Pfändungsbescheide wegen Glücksspielabgabe
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2022/16/0109. Zurückweisung mit Beschluss vom .
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende ***2***, die Richterin ***Ri*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***6*** und ***7*** am in der Beschwerdesache ***3***, vertreten durch ***4***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide (Pfändung einer Geldforderung wegen Glücksspielabgabe 6/2019-10/2019) des ***FA*** vom , ***5***, in Anwesenheit der Schriftführerin ***8*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt und Verfahrensgang
Die ***9*** (Bf) ist eine mit Gesellschaftsvertrag ***10*** gegründete inländische GmbH mit einem Stammkapital von € 35.000 (nicht eingeforderte ausstehende Stammeinlage € 17.500,00).
Mit Einbringungsvertrag vom erfolgte die Einbringung des Teilbetriebes Poker aus der ***11*** Über diese wurde mit Beschluss des Handelsgericht Wien ***12*** der Konkurs eröffnet und die Gesellschaft infolge Konkurses aufgelöst.
Geschäftsführer der ***13*** ist Herr ***14***. Die Gesellschaft wird vom Geschäftsführer, Herrn ***14***, seit selbständig vertreten. Gesellschafter ist die ***15***.
Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***16*** wurde über die ***13*** der Konkurs eröffnet. Die Gesellschaft ist infolge Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst. Masseverwalter ist ***17*** Herr ***18***, im gegenständlichen Verfahren vertreten durch Herrn ***19***.
Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt gegenständliche Beschwerde an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Nach dem unstrittigen Sachverhalt veranstaltete die Beschwerdeführerin (Bf) an 3 inländischen Standorten (***20***) im Zeitraum Juni bis Oktober 2019 Ausspielungen gemäß § 2 Glücksspielgesetz in Form von Pokerturnieren und Poker-Cashgames.
Die Bf veranstaltete diese Ausspielungen indem sie durch Bereitstellen von Spielort, Spieltischen und Spielpersonal, Mischen und Teilen der Karten, Festlegung von Spielregeln, Entscheidung von Zweifelsfällen und Bewerbung der Möglichkeit zum Spiel, einem bestimmten oder unbestimmten Interessentenkreis eine (in Anspruch genommene) Spielgelegenheit verschaffte. Die Bf selbst beteiligte sich weder an diesen Spielen, noch trat sie als Bankhalter auf. Sie verfügt über eine Gewerbeberechtigung vom zur Veranstaltung und Organisation des Kartenspieles "Poker" und anderer erlaubter Kartenspiele, bei denen der Spielerfolg nicht ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängig ist, ohne Bankhalter.
Die Bf legte monatliche Abrechnungen über die Glücksspielabgabe und gleichzeitig Anträge auf Festsetzung gemäß § 201 BAO. In den Anmeldungen wurde auch Glücksspielabgabe für Glücksspiele mit Glücksspielautomaten angemeldet. In den Anmeldungen wurden für die Pokerspiele nur die Bemessungsgrundlagen bekanntgegeben. Für die Turniere wurde der in Aussicht gestellte Gewinn als Bemessungsgrundlage genannt. Mangels vorhandener Aufzeichnungen wurde die Bemessungsgrundlage für die Cashgames ausgehend vom vereinnahmten Tischgeld geschätzt und der geschätzte Betrag bekanntgegeben. Die Glücksspielabgabe selbst wurde jedoch mit Euro 0,-- angemeldet.
Aus den bekanntgegebenen möglichen Bemessungsgrundlagen ergab sich eine voraussichtliche Glücksspielabgabe für Juni bis Oktober 2019 mit gesamt 8.871.126,75 Euro.
Laut handelsrechtlicher Bilanz für das Jahr 2018 betrug das Eigenkapital der Bf.
-94.846.084,74 Euro.
Da der o.a. Abgabenbetrag das vorhandene Vermögen und Einkommen der Beschwerdeführerin bei weitem überstieg (Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Jahre 2012 bis 2018 -94.846.084,74 Euro, sowie ein handelsrechtlich negatives Eigenkapital zum in Höhe v. -100.066.773,04 Euro), war die Einbringung gefährdet.
Mit Bescheid - Sicherstellungsauftrag gem. § 232 BAO vom - wurde die Sicherstellung der Abgabenansprüche von insgesamt 8.871.126,75 Euro für den Zeitraum Juni bis Oktober 2019 angeordnet.
Zusätzlich zu vorgenommenen Pfändungen am wurden aufgrund des Sicherstellungsauftrags vom die zwei Bescheide Pfändung einer Geldforderung vom mit Rückschein versendet und am hinterlegt.
Mit Schreiben vom wurde Beschwerde gegen den Sicherstellungsauftrag und ein Antrag gem. § 18 Z 1 AbgEO eingebracht. Mit Bescheid vom wurde der Antrag gem. § 18 Z 1 AbgEO abgewiesen.
Mit Schreiben vom wurde Beschwerde gegen die beiden Bescheide betreffend Pfändungen einer Geldforderung erhoben und das Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung und die direkte Vorlage an das BFG beantragt.
***22*** wurde beim HG ***21*** das Konkursverfahren eröffnet.
Als Beweismittel nannte das Finanzamt die vorgelegten Aktendokumente sowie das Bezugsverfahren.
