Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.08.2022, RV/7500313/2022

Parkometerabgabe: Zur Beanstandungszeit durch das Parkraumüberwachungsorgan schien der elektronische Parkschein noch nicht im Parkraumüberwachungssystem auf

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , Zl. MA67/Zahl/2022, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 12,00 Euro zu entrichten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens (12,00 Euro) sind gemeinsam mit der Geldstrafe (60,00 Euro) und dem Beitrag zu den Kosten der belangten Behörde (10,00 Euro), insgesamt 82,00 Euro, binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Erkenntnisses an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten.

Der Magistrat der Stadt Wien wird gemäß § 25 Abs. 2 BFGG als Vollstreckungsbehörde bestimmt.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, lastete dem Beschwerdeführer (Bf.) unter Zugrundelegung der Anzeigedaten des Kontrollorgans KO der Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion Wien mit Strafverfügung vom an, er habe das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna am in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in ***WienXY***, ohne einen für den Beanstandungszeitpunkt 13:27 Uhr gültigen Parkschein abgestellt und demnach die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.

Wegen der Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabe-verordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe iHv € 60,00 verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden festgesetzt.

In seinem fristgerecht erhobenen Einspruch (E-Mail vom ) brachte der Bf. vor, dass für den Beanstandungszeitpunkt , 13:27 Uhr, ein gültiger elektronischer Parkschein mit der Gültigkeitsdauer 13:27 bis 13:42 Uhr vorhanden gewesen sei und fügte einen Screenshot des Parkscheines Nr. 123 bei.

Mit Straferkenntnis vom wurde der Bf. vom Magistrat der Stadt Wien, MA 67, wegen der bereits näher bezeichneten Verwaltungsübertretung für schuldig erkannt und es wurde wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe von € 60,00 verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden festgesetzt. Zudem wurde gemäß § 64 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz ein Betrag von € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.

Begründend stellte die Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens, des Einspruchsvorbringens und unter Hinweis auf § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung sowie § 7 Abs. 1 bis 3 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung fest, dass der dem Verwaltungsstrafverfahren zu Grunde liegenden Organstrafverfügung des eingeschrittenen Kontrollorgans zufolge die Kontrolle des vom Bf. abgestellten Kraftfahrzeuges um 13:27 Uhr des genannten Tages durchgeführt worden sei. Diese Zeitangabe sei deshalb glaubwürdig, weil den Kontrollorganen des Magistrats der Stadt Wien als Hilfsmittel für die Erfüllung der übertragenen Aufgaben elektronische Überwachungsgeräte (sog. PDA's) zur Verfügung stünden, welche die zum Beanstandungszeitpunkt aktuelle Uhrzeit über einen Server beziehen und vorgeben.

Mittels einer Online-Verbindung könne die Aktivierung des elektronischen Parkscheins überprüft werden. Zum Zeitpunkt der Überprüfung mittels dieser Online-Verbindung sei kein Parkschein gebucht gewesen, weshalb die Beanstandung erfolgt sei.

Die offensichtliche Annahme des Bf., die Gültigkeit des elektronischen Parkscheins beginne mit der Sekunde 00 der Minute des Einlangens der Bestätigung - womit er gleichsam eine Rückwirkung unterstelle, sodass beispielsweise bei Erhalt der Bestätigungs-SMS um 13:27:50 Uhr die Gültigkeit des Parkscheins um 13:27:00 Uhr beginnen würde - finde im Parkometergesetz und den dazu ergangenen Verordnungen keine Deckung.

Entscheidend sei, ob sich der Lenker von seinem Fahrzeug entferne, bevor er die Bestätigung der Abstellanmeldung erhalte (den Parkschein nur dann zu aktivieren, wenn man ein Parkraumüberwachungsorgan bemerke, wäre andernfalls nicht ausgeschlossen).

Dies sei gegenständlich nach den Feststellungen des Parkraumüberwachungsorgans, gegen deren Richtigkeit im Hinblick darauf, dass dieses zur Wahrheit verpflichtet sei sowie dessen Eingaben in das elektronische Überwachungsgerät zeitgleich in der zentralen Datenbank erfasst würden und damit einer ständigen Kontrolle unterlägen, keine Bedenken bestünden, der Fall. Weder aus den angefertigten Fotos noch aus den Notizen zur Organstrafverfügung ergebe sich, dass der Bf. um 13:27 Uhr beim Fahrzeug verweilt habe.

