Studienabbruch wegen Erkrankung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Familienbeihilfe 10.2020-09.2021 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin (Bf) bezog für Ihre Tochter S. laufend Familienbeihilfe (FB). Im Juni 2016 maturierte die Tochter und begann im Anschluss mit dem Bachelorstudium Linguistik an der Universität Salzburg.
Aufgrund des vorgelegten Studienerfolgsnachweises wurde die Familienbeihilfe bis Juni 2019 verlängert.
Mittels Überprüfungsschreiben vom über den Anspruch auf Familienbeihilfe benachrichtigte die Bf das Finanzamt erstmals darüber, dass S. ab Mai 2018 bis Juli 2019 ein freiwilliges soziales Jahr (Erasmus, Jugend in Aktion, Bestätigungsschreiben vom ) absolvierte. Die Familienbeihilfe für S. wurde daraufhin bis Juli 2019 verlängert.
Am beantragte die Bf für ihre Tochter die Verlängerung der FB für das Wintersemester 2020/2021 wegen Studienbeginns (Schriftsatz vom ). Sie gab bekannt, dass die Tochter mit Wintersemester 2020/2021 das Bachelorstudium Umwelt- und Bioressourcenmanagement an der Universität Wien begonnen hatte. Daraufhin wurde die Familienbeihilfe ab Oktober 2020 bis September 2021 gewährt.
Mittels Überprüfungsschreiben wurde die Bf aufgefordert, das Studienblatt sowie den Studienerfolgsnachweis vorzulegen. Dem kam die Bf nach und legte der Behörde mit die Studienbestätigung für das Wintersemester 2021/2022 und den Studienerfolgsnachweis für das Studienjahr 2020/2021 betreffend das Bachelorstudium für Umwelt- und Bioressourcenmanagement vor.
Laut Studiendatei brach S. das Studium der Linguistik mit offiziell ab (Abgangsbescheinigung vom , vorgelegt am ).
Daraufhin wurde die Familienbeihilfe für S. für den Zeitraum Oktober 2020 bis September 2021 rückgefordert mit der Begründung, dass es offenbar zu einem Studienwechsel gekommen war und dieser im Sinne des Familienlastenausgleichgesetzes schädlich wäre (§ 2 Abs.1 lit b FLAG iVm § 17 StudFG, siehe dazu Rückforderungsbescheid vom ).
Gegen diesen Rückforderungsbescheid reichte die Bf Beschwerde ein und begründete den Studienabbruch durch eine schwere psychische Erkrankung der Tochter, die einen Wiedereinstieg für S. in das alte Studium unmöglich gemacht hätte.
Die Bf führte aus, dass die Tochter im 3. Semester de facto keine Vorlesungen mehr besuchte und keine Prüfungen absolvierte, sodass auch der Leistungsnachweis für diesen Zeitraum fehlen würde. Das Studium wäre somit nach dem 2. Semester beendet worden. Grund wäre die schwere Depression gewesen, die der Tochter die Fortsetzung des Studiums der Sprachwissenschaften unmöglich machte. Ein späterer Wiedereinstieg in dieses Studium wäre aufgrund der Erkrankung nicht möglich gewesen.
Der Beschwerde beigelegt wurde eine ärztliche Bestätigung des Psychiaters M. vom , die wie folgt lautet:
"Frau H. steht bei mir in regelmäßiger Betreuung bei F33.-Rezidivierende depressive Störung.
"Zurückblickend lässt sich die Störung schon viele (gemeint sind wohl Jahre) verfolgen. Im Sommer 2016 -Frühling 2018 bestand eine damals noch unbehandelte unbehandelte schwere Depressio. Aufgrund dieser konnte sie ihre Aufgaben im Studium nicht ausreichend wahrnehmen."
Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Am stellt die Bf den Antrag, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vorzulegen (Vorlageantrag) und wies daraufhin, dass in der Stellungnahme des behandelnden Arztes genau darauf verwiesen worden sei, dass die Tochter aufgrund der Erkrankung nicht in der Lage gewesen sei, ihre für ein erfolgreiches Studium erforderlichen Aufgaben wahrzunehmen. Der Zeitpunkt sei mit Sommer 2016 bis Frühjahr 2018 genau umschrieben.
II. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt stützt sich auf die Angaben der Bf, auf die dem Gericht vorgelegten Unterlagen des Finanzamtes bzw. der Bf sowie auf die Ergebnisse der vom Gericht durchgeführten Ermittlungen.
III. Rechtsausführungen
§ 2 Abs. 1 lit b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) lautet:
Personen haben Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit oder nachgewiesenes Auslandsstudium) verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester... Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird..."
§ 26 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 lautet:
(1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
(2) Zurückzuzahlende Beträge nach Abs. 1 können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.
(3) Für die Rückzahlung eines zu Unrecht bezogenen Betrages an Familienbeihilfe haftet auch derjenige Elternteil des Kindes, der mit dem Rückzahlungspflichtigen in der Zeit, in der die Familienbeihilfe für das Kind zu Unrecht bezogen worden ist, im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.
(4) Die Oberbehörde ist ermächtigt, in Ausübung des Aufsichtsrechtes das zuständige Finanzamt anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre.
§ 17 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG) lautet:
(1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende
1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder
2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder
3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.
(2) Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:
1. Studienwechsel, bei welchen die gesamten Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt werden, weil sie dem nunmehr betriebenen Studium auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gleichwertig sind,
2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,
3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine Studienbeihilfe bezogen wurde,
4. die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs. 3.
(3) Nicht als Studienwechsel im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 und 2 gilt der Wechsel von der Studienrichtung Medizin zur Studienrichtung Zahnmedizin für Studierende, die die Studienrichtung Medizin vor dem Studienjahr 1998/99 aufgenommen haben und den Studienwechsel spätestens im Sommersemester 2001 vornehmen.
(4) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt haben. Anerkannte Prüfungen aus dem Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden.
IV. Erwägungen
Unbestritten ist zunächst, dass die Tochter der Bf das Studium der Linguistik mit dem Wintersemester 2016 (WS) begann und diese sich vom Studium der Linguistik mit abgemeldet hat.
Unbestritten ist auch, dass die Tochter der Bf das Bachelorstudium Umwelt- und Bioressourcenmanagement mit Oktober 2020 (WS 2020/2021) aufgenommen hat.
Unstrittig liegt damit ein Studienwechsel nach dem 3. Semester iSd § 2 Abs. 1 lit b FLAG vor, womit die Bestimmungen des § 17 StudFG angewendet werden können und ist daher zu prüfen, ob ein im Sinne des FLAG schädlicher Studienwechsel vorliegt.
Das Bundesfinanzgericht hat unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (§ 167 Abs. 2 BAO iVm § 2a BAO). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl für viele ) ist von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.
Die Bf bringt zunächst vor, die Tochter habe krankheitsbedingt im 3. Semester (WS 2017/2018) keine Vorlesungen mehr besucht und dementsprechend keine Prüfungen abgelegt, sodass das Studium der Linguistik somit de facto durch die krankheitsbedingte Studienbehinderung nach dem 2. Semester beendet worden sei.
Dazu legt sie ein ärztliche "Attest" vom vor mit folgendem Inhalt:
"Frau H. steht bei mir in regelmäßiger Betreuung bei F33.-Rezidivierende depressive Störung.
Zurückblickend lässt sich die Störung schon viele (gemeint sind wohl Jahre, Anm. BFG) verfolgen. Im Sommer 2016 -Frühling 2018 bestand eine damals noch unbehandelte unbehandelte schwere Depressio. Aufgrund dieser konnte sie ihre Aufgaben im Studium nicht ausreichend wahrnehmen."