Die Bf. hat mit Schriftsatz vom Beschwerde eingbracht und ausgeführt:
"…Mit den Bescheiden vom , adressiert an die ***23*** und ***24***, verfügte die belangte Behörde - aufgrund der vermeintlichen Abgabenansprüche in Höhe von insgesamt EUR 8.871.126,75 - die Pfändung von Forderungen der Beschwerdeführerin gegen die ***23*** bzw. gegen die ***24***. Aufgrund dieser Bescheide ist es der ***23*** bzw. ***24*** nicht mehr gestattet, diese Verbindlichkeit gegenüber der Beschwerdeführerin zu begleichen.
Gegen die Bescheide über die Pfändung einer Geldforderung vom ("bekämpfte Bescheide" oder "angefochtene Bescheide") richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Beschwerdeführerin steht als Abgabenschuldnerin das Recht zu, gegen den an den Drittschuldner ergangenen Pfändungsbescheid ungeachtet der Rechtsmittelbeschränkung in § 77 Abs 1 Z 1 AbgEO ein Rechtsmittel zu erheben (; , 84/13/0071). Lediglich gegen einen an die Beschwerdeführerin gerichteten Bescheid betreffend ein Verfügungsverbot wäre ein Rechtsmittel gemäß § 77 Abs 1 Z 1 AbgEO unzulässig.
Somit ist die Beschwerdeführerin zur Einbringung des vorliegenden Rechtsmittels legitimiert."
Die Bf. bringt vor, die Rechtswidrigkeit der bekämpften Bescheide ergebe sich aus dem Umstand, dass durch die Pfändung versucht werde, das Gewerbe der Beschwerdeführerin zum Erliegen zu bringen, obwohl noch kein einziges - die Glücksspielabgabenpflicht der Beschwerdeführerin bestätigendes - BFG-Erkenntnis (und schon gar keine höchstgerichtliches Erkenntnis) ergangen sei und der Sicherstellungsauftrag gemäß § 232 BAO zu Unrecht erlassen worden sei.
Die Bf. wendet folgende Beschwerdepunkte ein:
Verstoß gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht und nationales Verfassungsrecht (3.2)
Mangelnde Rechtsmittelmöglichkeit gegen die Glücksspielabgaben 6/2019-10/2019 (3.2.1.)
Obwohl die Beschwerdeführerin für den (vom Sicherstellungsauftrag umfassten) Zeitraum 6/2019-10/2019 fristgerecht monatlich Anträge auf Festsetzung der Glücksspielabgaben nach § 201 BAO eingebracht habe, habe die belangte Behörde bis heute über keinen einzigen dieser Anträge entschieden.
Es gebe somit keinen Abgabenbescheid, der mit einer Beschwerde nach § 243 BAO bekämpft werden könne. Aus diesem Grund könne auch kein Antrag auf Aussetzung der Einhebung der Abgaben nach § 212a BAO gestellt werden. Somit sei für die Beschwerdeführerin unklar, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe ihr Angebot der Glücksspielabgabe unterliege. Ihr bleibe es auch verwehrt, einen etwaigen Bescheid über die Festsetzung der Abgabe von einem Gericht / Höchstgericht überprüfen zu lassen.
VwGH-Rechtsprechung zur Glücksspielabgabe (3.2.2.)
Selbst in den wenigen Erledigungen des VwGH, in denen er sich mit den gerügten Verstößen gegen die Dienstleistungsfreiheit und das Beihilfenverbot auseinandergesetzt habe, erfolge keine abschließende Würdigung der unionsrechtlichen Bedenken. Bemerkt werde an dieser Stelle, dass die Beschwerdeführerin in keinem der genannten VwGH-Verfahren revisionswerbende Partei gewesen sei.
Kein effektiver Rechtsschutz gegen Vollstreckungshandlungen (3.2.3.)
Die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages setze zwingend die Erfüllung eines Abgabentatbestandes voraus. Da die Beschwerdeführerin keinen Abgabentatbestand erfüllt habe und zudem aus den oben dargestellten Gründen nicht zur Entrichtung der exzessiven Abgabe verpflichtet werden dürfe, habe sie ein umfassend begründetes Rechtsmittel gegen den Sicherstellungsauftrag eingebracht und mit einem Antrag auf Aufschiebung der Vollstreckung gemäß § 18 AbgEO verbunden.
Vollstreckungshandlungen seien jedoch gemäß § 78 Abs 1 AbgEO bereits vor Rechtskraft des Sicherstellungsauftrages zulässig. Das Rechtsmittel gegen den Sicherstellungsauftrag hemme gemäß § 254 BAO dessen Wirksamkeit nicht. Es könne auch nicht - wie ein Rechtsmittel gegen einen Abgabenbescheid - mit einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO verbunden werden, dem schon von Gesetzes wegen einbringungshemmende Wirkung zukomme (§ 230 Abs 6 BAO). Der Antrag auf Aufschiebung der Vollstreckung gemäß § 18 AbgEO selbst bewirke nicht, dass bis zur Entscheidung über den Antrag keine Vollstreckungshandlungen gesetzt werden dürften. Dies habe zur Folge, dass keine einfachgesetzliche Rechtsnorm weiteren Vollstreckungshandlungen entgegenstehe, denn solange der Sicherstellungsauftrag (Exekutionstitel) aufrecht bleibe und Aufschiebung der Vollstreckung nicht gewährt werde, dürfe weiterhin Exekution geführt werden. Aus diesem Grund habe die belangte Behörde auch die Bescheide über die Forderungspfändung erlassen.