Dass die Parkscheinaktivierung in derselben Minute wie die Beanstandung erfolgt sei, ändere daher nach den vorliegenden Verhältnissen an der nicht zeitgerechten Aktivierung nichts.

Da die Parkometerabgabe (bzw. die Aktivierung des Parkscheines) bei Beginn des Abstellens des Fahrzeugs (also unverzüglich, bevor sich der Lenker vom Fahrzeug entferne) zu entrichten sei und die Abgabe bei Verwendung elektronischer Parkscheine (erst) als entrichtet gelte, wenn die Abstellanmeldung durch das elektronische System bestätigt werde, habe der Bf. den Tatbestand der Abgabenverkürzung nach § 4 Parkometergesetz 2006 verwirklicht, die objektive Tatseite sei daher gegeben (vgl. ).

Die Einwendungen seien sohin nicht geeignet gewesen, den Bf. vom angelasteten Tatvorhalt zu entlasten.

Die Abgabe sei mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung bei Verwendung eines elektronischen Parkscheines entrichtet (§ 5 Abs. 1 Parkometerabgabeverordnung).

Dieser Verpflichtung sei der Bf. nicht nachgekommen.

Es werde somit der Sachverhalt als erwiesen angenommen, wie er aus den schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben in der Organstrafverfügung sowie aus der Tatumschreibung in diesem Straferkenntnis ersichtlich sei. Der Bf. habe sohin den Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach der im Spruch zitierten Bestimmung verwirklicht.

Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaube bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liege im gegenständlichen Fall nicht vor.

Nach näheren Erläuterungen zum Fahrlässigkeitsbegriff stellte die Behörde fest, dass der Akteninhalt und das Vorbringen des Bf. keinen Anhaltspunkt dafür böten, dass er nach seinen persönlichen Verhältnissen im gegenständlichen Zeitpunkt nicht fähig gewesen wäre, die objektiv gebotene Sorgfalt einzuhalten oder den von ihm verursachten Verkürzungserfolg vorauszusehen, oder dass ihm rechtmäßiges Verhalten in der konkreten Situation unzumutbar gewesen wäre. Der Bf. habe daher durch die Verletzung der für ihn bestehenden und ihm auch zumutbaren Sorgfaltspflicht, somit fahrlässig, die Abgabe verkürzt.

Somit seien sowohl die objektiven als auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben.

Weiters enthält das Straferkenntnis die maßgeblichen Bestimmungen für die Strafbemessung (§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, § 19 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991), erläutert diese näher und führt die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Strafzumessungs-gründe an (Ausgehen von durchschnittlichen Einkommensverhältnissen, keine verwaltungs-strafrechtlichen Vormerkungen nach dem Wiener Parkometergesetz).

Der Bf. erhob gegen das Straferkenntnis binnen der Rechtsmittelfrist Beschwerde (E-Mail) und brachte vor, dass durch seine Gattin über sein Ersuchen mit ihrem Mobiltelefon über die Applikation "Handyparken" ein 15-Minuten-Parkschein beantragt und auch als gebucht empfangen worden sei. Die im Parkschein angeführte Parkdauer sei mit 13:27 bis 14:42 Uhr [Anm.: richtig 13:42 Uhr] angeführt. Somit sei der Vorwurf, er hätte zur Tatzeit, konkret um 13:27 Uhr, keinen gültigen Parkschein gehabt, falsch, wobei auch der entlastende Beweis, der gültige Parkschein zur Tatzeit, vorgelegt werden könne.

Er wolle Gründe anführen, welche die im Straferkenntnis erhobenen Vorwürfe entkräfteten und auch die interpretierten Handlungsanleitungen auf Grund mangelnder Kundmachung in der Applikation "HANDYPARKEN" nicht vorhanden seien.

