Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen bei Behinderung, Ausgaben für Wohnraumsanierung, Zeitliche Zuordnung von Ausgaben
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017, 2018 und 2019 vom sowie betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2015 und 2016 vom zur Steuernummer ***Bf-StNr*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
A. Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung 2015-2019
Am wurden durch Herrn ***Bf*** (in der Folge "Beschwerdeführer" oder Bf") die Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2015 bis 2019 eingereicht. Es wurden die nachfolgend angeführten Sonderausgaben/außergewöhnlichen Belastungen geltend gemacht:
2015:
Pkt. 9.1 (Versicherungsprämien) - EUR 293,40
Pkt. 11.1 (Krankheitskosten mit Selbstbehalt) - EUR 249,75
Pkt. 11.7 (pausch. Freibetrag für Behinderung) - 50%
Pkt. 11.8 (pausch. Freibetrag für Diätverpflegung) - Zuckerkrankheit
Pkt. 11.10.1 (pausch. Freibetrag wegen festgestellter Mobilitätseinschränkung) - ja
Pkt. 11.10.2 (pausch. Freibetrag wegen Ausweis gemäß § 29b StVO) - ja
2016:
Pkt. 9.1 (Versicherungsprämien) - EUR 293,40
Pkt. 2.1 der Beilage L 1ab (Krankheitskosten mit Selbstbehalt) - EUR 222,30
Pkt. 2.7 L 1ab (pausch. Freibetrag für Behinderung) - 50%
Pkt. 2.8 L 1ab (pausch. Freibetrag für Diätverpflegung) - Zuckerkrankheit
Pkt. 2.10.1 L 1ab (pausch. Freibetrag wegen festgestellter Mobilitätseinschränkung) - ja
Pkt. 2.10.2 L 1ab (pausch. Freibetrag wegen Ausweis gemäß § 29b StVO) - ja
2017:
Pkt. 9.1 (Versicherungsprämien) - EUR 293,40
Pkt. 2.1 L 1ab (Krankheitskosten mit Selbstbehalt) - EUR 2.471,37
Pkt. 2.6 L 1ab (pausch. Freibetrag für Behinderung) - 50%
Pkt. 2.7 L 1ab (pausch. Freibetrag für Diätverpflegung) - Zuckerkrankheit
Pkt. 2.9.1 L 1ab (pausch. Freibetrag wegen festgestellter Mobilitätseinschränkung) - ja
Pkt. 2.9.2 L 1ab (pausch. Freibetrag wegen Ausweis gemäß § 29b StVO) - ja
2018:
Pkt. 9.1 (Versicherungsprämien) - EUR 293,40
Pkt. 2.1 L 1ab (Krankheitskosten mit Selbstbehalt) - EUR 383,00
Pkt. 2.6 L 1ab (pausch. Freibetrag für Behinderung) - 50%
Pkt. 2.7 L 1ab (pausch. Freibetrag für Diätverpflegung) - Zuckerkrankheit
Pkt. 2.9.1 L 1ab (pausch. Freibetrag wegen festgestellter Mobilitätseinschränkung) - ja
Pkt. 2.9.2 L 1ab (pausch. Freibetrag wegen Ausweis gemäß § 29b StVO) - ja
2019:
Pkt. 9.1 (Versicherungsprämien) - EUR 293,40
Pkt. 2.1 L 1ab (Krankheitskosten mit Selbstbehalt) - EUR 353,10
Pkt. 2.6 L 1ab (pausch. Freibetrag für Behinderung) - 70%
Pkt. 2.7 L 1ab (pausch. Freibetrag für Diätverpflegung) - Zuckerkrankheit
Pkt. 2.9.1 L 1ab (pausch. Freibetrag wegen festgestellter Mobilitätseinschränkung) - ja
Pkt. 2.9.2 L 1ab (pausch. Freibetrag wegen Ausweis gemäß § 29b StVO) - ja
B. Einkommensteuerbescheide 2015-2019 und Beschwerde
Gegen die seitens der belangten Behörde am (Zeitraum 2017 bis 2019) bzw. am (Zeitraum 2015 und 2016) erlassenen Bescheide richtet sich die Berufung (Anmerkung des erkennenden Richters - gemeint wohl Beschwerde gemäß § 243 BAO) vom . Im Rahmen der Beschwerde wurde - neben der Rechnung der ***GmbH*** und einem Schreiben des ***FA DE*** - eine Kopie des Behindertenpasses vom übermittelt, aus der ein Grad der Behinderung von 50% sowie eine Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 erster Teilstrich der VO 303/1996 hervorgeht. Zudem wurde ein Schreiben des Sozialministeriumservice vom beigefügt, aus dem hervorgeht, dass der Grad der Behinderung des Bf seit April 2020 70% beträgt und dass - unter anderem - die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung unzumutbar ist. Ausgeführt wurde wie folgt:
1.) In meiner Arbeitnehmerveranlagungen 2015-2019 habe ich die Pauschale für Zuckerkrankheit, die seit 2006 belegt werden kann, nicht bekanntgegeben. Monatliche Pauschale EUR 70,00.