Verletzung von unmittelbar anwendbarem Unionsrecht (3.2.4.)
a) Verstoß der Glücksspielabgabe für gewerbliche Pokersalons gegen die Dienstleistungsfreiheit nach Art 56 AEUV und das Beihilfenverbot nach Art 107 AEUV
b) Verletzung des Wirksamkeitsgebots (Art 4 Abs 3 EUV) und des Rechts auf einenwirksamen Rechtsbehelf (Art 47 GRC)
Verletzung von nationalem Verfassungsrecht (3.2.5.)
Das Vorgehen der belangten Behörde verletze außerdem innerstaatliche Grundrechte. Durch die Vorgehensweise, dass Abgaben, deren Bestand nicht geklärt sei, auf eine Weise sichergestellt würden, dass der Betrieb des Unternehmens gefährdet werde, werde die Beschwerdeführerin in den Grundrechten auf Freiheit der Erwerbsausübung (Art 6 StGG), Eigentum (Art 5 StGG, Art 1 des erstenZusatzprotokolls zur EMRK) sowie im Recht auf den gesetzlichen Richter (Art 83 Abs 2 B-VG) verletzt.
Schließlich regt die Bf an, dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
"Sind die Bestimmungen über die Dienstleistungs- und die Niederlassungsfreiheit dahingehend auszulegen, dass ein Mitgliedstaat zur Ausschreibung von Konzessionen für Spielbanken oder ähnliche Glücksspielangebote dann verpflichtet ist, wenn durch die Nichtvornahme einer Ausschreibung ein unionsrechtswidriger Zustand hergestellt, prolongiert oder einzementiert würde oder wenn dadurch eine Schlechterstellung potenzieller neuer Marktteilnehmer gegenüber einem bestehenden Anbieter bewirkt würde?
Darf der Umstand, dass ein Betreiber einer Spielbank oder ähnlicher Glücksspielangebote keine Konzession besitzt, zum Anlass für die Verhängung einer (verwaltungs)strafrechtlichen Sanktion gegen ihn genommen werden, wenn ihm zuvor in unionsrechtswidriger Weise ein ihm zugängliches Verfahren der Konzessionsvergabe vorenthalten worden ist?"
Die Beschwerdeführerin stellt daher die Anträge, auf Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung und direkte Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht, sowie auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs 1 Z 1 BAO, auf Entscheidung im Senat gemäß § 272 Abs 2 Z 1 BAO, sowie der Beschwerde stattzugeben und die angefochtenen Bescheide über die Pfändung von Geldforderungen der Bf gegen die ***23*** und ***24*** ersatzlos zu beheben sowie Rückstellung der sichergestellten Gelder.
Das Finanzamt hat folgende Stellungnahme abgegeben:
"Da zum Zeitpunkt der Pfändung der Geldforderungen mit Bescheiden vom ein aufgrund des Sicherstellungsauftrags gem. § 232 BAO vom sicherzustellender Abgabenanspruch in Höhe von 8.871.126,75 Euro bestand, wurden die Bescheide über die Pfändung einer Geldforderung gem. § 65 AbgEO iVm § 78 AbgEO zu Recht erlassen. Dass über den Sicherstellungsauftrag ein Rechtsmittel anhängig ist, ändert nichts an der Rechtmäßigkeit der Forderungspfändungen. Die Rechtskraft des Sicherstellungsauftrags ist nicht Voraussetzung für die Pfändung.
Es ist mit dem Normzweck des Sicherungsverfahrens [...] auch unvereinbar, wenn für die Vornahme der Pfändung von Vermögenswerten des Abgabenschuldners die Rechtskraft des Sicherstellungsauftrages abgewartet werden müsste. § 78 Abs. 1 AbgEO sieht deshalb ausdrücklich vor, dass aufgrund eines Sicherstellungsauftrages Vollstreckungshandlungen zur Sicherung von Abgaben schon vor Eintritt der Rechtskraft oder vor Ablauf der für die Leistung bestimmten Frist angeordnet werden können. Dies findet nicht nur im Wortlaut des § 78 Abs. 1 AbgEO Deckung, sondern wäre ansonsten auch der beschriebene Normzweck vereitelt, da im Falle des Abwartenmüssens der Rechtskraft des Abgabenbescheides und/oder des Sicherstellungsauftrages wertvolle Zeit zur Sicherung des Pfandranges verloren ginge.
Soweit die Beschwerde vorbringt, eine Abgabepflicht bestünde für sie nicht, können solche Einwendungen die Rechtswidrigkeit der Pfändung nicht begründen. Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit des Sicherstellungsauftrages können im Zuge des Vollstreckungsverfahrens nicht geltend gemacht werden (). Soweit in der Beschwerde eine Aufschiebung der Exekution gem. § 18 AbgEO angesprochen wird, wird auf die Abweisung des Antrags mit Bescheid vom (siehe Aktdokumente) verwiesen.
Hinsichtlich der Abgabepflichtigen sind mehrere Verfahren über die Festsetzung von Glücksspielabgaben anhängig, zum Teil auch entschieden (als ein Beispiel nur zuletzt vorgelegt RV/7101479/2020). Darüber hinaus ist der Großteil der Rechtsprechung zu Konzerngesellschaften ergangen (siehe die Stellungnahme im Bezugsverfahren).