Unter Berücksichtigung der FAQ in der Applikation "HANDYPARKEN" sei entsprechend den dort angeführten Handlungsanweisungen vorgegangen worden. Dementsprechend müsse er den Parkschein buchen, kontrollieren und bestätigen. Danach erhalte er bzw. der Nutzer die Bestätigung zugestellt.

Jedoch steht darin nicht, dass sich er oder jene Person, welche den Parkschein buche, für diesen Vorgang im Fahrzeug aufhalten müsse.

Zur Gültigkeit sei angeführt, dass der Parkschein ab Erhalt gelte und die Gültigkeit durch die ausgewiesene Systemzeit angegeben werde, im konkreten Fall beginnend mit 13:27 Uhr.

Diesbezüglich verweise er auf die Berücksichtigung der FAQ in der Handy-Applikation.

Konkret erhebe der Bf. Einwendung gegen die Begründung, dass es entscheidend sei, ob sich der Lenker von seinem Fahrzeug entferne, da hier sogar eine betrügerische Handlung durch Aktivieren eines Parkscheins bei Wahrnehmung eines Parkraumüberwachungsorganes in den Raum gestellt werde.

Dazu wolle er anführen, dass in lebensnaher Betrachtung ein Mensch weitaus besseres zu tun habe, als auf solche Organe zu achten UND dass es in Städten bzw. Gemeinden auch Parkautomaten gebe, welche eine Entfernung vom Fahrzeug zur Aktivierung eines Parkscheines sogar erforderten.

Er stelle auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes den Antrag auf Aufhebung des Straferkenntnisses der Magistratsabteilung 67, in eventu es auf Grund des Sachverhaltes und der geringen Bedeutung des geschützten Rechtsgutes sowie auch der Zweifelhaftigkeit in Bezug auf die unglückliche Überschneidung von Uhrzeiten bei einer Ermahnung zu belassen, in eventu die Strafhöhe schuld- und tatangemessen herabzusetzen.

Die MA 67 legte die Beschwerde samt Verwaltungsstrafakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Feststellungen:

Der Bf. hat das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna unstrittig am in der zum Beanstandungszeitpunkt gebührenpflichtigen Kurzparkzone in ***WienXY***, abgestellt.

Die Beanstandung durch das Kontrollorgan der Parkraumüberwachung und die Aktivierung des elektronischen Parkscheines erfolgten um 13:27 Uhr.

Zum Abfragezeitpunkt durch das Kontrollorgan der Parkraumüberwachung schien der Parkschein mit der Transaktionsnummer 123 (15-Minuten-Gratisparkschein) noch nicht auf dem Überwachungsgerät (Personal Digital Assistant, kurz: PDA) des Kontrollorgans auf.

Ein gültiger Papierparkschein lag zur Beanstandungszeit nicht vor.

Der Bf. befand sich zur Beanstandungszeit weder im noch in unmittelbarer Nähe des Fahrzeuges.

Beweiswürdigung:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsstrafakt, insbesondere aus den eigenen Wahrnehmungen des Kontrollorgans, aus den vom Kontrollorgan zum Beanstandungszeitpunkt im PDA eingegebenen und zeitgleich an den Server übertragenen Daten (Beleglesedaten), aus dem Auszug m-parking in Wien über die durchgeführten Transaktionen sowie aus den vom Organ zur Beanstandungszeit angefertigten Fotos.

Fest steht, dass auf dem PDA-Gerät die Beanstandungszeit durch die Server der Fa. ATOS zum Zeitpunkt der Übermittlung der Abfrage des Kennzeichens festgelegt wird. Sämtliche Server-Zeiten werden bei der FA. ATOS von externen Zeitservern abgeleitet. Die Liste der externen Zeitserver ändert sich je nach Verfügbarkeit permanent. Diese sind aber redundant und leiten ihrerseits die Zeit von Funk- oder Atomuhren ab. Dadurch kann eine Genauigkeit von max. 10 Millisekunden Abweichung erreicht werden.

Dass die Beanstandung durch das Parkraumüberwachungsorgan um 13:27 Uhr erfolgte, ist durch die auf dem PDA-Gerät vom Meldungsleger erfassten Anzeigedaten erwiesen.

