TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 14.09.2022, RV/7400062/2022

Zurückweisung einer Beschwerde als verspätet

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2022/15/0097. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistratsabteilung 6, Referat Landes- und Gemeindeabgaben vom betreffend Vorschreibung einer Glücksspielautomatenabgabe, MA 6/ARL-49973/2020-7, beschlossen:

Die Beschwerde vom wird gemäß § 260 Abs. 1 lit b BAO als verspätet zurückgewiesen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Verfahrenslauf:

Mit Schreiben vom wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass er laut behördlichen Feststellungen im Zeitraum von 1/2019 bis 12/2020 in seinem Betrieb in Wien ***1***, drei bzw. sechs Spielapparate gehalten, jedoch keine Glücksspielautomatenabgabe entrichtet habe. Gleichzeitig wurde ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.

Dieses Schreiben wurde bei der Post hinterlegt, vom Beschwerdeführer jedoch nicht behoben und in weiterer Folge an die belangte Behörde retourniert.

Mit Bescheid der Magistratsabteilung 6, Referat Landes- und Gemeindeabgaben vom wurde dem Beschwerdeführer Glücksspielautomatenabgabe in Höhe von insgesamt 57.400,00 € vorgeschrieben.

Dieser Bescheid wurde bei der Post-Geschäftsstelle ***2*** hinterlegt und der Beginn der Abholfrist mit vermerkt.

Dagegen wurde mit Eingabe vom Beschwerde eingebracht und von der rechtsfreundlichen Vertretung ausgeführt, es sei keine Hinterlegungsanzeige in die Abgabeeinrichtung des Beschwerdeführers eingelegt worden. Die zeugenschaftliche Einvernahme des Zustellorgans werde beantragt.

Darüber hinaus führte die rechtsfreundliche Vertretung aus, das Verwaltungsgericht Wien sei nach Durchführung eines umfassenden Ermittlungsverfahrens zum Ergebnis gelangt, dass der Beschwerdeführer Glücksspielautomaten nicht zugänglich gemacht habe. Das diesbezüglich geführte Strafverfahren sei eingestellt worden, weil er weder Gewahrsame über die Automaten gehabt habe noch über diese verfügungsberechtigt gewesen sei. Er sei auch nicht Betreiber und auch nicht Inhaber der gegenständlichen Lokalität gewesen.

Es werde daher beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und die angefochtene Entscheidung ersatzlos aufzuheben.

Die von der belangten Behörde durchgeführte zeugenschaftliche Einvernahme des Zustellorgans ergab, dass die Verständigung zur Hinterlegung mit der Nummer ***3*** am vorschriftsmäßig in die Abgabeeinrichtung (Parteienhauspostfach des Hauses ***1***) eingelegt worden sei. Dies habe der Zusteller mit seiner Unterschrift und dem Datum auf der Rückseite bestätigt. Er sei seit ca. 30 Jahren bei der Post beschäftigt und diesbezüglich geschult und eingewiesen worden. Er habe dem Beschwerdeführer manchmal Schriftstücke persönlich zugestellt und manchmal seien Behördenschriftstücke im Postamt ***2*** hinterlegt worden. Manchmal lägen viele Poststücke im Hausbrieffach und würden erst nach einigen Tagen oder Wochen behoben. Eine Ortsabwesenheit für Oktober 2021 sei ihm vom Postamt ***2*** nicht mitgeteilt worden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat die belangte Behörde die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen und in der Begründung ausgeführt, der Zusteller sei zeugenschaftlich einvernommen worden und habe unter Wahrheitspflicht glaubhaft angegeben, dass er die Verständigung zur Hinterlegung des Bescheides am vorschriftsmäßig in die Abgabeeinrichtung eingelegt und mit seiner Unterschrift auf der Rückseite des Rsb-Kuverts bestätigt habe. Es sei keine Ortsabwesenheitsmeldung des Beschwerdeführers vorgelegen.

Der geltend gemachte Zustellmangel sei somit als Schutzbehauptung zu werten. Die Hinterlegungsanzeige sei am in die Abgabeeinrichtung eingelegt worden. Die Abholfrist habe am zu laufen begonnen. Die einmonatige Beschwerdefrist habe somit am geendet. Da die Beschwerde erst nach Ablauf der Beschwerdefrist am per E-Mail übermittelt worden sei, sei sie als verspätet zurückzuweisen gewesen.

Innerhalb offener Frist brachte die rechtsfreundliche Vertretung mit Telefax vom einen Vorlageantrag ein und verwies auf das Beschwerdevorbringen. Ergänzend brachte sie vor, in der Abgabeeinrichtung habe sich keine Verständigung zur Hinterlegung des Bescheides befunden. Der Zusteller müsse diese irrtümlich in die Abgabeeinrichtung einer anderen Partei eingelegt haben.

Sachverhalt:

Der streitgegenständliche Bescheid ist datiert mit . Das Zustellorgan hat den Beschwerdeführer am nicht persönlich angetroffen und daher den Bescheid beim Postamt ***2*** hinterlegt. Eine Verständigung über die Hinterlegung wurde in die Abgabeeinrichtung des Beschwerdeführers eingelegt. Als Beginn der Abholfrist wurde der vermerkt. Zum Zeitpunkt des Zustellversuches war keine Ortsabwesenheitsmeldung bekannt gegeben worden.

Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde per Telefax am eingebracht.

Beweiswürdigung:

Der oben festgestellte Sachverhalt gründet sich auf die aktenkundigen Unterlagen, unter denen sich insbesondere der Rückschein des angefochtenen Bescheides befindet, aus welchem ersehen werden kann, dass dieser nach einem missglückten Zustellversuch am beim zuständigen Postamt hinterlegt und eine Verständigung über die Hinterlegung in die Abgabeeinrichtung eingelegt, sowie dass das Schriftstück ab dem zur Abholung bereitgehalten wurde. Dieser Zustellnachweis ist unbedenklich.

Dass die Verständigung ordnungsgemäß in die Abgabeeinrichtung des Beschwerdeführers und nicht in das Hausbrieffach einer anderen, dort wohnhaften Person eingelegt worden ist, bestätigte der Zusteller bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme und auf dem Zustellnachweis mit seiner Unterschrift. Außerdem versicherte er glaubhaft, er sei seit ca 30 Jahren im Zustelldienst tätig und diesbezüglich eingeschult worden. Das Bundesfinanzgericht ging im Hinblick auf diese Aussage von einer ordnungsgemäßen Durchführung und Dokumentation des Zustellvorganges aus. Am Wahrheitsgehalt dieser unter Wahrheitspflicht gemachten Aussage bestehen für das Bundesfinanzgericht keine Zweifel. Der Darstellung, wonach der Beschwerdeführer eine Hinterlegungsanzeige nicht erhalten habe bzw. diese in ein falsches Hausbrieffach eingelegt worden sei, folgte das Bundesfinanzgericht nicht, zumal sie auch durch keine Beweisanbote untermauert worden ist.

Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 260 Abs. 1 lit b BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO) oder mit Beschluss (§ 278 BAO) zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.

§ 17 ZustG lautet:

"(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde."

Vorweg wird festgehalten, dass im gegenständlichen Fall von der rechtsfreundlichen Vertretung der beschwerdeführenden Partei nicht behauptet wird, dass sich diese zum Zeitpunkt der Hinterlegung nicht regelmäßig an der Abgabestelle aufgehalten hätte. Bestritten wird lediglich, dass die Hinterlegungsanzeige vom Zustellorgan ordnungsgemäß in das Hausbrieffach des Beschwerdeführers eingelegt worden ist.

Die in § 17 Abs. 2 ZustG genannte Verständigung des Empfängers von der Hinterlegung (Hinterlegungsanzeige) ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes unabdingbare Voraussetzung einer Zustellung durch Hinterlegung gemäß § 17 Abs. 3 ZustG. Unterbleibt die Hinterlegungsanzeige, so tritt eine wirksame (fristauslösende) Zustellung durch Hinterlegung gemäß § 17 Abs. 3 ZustG nicht ein (vgl. , Rn. 14, mwN).

Der Beweis, wonach eine Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, wird durch den eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht, gegen den jedoch der Gegenbeweis zulässig ist. Behauptet jemand, es liege ein Zustellmangel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet sind. Es ist Sache des Empfängers, Umstände vorzubringen, die geeignet sind, Gegenteiliges zu beweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der Rechtsmäßigkeit des Zustellvorganges aufkommen zu lassen (vgl. etwa , mwN).

Nach dem Rückschein wurde der Bescheid vom bei näher genannter Post-Geschäftsstelle hinterlegt (Beginn der Abholfrist: ) und eine Verständigung von der Hinterlegung in die Abgabeeinrichtung eingelegt.

Behauptet ein Beschwerdeführer, es liege ein Zustellmangel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet sind (vgl. , mwN).

Dem von der rechtsfreundlichen Vertretung gestellten Beweisantrag auf zeugenschaftliche Einvernahme des Zustellorgans kam die belangte Behörde nach. Es bestand für die beschwerdeführende Partei daher die Möglichkeit, den nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes möglichen Gegenbeweis betreffend die Hinterlegung der Verständigungen zu erbringen (vgl. etwa , 0135). Die bloße - durch keine Beweisanbote gestützte - Behauptung, die Hinterlegungsverständigung sei in ein falsches Hausbrieffach eingelegt worden, ist nicht ausreichend.

Es war daher von der ordnungsgemäßen Zustellung des angefochtenen Bescheides am (Beginn der Abholfrist) auszugehen. Die einmonatige Rechtsmittelfrist endete daher am Montag, den . Die erst am eingebrachte Beschwerde war daher als verspätet zurückzuweisen.

Gemäß § 274 Abs. 3 Z 1 iVm Abs. 5 BAO kann im Falle, dass eine Beschwerde als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen ist, von einer beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Das Absehen von der beantragten mündlichen Verhandlung liegt im Ermessen und ist verfahrensökonomisch zweckmäßig. Eine Unbilligkeit des Absehens von der mündlichen Verhandlung ist nicht erkennbar. Daher wird das Ermessen dahingehend geübt, dass von der mündlichen Verhandlung abgesehen wird.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des erwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage, ob eine Hinterlegungsanzeige in die Abgabeeinrichtung eingelegt worden ist, ist eine Sachverhaltsfrage. Eine Revision war daher nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 17 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 17 Abs. 2 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 17 Abs. 3 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
Verweise



ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7400062.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at