2.) In der Arbeitnehmerveranlagung 2019 wurde die Belastung wegen eigener Behinderung EUR 840,00 berücksichtigt, nicht jedoch der Freibetrag wegen eigener Behinderung § 35(3) EStG 1988 EUR 401,00. Ich habe auch die Rechnung der Firma ***GmbH*** EUR 7.498,98 für die Wohnraumschaffung nicht angesetzt. Die Rechnung lege ich bei. Es wurde auch nicht die EUR 50,00 für die Nachzahlung in BRD berücksichtigt.
[…]
4.) Ich habe für alle Jahre in Deutschland die Steuer bezahlt (Doppelbesteuerungsgesetz)DBA. Es gibt auch den Freibetrag in Höhe von EUR 190,00 wenn die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel nicht mehr zumutbar ist. Bitte dies zu berücksichtigen.
Im Rahmen der Beschwerdevorentscheidungen vom wurden die Beschwerden gegen sämtliche Jahre als unbegründet abgewiesen.
Betreffend die Jahre 2015 bis 2018 wurde ausgeführt, dass der pauschale Freibetrag für die Zuckerkrankheit iHv EUR 840,00 bereits im Rahmen der angefochtenen Bescheide berücksichtigt worden sei.
Betreffend das Jahr 2019 wurde die Abweisung - im Wesentlichen - wie folgt begründet:
Da der Bf seit September 2018 Pflegegeld bezieht, könne der Freibetrag gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 nicht mehr berücksichtigt werden.
Ausgaben für Wohnraumschaffung, die nach dem getätigt werden, seien nicht mehr steuerlich absetzbar.
Die Nachzahlung der Steuer in Deutschland könne in Österreich steuerlich nicht berücksichtigt werden.
C. Vorlageantrag
Mittels Eingabe vom wurde erneut Berufung (Anmerkung des erkennenden Richters - gemeint wohl ein Vorlageantrag gemäß § 264 BAO) eingereicht. Begründend wurde im Wesentlichen so ausgeführt wie bereits in der obig dargestellten Beschwerde. Betreffend das Jahr 2020 findet sich noch der Hinweis, dass ab April 2020 der Grad der Behinderung bei 70% liegt.
D. Verfahren vor dem BFG
Mit Vorhalt vom wurde der Beschwerdeführer zur Übermittlung folgender Dokumente aufgefordert:
Nachweis, wonach die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln wegen einer Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung in den streitgegenständlichen Jahren unzumutbar war.
Nachweis des Bezugs von Pflegegeld seit September 2018.
Im Zusammenhang mit dem angeforderten Nachweis der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde durch das Sozialministeriumsservice die Kopie eines im Oktober 2013 ausgestellten Parkausweis gemäß § 29b StVO übermittelt. Zusätzlich wurde ein Schreiben des Gesundheitsamtes der Stadt Salzburg vom übermittelt, aus dem hervorgeht, dass aus amtsärztlicher Sicht die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 Absatz 1 StVO 1960 befürwortet wird.
