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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.09.2022, RV/5100090/2018

Wiederaufnahme nach Schwarzgeldzahlungen des Dienstgebers

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Dr. Stefan Glaser, Friedrich-Thurner-Straße 14, 4910 Ried im Innkreis, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich (vormals des Finanzamtes Braunau Ried Schärding ) vom betreffend Anspruchszinsen (§ 205 BAO) 2000, Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2000, Einkommensteuer 2000, Steuernummer ***BFStNr***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof
nach Art 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Nach erfolgter Arbeitnehmerveranlagung durch das Finanzamt erging mit der Einkommensteuerbescheid 2000.

Aufgrund einer abgabenrechtlichen Prüfung beim Arbeitgeber des Beschwerdeführers wurden Schwarzlöhne ermittelt, die der Beschwerdeführer bezogen haben soll und auf Basis derer ein berichtigter Lohnzettel erstellt worden ist. Mit erging ein Wiederaufnahmebescheid betreffend die Einkommensteuer 2000 und ein Einkommensteuerbescheid 2000, in welchem der berichtigte Lohnzettel Berücksichtigung gefunden hat. Als Begründung dafür wurde vom Finanzamt folgendes ausgeführt:
"Die Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgte gem. § 303 (4) BAO, weil Tatsachen neu hervorgekommen sind, die im abgeschlossenen Verfahren nicht geltend gemacht worden sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Die Wiederaufnahme wurde unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfügt. Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse der Behörde an der Rechtsrichtigkeit der Entscheidung das Interesse auf Rechtsbeständigkeit, und die Auswirkungen können nicht als geringfügig angesehen werden.

Bei der beim Arbeitgeber (Fa. ***X*** GmbH) durchgeführten Betriebsprüfung und Lohnsteuerprüfung wurde festgestellt, dass ein Teil der Löhne "schwarz" ausbezahlt und die darauf entfallenden Lohnabgaben nicht entrichtet wurden.

Die tatsächlich ausbezahlten Löhne für Verputz- und Estricharbeiten wurden anhand von sichergestellten Berechnungsprogrammen und sonstigen Unterlagen ermittelt. In Ihrem Fall wurde auf diese Weise für erbrachte Arbeitsleistungen in den Monaten 3/2000 und 6-11/2000 ein zusätzlicher Bezug von € 3.234,05 errechnet. In der Folge wurde der Lohnzettel für 2000 vom Betriebsstättenfinanzamt berichtigt; die vom Arbeitgeber nichtentrichtete Lohnsteuer wurde nicht angerechnet, da diese dem Arbeitgeber nicht ersetzt werden musste.

Der berichtigte Lohnzettel stellt eine neue Tatsache dar, die zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens berechtigt. Die von der Fa. ***X*** GmbH tatsächlich ausbezahlten Arbeitslöhne sind nunmehr in dem gleichzeitig ergangenen geänderten Einkommensteuerbescheid dargestellt und führen zu einer entsprechenden Nachforderung.

Da es sich nach den durchgeführten Ermittlungen um hinterzogene Abgaben handelt (Abgaben, die einerseits durch den Arbeitgeber als Haupttäter verkürzt wurden und Ihrerseits bei der Arbeitnehmerveranlagung die zusätzlichen Bezüge nicht offengelegt wurden), beträgt die Verjährungsfrist 7 Jahre.

Maßgebend für die verlängerte Verjährungsfrist ist allein der Umstand, dass es sich um hinterzogene Abgaben handelt. Nicht ausschlaggebend ist, von wem die Abgaben verkürzt wurden (siehe Ritz, BAO Kommentar, § 207 Tz 16).

Für die Einkommensteuer 2000 begann die Verjährungsfrist Ende 2000 zu laufen. Durch die Erlassung der wiederaufgenommenen Bescheide während der Verjährungsfrist verlängert sich diese um 1 Jahr, sodass die Verjährung betreffend der Einkommensteuer 2000 erst mit Ablauf des Jahres 2008 eingetreten wäre."

Aufgrund der Abgabennachforderung des Einkommensteuerbescheides 2000 erging ebenso mit ein Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2000 (Anspruchszinsenbescheid 2000).

Der Vertreter des Beschwerdeführers erhob am Beschwerde (vormals Berufung) gegen Wiederaufnahmebescheid zur Einkommensteuer 2000, den Einkommensteuerbescheid 2000 und den Anspruchszinsenbescheid 2000; alle datiert mit . In der Beschwerde wird die Aufhebung sämtlicher bekämpfter Bescheide beantragt und wie folgt begründet:
"1. Zum Wiederaufnahmebescheid:
Die Abgabennachforderung betreffend des Jahres 2000 ist verjährt, sodass eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtlich unzulässig ist. Weiters ist festzuhalten, dass eine Fehlbezeichnung des Bescheides insoferne vorliegt, als der Wiederaufahmebescheid mit "Einkommenssteuerbescheid" bezeichnet wurde.
2. Zum Einkommensteuerbescheid:
Im angefochtenen Bescheid wird von einem Gesamtbetrag der Einkünfte von ATS 207.898,00 im Jahre 2000 ausgegangen. Dieses festgestellte Einkommen, welches vom ursprünglichen Einkommen gemäß ursprünglichen Einkommenssteuerbescheid des Jahres 2000 erheblich abweicht, trifft in keiner Weise zu.

