Kein Pendlerpauschale bei Kostenersatz des Dienstnehmers in Höhe des vollen Kfz-Sachbezugswertes
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf) reichte die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2019 am beim zuständigen Finanzamt ein. Der Bescheid erging am .
Mit Bescheid vom wurde das Verfahren betreffend Einkommensteuer 2019 wiederaufgenommen. Im neuen, nunmehr angefochtenen Einkommensteuerbescheid für 2019, der ebenfalls am erging, wurden Zuwendungen gemäß § 18 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 berücksichtigt.
Einen über FinanzOnline eingebrachten Antrag vom auf Abänderung des Einkommensteuerbescheides 2019 wertete das Finanzamt als fristgerechte Beschwerde.
Der Arbeitgeber des Bf habe im Zuge der Lohnverrechnung für die Privatnutzung des Firmenfahrzeuges einen dem Sachbezug entsprechenden Betrag von seinem Gehalt abgezogen und einbehalten. Da nur das verminderte Gehalt ausbezahlt worden sei, habe er damit für die Privatnutzung einen Kostenbeitrag geleistet. Nach dem BFG-Erkenntnis vom , RV/2100829/2017, stehe in diesen Fällen das Pendlerpauschale zu. Da dieses weder in der laufenden Lohnverrechnung noch in der Arbeitnehmerveranlagung 2019 berücksichtigt worden sei, ersuche er höflich um Abänderung des Einkommensteuerbescheides 2019 gemäß beiliegendem Ausdruck aus dem Pendlerrechner.
Nach diesem Ausdruck betrug die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte 27 km. Da die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln möglich und zumutbar war, stand für diese Strecke ein Pendlerpauschale von 696,00 € jährlich bzw. 58,00 € monatlich sowie ein Pendlereuro von 54 € jährlich bzw. 4,50 € monatlich zu.
Mit Schreiben vom ersuchte das Finanzamt den Bf um Ergänzung seiner Beschwerde und um Erbringung eines Nachweises des von ihm geschilderten Sachverhaltes mit geeigneten Belegen.
Der Bf legte eine Bescheinigung seiner Arbeitgeberin vom vor, in welcher diese bestätigte, im Jahr 2019 einen monatlichen Kostenbeitrag in Höhe des Sachbezugs, das seien 390,00 €, für das dem Bf zur Verfügung gestellte Firmenkraftfahrzeug einbehalten zu haben.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988 stehe kein Pendlerpauschale zu, wenn dem Arbeitnehmer ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt werde. Der Ausschluss stoße auf keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. ; , dazu Ablehnungsbeschluss ).
Leiste ein Arbeitnehmer Kostenbeiträge im Zusammenhang mit der Privatnutzung eines arbeitgebereigenen Kraftfahrzeuges, stehe ebenso kein Pendlerpauschale zu - etwaige Kostenbeiträge kürzten lediglich den zu verrechnenden Sachbezug.
Für die Beurteilung des Anspruchs seien die Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes maßgeblich. Einzelentscheidungen des Bundesfinanzgerichtes seien nicht bindend, insbesondere nicht die vom Bf angeführte Entscheidung, da gegen diese eine Amtsrevision eingebracht worden und dieses Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof anhängig sei.
Am stellte der Bf einen als "Einspruch" bezeichneten Vorlageantrag.
Seiner Ansicht nach sei das BFG-Erkenntnis vom , RV/2100829/2017, klar. Dieses Erkenntnis sei als Anhang vorhanden, wobei er insbesondere auf die Seite 15 und folgende hinweisen möchte, darunter auf nachstehendes Zitat:
"Die Ratio der Kfz-Sachbezugsbesteuerung liegt darin, die Vorteile von Dienstnehmern, die für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (und andere Privatfahrten) einen Dienstwagen nutzen können, für dessen Kosten der Dienstgeber aufkommt, gegenüber Dienstnehmern, die dafür ein (vergleichbares) eigenes Fahrzeug verwenden müssen, zu egalisieren. Dies soll durch Besteuerung des entgeltlichen Vorteils beim Dienstwagennutzer erreicht werden.
In einer Zusammenschau zielen die Regelungen des § 4 SachbezugswerteVO und des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG idF BGBI I Nr. 53/2013 auf eine Gleichstellung von Dienstnehmern mit und ohne Dienstwagen bezüglich der Kosten für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ab. Der Ausschluss des Dienstwagennutzers vom Pendlerpauschale soll eine Berücksichtigung von Kosten verhindern, die diesem tatsächlich nicht erwachsen.