Der Bezug des Pflegegeldes ab dem Monat September 2018 wurde mit Schreiben der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom belegt.
Mit Schreiben vom wurde die Kopie des Parkausweises gemäß § 29b StVO sowie die begleitende Korrespondenz an das belangte Finanzamt zur Stellungnahme übermittelt und mitgeteilt, dass nach Ansicht des erkennenden Richters der Freibetrag gemäß § 3 Abs. 1 der VO 303/1996 zusteht. Das Finanzamt schloss sich dieser Auffassung mit E-Mail vom an.
Die Beschwerde wurde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Mit Geschäftsverteilungsbeschluss vom wurde die Beschwerdesache mit Wirkung ab in die Geschäftsabteilung des erkennenden Richters übertragen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer hat am die Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2015 bis 2019 eingereicht. In diesen Erklärungen bzw. im Rahmen der Beschwerde wurde die Berücksichtigung der obig (siehe Punkt I. A. sowie I. B.) dargestellten Sonderausgaben bzw. außergewöhnlichen Belastungen beantragt.
Gemäß dem übermittelten Behindertenpass vom liegt beim Bf in den beschwerdegegenständlichen Jahren 2015 bis 2019 ein Grad der Behinderung von 50% vor. Zudem findet sich im Behindertenpass der Hinweis, dass der Inhaber dieses Passes Träger von Osteosynthesematerial ist und dass eine Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 erster Teilstrich der VO 303/1996 vorliegt. Zusätzlich wurde ein Ausweis gemäß § 29b StVO 1960 (ausgestellt im Oktober 2013) und ein zugehöriges amtsärztliches Schreiben vom vorgelegt, in welchem die Ausstellung dieses Ausweises iZm einem Gehbehindertenausweis befürwortet wird.
Der Beschwerdeführer bezieht seit September 2018 Pflegegeld.
Die Sanierung des Daches (siehe das Beschwerdevorbringen oben, Punkt I. B.) wurde gemäß der übermittelten Rechnung in der KW 18/2019 durchgeführt. Gemäß handschriftlichem Vermerk erfolgte die Zahlung dieser Rechnung am .
Die Festsetzung der Steuernachzahlung in Höhe von EUR 50,00 im Zusammenhang mit der deutschen Einkommensteuer 2019 erfolgte durch das ***FA DE*** (Deutschland) mit Bescheid vom . Die Zahlung erfolgte laut handschriftlichem Vermerk am .
Beweiswürdigung
Der obig festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem elektronisch vorgelegten Akteninhalt bzw. den Ergebnissen der im Rahmen des Verfahrens vor dem BFG durchgeführten Ermittlungen.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Teilweise Stattgabe)
A. Rechtliche Grundlagen
§ 35 EStG 1988 in der für das Streitjahr 2019 maßgeblichen Fassung lautet:
(1) Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen
durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,
[…]
und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.
[…]
(3) Es wird jährlich gewährt
bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit vonein Freibetrag von Euro
[…]
45% bis 54%401
[…]
Die im konkreten Fall einschlägigen Passagen der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen (idF "VO 303/1996") in der für die Streitjahre maßgeblichen Fassung lauten:
§ 1. (1) Hat der Steuerpflichtige Aufwendungen
durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,
[…]
so sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.
§ 2. (1) Als Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung sind ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten bei
Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie oder Aids 70 Euro
[…]
§ 3. (1) Für Körperbehinderte, die zur Fortbewegung ein eigenes Kraftfahrzeug benützen, ist zur Abgeltung der Mehraufwendungen für besondere Behindertenvorrichtungen und für den Umstand, daß ein Massenbeförderungsmittel auf Grund der Behinderung nicht benützt werden kann, ein Freibetrag von 190 Euro monatlich zu berücksichtigen. Die Körperbehinderung ist durch eine Bescheinigung gemäß § 29b der Straßenverkehrsordnung 1960 oder einen Bescheid über die Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer gemäß § 2 Abs. 2 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1952, gemäß § 2 Abs. 1 Z 12 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1992 oder gemäß § 4 Abs. 3 Z 9 des Versicherungssteuergesetzes 1953 nachzuweisen.