Das Kontrollorgan erhielt im Augenblick der Beanstandungszeit auf dem PDA-Gerät die Meldung "kein Parkschein".

Durch die vom Kontrollorgan zur Beanstandungszeit angefertigten Fotos steht fest, dass sich der Bf. nicht im oder unmittelbar beim Fahrzeug befand. Dies wurde vom Bf. auch nicht bestritten.

Das Bundesfinanzgericht hat keine Zweifel an der Richtigkeit der Anzeigedaten, zumal es für Kontrollorgane, wie im Folgenden noch dargestellt wird, technisch gar nicht möglich ist, eine Anzeige auf dem PDA zu erfassen, wenn zuvor vom System bereits ein elektronischer Parkschein registriert wurde.

Das Gericht sieht die Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 45 Abs. 2 AVG als erwiesen an.

Der Bf. hat somit die ihm angelastete Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 begangen.

Rechtsgrundlagen:

Nach § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraft-fahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.

Gemäß § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

Nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung hat jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.

Nach § 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung sind als Hilfsmittel zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften der Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für das Ab-stellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), Parkscheine nach dem Muster der Anlagen oder elektronische Parkscheine zu verwenden.

§ 7 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung:

3. Abschnitt - Elektronische Parkscheine

(1) Abgabepflichtige, die ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer Kurzparkzone abstellen, haben dafür zu sorgen, dass während der Dauer seiner Abstellung ein elektronischer Parkschein aktiviert ist.

(2) Die Aktivierung eines elektronischen Parkscheines erfolgt durch Übermittlung einer SMS oder im Wege einer vom Systembetreiber zur Verfügung gestellten Internet-Applikation über das Internet Protokoll (IP) an das elektronische System. Über das Mobiltelefon bzw. das (mobile) Endgerät ist die beabsichtigte Parkdauer sowie das behördliche Kennzeichen des abgestellten mehrspurigen Kraftfahrzeuges einzugeben, sofern das behördliche Kennzeichen nicht bereits im Zuge der Einrichtung des Benutzerkontos im System erfasst wurde (Abstellanmeldung). Danach ist die Rückmeldung des elektronischen Systems durch SMS oder im Wege einer vom Systembetreiber zur Verfügung gestellten Internet-Applikation über das Internet Protokoll (IP) über die durchgeführte Transaktion abzuwarten (Bestätigung).

(3) Wird die Abstellanmeldung durch das elektronische System bestätigt, gilt die Abgabe als entrichtet oder darf das mehrspurige Kraftfahrzeug für einen fünfzehn Minuten nicht übersteigenden Zeitraum abgestellt werden.

Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen.

Rechtliche Beurteilung der Beschwerdeeinwendungen:

Abwarten der Bestätigung über die erfolgreiche Aktivierung des elektronischen Parkscheines

Nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung hat jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, die Parkometerab-gabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.

Die Verpflichtung, bis zur Rückmeldung des elektronischen Systems beim Fahrzeug zu bleiben, ergibt sich aus § 7 Abs. 3 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung. Die Abgabe gilt erst als entrichtet, wenn die Abstellanmeldung durch das elektronische System bestätigt wird.

Entfernt sich der Lenker eines Fahrzeuges, der die Parkometerabgabe in Form eines elektronischen Parkscheines entrichtet, bevor die Bestätigung durch das elektronische System einlangt, vom Fahrzeug, verwirklicht er den Straftatbestand der Verkürzung der Parkometerabgabe; dies gilt auch dann, wenn der Lenker die Bestätigung noch innerhalb derselben Minute erhält, in der die Überprüfung durch das Kontrollorgan der Parkraumüberwachung vorgenommen wird (vgl , , , , , ).

Gültigkeit des elektronischen Parkscheines

Die Gültigkeit des elektronischen Parkscheins beginnt - wie schon von der belangten Behörde im angefochtenen Straferkenntnis ausgeführt - nicht mit der Sekunde 00 der Minute, in der der Parkschein aktiviert wurde (vgl. etwa , , ).

Es ist daher möglich, dass das Kontrollorgan im Augenblick der Abfrage mittels PDA über das Überwachungssystem die Meldung "kein Parkschein" und die den Parkschein aktivierende Person innerhalb dieser Minute die Bestätigung über die Aktivierung des Parkscheines erhält.