Wie die erstinstanzliche Abgabenbehörde dazu kommt, dass das Einkommen des Berufungswerbers im Jahre 2000 ATS 207.898,00 betragen haben soll, ist nicht erklärlich, nicht begründet und nicht nachvollziehbar. Die Differenz bzw. Erhöhung ist für den Berufungswerber sachlich nicht nachvollziehbar und entzieht sich daher einer sachlichen Argumentation. Dieses im Einkommenssteuerbescheid zusätzlich zugrunde gelegte Einkommen, welcher Art und Höhe es auch sein mag - wurde völlig unberechtigt zugrunde gelegt und wird dieser Betrag daher ausdrücklich bestritten.

Eine detaillierte Auseinandersetzung und Argumentation ist - wie ausgeführt - nicht möglich, zumal nicht erkennbar ist, worauf die Behörde diesen Betrag stützt, wie er sich zusammensetzt, wann er ausbezahlt worden sein soll usw.

Der Berufungswerber hat keine zusätzlichen Zahlungen vom Dienstgeber erhalten, welche offenkundig zur Erhöhung des zugrunde gelegten Einkommens herangezogen werden. Möglicherweise handelt es sich hiebei um eine Schätzung oder dergleichen. Inhaltlich ist dem Berufungswerber bekannt, dass dem Dienstgeber, der Firma ***X*** GmbH, aufgrund einer Betriebsprüfung und im Rahmen eines Strafverfahrens vorgeworfen wird, dass Schwarzzahlungen eingenommen wurden und - möglicherweise - derartige auch an Arbeitnehmer ausbezahlt wurden. Der Berufungswerber hat jedenfalls eine derartige Schwarzzahlung zu keinem Zeitpunkt erhalten. Eine nähere Auseinandersetzung mit dieser Frage ist - wie bereits ausgeführt - mangels ordnungsgemäßer Begründung nicht möglich und kann diesbezüglich auch - vorerst - kein weiteres Beweisanbot gemacht werden. Der Berufungswerber müsste hiezu wissen bzw. der Bescheidbegründung entnehmen, wann er angeblich welche Beträge ausbezahlt erhalten haben soll. Weiters müsste angeführt sein, aufgrund welcher Beweisumstände derartiges angenommen wird.

Gemäß § 93 Abs. 3 Z. a BAO hat ein Bescheid, wenn er von Amtswegen erlassen wird, eine Begründung zu enthalten. Eine derartige Begründung muss für den Abgabepflichtigen nachvollziehbar und kontrollierbar sein (der Abgabepflichtige soll nicht rätseln müssen, warum ihm eine Abgabe vorgeschrieben wird). Zentrales Begründungselement ist die Anführung des Sachverhaltes, den die Behörde als erwiesen annimmt, eine zusammenhängende Darstellung dieses Sachverhaltes und die Erwägungen, aus welchen die Behörde zur Ansicht gelangt, dass gerade der festgestellte Sachverhalt vorliegt. Die Beweiswürdigung hat schlüssig darzulegen, was die Behörde veranlasst hat, ein Beweismittel dem anderen vorzuziehen.

Ein Begründungsmangel führt zur Bescheidaufhebung. Ein derartiger liegt im gegenständlich Fall vor.
Da keine Abgabennachforderung berechtigt besteht, sind auch die vorgeschriebenen Anspruchszinsen rechtsunzulässig bzw. rechtswidrig.
Die Abgabennachforderung des Jahres 2000 ist auch verjährt und daher ebenfalls rechtswidrig."

Mit Schriftsatz vom zog der Vertreter des Beschwerdeführers den Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung zurück, da dies auch noch im Rechtsmittelweg zulässig sei.

In der Beschwerdevorentscheidung vom betreffend den Wiederaufnahmebescheid zur Einkommensteuer 2000 vom führte das Finanzamt begründend aus:

"In der Beschwerde wird Verjährung eingewendet.
Die Verjährungsfrist für hinterzogene Einkommensteuerbeträge des Jahres 2000 beträgt gem.
§ 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO in der zum Berufungszeitpunkt geltenden Fassung sieben Jahre. Grundsätzlich gilt dabei (vgl. Ritz, BAO4, § 207 Tz 15 f mit weiteren Nachweisen):
Ob eine Abgabe gem.
§ 33 FinStrG hinterzogen ist, ist eine Vorfrage (vgl. etwa 2000/16/0083). Für die Annahme der sieben Jahre betragenden Verjährungsfrist ist deshalb weder ein rechtskräftiger Schuldausspruch im Finanzstrafverfahren noch die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens notwendig (vgl. beispielsweise 99/16/0110; , 2002/14/0154).

