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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.08.2022, RV/7102236/2022

Familienbeihilfe bei Heimunterbringung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***10*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***5***-MA 11, Rechtsvertretung, Alfred Adler-Straße 12, 1100 ***6***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Familienbeihilfe für den Zeitraum ab April 2021, SozVers.: ***9***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird hinsichtlich des Zeitraums ab August 2021 bis einschließlich Februar 2022 gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich dieser Zeiträume - ersatzlos - aufgehoben.

II. Die Beschwerde wird hinsichtlich des Zeitraums ab April bis einschließlich Juli 2021 gemäß § 279 BAO abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt hinsichtlich dieser Zeiträume unverändert.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Die ***13***, MA 11 - Rechtsvertretung, stellte mit Schreiben vom (bei der Abgabenbehörde eingelangt am ) einen Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe gemäß § 6 Abs. 5 FLAG (BGBl. I Nr. 77/2018) für die mj ***Bf1***, geb. am ***1***, betreffend den Zeitraum ab :

"Die mj ***2*** hat ihren Wohnsitz dzt in WG ***3***, und verfügt über einen gültigen Aufenthaltstitel. Die Obsorge im Bereich der Pflege und Erziehung durch den Jugendwohlfahrtsträger ist beantragt worden. Für den Fall, dass einem Elternteil bislang die Familienbeihilfe ausbezahlt worden ist und diesem Elternteil die Familienbeihilfe auch nicht rückwirkend aberkannt wird, gilt der vorliegende Antrag nur für künftige Zeiträume ab Antragstellung. Es wirdum eine entsprechende Mitteilung ersucht.

Begründung: Nach Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes 6 Ob 62/20s, 6 Ob 50/20a und 8 Ob 99/12k und des Bundesfinanzgerichtes RV/7100110/2021 fällt die - auch rückwirkende -Antragstellung auf Zuerkennung der Familienbeihilfe nach § 6 Abs. 5 FLAG in den Obsorgebereich der Pflege und Erziehung.

Das antragstellende Kind befindet sich seit in einer sozialpädagogischen Einrichtung im Rahmen der vollen Erziehung. Der ***13*** entstehen dadurch Kosten von mindestens EUR 80,-- täglich.

Von den Eltern des Kindes langen seit Antragsbegehren übergegangene Unterhalts- bzw Kostenersatzbeträge (siehe Beilage) ein.

Folgende Nachweise sind diesem Antrag angeschlossen:

Gesetzte Maßnahmen der WKJH gem. § 211 Abs. 1 Satz 2 ABGB

Übergangsanzeigen

Auflistung der eingelangten Unterhalts- bzw Kostenersatzbeträge

…"

Dem Antrag wurden angeschlossen:

-Antrag auf Betrauung mit der vollen Obsorge durch den KJHT beim Bezirksgericht wegen Gefährdung des Kindeswohls (***Bf1***, geb. ***1***);

- Schreiben an den Kindesvater (***11***) betreffend die Grundlagen zur Bestimmung des Kostenbeitrages zur Pflege und Erziehung durch die Eltern von ***2***;

- Zahlungsaufstellung betreffend die ab August 2021 geleisteten Unterhalsbeiträge (Buchungsauszug) zu Kind: ***2***;

Mit Bescheid vom wurde der Antrag vom (Anm.: BFG: Datum des Einlangens) auf Gewährung der Familienbeihilfe mit der Begründung abgewiesen, dass ein Kind unter den folgenden Voraussetzungen Familienbeihilfe beziehen könne: Das Kind wohnt nicht mehr bei einem Elternteil, Kein Elternteil leistet überwiegend Unterhalt, Das Kind ist nicht in einem Heim untergebracht

Diese Voraussetzungen träfen nicht zu (§ 6 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967).

Rechtsmittelbelehrung…"

Mit Schreiben vom (eingelangt am ) erhob die Rechtsvertretung Beschwerde gegen den Bescheid:

"…Der Lebensbedarf des Kindes einschließlich einer altersüblichen Freizeitgestaltung ist primär von den Eltern im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht zu bestreiten. Der Unterhalt dient also der Deckung der aktuellen, angemessenen (Lebens-)Bedürfnisse des Kindes. Dies betrifftvor allem die regelmäßig benötigten Betreuungs- und Versorgungsleistungen, die benötigten Leistungen zur Wahrung des körperlichen Wohls und der Gesundheit, weiters die Aufwendungen für die Ausbildung und zur Freizeitgestaltung.