Dies geschieht dann, wenn die Abfrage des Kontrollorgans vor der Bestätigung der Buchung des Parkenden erfolgt.

Im umgekehrten Fall - wenn also die Bestätigung der Buchung innerhalb dieser Zeitspanne von einer Minute vor der Abfrage des Kontrollorgans erfolgt - erhält dieses die Meldung mit den Daten des gebuchten Parkscheines. Insofern wird der exakte Zeitpunkt der Aktivierung des elektronischen Parkscheins bzw. der Beanstandung durch das Überprüfungssystem der Parkraumüberwachung berücksichtigt (vgl. , , ).

Erfolgt die Abfrage des Kontrollorgans vor der Bestätigung der Buchung des Parkenden, liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes eine fahrlässige Abgabenverkürzung vor (vgl. zB , , , , ).

Der im Straferkenntnis erhobene Vorwurf der fahrlässigen Verkürzung der Parkometerabgabe ist sohin so zu verstehen, dass im Zeitpunkt der Beanstandung durch das Kontrollorgan kein gültiger Parkschein vorlag.

Der Bf. befindet sich daher mit seiner offensichtlichen Auffassung, dass der von ihm um 13:27 Uhr aktivierte elektronische Parkschein Nr. 123 für die gesamte Minute gültig war, im Rechtsirrtum, weil der elektronische Parkschein erst dann Gültigkeit erlangt, wenn dieser auf dem PDA-Gerät des Parkraumüberwachungssystems mit den Worten "gültiger Parkschein" angezeigt wird.

Auf den Umstand, dass die Bestätigung des elektronisch aktivierten Parkscheines beim Fahrzeug abgewartet werden muss, wird zum Beispiel auf der Internetseite https://www.wien.gv.at/verkehr/parken/kurzparkzonen/gebuehren/parkschein/handyparken.html hingewiesen, wo auszugsweise steht:

"Bestätigung abwarten

Die Parkgebühr gilt erst dann als bezahlt, wenn Sie nach der Parkscheinbuchung die Bestätigung via SMS oder HANDYPARKEN-App erhalten haben. Erst dann wird der entsprechende Betrag von Ihrem Parkkonto abgebucht.

Bleiben Sie bis zum Erhalt der Bestätigung bei Ihrem Fahrzeug. So kann verhindert werden, dass von einem Kontrollorgan eine Abfrage des Kennzeichens und eine darauffolgende Beanstandung wegen eines fehlenden Parkscheins vorgenommen wird. Wenn Sie keine Bestätigung erhalten, müssen Sie einen Papierparkschein ausfüllen."

Diese Information findet sich auch auf zahlreichen weiteren Internetseiten, zB https://www.oeamtc.at/thema/parken/, https://volksanwaltschaft.gv.at/artikel/handyparken-warten-auf-bestaetigung-wichtig).

Wie schon festgehalten, war der elektronische Parkschein Nr. 123 zum Beanstandungszeitpunkt durch das Parkraumüberwachungsorgan noch nicht gültig und lag auch kein gültiger Papierparkschein vor.

Somit hat der Bf. den objektiven Tatbestand der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung verwirklicht.

Das Verwaltungsstrafgesetz normiert in § 5 Abs. 1 VStG den Tatbestand der Schuld. Gemäß dieser Bestimmung genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

Die den Straftatbestand normierende relevante Verwaltungsvorschrift findet sich in § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. 2006/09 idF LGBl. 2012/45, die keine besonderen Schuldvoraussetzungen fordert. Es genügt für die Strafbarkeit daher fahrlässiges Verhalten.

Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen ver-pflichtet, nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm zuzu-muten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbestand entspricht (§ 6 Abs. 1 StGB).

Der Bf. hat dadurch, dass er am elektronischen Parkgebührensystem teilgenommen hat, ohne sich offensichtlich Kenntnis von den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen zu verschaffen, namentlich davon, dass er sich vom abgestellten Fahrzeug erst entfernen darf, wenn er die Bestätigungsmeldung erhalten hat, weil erst dann die in § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung normierte Pflicht, die Abgabe bei Beginn des Abstellens zu entrichten, erfüllt ist, ein fahrlässiges Verhalten gesetzt.