Wenn nun dem Dienstwagennutzer aufgrund des von ihm zu leistenden Kostenbeitrages aber gar kein entgeltlicher Vorteil iSd § 15 Abs.2 EStG zufließt und ihm dadurch, trotz Dienstwagens, Kosten für die Strecke Wohnung - Arbeitsstätte erwachsen, die mit jenen von Dienstnehmern ohne Dienstwagen vergleichbar sind, erfordert die ratio legis in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz (Art 7 B-VG, Art 2 StGG) die Nichtanwendbarkeit des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG idF BGBI I Nr. 53/2013 in jenen Fällen, in denen tatsächlich keine Sachbezugsbesteuerung zu erfolgen hat, weil die vom Gesetzgeber angenommene Sachverhaltskonstellation nicht vorliegt (vgl. )."
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Vorbringen des Bf sowie den vom Finanzamt vorgelegten Unterlagen.
Rechtslage:
Die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte werden grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag abgegolten (§ 33 Abs. 5 Z 1 EStG 1988).
Unter gewissen, in § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 näher bezeichneten Umständen, stehen zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 ein Pendlereuro zu. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten (§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. a EStG 1988).
Nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 beträgt das Pendlerpauschale, wenn die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar ist, bei einer Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von mindestens 20 km bis 40 km 696,00 € jährlich.
Nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988 steht ein Pendlerpauschale nicht zu, wenn dem Arbeitnehmer ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt wird.
Nach § 33 Abs. 5 Z 4 erster Satz EStG 1988 steht ein Pendlereuro in Höhe von jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 hat.
Der Verwaltungsgerichtshof () hob das stattgebende Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts (), auf welches der Bf seine Beschwerde stützte, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. In diesem Verfahren hatte das Bundesfinanzgericht dem dortigen Beschwerdeführer, der einen monatlichen Kostenbeitrag in Höhe des für das dienstgebereigene Kraftfahrzeug anzusetzenden Sachbezugswertes, nämlich 394,35 €, leistete, das beantragte Pendlerpauschale zuerkannt.
Das Finanzamt erhob eine Revision gegen dieses Erkenntnis, welche es im Wesentlichen damit begründete, dass der Gesetzgeber in typisierender Betrachtung offensichtlich davon ausgehe, dass in der Zurverfügungstellung eines arbeitgebereigenen Kraftfahrzeugs für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ein Vorteil liege, der unabhängig davon bestehe, ob beim Arbeitnehmer ein Sachbezugswert zum Ansatz komme. Hätte der Gesetzgeber den Ausschluss des Pendlerpauschales gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988 in einem Konnex mit dem Ansatz eines Sachbezugswertes beim Arbeitnehmer gesehen, hätte er dies ausdrücklich normiert bzw. normieren müssen.
Das Finanzamt verwies zudem auf ein Berechnungstool des ÖAMTC, welches beim gegenständlichen, dem Mitbeteiligten zur Verfügung gestellten PKW, bezogen auf eine Behaltedauer von sechs Jahren und eine Kilometerleistung von 20.000 km/jährlich, eine monatliche Belastung von 662,82 € ausweise. Auch bei einer jährlichen Fahrleistung von 6.000 km ergebe sich eine monatliche Belastung von mehr als 500 €. Daher sei aufgrund dieser - in dieser Berechnung zum Ausdruck kommenden - Lebenserfahrung jedenfalls davon auszugehen, dass der Vorteil des Mitbeteiligten für die private Nutzung des Fahrzeugs höher gewesen sei als der monatliche Kostenbeitrag.
Beim pauschalen Sachbezugswert würden lediglich die Anschaffungskosten, nicht jedoch die Betriebskosten berücksichtigt. Basis für den Sachbezug bildeten die tatsächlichen Anschaffungskosten des Kraftfahrzeuges. Laufender Aufwand wie etwa Service-, Reparatur- und Treibstoffaufwand, der vom Arbeitgeber getragen werde, führe zu keinem Zuschlag zum Sachbezug. Konsequenterweise hätten daher Beiträge des Arbeitnehmers für Treibstoffkosten, ja für jeglichen Aufwand keine mindernde Auswirkung auf den steuerpflichtigen Sachbezug.