Die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen sind, setzt aber eindeutige, ausdrückliche und nachprüfbare bescheidmäßige Feststellungen über die Abgabenhinterziehung voraus (vgl. 2007/15/0292), und zwar auch dann, wenn keine Verjährungseinrede erhoben wurde. Die maßgebenden Hinterziehungskriterien der Straftatbestände sind von der Abgabenbehörde nachzuweisen (vgl. 99/13/0036). Die Beurteilung der Vorfrage hat in der Begründung des Bescheides zu erfolgen. Aus der Begründung muss sich somit ergeben, auf Grund welcher Ermittlungsergebnisse sowie auf Grund welcher Überlegungen zur Beweiswürdigung und zur rechtlichen Beurteilung die Annahme der Hinterziehung gerechtfertigt ist (vgl. 96/17/0453).

Im gegenständlichen Fall wurde der Arbeitgeber wegen Verkürzung von Lohnsteuer wegen gewerbsmäßiger Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs. 1 und 2 lit a) und b) jeweils in Verbindung mit 38 Abs. 1 lit a) FinStrG verurteilt.

Maßgeblich für die verlängerte Verjährungsfrist ist allein der Umstand, dass es sich um hinterzogene Abgaben handelt. Nicht ausschlaggebend ist, von wem die Abgaben verkürzt wurden. Hinterzogene Abgaben liegen nach den Ausführungen im Urteil und der erfolgten rechtskräftigen Verurteilung jedenfalls vor.

Der Abgabenanspruch entsteht sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft (§ 4 Abs. 1 BAO):
Bei der veranlagten Einkommensteuer ist das der Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird (
§ 4 Abs. 2 lit. a Z 2 BAO).

Für das strittigen Jahr 2000 ist zu prüfen, ob am die Verjährung bereits eingetreten war.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
Entstehung
Abgabenanspruch
Ablauf
7 Jahre
Verlängerungsjahr
Verjährung
2000

Für das Jahr 2000 verlängert sich die Verjährungsfrist durch die Bescheiderlassung vom um ein Jahr (nach außen erkennbare Amtshandlung zur Geltendmachung des Abgabenanspruchs). Dies bedeutet, dass eine Verjährung erst mit eingetreten wäre.
Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde daher abzuweisen.
Im Übrigen wird auf das Erkenntnis des
RV/5100295/2009 hingewiesen."

In der Beschwerdevorentscheidung vom betreffend den Einkommensteuerbescheid 2000 vom führte das Finanzamt begründend aus:

"Im Zuge einer Steuerprüfung beim Arbeitgeber wurde festgestellt, dass neben den in den Lohnzetteln enthaltenen Beträgen weitere Beträge zugeflossen sind, die nicht dem Lohnsteuerabzug unterworfen wurden. Demgemäß wurden berichtigte Lohnzettel zu den einzelnen Arbeitnehmern erstellt. Beim Bf. erfolgte eine Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 2000.

Dem Bf. wird in seinem Berufungsvorbringen zugestimmt, dass es seitens der Amtspartei unterlassen wurde, dem Bf. die Beweismittel vorzuhalten bzw. Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Da der Bf. im Abgabenverfahren des Arbeitgebers keine Parteistellung hatte, wären ihm vor Erlassung des gegenständlichen Abgabenbescheides die Grundlagen der beabsichtigten Änderungen vorzuhalten gewesen (Parteiengehör). Der diesbezügliche Verfahrensmangel wurde jedoch im gegenständlichen Beschwerdeverfahren saniert.

Der Arbeitgeber ist zu den Schwarzlohnzahlungen geständig (ebenso weitere Dienstnehmer des Arbeitgebers) und wurden hinsichtlich der Höhe der Zahlungen Daten in den Programmen Pro 3000 und Pro 3002 vorgefunden. Das seitens des Landesgerichts angeforderte Gutachten des Sachverständigen Dr. ***SV*** bestätigt das Vorliegen von Schwarzgeldauszahlungen als Teil der Lohnzahlung beim Arbeitgeber des Bf.

Für die Veranlagungsbehörde besteht keine Bindung an die (unrichtige) Vornahme des Lohnsteuerabzuges vom Arbeitslohn durch den Arbeitgeber. Ebenso wenig ist der Umstand von

Bedeutung, ob der Arbeitgeber zur Haftung für die Lohnsteuer herangezogen wurde. Somit kann ein fehlerhafter Lohnsteuerabzug im Rahmen der Veranlagung wieder korrigiert werden (Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar §§ 82, 83 Tz 8, EStG 1988 unter Hinweis auf 90/13/0154 und vom , 92/14/0040). Ist das Veranlagungsverfahren im Zeitpunkt der Beendigung des Lohnsteuerverfahrens bereits abgeschlossen, dann ist die Berücksichtigung der Ergebnisse des Lohnsteuerverfahrens unter den übrigen Voraussetzungen der §§ 303 und 304 BAO im Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens möglich (Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar §§ 82, 83 Tz 8, EStG 1988 unter Hinweis auf 2328/64).