Auch zur Abweisung von Anträgen auf Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO im Hinblick auf die mangelnde Aussicht auf Erfolg der Beschwerden liegt für Poker und insbes. die Bf. Rechtsprechung vor (RV/7104517/2017), in der zB die umfangreich vorliegende Rechtsprechung der Gerichte (Zivilgerichte, LVwG, UFS, BFG, VwGH und VfGH, sowie des EUGH) zur Rechtmäßigkeit der sicherzustellenden Glücksspielabgaben besprochen wird. Dass die Abgabepflichtige daher keine Möglichkeit und keinen Rechtsschutz hätte, ihren Standpunkt zur Durchsetzung nationalen und Europarechts auf dem Rechtsweg vorzubringen, kann nicht gesehen werden.
Schließlich stehen auch gegen den Pfändungsbescheid selbst Rechtsmittel zu und auch wenn für die Pfändung die Entscheidung über einen Antrag gem. § 18 AbEO nicht abgewartet werden muss, ist auch bei einem Antrag gem. § 18 AbgEO zu beurteilen, ob nach der Rechtslage den gegen den Sicherstellungsauftrag erhobenen Einwendungen überhaupt Berechtigung zukommen kann. Ob die Bestimmung des § 18 AbgEO als Ermessensbestimmung gedeutet wird oder nicht, ist [...] nicht entscheidend. Die Aufschiebung der Exekution (bzw. im begründeten Einzelfall auch die Einstellung der Exekution) darf nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung nur dann bewilligt werden, wenn die Aktion des Aufschiebungswerbers, die den Aufschiebungsgrund bildet, nicht "aussichtslos" ist und, das mit dem Rechtsmittel gegen den Sicherstellungsauftrag "begründet" dessen Aufhebung beantragt wird.
Es wäre daher grundsätzlich in einem dem "Begleitverfahren" des § 212a Abs. 2 lit. a BAO ähnlichen "Zwischenverfahren" zu prüfen, wie "erfolgversprechend" die Anfechtung des Exekutionstitels (Sicherstellungsauftrages) ist (RV/7102293/2017). Hier ist auf die nach der gesamten bestehenden Rechtsprechung mangelnde Aussicht der erhobenen Einwände gegen den Sicherstellungsauftrag (vergleichbar § 212a BAO unter Hinweis auf RV/7104517/2017) zu verweisen.
Eines effektiven Rechtsschutzes mangelt es daher keineswegs, auch angesichts der Tatsache, dass es sich beim Sicherstellungsauftrag um eine vorläufige Maßnahme handelt, die im Sicherstellungsverfahren zu keiner exekutiven Verwertung der gepfändeten Forderungen führt und im Fall einer erfolgreichen Anfechtung des Sicherstellungsauftrags auch die Pfändung hinfällig wäre. Dabei ist angesichts des ausdrücklichen Sicherungsinteresses im Exekutionsverfahren allgemein auch nicht nur das Effektivitätsprinzip aus Sicht des Schuldners zu berücksichtigen, sondern auch aus Sicht des Gläubigers.
Festzuhalten ist, dass keineswegs durch die Pfändung versucht wird, das Gewerbe der Beschwerdeführerin zum Erliegen zu bringen, sondern damit dem Sicherungsinteresse an der Abgabenentrichtung Rechnung zu tragen war, da die Bf. es unterlassen hat, die gesetzlich vorgesehenen Abgaben zu entrichten. Vielmehr läge es an der Bf. den Betrieb so einzurichten, dass die gesetzmäßig anfallenden Abgaben auch entrichtet werden können und für die Entrichtung Vorsorge getroffen wird. Die Glücksspielabgabe führt nicht zu einem unzulässigen Eingriff in verfassungsrechtlich verbürgte Rechtspositionen. Zu verweisen ist auch auf den Umstand, dass ein Konkursantrag schon im Raum stand (siehe auch in der Stellungnahme zumBezugsverfahren). Im Übrigen ist zur Rechtmäßigkeit der Steuerschuld in Bezug auf die sicherzustellenden Abgaben zur Vermeidung von weitwendigen Wiederholungen auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Stellungnahme im Bezugsverfahren zum Sicherstellungsauftrag zu verweisen.
Die vorgebrachten Einwendungen im Hinblick auf Verstöße gegen Europarecht sowie Verfassungsrecht sind nach Ansicht des FA unzutreffend und in der Sache insgesamt bereits durch die Höchstgerichte ausreichend, wenn auch nicht im Sinne der Bf. judiziert (zuletzt Ro 2018/16/0028 vom , Ro 2015/16/0024 vom sowie VwGH Ra 2018/17/0150 und Ro 2018/17/0007 vom ).
Zu den angefochtenen Pfändungen sowie Nichtaufschub der Vollstreckung wird im Hinblick auf die Rechtsprechung des BFG (vergleichbar RV/7102910/2014 vom , RV/7102140/2017 vom , RV/7103930/2016 vom , RV/7103929/2016 vom , RV/7102293/2017 vom , RV/7101211/2017 vom ) die Beschwerde daher mit dem Antrag auf Abweisung vorgelegt."