Im aufhebenden Erkenntnis führte der Verwaltungsgerichtshof u.a. aus:
"27 Eine verfassungskonforme Interpretation findet - wie auch jede andere - ihre Grenze im eindeutigen Wortlaut des Gesetzes (vgl. ). Wenn in der Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988 von der "Zurverfügungstellung eines arbeitgebereigenen Kraftfahrzeuges" die Rede ist, welche dem Anspruch auf Pendlerpauschale abträglich ist, kann das Zutreffen dieses Ausschlussgrundes nach dem äußersten Wortsinn nicht schon dann verneint werden, wenn der Arbeitnehmer einen "Kostenbeitrag" (in Höhe des lohnsteuerlichen Sachbezuges) leistet. Der Begriff der "Zurverfügungstellung" eines arbeitgebereigenen Kraftfahrzeuges kann unter Zugrundelegung der ratio des Gesetzes, welche vom Bestehen eines im Dienstverhältnis gelegenen Vorteils ausgeht, erst dann verneint werden, wenn die Überlassung des Kraftfahrzeuges an den Arbeitnehmer zu Bedingungen erfolgen sollte, wie sie auch ohne Vorliegen eines Dienstverhältnisses üblich wären. In diesem Fall läge keine bloße "Zurverfügungstellung", sondern eine Fahrzeugmiete vor.
28 Das gegenständliche Kostenbeitragsmodell ist - wie das revisionswerbende Finanzamt aufzeigt - nicht darauf ausgerichtet, Kostenbeiträge der Dienstnehmer in einer Höhe zu bemessen, die das Vorliegen eines im Dienstverhältnis begründeten geldwerten Vorteiles ausschließen würden.
29 Die vom Bundesfinanzgericht angestellten Erwägungen stehen im Übrigen auch in Widerspruch zu den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes im Beschluss vom , E 110/2016. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Versagung des Pendlerpauschales bei gleichzeitigem Ansatz eines Sachbezugs ausgeführt, im Rahmen einer Durchschnittsbetrachtung sei davon auszugehen, dass jenen Arbeitnehmern, denen für den Arbeitsweg ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug zur Verfügung stehe, geringere Aufwendungen erwachsen, da die laufenden Kosten für den Betrieb in der Regel vom Arbeitgeber getragen würden. Vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Pauschalierungen lasse sich eine Gleichheitswidrigkeit oder die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.
30 Der Verfassungsgerichtshof hat demnach die Behandlung einer Beschwerde abgelehnt, in der geltend gemacht wurde, dass durch den Ansatz eines Sachbezuges für die private Kfz-Nutzung bereits eine völlige Gleichstellung mit jenen Arbeitnehmern erreicht werde, denen dieser Vorteil aus dem Dienstverhältnis nicht zukomme. Er teilte daher die vom Bundesfinanzgericht vertretene Auffassung, wonach der ausschließlich an den Anschaffungskosten des arbeitgebereigenen Fahrzeuges anknüpfende Sachbezugswert in einer Durchschnittsbetrachtung auch die laufenden Kosten für den Betrieb des Fahrzeuges abdeckt, nicht."
Im fortgesetzten Verfahren erließ das Bundesfinanzgericht eine dem VwGH-Erkenntnis entsprechende Entscheidung () und versagte die Zuerkennung des Pendlerpauschales.
Erwägungen:
Strittig ist die Zuerkennung des Pendlerpauschales und Pendlereuros, wenn dem Bf ein Firmenkraftfahrzeug zur Verfügung gestellt wird und er seiner Arbeitgeberin einen Kostenersatz in Höhe des Sachbezugswertes zu leisten hat.
Der Bf verweist in diesem Zusammenhang auf das Erkenntnis des , welches in einem gleich gelagerten Fall das beantragte Pendlerpauschale zuerkannt hat.
Der Verwaltungsgerichtshof entschied über die gegen dieses Erkenntnis eingebrachte Amtsrevision () und hob das angefochtene, vom Bf zur Untermauerung seiner Rechtsansicht herangezogene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.
Da der Verwaltungsgerichtshof die Zuerkennung des Pendlerpauschales (und in Abhängigkeit davon die Zuerkennung des Pendlereuros) für Dienstnehmer, denen ein Firmenkraftfahrzeug zur Verfügung gestellt wird und die dafür einen Kostenersatz in Höhe des Sachbezugswertes zu leisten haben, für nicht zulässig erachtete, konnte der Beschwerde des Bf kein Erfolg beschieden sein.
Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gegen das gegenständliche Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig, da die entscheidende Rechtsfrage bereits durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist und die vorliegende Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.5101380.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at