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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.06.2022, RV/4200005/2020

Auszahlung von Beschwerdezinsen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Stögerer Preisinger Rechtsanwälte OG, Mariahilfer Straße 76/2/23, 1070 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Klagenfurt Villach vom , GZ. 420000/202748/1/2020, betreffend Beschwerdezinsen zu Recht erkannt:

  1. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

  2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Mit Bescheid des Zollamtes Klagenfurt vom , Zl. 420000/65044/4/2016, und dem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ. RV/4200053/2017, wurde der Beschwerdeführerin (Bf) gemäß Art. 204 Abs.1 Buchstabe b und Abs.3 ZK iVm § 2 Abs.1 ZollR-DG eine entstandene Eingangsabgabenschuld in der Höhe von € 91.906,24 sowie Verzugszinsen gemäß Art. 114 UZK in der Höhe von € 5.638,19 mitgeteilt.

Der angeführte Abgabenbetrag samt Nebenansprüchen in Höhe von € 97.544,43 wurde am entrichtet.

Mit Bescheid des Zollamtes Klagenfurt vom , Zl. 420000/65056/2016, und dem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ. RV/4200053/2017, wurde der Bf. gemäß Art. 204 Abs.1 Buchstabe b und Abs.3 ZK iVm § 2 Abs.1 ZollR-DG eine entstandene Eingangsabgabenschuld in der Höhe von € 83.086,56 sowie Verzugszinsen gemäß Art. 114 UZK in der Höhe von €1.153,66 mitgeteilt.

Der angeführte Abgabenbetrag samt Nebenansprüchen in Höhe von € 84.240,22 wurde am entrichtet.

Mit Eingaben vom , ergänzt durch die Eingaben vom und , beantragte die Bf. die Erstattung der entrichteten Abgaben gemäß Art. 120 UZK.

Mit Bescheid des Zollamtes Klagenfurt Villach vom , GZ. 420000/20449/1/2020, wurde der Antrag auf Erstattung des Betrages in Höhe von € 97.544,43 gemäß Art. 116 Abs.1 Buchstabe d und Art. 120 UZK als unbegründet abgewiesen.

Mit Bescheid des Zollamtes Klagenfurt Villach vom , GZ. 420000/20705/1/2020, wurde der Antrag auf Erstattung des Betrages in Höhe von € 84.240,22 gemäß Art. 116 Abs.1 Buchstabe d und Art. 120 UZK als unbegründet abgewiesen.

Gegen diese Bescheide wendeten sich die in offener Frist eingebrachten Beschwerden vom .

Mit Beschwerdevorentscheidung des Zollamtes Klagenfurt Villach vom , GZ. 420000/202190/1/2020, wurde der Beschwerde stattgegeben und der Bf. der Betrag von € 97.544,43 erstattet.

Mit Beschwerdevorentscheidung des Zollamtes Klagenfurt Villach vom , GZ. 420000/202191/1/2020, wurde der Beschwerde stattgegeben und der Bf. der Betrag von € 84.240,22 erstattet.

Mit Eingabe vom beantragte die Bf, Beschwerdezinsen in Höhe von 2 % über dem Basiszinssatz von € 181.784,65 seit auszuzahlen.

Mit Bescheid des Zollamtes Klagenfurt Villach vom , GZ. 420000/202748/1/2020, wurde der Antrag auf Festsetzung von Beschwerdezinsen gemäß § 205a BAO als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass zu den Abgabenvorschreibungen bereits am ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes zu GZ. RV/4200053/2017 ergangen sei. Gemäß Art. 116 Abs.6 UZK seien im Falle einer Erstattung von den Zollbehörden keine Zinsen zu zahlen.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die in offener Frist eingebrachte Beschwerde vom . Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Art. 116 Abs.6 UZK im Falle der Erstattung nicht ausschließe, dass Zinsen nach den § 205a BAO und § 212 Abs.8 BAO bezahlt werden (Alexander in Witte, UZK, Vorbemerkungen zu Art. 112, 114 und 116 Abs.6 UZK, Rz 1). Auch der EuGH habe in seiner Entscheidung vom , C-365/15, in Rz. 37 festgestellt, dass ein Anspruch auf Verzugszinsen bestehe, wenn erhobene Steuern oder Zölle vom Unionsgericht für ungültig oder nichtig erklärt werden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zl. 420000/202861/1/2020, hat das Zollamt Klagenfurt Villach die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass aufgrund des Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ. RV/4200053/2017, kein Verstoß gegen Unionsrecht vorliege und daher kein Anspruch auf eine Verzinsung bestehe. Art. 116 Abs.6 UZK schließe die Zahlung von Zinsen im Falle einer Erstattung grundsätzlich aus. Im Übrigen seien die subsidiären Bestimmungen der BAO im Falle eines Erstattungsantrages nicht anwendbar.