Anders als das Pflegegeld, das der Finanzierung des pflegebedingten Mehraufwands dient, soll die Familienbeihilfe nach § 1 FamLAG einen Lastenausgleich im Interesse der Familie herbeiführen. Sie dient dem Zweck, die Pflege und Erziehung des Kindes (als Zuschuss) zu erleichtern sowie die mit dessen Betreuung verbundenen Mehrbelastungen -zumindest zum Teil - auszugleichen (RS0058747; zuletzt 4 Ob 7/17h). Weiters kommt ihr (gemeinsam mit dem mit ihr zur Auszahlung gelangenden Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988) auch die Funktion zu, jene einkommensteuerliche Mehrbelastung abzugelten, der unterhaltspflichtige Eltern durch die steuerliche Nichtabzugsfähigkeit des Unterhalts ausgesetzt sind (; , B 2366/00).

Im gegenständlichen Geschäftsfall kommt der Kindesvater seiner Unterhaltspflicht regelmäßig nach, es besteht jedoch keine überwiegende Unterhaltskostentragung durch die Eltern.Der ***13*** entstehen durch die Unterbringung Kosten von täglich EUR 95,00.

Die geleisteten Unterhaltszahlungen sind der Beilage zu entnehmen.

Nach § 6 Abs. 5 FamLAG haben Kinder, deren Eltern keinen Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs getragen wird, unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs 1 bis 3).

Das antragstellende Kind befindet sich seit in Pflege und Erziehung der ***13*** und wohnt seither nicht mehr bei einem Elternteil. Die mj ***Bf1*** befindet sich seit in einer Wohngemeinschaft, in der ***3***. Die Minderjährige befindet sich in dieser sozialpädagogischen Einrichtung im Rahmen der vollen Erziehung.

Es steht der mj ***Bf1*** demnach hier ein Anspruch auf Familienbeihilfe zu.

Der Beschwerdeführer, vertreten durch den Kinder- und Jugendhilfeträger ***6*** (***14***), stellt daher den

ANTRAG,

den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die Familienbeihilfe gewährt wird."

Beilage: Zahlungen zu Kind: ***Bf1*** geb. ***1***:

€ 22,.2021 von DS € 7,7609.08.2021 von DS …€ 27,9301.09.2021

€ 30,0706.09.2021 von DS € 29,1006.10.2021 von DS

€ 30,0705.11.2021 von DS € 29,1003.12.2021 von DS

€ 13,5803.01.2022 von DS € 16,4907.01.2022 von DS

€ 30,0704.02.2022 von DS"

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde "die Beschwerde vom , eingelangt am von ***4***, ***8***, gegen den Abweisungsbescheid vom , …aufgrund des § 263 Bundesabgabenordnung (BAO) entschieden:

Ihre Beschwerde vom wird als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid der Familienbeihilfe ab April 2021 war vollinhaltlich abzuweisen.

Begründung:

Gem. § 6 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 haben Kinder unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf die Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (§ 6 Abs. 1 bis 3):

Sofern ihre Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und ihr Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes oder des Wohnbedarfs getragen wird. Leisten die leiblichen Eltern ihrem Kind zwar nicht überwiegend, aber dennoch zum Teil Unterhalt, tragen sie dadurch regelmäßig, zumindest teilweise zum Unterhalt ihres Kindes bei und kommen ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht zumindest zum Teil nach. Diese Unterhaltsbeiträge der Eltern lösen ebenfalls einen Eigenanspruch des Kindes aus. Ein solcher Unterhaltsbeitrag ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Eltern ihrer gesetzlichen Verpflichtung zum Ersatz der Kosten der vollen Erziehung für ihr fremduntergebrachtes Kind nachkommen: gemäß § 30 B-KJHG sowie der dazu ergangenen Ausführungsgesetze sind Eltern zum Kostenersatz für die anfallenden Kosten der vollen Erziehung des Kindes verpflichtet. Rechtsgrundlage für diesen Kostenersatz besteht entweder aufgrund einer Vereinbarung, die zwischen dem Kinder- und Jugendhilfeträger und dem kostenersatzpflichtigen Elternteil abgeschlossen wird (§ 42 B-KJHG) oder aufgrund eines Gerichtsbeschlusses, mit welchem der unterhaltspflichtige Elternteil zum Kostenersatz verpflichtet wird (§ 43 B-KJHG). Lt. der vorgelegten Bestätigung wurden folgende Beiträge von den Eltern geleistet:

April bis Juli 2021: 0,-- August 2021: € 30,07, September 2021 € 58,--, Oktober 2021 € 29,10, November 2021 € 30,07, Dezember 2021 € 29,10, Jänner 2022 € 30,07 und Februar 2022 € 30,07. Auf Grund der geringen Höhe der von den Eltern geleisteten Beträge kann nicht von einem Kostenersatz für die von der öffentlichen Hand entstandenen Kosten gesprochen werden.

