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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.09.2022, RV/7102369/2021

Keine Indexierung von Alleinverdienerabsetzbetrag und Unterhaltsabsetzbetrag

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard Konrad in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 zu Recht erkannt:

  1. Der Beschwerde wird Folge gegeben.
    Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
    Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

  2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Das bisherige Verfahren stellt sich wie folgt dar:

Der Beschwerdeführer (Bf) beantragte in seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2020 den Alleinverdienerabsetzbetrag, gab an dass er für zwei Kinder Familienbeihilfe für mindestens sieben Monate bezogen hatte und er für ein Kind Unterhaltszahlungen leistete. Der Bf ist tschechischer Staatsangehöriger, sei auch wie seine Kinder in Tschechien ansässig und stellte den Antrag auf Behandlung als unbeschränkt Steuerpflichtiger in Österreich.

Mit Einkommensteuerbescheid vom wurde dem Bf der Alleinverdienerabsetzbetrag bei zwei Kindern und der Unterhaltsabsetzbetrag für ein Kind grundsätzlich gewährt, jedoch dieser der damaligen Rechtslage entsprechend in indexierter Höhe, das sind 414,12 € bzw. 216,84 €, bei der Abgabenfestsetzung berücksichtigt.

In der dagegen erhobenen Beschwerde vom beantragte der Bf die Anpassung des Alleinverdienerabsetzbetrages und des Unterhaltsabsetzbetrages an jene Höhe, die einem österreichischen Staatsbürger mit einem in Österreich lebenden Kind zusteht.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und auf das Erkenntnis des betreffend dessen Einkommensteuerveranlagung 2019 verwiesen.

Im Vorlageantrag vom bemängelte der Bf die Mangelhaftigkeit der Beschwerdevorentscheidung, verwies auf die Beschwerde sowie den Gleichheitssatz, das Grundrecht des Eigentums und die Grundrechte in der Charta der EU.

Mittels Vorlagebericht vom wurde dem Bundesfinanzgericht (BFG) die Beschwerde zur Entscheidung vorgelegt und die Abweisung beantragt.

Mit Beschluss vom setzte das BFG nach Gewährung von Parteiengehör die Entscheidung über die Beschwerde gemäß § 271 BAO bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Vertragsverletzungsverfahren auf Grund der Klage der Europäischen Kommission vom , Zahl der Kommission 20182372, Zahl des EuGH C-328/20, aus.

Das ausgesetzte Verfahren wurde aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom in der Rechtssache C- 328/20 gemäß § 271 Abs 2 BAO von Amts wegen fortgesetzt und den Parteien mit Beschluss vom Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt.

Strittig ist die Höhe des Alleinverdienerabsetzbetrages bzw. des Unterhaltsabsetzbetrages. Die Erfüllung der grundsätzlichen Voraussetzungen dafür ist hingegen unstrittig.

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf ist tschechischer Staatsbürger, hatte weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich und ging in Österreich einer unselbständigen Beschäftigung nach.

Seine drei Kinder sind ebenso tschechische Staatsbürger und hatten ihren Wohnsitz in Tschechien. Der Bf bezog für zwei Kinder Familienbeihilfe für mindestens sieben Monate und leistete für ein Kind, das nicht haushaltszugehörig war und für das in Österreich keine Familienbeihilfe gewährt wurde, im Ausmaß von 12 Monaten den gesetzlichen Unterhalt.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt und dem Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung sowie den Erhebungen des Bundesfinanzgerichts.

3. Rechtliche Beurteilung (Spruchpunkt I.)

Gemäß § 33 Abs 4 Z 1 EStG 1988 steht Alleinverdienenden ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu, wenn sich das Kind ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält. Dieser beträgt jährlich bei einem Kind 494,00 €, bei zwei Kindern 669,00 €.

Nach § 33 Abs 4 Z 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 € monatlich zu, wenn das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe gewährt wird.