Im Zuge der Prüfung bei der GmbH wurden selbst erstellte Berechnungsprogramme sichergestellt. Aufgrund der dort vorhandenen Daten wurden die tatsächlich ausbezahlen Löhne ermittelt. Der Arbeitgeber war bei der Schlussbesprechung dabei und hat dem Zahlenmaterial nicht widersprochen. Grundsätzlich kann daher von der Richtigkeit des Zahlenmaterials ausgegangen werden.

Richtig ist, dass es keine Aufzeichnungen mit Beträgen über Barauszahlungen gibt. Dies wäre aber auch sehr unwahrscheinlich - über Schwarzlohnzahlungen werden nach den Erfahrungen des täglichen Lebens eben keine Belege angefertigt, um deren Beweisbarkeit zu erschweren.

Besonderes Gewicht hat im Zusammenhang mit der im Rahmen der Beweiswürdigung zu klärenden Frage, ob Schwarzauszahlungen an Arbeitslohn vorgenommen wurden, das Gutachten des Sachverständigen. Dieser hält die Vorgehensweise des Finanzamtes bei der Berechnung der Schwarzlöhne für schlüssig und nachvollziehbar (Pkt 4.2.2.3.1. des Gutachtens), und geht weiters von einer systematischen Auszahlung von Arbeitslöhnen aus.

Im Zuge der gegenständlich erfolgten Veranlagung zur Einkommensteuer waren daher im wiederaufgenommenen Verfahren die Einkünfte des Beschwerdeführers aus nichtselbständiger Arbeit unter Einbeziehung der bisher nicht dem Lohnsteuerabzug unterzogenen Beträge aus Schwarzlöhnen anzusetzen.

Mit Schreiben vom wurde der Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung für 2000 zurückgenommen.

Es trifft zwar zu, dass ein Antrag auf Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung im Rahmen der Beschwerde an das BFG zurückgezogen werden kann, und zwar auch dann, wenn die Antragsveranlagung zu einer Nachzahlung führt (Doralt, EStG4 Band I, § 41 Tz 11). Dies ist jedoch nur möglich, wenn nicht eine Pflichtveranlagung vorliegt (vgl. Doralt, EStG4, Band II, § 83 Tz 5). Ist gemäß § 41 Abs. 1 EStG eine Pflichtveranlagung durchzuführen, dann liegt eben eine solche und keine Antragsveranlagung vor.

Da im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung gemäß § 41 Abs. 1 EStG 1988 gegeben sind, nämlich jene gemäß Z 2 (2000 auch ein Lohnzettel der BUAK vorhanden), handelt es sich bei der angefochtenen Arbeitnehmerveranlagung um eine Pflichtveranlagung, deren Beseitigung im Beschwerdeweg durch Zurückziehung eines Antrages auf Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung nicht möglich ist.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen."

In der Beschwerdevorentscheidung vom betreffend den Anspruchszinsenbescheid 2000 vom führte das Finanzamt begründend aus:

"Gemäß § 205 Abs. 1 BAO sind Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (Abs. 3) nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen. Nach Abs. 2 betragen die Anspruchszinsen pro Jahr 2% über dem Basiszinssatz. Anspruchszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Anspruchszinsen sind für einen Zeitraum von höchstens 42 Monaten festzusetzen. Abs. 4 leg. cit. regelt, dass die Bemessungsgrundlage für Anspruchszinsen zu Lasten des Abgabepflichtigen (Nachforderungszinsen) durch Anzahlungen in ihrer jeweils maßgeblichen Höhe vermindert wird. Anzahlungen mindern die Bemessungsgrundlage für die Anspruchszinsen nur insoweit, als sie entrichtet sind.
Dem angefochtenen Zinsenbescheid liegt die im Einkommensteuerbescheid vom ausgewiesene Nachforderung zugrunde. Der Bf. tritt der Zinsenvorschreibung ausschließlich mit Einwendungen in Bezug auf die Rechtmäßigkeit des Stammabgabenbescheides (ESt- Bescheid) entgegen.
Anspruchszinsenbescheide sind zwar mit Beschwerde anfechtbar. Der Bestreitung der Anspruchszinsen im Grunde einer allfälligen Rechtswidrigkeit der Einkommensteuerbescheide muss aber der Erfolg versagt bleiben, weil eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit dieser Stammabgabenbescheide im Verfahren betreffend die Anspruchszinsen nicht stattfindet. Die Zinsenbescheide sind nämlich an die Höhe der im Bescheidspruch der Einkommensteuerbescheide ausgewiesenen Nachforderungen gebunden (vgl. Ritz, BAO-Kommentar, 3. Auflage, Tz 35 zu
§ 205 BAO; UFS- Aktuell, Nr. 4/2009, S 102).