Der VwGH hat zum StudFG klar ausgeführt, dass es Sache des Antragstellers ist, nicht nur Art und Ausmaß des behaupteten Ereignisses konkret darzulegen, sondern auch dessen Auswirkungen auf den Fortgang seiner Studien ( RV/0440-I/10, unter Verweis auf , , sowie ).
Die Art des Beweismittels einer (krankheitsbedingten) Studienbehinderung ist im Gesetz nicht festgelegt, die für eine Verlängerung der Studienzeit (oder des Nachweiszeitraumes) maßgeblichen Umstände sind daher durch geeignete Beweismittel glaubhaft zu machen. Ist ein zwingender Zusammenhang zwischen der Krankheit einerseits und der behaupteten Studienbehinderung andererseits für den medizinischen Laien nicht erkennbar, bleibt die Beurteilung, ob die Krankheit nach Art und Ausmaß ihres Auftretens geeignet ist, zu einer Studienbehinderung zu führen, ebenso einem Arzt vorbehalten wie die Diagnose der Krankheit selbst. Eine schlüssige ärztliche Bestätigung ist erforderlich (Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 87 mit Hinweis auf ). Es muss dargelegt werden, durch welche konkrete Krankheit und zu welchen konkreten Zeiten das Kind derart beeinträchtigt gewesen war, dass es an der Fortführung des Studiums verhindert gewesen wäre ().
Ein derartiger Nachweis liegt im Beschwerdefall nicht vor:
Bezüglich der Krankheit liegt im Akt des Finanzamtes ein "Attest" von einem Arzt vom Dezember 2021 vor, aus dem sich sinngemäß entnehmen lässt, dass die Tochter der Bf seit Sommer 2016 bis Frühling 2018 an einer schweren (aber unbehandelten) Depression gelitten hat, die Leistungsfähigkeit der Tochter der Bf aus medizinischen Gründen von Sommer 2016 bis Frühjahr 2018 deutlich vermindert gewesen sei, und die Tochter unter Zuordnung von bestimmten Semestern ihre Aufgaben im Studium nicht ausreichend wahrnehmen habe können.
Bei dem vorliegenden "Befund" des Arztes aus dem Jahr 2021 kann nicht von einer schlüssigen Bestätigung bzw. einem schlüssigen Gutachten gesprochen werden.
Ein Gutachten (eine ärztliche Bestätigung), das eine Studienbehinderung (die letztlich zu einen Studienabbruch geführt hat) bescheinigen soll, muss die Abgabenbehörden und das Bundesfinanzgericht in die Lage versetzen, zu beurteilen, ob es die darin enthaltenen Angaben als schlüssig erscheinen lassen, dass tatsächlich eine drei Monate übersteigende Studienbehinderung pro Semester vorgelegen ist. Dass die vorliegende "Bestätigung" nicht einmal ansatzweise dazu geeignet ist, liegt aufgrund des dargelegten Inhaltes auf der Hand. Aus dieser fachärztlichen Äußerung, die noch dazu Jahre später über den "streitgegenständlichen Zeitraum" abgegeben wurde, kann zwar abgeleitet werden, dass die Tochter des Bf in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt war, nicht jedoch, in welchem Ausmaß. Vielmehr ist die vorliegende Bescheinigung so allgemein gehalten, dass ihr eine Feststellung, in welchem konkreten Umfang eine Studienbehinderung aufgrund der Erkrankung vorlag, nicht zu entnehmen ist.
Nach Ansicht des BFG vermag damit die ärztliche Bestätigung aus dem Jahr 2021 für S. das Vorliegen einer krankheitsbedingten durchgehenden Studienbehinderung für das dritte Semester (bzw. bis Frühjahr 2018) weder nachweisen noch glaubhaft machen.
Die ärztliche Bestätigung vom Dezember 2021 enthält keine Angaben darüber, dass das Studium krankheitsbedingt abgebrochen werden musste und nicht wiederaufgenommen wurde.