Gemäß § 33 Abs 4 Z 4 EStG 1988 in der Fassung BGBl Nr 83/2018 bestimmte sich abweichend von § 33 Abs 4 Z 1 bis 3 EStG 1988 die Höhe der Absetzbeträge für Kinder, die sich ständig in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhielten, nach § 33 Abs 3a Z 2 EStG 1988.

Gemäß § 33 Abs 3a Z 2 EStG 1988 in der Fassung BGBl Nr 83/2018 war für Kinder, die sich ständig in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhielten, die Höhe des Familienbonus Plus sowie der Absetzbeträge gemäß § 33 Abs 4 EStG 1988 auf Basis der vom Statistischen Amt der Europäischen Union veröffentlichten vergleichenden Preisniveaus für jeden einzelnen Mitgliedstaat der EU, jede Vertragspartei des Europäischen Wirtschaftsraumes und die Schweiz im Verhältnis zu Österreich zu bestimmen. Demnach stünde dem Bf ein indexierter Alleinverdienerabsetzbetrag für zwei Kinder von jährlich 414,12 € und ein indexierter Unterhaltsabsetzbetrag für ein Kind von monatlich 18,07 €, das sind für 12 Monate 216,84 €, zu.

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat mit Urteil vom , Kommission gegen Österreich, betreffend Indexierung der Familienbeihilfe sowie bestimmter familienbezogener Steuerbegünstigungen auf Grund einer Klage der Europäischen Kommission entschieden, dass der Anpassungsmechanismus, nach dem das für die Höhe der Familienleistungen sowie der sozialen und steuerlichen Vergünstigungen maßgebliche Kriterium der Auslandswohnsitz der Kinder ist, Wanderarbeitnehmer stärker als österreichische Staatsbürger betrifft. Er stellte daher eine mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit fest, die nur zulässig ist, wenn sie objektiv gerechtfertigt ist, was jedoch im Falle der Regelung der § 33 Abs 3a Z 2 und Abs 7 Z 2 EStG 1988 nicht der Fall ist.

Der Gesetzgeber reagierte auf dieses Urteil des EuGHs mit dem Bundesgesetz BGBl I Nr 135/2022, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wurde. Demzufolge entfallen § 33 Abs 3a Z 2 und Z 5 EStG 1988, § 33 Abs 4 Z 4 und 5 bzw. in § 33 Abs 7 EStG 1988 die Z 2 sowie die Nummerierung "1." und im letzten Satz die Wortfolge "oder den an seine Stelle tretenden Betrag." .

Gemäß § 124b Z 410 lit a TS 1 EStG 1988 sind § 33 Abs 3a, Abs 4 und Abs 7 EStG 1988 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 135/2022 für Kinder, die sich ständig in zB Tschechien aufhalten, erstmalig anzuwenden, wenn die Einkommensteuer veranlagt oder durch Veranlagung festgesetzt wird, bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2019.

Aufgrund der Rückwirkung dieser Bestimmung und da das BFG nach der geltenden Rechtslage zu entscheiden hat, stehen dem Beschwerdeführer entgegen der bisherigen Ansicht der vorlegenden Behörde ein Alleinverdienerabsetzbetrag in Höhe des in § 33 Abs 4 Z 2 EStG 1988 idF BGBl I Nr 135/2022 festgelegten Betrages von 669,00 € und ein Unterhaltsabsetzbetrag in der gemäß § 33 Abs 4 Z 3 EStG 1988 idF BGBl I Nr 135/2022 festgelegten Höhe von 350,40 € (= 12 x 29,20 €) zu.

Gemäß § 33 Abs 8 EStG 1988 ist bei einer Einkommensteuer unter null insoweit der Alleinverdienerabsetzbetrag zu erstatten. Eine Erstattung des Unterhaltsabsetzbetrages ist nicht vorgesehen.

Es war daher spruchgemäß dem Beschwerdeantrag zu folgen.

4. Unzulässigkeit einer Revision (Spruchpunkt II.)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die rechtliche Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes ergibt sich direkt aus dem Gesetzestext der durch BGBl I Nr 135/2022 geänderten Bestimmungen des EStG 1988.

Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102369.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
RAAAC-31630