Erweisen sich die Einkommensteuerbescheide nachträglich als rechtswidrig und werden diese (im diesbezüglich noch offenen) Berufungsverfahren aufgehoben bzw. abgeändert, so sind von Amts wegen neue, an die geänderte Abgabenfestsetzung gebundene Zinsenbescheide zu erlassen. Eine Abänderung der ursprünglichen Zinsenbescheide ist im Gesetz nicht vorgesehen. Da der Beschwerdeführer keine Einwendungen gegen die Anspruchszinsen selbst erhoben hat, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen (siehe auch UFS Innsbruck, RV/0733-I/09)."

Mit brachte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers beim Finanzamt einen Vorlageantrag ein, in welchem er die Vorlage der Beschwerde vom bzw. der Beschwerdevorentscheidungen vom an das Bundesfinanzgericht beantragt.

Am erfolgte durch das Finanzamt die Vorlage der Beschwerde samt Akt und Vorlagebericht an das Bundesfinanzgericht.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Aufgrund von Schwarzlohnzahlungen wurden seitens der Betriebsprüfung beim Arbeitgeber Lohnzettel der betroffenen Arbeitnehmer durch das Betriebsstättenfinanzamt berichtigt. Dadurch kam es zu einer Wiederaufnahme der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2000, welche aus Sicht des Beschwerdeführers zu Unrecht erfolgt ist. Strittig ist weiters die Bemessungsverjährung in Zusammenhang mit hinterzogenen Abgaben. Im gegenständlichen Fall wurde der Arbeitgeber wegen Verkürzung von Lohnsteuer wegen gewerbsmäßiger Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs. 1 und 2 lit. a und b jeweils in Verbindung mit § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG verurteilt.

Das seitens des Landesgerichts angeforderte Gutachten des Sachverständigen Dr. ***SV*** bestätigt das Vorliegen von Schwarzgeldauszahlungen als Teil der Lohnzahlung beim Arbeitgeber des Beschwerdeführers.

Im Zuge der abgabenrechtlichen Prüfung beim Dienstgeber des Beschwerdeführers wurden selbst erstellte Berechnungsprogramme sichergestellt. Aufgrund der dort vorhandenen Daten wurden die tatsächlich ausbezahlen Löhne durch das Finanzamt ermittelt. Der Arbeitgeber war bei der Schlussbesprechung zur Betriebsprüfung anwesend und hat dem Zahlenmaterial nicht widersprochen. Grundsätzlich kann daher von der Richtigkeit des Zahlenmaterials ausgegangen werden. Richtig ist, dass es keine Aufzeichnungen mit Beträgen über Barauszahlungen gibt. Dies wäre aber auch sehr unwahrscheinlich - über Schwarzlohnzahlungen werden nach den Erfahrungen des täglichen Lebens eben keine Belege angefertigt, um deren Beweisbarkeit zu erschweren.

Weiters ist Eine Zurücknahme des Antrages auf Arbeitnehmerveranlagung im Rahmen der Beschwerde strittig, da zeitgleich Zahlungen aus der Bauarbeiter- Urlaubs- und Abfertigungskasse erfolgten.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ist - soweit entscheidungsrelevant und im Folgenden nicht eigens darauf eingegangen wird - unstrittig, ergibt sich aus dem Akteninhalt und stützt sich auf die Angaben des Beschwerdeführers sowie auf die dem Gericht vorgelegten Unterlagen der belangten Behörde.

Strittig war jedoch, ob dem Beschwerdeführer Schwarzlohnzahlungen zugeflossen sind. Der Beschwerdeführer bestreitet, Schwarzgeldzahlungen im beschwerdegegenständlichen Jahren erhalten zu haben und somit auch alle damit zusammenhängenden Nachforderungen.

Gemäß § 166 BAO kommt als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. So auch ein dem Bundesfinanzgericht vorliegendes Sachverständigengutachten betreffend Schwarzgeldzahlungen des Arbeitgebers des Beschwerdeführers. Aus diesem ergibt sich, dass die Abwicklung der Schwarzgeschäfte nicht ohne Wissen und Willen der betroffenen Partieführer und Partiemitglieder vonstattengehen konnte (). Darin wurde u.a. zu Pkt. 4.2.2.3.1. festgehalten: "Die Vorgehensweise und Berechnung des Finanzamtes hinsichtlich der Schwarzgeldlohnzahlungen an die Dienstnehmer der GmbH waren für uns schlüssig und nachvollziehbar." In der offiziellen Buchhaltung seien laut den Anmerkungen in den Partieabrechnungen monatliche Abrechnungen nach der offiziellen Stundenarbeitszeit verrechnet und inoffiziell dann die tatsächlich erbrachten Leistungen gemäß der Preisvereinbarung ausbezahlt worden.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers steht entgegen, dass laut Aussage des Geschäftsführers die Schwarzlohnzahlungen mit System durchgeführt wurden, um mit der ausländischen Konkurrenz mithalten zu können (). Dies zeigt, dass die Schwarzlohnzahlungen nicht an einige wenige Arbeitnehmer geleistet wurden, sondern bei der gesamten Belegschaft regelmäßig erfolgten. Ausnahmen von diesem Prinzip wären ungewöhnlich und sind daher als unwahrscheinlich anzusehen.