Auch das Vorbringen der Bf selbst enthält keine Angaben darüber, welche konkreten Auswirkungen der Krankheit dazu führten, dass die Tochter das Studium der Linguistik letztendlich nicht fortsetzen konnte, aber der Aufnahme und Erzielung eines günstigen Studienerfolges im neuen Studium nicht entgegenstanden.
Die Bf beruft sich in ihren Ausführungen vielmehr darauf, dass der Abbruch des Studiums der Linguistik krankheitsbedingt unvermeidlich gewesen sei. Die Bf vermeint, dass der Abbruch des ersten Studiums und der Wechsel ins neue Studium "zwingend" durch die schwere Erkrankung der Tochter herbeigeführt wurde, sodass im Sinn des § 17 Abs. 2 Z 2 StudFG der Studienwechsel nicht beihilfenschädlich sei.
Nach den Gesetzesmaterialien (RV, 72 BlgNR 20. Gp, 309f) stellt diese gesetzliche Bestimmung eine Ausnahmeregelung vom erklärten Ziel, durch Einschränkung des Förderungsanspruches bei Studienwechsel auf eine rasche Studienwahl hinzuwirken, dar, der zu Folge ein etwa durch Erkrankung oder Unfall erzwungener Studienwechsel den Anspruch auf Studienbeihilfe nicht beseitigt.
Zu dieser Problematik führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2005/10/0071, unter Hinweis auf seine frühere Entscheidung vom , 97/12/0371, aus, dass der Gesetzgeber mit der Wendung "zwingend herbeigeführt" einen qualifizierten Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung, der über eine bloße Kausalität hinausgeht, verlangt. Es muss trotz zwingender Aufgabe des bisherigen Studiums die Durchführung eines anderen Studiums möglich sein. Als Beispiel nennt er eine gravierende Handverletzung, die zwar das Studium eines Musikinstrumentes ausschließt, nicht aber ein geisteswissenschaftliches Studium, oder eine Beeinträchtigung des Bewegungsapparates, die zwar die Weiterführung eines sportwissenschaftlichen Studiums unmöglich macht, nicht aber ein rechtswissenschaftliches Studium (auch ).
Hinsichtlich Studienwechsels infolge psychischer Erkrankung wird in der zitierten Entscheidung vom , 2005/10/0071, weiters ausgeführt: Davon, dass ein Studienwechsel durch eine psychische Erkrankung "zwingend herbeigeführt" wurde, kann nur dann gesprochen werden, wenn im Zeitpunkt der Aufnahme des neuen Studiums psychische Störungen von erheblichem Krankheitswert vorlagen, die dem Studierenden infolge des Verlustes spezifischer, für die Leistungsfähigkeit im Studienfach maßgeblicher Eigenschaften oder Fähigkeiten eine erfolgreiche Fortsetzung des bisher betriebenen Studiums unmöglich machen, der Erzielung eines günstigen Studienerfolges im neuen Studium aber nicht entgegenstehen. Von einer "zwingenden Herbeiführung" eines Studienwechsels kann hingegen nicht gesprochen werden, wenn der Studierende infolge der Erkrankung für eine gewisse Zeit an der erfolgreichen Fortführung des Studiums gehindert war, aber auch in einem anderen Studium infolge der Erkrankung keinen günstigen Erfolg erzielen hätte können, und nach Besserung oder Heilung der Erkrankung sich zur Aufnahme eines anderen Studiums entschließt.
Es muss somit dargelegt werden, welche konkreten Auswirkungen der Krankheit eine erfolgreiche Fortsetzung des bisher betriebenen Studiums unmöglich machen, der Aufnahme eines neuen Studiums aber nicht entgegenstehen.
