender Judikatur zur Vorgängerbestimmung keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt).

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100332.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at