Aus dem Verwaltungsstrafakt und aus dem Vorbringen des Bf. geht nicht hervor, dass ihm ein rechtskonformes Verhalten zur Tatzeit nicht möglich war.

Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG 1991 ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG 1991 sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Bemessung der Strafe ist eine Ermessensentscheidung der Behörde, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG 1991 festgelegten Kriterien vorzunehmen ist (, ) und unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheinen muss (vgl. , ).

Bei der Strafbemessung war gemäß § 19 VStG 1991 zu berücksichtigen, dass ein öffentliches Interesse an der ordnungsgemäßen und fristgerechten Abgabenentrichtung besteht.

Die Tat schädigte das durch die Strafdrohung geschützte Interesse an der ordnungsgemäßen Anwendung von elektronischen Parkscheinen.

Das Bundesfinanzgericht erachtet die von der belangten Behörde nach den Regeln der Strafbemessung mit € 60,00 verhängte Geldstrafe und die für den Fall der Uneinbringlichkeit mit 14 Stunden festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe als schuld- und tatangemessen.

Zum Antrag auf Einstellung des Verfahrens, in eventu Ausspruch einer Ermahnung, wird Folgendes ausgeführt:

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG iVm mit § 38 VwGVG hat das Verwaltungsgericht von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann dem Beschuldigten in diesem Fall gemäß § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung erteilt werden, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG voraus, dass die dort genannten Umstände kumulativ vorliegen. Um daher eine Einstellung des Verfahrens nach dieser Vorschrift oder eine Ermahnung iSd § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG vornehmen zu können, müssen erstens die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts, zweitens die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und drittens das Verschulden des Beschuldigten gering sein (vgl , , ).

Die Wertigkeit des durch die verletzte Norm geschützten Rechtsgutes findet ihren Ausdruck auch in der Höhe des gesetzlichen Strafrahmens (vgl. u.a. ). Bei der Übertretung des § 5 Abs. 2 iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 reicht der Strafrahmen bis € 365,00. Der Strafrahmen spricht daher gegen eine geringe Bedeutung des geschützten Rechtsgutes.

Zum "geringen Verschulden" stellte der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 93/17/0088, in einem Fall, in dem die Revisionswerberin vergaß, auf dem Papierparkschein die Rubrik "Stunde" anzukreuzen, fest, dass er in diesem Sorgfaltsverstoß kein geringes Verschulden erblicken könne, weshalb die Anwendung des § 21 Abs 1 VStG (nunmehr § 45 VStG) nicht in Frage komme.

Fehlt es an einer der genannten Voraussetzungen für die Einstellung des Strafverfahrens, kommt auch keine Ermahnung nach § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG in Frage (vgl. ).

Angesichts der strengen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist auch im Sorgfaltsverstoß des Bf. (Verlassen des Fahrzeuges vor Erhalt der Bestätigung über die erfolgreiche Buchung des Parkscheines) die Anwendung des § 45 Abs 1 Z. 4 VStG 1991 zu verneinen, da darin kein geringes Verschulden erblickt werden kann.

Dazu kommt, dass der im gegenständlichen Fall anzuwendende Strafrahmen bis 365,00 € gegen eine geringe Bedeutung des geschützten Rechtsgutes spricht (siehe dazu bereits oben).

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 3 Z 3 VwGVG abgesehen werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Kostenentscheidung

Gemäß § 64 VStG sind die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens in Höhe von 10% der Strafe, mindestens jedoch mit 10,00 €, festzusetzen. Sie wurden somit in Höhe von € 10,00 korrekt festgesetzt.

Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro, zu bemessen.

Die beschwerdeführende Partei hat daher gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG weitere € 12,00 als Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu leisten.

Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.

Hier erweist sich das Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich , sowie Wanke/Unger, BFGG, § 25 BFGG Anm. 6).

Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung nicht fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht uneinheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
§ 7 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 45 Abs. 1 Z 4 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
Verweise

























ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7500313.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at