Besonderes Gewicht hat im Zusammenhang mit der im Rahmen der Beweiswürdigung zu klärenden Frage, ob Schwarzauszahlungen an Arbeitslohn vorgenommen wurden, das Gutachten des Sachverständigen. Dieser hält die Vorgehensweise des Finanzamtes bei der Berechnung der Schwarzlöhne für schlüssig und nachvollziehbar (Pkt 4.2.2.3.1. des Gutachtens) und geht weiters von einer systematischen Auszahlung von Arbeitslöhnen aus ( GZ RV/5100295/2009). Daraus ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes zu ersehen, dass die Auszahlung von Schwarzlohn bei dem damaligen Arbeitgeber des Beschwerdeführers regelmäßig und ausnahmslos ("System") an alle Arbeitnehmer vorgenommen wurde.

Dem Bundesfinanzgericht erscheint die Berechnung der Schwarzlöhne durch die belangte Behörde in Übereinstimmung mit dem Gutachten des Sachverständigen in freier Beweiswürdigung schlüssig und nachvollziehbar. Die Behauptung des Beschwerdeführers, es gebe keine schriftlichen Belege für an ihn getätigte Schwarzauszahlungen des Dienstgebers wird als Schutzbehauptung qualifiziert. Liegt es doch regelmäßig in der Natur der Sache, dass Schwarzzahlungen grundsätzlich nicht belegmäßig erfasst werden.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

ad Wiederaufnahme des Verfahrens zur Einkommensteuer 2000:

§ 303 Abs. 1 BAO bestimmt:
Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Tatsachen im Sinne des
§ 303 Abs. 1 lit. b BAO Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis als vom rechtskräftigen Bescheid zum Ausdruck gebracht, geführt hätten.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes reicht als Begründung für eine Wiederaufnahme von Amts wegen auch aus, wenn im Wiederaufnahmebescheid auf andere Dokumente (etwa auf die Begründung eines anderen Bescheides oder auf Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung, die darüber aufgenommene Niederschrift und den Prüfbericht) verwiesen wird, sofern dem Bescheidadressaten des Wiederaufnahmebescheides der Inhalt des/der verwiesenen Dokumente(s) bekannt ist, und daraus die Wiederaufnahmegründe auch tatsächlich hervorgehen (; ; ; ; ; ; ; , 2006/13/0172; vgl. Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 93, Rz 15). Im gegenständlichen Fall wurde im Wiederaufnahmebescheid vom auf den gemäß § 307 Abs. 1 BAO verbundenen Einkommensteuerbescheide 2000 sowie auf die dort angeführte Begründung auch in Hinblick auf die Wiederaufnahme der Verfahren verwiesen.

In Kenntnis der dem Beschwerdeführer zugeflossenen Schwarzlöhne im Jahr 2000 erstellte das Betriebsstättenfinanzamt einen diesen Umstand berücksichtigenden neuen Jahreslohnzettel und erlies gemeinsam mit dem Wiederaufnahmebescheid einen Einkommensteuerbescheid 2000. Mit der Feststellung der Schwarzlöhne der Höhe und dem Grunde nach sind für das Finanzamt Tatsachen neu hervorkommen, was auch entsprechenden Eingang in die Bescheidbegründung der belangten Behörde gefunden hat.

Da die Kenntnis der neu hervorgekommenen Tatsachen im Spruch einen anderslautenden Bescheid (hier Einkommensteuerbescheid 2000 vom ) herbeigeführt hätte, ist die vom Finanzamt mit Wiederaufnahmebescheid vom für die Einkommensteuer 2000 verfügte Wiederaufnahme zu Recht erfolgt und die Beschwerde gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2000 war spruchgemäß abzuweisen.

ad Verjährung:

In der Beschwerde wurde eingewendet, die Einkommensteuernachforderung für 2000 sei verjährt. Die Verjährungsfrist für hinterzogene Einkommensteuerbeträge des Jahres 2000 beträgt gemäß § 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO in der zum Beschwerdezeitpunkt geltenden Fassung sieben Jahre.