§ 18 EStG 1988 in der für das Streitjahr 2019 maßgeblichen Fassung lautet:
(1) Folgende Ausgaben sind bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind:
[…]
3. Ausgaben zur Wohnraumschaffung oder zur Wohnraumsanierung, wenn mit der tatsächlichen Bauausführung oder Sanierung vor dem begonnen worden ist (lit. b und c) oder der der Zahlung zugrundeliegende Vertrag vor dem abgeschlossen worden ist (lit. a und d):
[…]
c)Ausgaben zur Sanierung von Wohnraum, wenn die Sanierung über unmittelbaren Auftrag des Steuerpflichtigen durch einen befugten Unternehmer durchgeführt worden ist, und zwar
Instandsetzungsaufwendungen einschließlich Aufwendungen für energiesparende Maßnahmen, wenn diese Aufwendungen den Nutzungswert des Wohnraumes wesentlich erhöhen oder den Zeitraum seiner Nutzung wesentlich verlängern oder
Herstellungsaufwendungen.
[…]
§ 29b StVO 1960 in der für die streitgegenständlichen Jahre maßgeblichen Fassung lautet:
(1) Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990, die über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, ist als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen. Die näheren Bestimmungen über diesen Ausweis sind durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu treffen.
(1a) (Verfassungsbestimmung) Die Ausfolgung und Einziehung eines Ausweises gemäß Abs. 1 kann unmittelbar durch Bundesbehörden besorgt werden.
(2) Inhaber eines Ausweises gemäß Abs. 1 dürfen
a)auf Straßenstellen, für die durch das Straßenverkehrszeichen "Halten und Parken verboten" oder eine nicht unterbrochene, am Fahrbahnrand angebrachte gelbe Linie (§ 24 Abs. 1 lit. p) ein Halte- und Parkverbot kundgemacht ist,
b)entgegen der Vorschrift des § 23 Abs. 2 über das Abstellen eines Fahrzeuges am Rand der Fahrbahnmit dem von ihnen selbst gelenkten Fahrzeug oder mit einem Fahrzeug, das sie als Mitfahrer benützen, zum Aus- oder Einsteigen einschließlich des Aus- oder Einladens der für den Ausweisinhaber nötigen Behelfe (wie etwa ein Rollstuhl u. dgl.) für die Dauer dieser Tätigkeiten halten.
(3) Ferner dürfen Inhaber eines Ausweises gemäß Abs. 1 das von ihnen selbst gelenkte Fahrzeug oder Lenker von Fahrzeugen in der Zeit, in der sie einen Inhaber eines Ausweises gemäß Abs. 1 befördern,
a)auf Straßenstellen, für die durch das Straßenverkehrszeichen "Parken verboten" oder eine unterbrochene, am Fahrbahnrand angebrachte gelbe Linie (§ 24 Abs. 3 lit. a) ein Parkverbot kundgemacht ist,
b)in einer Kurzparkzone ohne zeitliche Beschränkung,
c) auf Straßen, für die ein Parkverbot, das gemäß § 44 Abs. 4 kundzumachen ist, erlassen worden ist, und
d)in einer Fußgängerzone während der Zeit, in der eine Ladetätigkeit vorgenommen oder die Fußgängerzone gemäß § 76a Abs. 2a befahren werden darf,
parken.
(4) Beim Halten gemäß Abs. 2 sowie beim Befahren einer Fußgängerzone gemäß § 76a Abs. 2a hat der Inhaber eines Ausweises gemäß Abs. 1 diesen den Straßenaufsichtsorganen auf Verlangen vorzuweisen. Beim Parken gemäß Abs. 3 sowie beim Halten oder Parken auf den nach § 43 Abs. 1 lit. d freigehaltenen Straßenstellen hat der Ausweisinhaber den Ausweis bei mehrspurigen Kraftfahrzeugen hinter der Windschutzscheibe und durch diese gut erkennbar, bei anderen Fahrzeugen an einer sonst geeigneten Stelle gut wahrnehmbar anzubringen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 2 bis 4 gelten auch für Inhaber eines Ausweises, der von einer ausländischen Behörde oder Organisation ausgestellt worden ist und der im wesentlichen einem Ausweis nach Abs. 1 entspricht.