Mit Vorhalt vom teilte die Berichterstatterin den Parteien zur Vorbereitung auf die von der Bf. beantragte mündliche Verhandlung vor dem Senat mit, wie sich die Sach- und Rechtslage -vorbehaltlich der Entscheidung durch den Senat - darstellte.
Am langte hiezu eine Stellungnahme ein. Herr ***25*** hat in seiner Funktion als Insolvenzverwalter in der Insolvenz der ***13*** bekannt gegeben, dass er Herrn ***26***, mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung in dieser Rechtssache beauftragt und bevollmächtigt habe.
Vorgebracht wurde, es sei richtig, dass die belangte Behörde mit zwei Bescheiden vom zur ***5*** die Pfändung der aus dem Sicherstellungsauftrag vom hinsichtlich Glücksspielabgabe 6/2019 - 10/2019 ersichtliche Geldforderung in Höhe von EUR 8.871.126,75 von Forderungen der Bf gegen die ***23*** bzw. gegen die ***24*** angeordnet habe, sodass es den beiden Banken nicht mehr gestattet sei, diese Verbindlichkeiten gegenüber der Bf zu begleichen und somit in das Vermögen der Beschwerdeführerin eingegriffen habe.
Die Pfändung eine Geldforderung nach § 78 Abs 1 AbgEO setze einen nach den Grundsätzen des § 232 BAO erlassenen Sicherstellungsauftrag voraus, der somit Titel für das finanzbehördliche Sicherungsverfahren sei. Allerdings bestehe die dieser Pfändung zugrundeliegende Abgabenforderung nicht zu Recht, sodass schon der dieser zugrunde liegende Sicherstellungsauftrag vom nicht zu Recht bestehe, da die Voraussetzungen zur Erlassung eines Sicherstellungsauftrages und der darauf basierenden Vollzugsanordnung weder im Zeitpunkt der Bescheiderlassung, noch zu einem anderen Zeitpunkt gegeben gewesen seien.
Insbesondere sei kein Tatbestand verwirklicht, an den eine Abgabenpflicht nach § 57 Abs 1 GSpG geknüpft sei. Es gebe keine gewichtigen Anhaltspunkte für die Entstehung des Abgabenanspruches und dessen Höhe. Es bestehe daher auch kein Grund, dem Abgabengläubiger bereits in einem Zeitpunkt, in dem sein Anspruch zwar dem Grunde nach feststehe, aber noch nicht realisierbar sei, wegen drohender Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung von Abgabenschuldigkeiten ein Pfandrecht zu verschaffen, weil der Abgabenanspruch schon dem Grunde nach nicht entstanden sei, daher auch nicht wegen drohender Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung mittels Pfandrechtes abzusichern sei.
Im Falle der erfolgreichen Anfechtung des Sicherstellungsauftrages sei auch die Pfändung hinfällig, sodass hier als Vorfrage die Gültigkeit des Sicherstellungsauftrages vom zu prüfen sei.
Die vom Bundesfinanzgericht mitgeteilte Absicht, sich in rechtlicher Hinsicht der Stellungnahme des Finanzamtes anzuschließen, sei aus nachfolgenden Gründen unzulässig.
Es sei dabei insbesondere auch zu beachten, dass das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen habe, dass das GSpG hinsichtlich dessen Anwendung auf Pokerbetriebe unionsrechtswidrig sei und daher Art 56 AEUV der Anwendung des GSpG auf Betriebe, die Poker auf gewerberechtlicher Grundlage anbieten, entgegenstehe und infolge Anwendungsvorrangs des Unionsrechts vor dem nationalen Recht auf diese Betriebe nicht angewendet werden dürfe und darüber hinaus auch noch verpflichtet sei, von sich aus einstweilige Vorkehrungen zu treffen um Schäden, die durch die Anwendung des GSpG dem Unternehmen durch Anwendung des Sanktionen- und Abgabensystems entstünden, zu verhindern. Zu diesen Abgaben zähle die Glückspielabgabe und alle Maßnahmen zur Sicherung der Einbringung dieser Abgaben.
Hierzu verweist die Bf auf das Vorabentscheidungsersuchen des BFG an den EuGH zur Rs C-574/20, insbesondere auf die dort gestellte Frage Nr 14 ( GZ RE/7 100004/2020), ob die Verpflichtung des Vorlagegerichts, die Anwendung gültigen Unionsrechts durch Erlass einer mit Beschluss getroffenen vorläufigen Anordnung zu gewährleisten, mit dem aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts die Revision nicht zugelassen wurde, dahingehend auszulegen sei, dass es mitgliedstaatlichen Normen wie Art. 133 Abs. 4 und 9 B-VG in Verbindung mit § 25a Abs. 1 bis 3 VwGG, § 30a Abs. 7 VwGG, die den Parteien des zu Grunde liegenden Verwaltungsverfahrens gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts innerstaatlich die Rechtsschutzkontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof in Form der außerordentlichen Revision einräumt, entgegenstehe.
Das bedeute, dass das Bundesfinanzgericht von sich aus unter Anwendungsvorranges des Unionsrechtes und somit unter Außerachtlassung allfälliger diesem entgegenstehender nationaler Rechtsvorschriften, allein auf Grundlage des Unionsrechtes (analog Art 160 VerfO -EuGH iVm Art 279 AEUV iVm § 20a VfGG) den angefochtenen Pfändungsbescheid aufzuheben habe, wie auch das BFG in gleicher Weise bei der Indexierung der Familienbeihilfe die Gesetzesnovelle zur Indexierung nicht angewendet habe.