Grundsätzlich gilt dabei (Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 207 Tz 15):
Ob eine Abgabe gem. § 33 FinStrG hinterzogen ist, ist eine Vorfrage (vgl. etwa ). Für die Annahme der sieben Jahre betragenden Verjährungsfrist ist deshalb weder ein rechtskräftiger Schuldausspruch im Finanzstrafverfahren noch die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens notwendig (vgl. ; , 2002/14/0154). Die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen sind, setzt aber eindeutige, ausdrückliche und nachprüfbare bescheidmäßige Feststellungen über die Abgabenhinterziehung voraus (vgl.), und zwar auch dann, wenn keine Verjährungseinrede erhoben wurde. Die maßgebenden Hinterziehungskriterien der Straftatbestände sind von der Abgabenbehörde nachzuweisen (vgl. ). Die Beurteilung der Vorfrage hat in der Begründung des Bescheides zu erfolgen. Aus der Begründung muss sich somit ergeben, auf Grund welcher Ermittlungsergebnisse sowie auf Grund welcher Überlegungen zur Beweiswürdigung und zur rechtlichen Beurteilung die Annahme der Hinterziehung gerechtfertigt ist (vgl. ). Im gegenständlichen Fall wurde der Dienstgeber des Beschwerdeführers wegen Verkürzung von Lohnsteuer wegen gewerbsmäßiger Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs. 1 und 2 lit a und b FinStrG jeweils in Verbindung mit § 38 Abs. 1 lit a FinStrG verurteilt.

Maßgeblich für die verlängerte Verjährungsfrist ist allein der Umstand, dass es sich um hinterzogene Abgaben handelt. Nicht ausschlaggebend ist, von wem die Abgaben verkürzt wurden. Hinterzogene Abgaben liegen nach den Ausführungen im Urteil und der erfolgten rechtskräftigen Verurteilung jedenfalls vor.

Der Abgabenanspruch entsteht sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft (§ 4 Abs. 1 BAO): Bei der veranlagten Einkommensteuer ist das der Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird (§ 4 Abs. 2 lit. a Z 2 BAO). Für die Einkommensteuer 2000 entsteht der Abgabenanspruch daher mit . Für das streitgegenständliche Jahr 2000 ist zu prüfen, ob am die Verjährung bereits eingetreten war.

Für das Jahr 2000 verlängert sich die Verjährungsfrist durch die Bescheiderlassung vom um ein Jahr, da die Erlassung eines Einkommensteuerbescheides für 2000 eine nach außen erkennbare Amtshandlung zur Geltendmachung des Abgabenanspruchs darstellt. Konkret berechnet sich die Verjährung der Einkommensteuer 2000 wie folgt:
Jahr 2000 + 1 Jahr (Unterbrechungshandlung - Bescheid) + 7 Jahre (iZm hinterzogenen Abgaben) ergibt das Jahr 2008 (mit Ablauf des ).

Die Abgabenfestsetzung mit für das Jahr 2000 ist demnach noch nicht verjährt.

ad Einkommensteuer 2000:

Ein wie beim Beschwerdeführer vorliegender, fehlerhafter Lohnsteuerabzug kann im Rahmen der Veranlagung wieder korrigiert werden. Für die veranlagende Behörde besteht nämlich keine Bindung an die (unrichtige) Vornahme des Lohnsteuerabzuges vom Arbeitslohn durch den Arbeitgeber. Ebenso wenig ist der Umstand von Bedeutung, ob der Arbeitgeber zur Haftung für die Lohnsteuer herangezogen wurde (Hofstätter/Reichl, EStG-Kommentar § 83 Tz 6; , ).

Ist jedoch wie im konkreten Fall das Veranlagungsverfahren im Zeitpunkt der Beendigung des Lohnsteuerverfahrens bereits abgeschlossen, dann ist die Berücksichtigung der Ergebnisse des Lohnsteuerverfahrensunter den übrigen Voraussetzungen der §§ 303 und 304 BAO im Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens möglich (Hofstätter/Reichl, EStG-Kommentar § 83 Tz 6; ). Nach § 83 Abs. 1 EStG 1988 ist der Arbeitnehmer beim Lohnsteuerabzug Steuerschuldner.

Nach § 83 Abs. 2 EStG 1988 wird der Arbeitnehmer unmittelbar in Anspruch genommen, wenn
1. die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 vorliegen
2. (außer Kraft getreten BGBL. I 2007/99)
3. die Voraussetzungen für eine Nachversteuerung gemäß § 18 Abs. 4 vorliegen,
4. eine Veranlagung auf Antrag (§ 41 Abs. 2) durchgeführt wird
5. eine ausländische Einrichtung im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn (§ 47) nicht erhoben hat.

Im gegenständlichen Fall wurde für das Jahr 2000 eine Antragsveranlagung gemäß § 83 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 durchgeführt. Der Einkommensteuerbescheid 2000 vom wurde sodann rechtskräftig.

Im Falle der Einkommensteuerveranlagung eines Arbeitnehmers wird ein fehlerhafter Lohnsteuerabzug nicht über den Umweg der Haftungsinanspruchnahme des Arbeitgebers geltend gemacht, sondern im Veranlagungsverfahren des Arbeitnehmers korrigiert (vgl. Hofstätter/Reichel, EStG-Kommentar § 83 Tz 5, 6). Insoweit kommt es daher im Rahmen des Veranlagungsverfahrens zu einer Nachholwirkung. Ob der Arbeitgeber zur Haftung für die Lohnsteuer herangezogen wurde, ist dabei grundsätzlich ohne Bedeutung ().