Rechtsmittelbelehrung…"

Im Namen des vertretenen Kindes wurde seitens des Jugendwohlfahrtsträgers der Vorlageantrag vom (eingelangt am ) gestellt:

"Die mj. ***Bf1***, geboren am ***1***, vertreten durch den Kinder- und Jugendhilfeträger ***6*** (***14***), stellt den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.

Begründung: Als Begründung für die Abweisung des Antrages auf Zuerkennung der Familienbeihilfe, bzw. für die Abweisung der Beschwerde wurde angeführt, dass aufgrund der geringen Höhe der von den Eltern geleisteten Beträge, von keinem Kostenersatz für die von der öffentlichen Hand entstandenen Kosten gesprochen werden kann.

Hierzu sei anzumerken, dass keine Mindestbeträge im Gesetz verankert sind. Die allgemeine materielle Voraussetzung für den Eigenanspruch eines fremduntergebrachten Kindes auf Familienbeihilfe besagt, dass die Kostentragung der Unterbringung lediglich nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln bzw nicht überwiegend durch die Eltern geleistet werden darf. Im vorliegenden Fall leisten die Kindeseltern einen regelmäßigen, in deren Leistungsfähigkeit liegenden Betrag (geleistete Beträge wurden mittels Kostenaufstellung nachgewiesen).

Nach § 6 Abs. 5 FamLAG haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3).

Nach Behauptungen des KJHT, denen die Eltern nicht entgegengetreten sind, steht der mj ***Bf1*** dieser Anspruch zu.

Der Beschwerdeführer, vertreten durch die ***7*** -Rechtsvertretung 12.23, stellt daher den

Antrag,

den angefochtenen Bescheid bzw die angefochtene Beschwerde dahingehend zu ändern, dass die Familienbeihilfe gewährt wird."

Beilage: Aufstellung der Kostenübernahme durch die Eltern wie oben

Auf Anfrage des Finanzamtes Österreich gab die Jugendwohlfahrtsbehörde wie folgt bekannt:

"Bezugnehmend auf Ihre Aufforderung zur Äußerung (E-Mail vom ) teilt die Kinder-und Jugendhilfe - Rechtsvertretung 12,23 mit, dass die Ummeldung des Hauptwohnsitzes bislang verabsäumt wurde, weil die Obsorge erst mit Beschluss des Landesgerichts für ZRS ***6*** vom endgültig geklärt wurde.

Jedoch wurde von der zuständigen Sozialarbeiterin bestätigt, dass die Ummeldung am durchgeführt wurde.

Es wird darauf hingewiesen, dass die Anmeldung des Hauptwohnsitzes des Kindes am Ort der ***7*** -Einrichtung keine Voraussetzung für die Gewährung der Familienbeihilfe darstellt.

Die Minderjährige wurde am im Krisenzentrum untergebracht und befindet sich seit in voller Erziehung der Stadt ***6***.

Die Unterhaltszahlungen wurden ab August 2021 geleistet.

Die anderen Kinder leben mit den Eltern im gemeinsamen Haushalt."

Von der Abgabenbehörde wurde neben einem aktuellen Meldenachweis für die mj Bf ein Auszug aus dem Veranlagungsakt hinsichtlich der AMS- Bezüge (Notstandshilfe) des Kindesvaters betreffend den Zeitraum 2021 vorgelegt (17.07.-30.09. € 2.903,20; 01.01. - 25.04. € 4.393,00; 26.04.-19.05. € 916,80; 26.04.-19.05. € 50,64; 22.05.-16.07. € 2.139,20; 22.05.-16.07. € 118,16; 01.10. - 14.12. € 2.739,75; 15.12.-31.12. € 621,01; 20.05.-21.05. Österreichische Gesundheitskasse € 76,40.

Im gemeinsamen Haushalt mit den Eltern der mj ***2*** leben lt übermitteltem Datenauszug AIS-DB7 weitere vier Kinder (geb. von 2002 bis 2015).

Die Abgabenbehörde legte die Beschwerde mit an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtsgrundlagen:

§ 6 Abs. 5 FLAG idF BGBl 77/2018 lautet:

Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3). Erheblich behinderte Kinder im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. c, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und die einen eigenen Haushalt führen, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 und 3).