Weiters wurden folgende Rechtsfragen vorgebracht, wonach zu klären sei:
Punkt A.) verweist auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , GZ W131 2247950-1/19E und führt dazu aus, dass das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen habe, dass Art 56 AEUV der Anwendung des GSpG auf Pokerbetriebe infolge Unterlassens der Ausschreibung für Konzessionen zum Betrieb eines Pokersalons dem aufgehobenen § 22 GSpG entgegenstehe und somit unionsrechtswidrig sei (Punkt 3.10. dritter Absatz).
Das Bundesverwaltungsgericht habe darüber die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a VwGG iVm Art 133 Abs 4 B-VG zugelassen, weil einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs und des EuGH hinsichtlich eines Eingriffes in die Freiheit des Dienstleistungsverkehrs nach Art, 56 AEUV durch die Unterlassung einer Ausschreibung einer Poker - Konzessionsvergabe nicht ersichtlich sei.
Nach diesem Erkenntnis komme es nicht auf die Zielsetzungen des GSpG an, weil Art 56 AEUV der Anwendung des GSpG auf Unternehmen, die ausschließlich Poker auf gewerberechtlicher Grundlage anbieten würden, schon deshalb entgegenstehe, weil Pokerkonzessionen ohne internationale Ausschreibung an die Casinos Austria AG als einzige Konzessionärin vergeben worden seien und infolge des Anwendungsvorranges des Unionsrechtes die Vorschriften des GSpG auf gewerbliche Poker-Betriebe daher nicht angewendet werden dürften. Daher seien auch alle darauf gerichteten Einbringungsmaßnahmen wie der hier gegenständliche Sicherstellungsauftrag unzulässig, weil diese Abgabe schon dem Grund nach nicht entstehen könne.
Nach einer ausführlichen Darstellung des Konzessionssystems zog die Bf. in Punkt A.9 folgende Schlussfolgerung:
"Art 56 AEUV steht daher der Anwendung jener nationalen Bestimmungen des GSpG entgegen, welche Poker unter das Regime des GSpG stellen und die Veranstaltung und Durchführung von Pokerspielen auf Grundlage einer Gewerbeberechtigung erschweren oder gar unmöglich machen (Sanktionensystem des GSpG, Glücksspielabgabe). Sie sind daher infolge Anwendungsvorrangs des Unionsrechts auf Pokerbetriebe nicht anzuwenden."
In Punkt B.) führt die Bf. weitere Gründe für die Nichtanwendbarkeit des GSpG an, nämlich fehlende Unternehmereigenschaft der gewerblichen Pokerbetriebe, keine Ausspielung, Erdrosselungsfunktion und Unionsrechtswidrigkeit der Glücksspielabgabe. Weitere Rechtsfragen seien demnach:
Die Frage nach der Unternehmereigenschaft der Bf, die nach dem GSpG nicht gegeben sei, von der belangten Behörde jedoch angenommen werde, ohne dass sie dieses Tatbestandselement geprüft habe.
Die Frage nach der Unionsrechtswidrigkeit der Glücksspielabgabe nach § 57 GSpG, die getrennt von der Frage der Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols zu prüfen sei. Die Prüfung wäre zum Ergebnis gelangt, dass Art 56 AEUV der Anwendung der Vorschriften des § 57 GSpG entgegenstehe. Bislang sei diese Auslegungsfrage des Art 56 AEUV nicht Gegenstand eines Vorabentscheidungsersuchens an den EuGH gewesen. Nach der zuletzt ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ( Zl. Ra 2020/17/0105 sei das Verwaltungsgericht verpflichtet, die anzuwendenden Bestimmungen des GspG 1989 hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht von Amts wegen zu beurteilen (vgl. auch ; ).
Die Frage der Unionsrechtswidrigkeit des GSp-Monopols, die dahingehend zu beantworten sei, dass Art 56 AEUV der Anwendung der Bestimmungen des § 3 GSpG und aller dieses Monopol stützenden Bestimmungen wie das Verwaltungsstrafen- und Abgabensystem des GSpG entgegenstehe.
Dazu regte die Bf. die Einholung einer Vorabentscheidung gemäß Art 267 AEUV mit folgendem Inhalt an:
"Ist Art 56 AEUV dahingehend auszulegen, dass er der Anwendung einer Rechtsvorschrift des nationalen Rechts wie jener der Bestimmung des § 57 Abs 1 GSpG entgegensteht, wonach Ausspielungen, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt, einer Glücksspielabgabe von 16 vH vom Einsatz unterliegen, wenn der Veranstalter der Ausspielungen als Schuldner dieser Abgabe auf Grund nationaler Rechtsvorschriften nicht befugt ist, diese Einsätze zu vereinnahmen, daraus seine Aufwendungen für die Veranstaltung der Ausspielungen zu bestreiten, Spielgewinne auszuzahlen und den verbleibenden Betrag als Unternehmensertrag zu lukrieren, daher zu keinem Zeitpunkt Gewahrsame an diesen Einsätzen erlangen kann, sohin die Abgabe ausschließlich an unternehmensfremden Umsätzen bemessen wird, nämlich Einsätzen, die von Spielern ausschließlich untereinander bei Glücksspielen getätigt werden, an denen der Unternehmer nicht teilnimmt, wobei dem Veranstalter lediglich ein Entgelt für die Überlassung der Spieleinrichtungen von den Spielern bezahlt wird, dessen Höhe unabhängig von den Spieleinsätzen und Spielgewinnen ist und die Summe der Entgelte für die Überlassung der Spieleinrichtungen, welche nach den nationalen Rechtsvorschriften die einzige Einnahmequelle des Veranstalters darstellt, im Verhältnis zu der abzuführenden Abgabe ein Vielfaches der Summe dieser Entgelte im gleichen Zeitraum beträgt?"