(6) Ausweise, die vor dem ausgestellt worden sind und der Verordnung des Bundesministers für Verkehr vom , BGBl. Nr. 655/1976, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 80/1990, entsprechen, verlieren ihre Gültigkeit mit . Ausweise, die nach dem ausgestellt worden sind und der Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie über den Ausweis für dauernd stark gehbehinderte Personen (Gehbehindertenausweisverordnung), BGBl. II Nr. 252/2000, entsprechen, bleiben weiterhin gültig.
B. Erwägungen
a) Einkommensteuer 2015 bis 2018
Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung
Wenn der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde anführt, dass ihm die Pauschale gemäß § 2 Abs. 1 erster Teilstrich der VO 303/1996 (im konkreten Fall - Zuckerkrankheit) zustehen würde und dies vom Finanzamt entsprechend zu berücksichtigen sei, so ist darauf wie folgt zu antworten:
Die pauschalen Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung in Höhe von EUR 840,00 (entspricht EUR 70,00/Monat) sind bereits in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden 2015 bis 2018 ("Belastungen wegen eigener Behinderung" im Abschnitt "Außergewöhnliche Belastungen") berücksichtigt worden. Dass dieser Pauschbetrag zusteht, ist unstrittig bzw. ergibt sich zweifelsfrei aus dem vorgelegten Behindertenpass vom , in dem das Vorliegen dieser Gesundheitsschädigung bestätigt wird.
Die Beschwerde war in diesem Punkt daher als unbegründet abzuweisen.
Mehraufwendungen wegen Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel
Gemäß dem festgestellten Sachverhalt verfügt der Beschwerdeführer über einen im Oktober 2013 ausgestellten Parkausweis gemäß § 29b StVO 1960. Die Ausstellung dieses Ausweises erfolgte nach einer amtsärztlichen Untersuchung iZm einem Gehbehindertenausweis.
Gemäß § 29b Abs. 6 StVO sind solche Ausweise nach wie vor gültig. Aus dem obig zitierten Text der Bestimmung des § 3 Abs. 1 VO 303/1996 ergibt sich, dass der Nachweis, dass ein Massenbeförderungsmittel auf Grund einer Behinderung nicht benützt werden kann, nur durch eine dort angeführte Bescheinigung erbracht werden kann. Diese Bescheinigungen sind für die Abgabenbehörden bindend. Andere Beweismittel sind nicht zulässig. Auch ist die Bestätigung eines Arztes nicht ausreichend (; mwN).
Da der Beschwerdeführer über einen - gemäß § 29b Abs. 6 StVO 1960 nach wie vor gültigen - Parkausweis iSd § 29b StVO und somit einen nach § 3 Abs. 1 VO 303/1996 erforderlichen Nachweis verfügt, steht ihm der Freibetrag wegen Mehraufwendungen aufgrund der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel (EUR 190/Monat) in den Jahren 2015 bis 2018 zu. Das Finanzamt hat sich dieser Rechtsauffassung angeschlossen.
Der Beschwerde war somit in diesem Punkt statt zu geben, der Bescheid wird entsprechend abgeändert.
b) Einkommensteuer 2019
Freibetrag gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988
Gemäß der Vorschrift des § 35 Abs. 1 EStG 1988 steht einem Steuerpflichtigen dann ein Freibetrag gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu, wenn weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) erhalten. Aufgrund der Tatsache, dass der Bf seit September 2018 Pflegegeld bezieht, besteht der Anspruch auf den Freibetrag wegen eigener Behinderung gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 im Jahr 2019 nicht mehr.
Die Beschwerde war in diesem Punkt somit als unbegründet abzuweisen.
Ausgaben zur Wohnraumsanierung
Gemäß der Vorschrift des § 18 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 sind Ausgaben zur Wohnraumschaffung oder Wohnraumsanierung als Sonderausgaben abzugsfähig, wenn mit der tatsächlichen Bauausführung oder Sanierung vor dem begonnen worden ist.