Festgestellter Sachverhalt und Parteienvorbringen:

Das antragstellende Kind steht nachweislich in voller Obsorge durch den Jugendwohlfahrtsträger. Die Kindesabnahme erfolgte wegen Gefährdung des Kindeswohls mit und war zu diesem Zeitpunkt vorhersehbar, dass das Kind nicht nur vorübergehend in Obsorge der Jugendwohlfahrtsbehörde bleiben würde.

Die Eltern der Beschwerdeführerin leben mit vier (weiteren) Kindern (geboren 2002 bis 2015) im gemeinsamen Haushalt. Der Vater war im beschwerdegegenständlichen Zeitraum Notstandshilfebezieher (vgl. Bezüge wie oben).

Für diese Kinder wurden im Zeitraum vom April 2021 bis einschließlich Februar 2022 ebenfalls Familienleistungen bezogen.

Die Eltern des Kindes leisten dem Jugendwohlfahrtsträger seit August 2021 regelmäßig geringfügige Beiträge zu den Unterbringungskosten in der oben angeführten Höhe (vgl. Antragsschreiben vom und Beilagen; Schreiben ***15*** vom ).

Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung:

§ 6 Abs. 5 FLAG bezweckt - bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 bis 3 leg. cit. - die Gleichstellung von Kindern, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten, mit Vollwaisen, für die niemand unterhaltspflichtig ist und die deshalb einen eigenen Anspruch auf Familienbeihilfe haben. Der Gesetzgeber will mit dieser Bestimmung in jenen Fällen Härten vermeiden, in denen Kinder sich weitgehend selbst erhalten müssen (vgl. ). Die Bestimmung vermittelt so lange einen Eigenanspruch des Kindes auf Familienbeihilfe, als von einer aufrechten Unterhaltspflicht der Eltern (eines Elternteiles auszugehen ist (vgl. ; , 95/13/0007).

Nach Ansicht des Gesetzgebers soll in Fällen, in denen der Unterhalt einer Person durch die Unterbringung (in Anstaltspflege oder einem Heim) durch die öffentliche Hand sichergestellt ist, kein Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 6 Abs. 5 FLAG bestehen. Dabei kommt es nicht auf die Art der Unterbringung (Bezeichnung als Anstalt oder Heim uä), sondern ausschließlich auf die gänzliche Kostentragung durch die öffentliche Hand an (vgl. ).

Rechtlich folgt daraus:

I. Infolge der seit August 2021 nachweislich geleisteten Beiträge zum Unterhalt der mj ***2*** (vgl. Aufstellung und Schreiben wie oben) kann ab diesem Zeitraum bis einschließlich Februar 2022 davon ausgegangen werden, dass der Unterhalt des Kindes nicht zur Gänze durch die öffentliche Hand getragen wurde, weshalb vom Bestehen eines Eigenanspruchs der Minderjährigen auf Familienbeihilfe nach § 6 Abs. 5 FLAG 1967 auszugehen war.

II. Für den Zeitraum vom April 2021 bis einschließlich Juli 2021 wurden nach den vorliegenden Unterlagen und Mitteilungen (vgl. oben) keine Unterhaltsbeiträge seitens der Eltern geleistet. Die Kostentragung für die Unterbringung und Verpflegung des mj Kindes erfolgte in diesem Zeitraum gänzlich aus Mitteln der öffentlichen Hand, weshalb ein Eigenanspruch, wie im Spruch unter Pkt. II angeführt, nicht bestanden hat.

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Anmerkung hinsichtlich der Folgezeiträume:

Die Familie ist unbekannter Herkunft. Der Vater der mj ***2***, Herr ***11***, geb. am ***12***, bezieht nach den vorliegenden Unterlagen durchgehend Notstandshilfe bzw Leistungen aus der Gesundheitskasse (in der Höhe von rd € 1.200,00 monatlich) zuzüglich Familienleistungen für weitere vier Kinder, die im gemeinsamen Haushalt mit den Eltern leben (in Höhe von insgesamt rd € 1.060,00). Ob weitere Sozialleistungen wie etwa Wohnbeihilfen laufend bezogen werden, ist nicht bekannt. Ob die Kindesmutter und/oder eines der Kinder des Bf (das älteste Kind ist 2002 geboren) inzwischen erwerbstätig ist, geht aus den vorliegenden Unterlagen nicht hervor.

Für den Folgezeitraum wird die Angemessenheit der Leistungen des Kindesvaters zu den monatlichen Unterhaltskosten der mj ***2*** durch den Jugendwohlfahrtsträger zu überprüfen sein.

III. Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gründe für eine Revision im angeführten Sinn sind vorliegend nicht gegeben.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102236.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at