Die Beantwortung dieser Frage sei für das gegenständliche Verfahren entscheidungsrelevant, da infolge Unionsrechtswidrigkeit der Glücksspielabgabe eine solche dem Grunde nach nicht entstehen und deren Einbringlichkeit auch nicht sichergestellt werden könne.
Nach dem , Consorzio Italien Management, ECLI:EU:C:2021 :799 sei im Falle der Unterlassung der Stellung eines Vorabentscheidungsersuchens diese Unterlassung zu begründen. Die Begründung sei auch schon deshalb unabdingbar, da nach dem angefochtenen Bescheid der sicherzustellende Betrag der angeblich dem Grunde nach bereits entstandenen Glücksspielabgabe ein Mehrfaches der Einnahmen der Abgabenschuldnerin im identen Abgabenzeitraum betrage.
Das Finanzamt habe im Sicherstellungsauftrag Seite 3 letzter Absatz selbst dargelegt, dass der zu erwartende Abgabenbetrag die Höhe des vorhandenen Vermögens und Einkommens der Bf bei weitem übersteige.
Diese Abgabe betrage mehr als das Dreifache der Bruttoeinnahmen aus der Ausspielung ohne jeglichen Abzug und besitze daher zweifelsfrei Erdrosselungsfunktion, deren Umsetzung unabhängig von einer Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols nach § 3 GSpG der Grundfreiheit des freien Dienstleistungsverkehrs nach Art 56 AEUV entgegenstehe.
Die im Vorhalt des BFG bzw. in der Stellungnahme der belangten Behörde enthaltenen Ausführungen zur Rechtslage seien unzutreffend und lasse die aktuelle und alle Behörden und Gerichte in Österreich bindende Judikatur des EuGH zu RS C-920/19 und RS C- 231/20 unberücksichtigt. Auch bei der Glücksspielabgabe sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Höhe der Abgaben im Verhältnis zu jenen Einnahmen zu beachten, auf welche diese Abgaben erhoben würden. Es sei offenkundig, dass Abgaben von Einnahmen erhoben würden, die nicht vereinnahmt würden und daher keinesfalls im Verhältnis dazu stehen könnten, die Abgabe sei daher jedenfalls mit "Null EUR" anzusetzen.
Im Übrigen sei die Verhältnismäßigkeit erst nach der Kohärenz zu prüfen. Für die Kohärenzkriterien und Verhältnismäßigkeit sei ausschließlich das FA beweispflichtig. Aber schon bei der Verhältnismäßigkeit scheitere die Argumentation der belangten Behörde und des BFG, weil sie dieses Tatbestandselement nicht einmal erwähne.
Weiters gebe es ausschließlich für Spielautomaten Gutachten, für Poker hingegen kein einziges.
Zum Spielerschutz führt die Bf. aus, der Spieler sei vor den Konzessionären zu schützen, die seine Spieleinsätze vereinnahmten, nicht jedoch vor anderen Spielern. Schließlich seien alle zitierten Argumente des FA auf das GSp-Monopol ausgerichtet, nicht aber auf die Unionsrechtswidrigkeit der Abgabe selbst, obwohl das FA selbst darlege, das GSp-Monopol habe mit der Abgabe nichts zu tun.
Nach den Ausführungen der belangten Behörde komme als Veranstalter derjenige in Betracht, der das Spiel auf seine Rechnung und Gefahr ermögliche, also das Risiko des Gewinns und Verlustes in seiner Vermögenssphäre trage. Er trage aber nicht das Risiko für Gewinn und Verlust der Spieler (vgl Unternehmerbegriff nach dem UStG für Risiko aus LuL), wie es die Spielbank nach dem GSpG trage. Auch hier gehe es um das Risiko, Entgelte für die Überlassung der Spieleinrichtungen zu erhalten. Das habe mit Spieleinsätzen nichts zu tun. Daran schließe sich wieder die Frage nach der Verhältnismäßigkeit zum Risiko, keine Tischgelder zu erhalten an.
Anschließend enthält die Stellungnahme noch Ausführungen zu folgenden Themen:
B.4.) Kein Abgabenanspruch nach § 57 Abs 1 GSpG mangels Unternehmereigenschaft nach § 2 Abs. 2 GSpG
B.5.) Keine Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen
B.6.) Unternehmereigenschaft richtet sich nach der Judikatur des EuGH und VwGH nach dem UStG 1994
B.7.) Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols besteht unabhängig von der Unionsrechtswidrigkeit der Glücksspielabgabe - Unionsrechtsbezug
Dazu verweist die Bf. auf die Entscheidung des EuGH zu RS C-231/20, wonach die von der Behörde ins Treffen geführten Argumente der Unionsrechtskonformität nicht greifen würden.