Im konkreten Fall wurde die Sanierung des Daches gemäß der übermittelten Rechnung in der KW 18/2019 durchgeführt. Da mit der Sanierung somit nach dem begonnen wurde, können die Ausgaben in diesem Zusammenhang nicht als Sonderausgaben berücksichtigt werden.
Die Beschwerde war in diesem Punkt somit als unbegründet abzuweisen.
Steuernachzahlung in Deutschland
§ 19 Abs. 2 EStG 1988 lautet:
Ausgaben sind für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben gilt Abs. 1 zweiter Satz. Die Vorschriften über die Gewinnermittlung bleiben unberührt.
Die Steuernachzahlung betreffend die Einkommensteuer 2019 wurde durch das deutsche ***FA DE*** mit Schreiben vom festgesetzt und - laut handschriftlichem Vermerk auf dem erhaltenen Bescheid - am bezahlt. Gemäß der obig zitierten Rechtsvorschrift des § 19 Abs. 2 EStG 1988 sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind, wenn es sich nicht um regelmäßig wiederkehrende Ausgaben handelt oder die Vorschriften über die Gewinnermittlung anderes vorsehen.
Die Steuernachzahlung wurde nicht im Jahr 2019, sondern im Jahr 2020 geleistet. Dass sich die Steuernachzahlung auf das Jahr 2019 bezieht, ist unerheblich (vgl. Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18 § 19, Rz 31, wonach es nicht darauf ankommt, welches Jahr die Ausgabe wirtschaftlich betrifft). Bei einer Steuernachzahlung handelt es sich außerdem nicht um eine regelmäßig wiederkehrende Ausgabe iSd § 19 Abs. 1 zweiter Satz EStG 1988, sodass auch aus diesem Grund eine Berücksichtigung im Jahr 2019 ausscheidet. Vorschriften über die Gewinnermittlung können dieser Zuordnung ebenso nicht entgegenstehen, da der Bf keinen Gewinn ermittelt.
Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die Steuernachzahlung nicht im Jahr 2019, sondern im Jahr 2020 abgeflossen ist. Damit erübrigt sich aber auch die weitere Auseinandersetzung mit dem Charakter dieser Zahlung, da sie nicht dem streitgegenständlichen Jahr 2019 zugeordnet und somit in diesem Jahr steuerlich jedenfalls nicht berücksichtigt werden kann.
Die Beschwerde war in diesem Punkt somit als unbegründet abzuweisen.
Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung
Wenn der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde anführt, dass ihm die Pauschale gemäß § 2 Abs. 1 erster Teilstrich der VO 303/1996 (im konkreten Fall - Zuckerkrankheit) zustehen würde und dies vom Finanzamt entsprechend zu berücksichtigen sei, so ist darauf wie folgt zu antworten:
Die pauschalen Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung in Höhe von EUR 840,00 (entspricht EUR 70,00/Monat) sind bereits im angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2019 ("Belastungen wegen eigener Behinderung" im Abschnitt "Außergewöhnliche Belastungen") berücksichtigt worden. Dass dieser Pauschbetrag zusteht, ist unstrittig bzw. ergibt sich zweifelsfrei aus dem vorgelegten Behindertenpass vom , in dem das Vorliegen dieser Gesundheitsschädigung bestätigt wird.
Die Beschwerde war in diesem Punkt somit als unbegründet abzuweisen.
Mehraufwendungen wegen Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel
Zu diesem Beschwerdepunkt wird auf die Ausführungen betreffend die Einkommensteuer der Jahre 2015 bis 2018 verwiesen (siehe oben, Punkt "II. 3. 3.1. B. a)").
Der Beschwerde war somit in diesem Punkt statt zu geben, der Bescheid wird entsprechend abgeändert.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mwN). Auf Grund der oben angeführten gesetzlichen Bestimmungen ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar aus dem Gesetz und sind auch durch die zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung geklärt. Damit liegt hier kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 35 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 Außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 § 18 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.6100266.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at