Mit Eingabe vom stellte die Bf den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Ergänzend führte die Bf aus, dass der Zinsverzicht in Art. 116 Abs.1 UA 1 UZK aufgrund der Entstehungsgeschichte der Vorgängervorschrift (Art. 241 ZK) grundsätzlich nur Fälle betreffe, in denen aufgrund einer nachträglichen Prüfung Abgaben nacherhoben oder erstattet werden müssen.

Beweiswürdigung

Gemäß § 166 BAO kommt als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.

Gemäß § 167 Abs.1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises.

Gemäß Abs.2 leg. cit. hat im Übrigen die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Das Bundesfinanzgericht gründet den festgestellten Sachverhalt auf den Inhalt der vom Zollamt Klagenfurt Villach vorgelegten Verwaltungsakten. Der festgestellte Sachverhalt ist unbestritten.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß Art. 120 Abs.1 UZK werden in anderen als in den Artikeln 116 Abs.1 Unterabsatz 2 und in den Artikeln 117, 118 und 119 genannten Fällen die Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbeträge aus Billigkeitsgründen erstattet oder erlassen, wenn die Zollschuld unter besonderen Umständen entstanden ist, die nicht auf eine Täuschung oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Zollschuldners zurückzuführen sind.

Gemäß Art. 116 Abs.6 UZK sind im Falle einer Erstattung keine Zinsen zu zahlen. Zinsen sind jedoch zu zahlen, wenn eine Erstattungsentscheidung nicht innerhalb von drei Monaten nach dem Tag, an dem sie getroffen wurde, vollzogen wird, es sei denn, dass die Nichteinhaltung der Frist nicht von der Zollbehörde zu vertreten ist.

Gemäß § 205a Abs.1 BAO sind, soweit eine bereits entrichtete Abgabenschuldigkeit, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, herabgesetzt wird, auf Antrag des Abgabepflichtigen Zinsen für den Zeitraum ab Entrichtung bis zur Bekanntgabe des die Abgabe herabsetzenden Bescheides bzw. Erkenntnisses festzusetzen (Beschwerdezinsen).

Art. 116 Abs.6 Unterabsatz 1 UZK sieht eine Verzinsung von zu erstattenden Beträgen grundsätzlich nicht vor. Entgegen dem Wortlaut dieser Bestimmung sind allerdings unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhobene Abgabenbeträge grundsätzlich ab dem Zeitpunkt ihrer Entrichtung bis zu ihrer Erstattung zu verzinsen (, Rz. 38). Aus dem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ. RV/4200053/2017, ergibt sich, dass die Abgabenerhebung zu Recht erfolgte und der Bf aus diesem Rechtstitel kein Zinsanspruch zusteht.

Im gegenständlichen Fall wurde die Erstattung aus Billigkeitsgründen beantragt und durchgeführt. Die nachträgliche Prüfung des Vorliegens von Billigkeitsgründen durch die Zollbehörde hat erst zur Erstattung der bereits entrichteten Eingangsabgaben geführt. Für diese Korrekturen zum Vorteil der Anmelder sollen nach dem Regelungswerk der Vorgängervorschriften (Art. 241 ZK) und auch des Art. 116 Abs.6 erster Unterabsatz UZK keine Pflichten zu Zinszahlungen verbunden sein ( C-365 Rz. 24-31).

Soweit Art. 116 Abs.6 Unterabsatz 1 UZK bestimmt, dass die betreffenden Zollbehörden im Fall der Erstattung keine Zinsen zahlen, werden Zinsen nach § 205a BAO nicht ausgeschlossen (Witte, UZK, Vorbemerkungen zu Artikel 112, 114 und 116 Abs.6, Rz.1). Die einzelstaatliche Regelung des § 205a BAO bleibt unberührt von Art. 116 Abs.6 Unterabsatz 1 UZK anwendbar ( Rz. 25).

Ein Streit im Rechtsmittelweg um die Zuerkennung einer Abgabengutschrift führt weder zu der Möglichkeit einer Aussetzung der Einhebung (vgl. etwa Ritz, BAO5, § 212a Tz 13: Abweisung eines Antrags auf Nachsicht im Unterschied zum Widerruf einer Nachsicht) und daher auch nicht zu Aussetzungszinsen noch zu Beschwerdezinsen (mangels möglicher "Entrichtung" eines beantragten Gutschriftbetrags; ).

Die erfolgte Gutschrift aus dem Rechtstitel der Erstattung aus Billigkeitsgründen gemäß Art. 120 UZK berechtigt daher auch nicht zur Zuerkennung von Beschwerdezinsen gemäß § 205a BAO.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Erkenntnis stutzt sich auf die angeführten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes. Die Rechtsfragen sind hinreichend ausjudiziert, weshalb eine Revision nicht zulässig ist.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 120 Abs. 1 UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
Art. 116 Abs. 6 UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
§ 205a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.4200005.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
MAAAC-31688