Im gegenständlichen Fall wurde die Tochter der Bf zunächst durch das psychische Leiden für einige Zeit an der erfolgreichen Weiterführung ihres Studiums, aber auch an jedem anderen Studium gehindert. Aus der fachärztlichen Bestätigung lässt sich sinngemäß entnehmen, dass die Tochter der Bf seit Sommer 2016 bis Frühling 2018 an einer schweren (unbehandelten) Depression litt, die Leistungsfähigkeit der Tochter der Bf aus medizinischen Gründen von Sommer 2016 bis Frühjahr 2018 deutlich vermindert gewesen sei, wodurch die Tochter ihre Aufgaben im Studium nicht ausreichend wahrnehmen habe können.
Mit Besserung des Leidens war die Tochter schließlich wieder in der Lage, einem "Studium mit geringerem Umfang" nachzugehen.
Im Sinn der oben angeführten rechtlichen Vorgaben reichen diese Ausführungen (Ausführungen der Bf sowie Ausführungen in der ärztlichen Bestätigung) jedoch nicht aus um darzulegen, dass die Tochter im Zeitpunkt ihres Studienwechsels, in dem das körperliche Leiden offensichtlich so weit gebessert war, dass die Fortführung eines Studiums grundsätzlich wieder möglich war, nach wie vor zwingend infolge einer psychischen Erkrankung daran gehindert gewesen wäre, das bisherige Studium fortzusetzen. Hindernis für die Weiterführung des Studiums war die psychische Erkrankung, während deren Dauer auch ein anderes Studium nicht möglich war. Betrachtet man die Erkrankung aus psychischer Sicht, ist zu bemerken, dass bei jedem Studium mit Stresssituationen, die eine psychische Belastung mit sich bringen können, zu rechnen ist. Eine allenfalls vermehrte psychische Belastung aufgrund der Wahl eines nicht passenden Studiums kann nicht als psychische Störung von erheblichem Krankheitswert angesehen werden, die die Fortsetzung des Studiums unmöglich macht.
Das erkennende Gericht kommt daher zu dem Schluss, dass der für einen "ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführten" Studienwechsel erforderliche Zusammenhang zwischen Krankheit und Studienwechsel hier nicht vorliegt. Die Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 2 Z 2 Studienförderungsgesetz 1992 kommt damit nicht zum Tragen.
Unter Berücksichtigung aller oben angeführten Ausführungen ist daher von einem schädlichen Studienwechsel auszugehen. Es besteht im angesprochenen Zeitraum Oktober 2020 bis September 2021 kein Anspruch auf FB.
Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich eine objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe (allenfalls in Form einer Ausgleichszahlung / Differenzzahlung) und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. § 26 Rz 12 zitierte Rechtsprechung).
Fehlt es an einem Anspruch auf Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung / Differenzzahlung), ist auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern.
Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs der Familienleistungen an (vgl. etwa ; ), also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. ; ). Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen (etwa durch unrichtige Angaben im Antrag gemäß § 10 FLAG 1967 oder Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß § 25 FLAG 1967), Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages oder die Verwendung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Gleiches gilt für den gutgläubigen Verbrauch der Beträge (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. § 26 Rz 13 zitierte Rechtsprechung). Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl etwa oder ).
Einer Rückforderung steht auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch das Finanzamt verursacht worden ist.
Diese objektive Erstattungspflicht hat zur Folge, dass der Behörde, sobald die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht mehr gegeben sind, hinsichtlich der Rückforderung von bereits bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag kein Ermessensspielraum bleibt (vgl. ).
Zur Rückzahlung eines unrechtmäßigen Bezuges an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ist nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 derjenige verpflichtet, der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. ).
Es war spruchgemäß zu entscheiden.
V. Zulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gründe für eine Revision im vorangeführten Sinn sind vorliegend nicht gegeben.
Da das gegenständliche Erkenntnis der herrschenden Rechtsprechung folgt, ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig. Eine über den Individualfall hinaus relevante Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 26 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 17 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992 § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.6100236.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at