Diese Rechtsauffassung findet eine Stütze auch im § 46 Abs. 1 EStG 1988, wonach einem Haftungsweg (§ 82 EStG 1988) beim Arbeitgeber nachgeforderte Lohnsteuer nur insoweit anzurechnen ist, als sie dem Arbeitgeber vom Arbeitnehmer ersetzt wurde. Daraus folgt, dass bei der Veranlagung Lohnbezüge auch dann zu erfassen sind, wenn von ihnen zu Unrecht keine Lohnsteuer einbehalten und abgeführt und der Arbeitgeber zur Haftung herangezogen wurde. Wäre eine Erfassung von Löhnen, hinsichtlich derer der Arbeitgeber zur Haftung gemäß § 82 EStG 1988 herangezogen werden kann, nur im Wege dieser Haftung, nicht jedoch (auch) im Rahmen der Veranlagung des betreffenden Lohnsteuerpflichtigen möglich, so wäre diese Lohnsteueranrechnungsvorschrift widersinnig (; ; ).

Im Zuge der gegenständlich erfolgten Veranlagung zur Einkommensteuer waren daher in den wiederaufgenommenen Verfahren - wie bereits dargestellt - die Einkünfte des Beschwerdeführers aus nichtselbständiger Arbeit in der vom Prüfer im Zuge der Betriebsprüfung beim Arbeitgeber festgestellten Höhe und somit unter Einbeziehung der bisher nicht dem Lohnsteuerabzug unterzogenen Beträge aus Schwarzlöhnen anzusetzen.

Der Beschwerdeführer war daher als Arbeitnehmer gemäß § 83 Abs. 2 EStG 1988 in Verbindung mit § 41 Abs. 1 Z 11 EStG 1988 unmittelbar in Anspruch zu nehmen und die Einkommensteuer 2000 wie mit dem Bescheid vom geschehen vorzuschreiben.

Mit Schreiben vom , eingelangt am Finanzamt am , wurde der Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2000 zurückgenommen. Es trifft zwar zu, dass ein Antrag auf Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung im Rahmen der Beschwerde zurückgezogen werden kann, und zwar auch dann, wenn die Antragsveranlagung zu einer Nachzahlung führt (Doralt, EStG4 Band I, § 41 Tz 11). Dies ist jedoch nur möglich, wenn nicht eine Pflichtveranlagung vorliegt (vgl. Doralt, EStG4 Band II, § 83 Tz 5). Ist gemäß § 41 Abs. 1 EStG 1988 eine Pflichtveranlagung durchzuführen, dann liegt eben eine solche und keine Antragsveranlagung vor. Der zweite Fall einer Veranlagung lohnsteuerpflichtiger Einkünfte, jener auf Antrag des Steuerpflichtigen nach § 41 Abs. 2 EStG 1988, kommt nämlich nur dann zum Tragen, wenn nicht die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung nach § 41 Abs. 1 EStG 1988 gegeben sind. Liegt aber eine Antragsveranlagung nicht vor, so ist auch die Zurückziehung eines Antrages auf eine solche ausgeschlossen.

Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten so ist der Steuerpflichtige gemäß § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 zu veranlagen, wenn im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurden, bezogen worden sind.

Da im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung gemäß § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 gegeben sind (im Jahr 2000 liegen ein Lohnzettel der Bauarbeiter Urlaubs- und Abfertigungskasse sowie ein Lohnzettel des Dienstgebers vor), handelt es sich bei der angefochtenen Arbeitnehmerveranlagung um eine Pflichtveranlagung, deren Beseitigung im Beschwerdeweg durch Zurückziehung eines Antrages auf Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung nicht möglich ist.

Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2000 vom abzuweisen.

ad Anspruchszinsen 2000:

Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen, nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, sind für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide nach Maßgabe des § 205 BAO zu verzinsen (Anspruchszinsen).

§ 207 Abs. 2 BAO (letzter Satz) bestimmt, dass das Recht, Anspruchszinsen festzusetzen, gleichzeitig mit dem Recht auf Festsetzung der Abgabe verjährt. Anspruchszinsen im Sinne des § 205 BAO sind eine objektive Rechtsfolge, um (mögliche) Zinsvorteile oder Zinsnachteile auszugleichen, die sich aus unterschiedlichen Zeitpunkten der Abgabenfestsetzung ergeben ().

Anspruchszinsenbescheide sind an die Stammabgabenbescheide gebunden. Wenn sich diese nachträglich als rechtswidrig erweisen und abgeändert oder aufgehoben werden, sind (von Amts wegen) neue, an die geänderten Stammabgabenbescheide gebundene Anspruchszinsenbescheide zu erlassen ().

Wegen der genannten Bindung ist der Zinsenbescheid nicht (mit Aussicht auf Erfolg) mit der Begründung anfechtbar, der maßgebende Einkommensteuer-(Körperschaftsteuer-)Bescheid sei inhaltlich rechtswidrig (vgl. Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 205, Rz).

Die Beschwerde gegen den Anspruchszinsenbescheid 2000 war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen (oben zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurden. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.

Linz, am

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