Zum Unionsrechtsbezug der Tätigkeit der Bf. führt die Stellungnahme ua aus wie folgt:
"Da nachweislich und amtsbekannt ein guter Teil der Kundinnen und Kunden der Pokerspielsalons der Bf. Staatsangehörige anderer EU-Mitgliedstaaten sind, welche durch die Inanspruchnahme der Leistungen von ihrer - unionsrechtlich geschützten - passiven Dienstleistungsfreiheit Gebrauch machen, erfüllt das Angebot der Pokerspielsalons der Bf. das Kriterium des zwischenstaatlichen Sachverhalts."
B.8.) , fluctus und fluentum, (Vorabentscheidungsersuchen LVwG Steiermark - LPD Steiermark) ECLI:EU:C:ZOZI:39S); Beilage./4
B.8.1.) Vorrang des Unionsrechts vor dem nationalen Recht
B.8.2.) Nichtanwendbarkeit der ständigen Judikatur der österreichischen Höchstgerichte
B.8.3.) Dynamischer Prüfungsansatz
B.9.) , MT/LPD Steiermark, ECLI:EU:C:2021:84S zum Vorabentscheidungsersuchen des Zl Ra 2020/17/0013 zum im angefochtenen Straferkenntnis angewendeten dritten Strafsatz des § 52 Abs 2 GSpG (Beilage ./5)
B.9.1.) Verhältnismäßigkeit der Glücksspielabgabe
B.9.2.) Daraus ergebe sich, dass die Glücksspielabgabe nach § 57 GSpG, die sich im hier gegenständlichen Beschwerdefall ausschließlich an der Summe der nicht dem Unternehmer zufließenden Spieleinsätze ohne jegliche Abzüge für Gewinn und sonstige Aufwendungen (wie bei der Spielbankabgabe oder Konzessionsabgabe) bemesse, schon deshalb und unabhängig von einer allfälligen Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols unionsrechtswidrig sei, weil sie sich nicht an den Einnahmen des Unternehmens aus der verbotenen Ausspielung, sondern an unternehmensfremden Umsätzen orientiere.
Die Glücksspielabgabe sei daher für sich allein auch ohne Bezug zum Glückspielmonopol als Erdrosselungsabgabe unionsrechtswidrig und auf Grund der daraus resultierenden Inländerdiskriminierung gleichheitswidrig nach Art 7 B-VG und Art 2 GRC. Sie verfolgten den identen Zweck der Verwaltungsstrafen und ihrer Begleitmaßnahmen, nämlich den Schutz der Berechtigten nach dem GSpG und die Vernichtung aller Konkurrenten in der Glücksspielbranche.
B.9.3.) Zum Vergleich dazu und zur Veranschaulichung der Dimensionen, um die es hier gehe, verweist die Bf. auf die veröffentlichte Konzern-Gewinn- und -Verlustrechnung für das Geschäftsjahr 2020 der Casinos Austria Gruppe, wonach die Bruttospielerträge inklusive Nebenerlöse EUR 1,134.240.000,00 (1,13 Milliarden EUR!) betragen hätten, wovon an Glücksspielabgaben und sonstigen Steuern EUR 566.257,000,00 an den Bund abzuliefern gewesen wären.
B.9.4.) Da die BF keinerlei Spieleinsätze vereinnahme, bestehe auch keine Pflicht gemäß §§ 124f BAO zur Führung von Büchern und Aufzeichnungen über solche Einnahmen. Dementsprechend bestünden auch keine Pflichten nach den Bestimmungen der §§ 115, 119, 131, 131a, 131b (Registrierkasse für Bareinnahmen aus Spieleinsätzen) und § 163 BAO, die verletzt werden könnten. Solche Einnahmen aus Spieleinsätzen könnten daher nicht einmal dem Grunde nach (§ 4 BAO) entstehen. Das sei amtsbekannt und entfalle daher gemäß § 183 Abs. 3 BAO iVm § 167 Abs. 1 BAO darüber die Beweisaufnahme. Dieser Sachverhalt sei festzustellen.
Dementsprechend könnten die Abgabenschuldner gemäß § 59 Abs. 3 GSpG auch nicht bis zum 20. des dem Entstehen der Abgabenschuld folgenden Kalendermonats eine Abrechnung über die abzuführenden Beträge im elektronischen Weg oder mittels amtlichen Vordrucks GSP-50 vornehmen.
Aus diesem Grund gebe es somit auch keine Schätzungsberechtigung der Abgabenbehörden nach § 184 BAO, sodass mangels Bemessungsgrundlage auch keine Glücksspielabgabe auf Unternehmen erhoben werden könne, die auf gewerberechtlicher Grundlage Glücksspiele ohne Bankhalterfunktion anböten.
Es sei daher schon aus diesen Gründen unzulässig, dass die Abgabenbehörden als Bemessungsgrundlage die Summe des Entgeltes für die Überlassung von Spieleinrichtungen dergestalt zugrunde legten, dass sie dieses mit dem Faktor 20 bis 25 multiplizierten, obwohl die Abgabenbehörde davon Kenntnis habe, dass dieses Entgelt Spieleinsatz- und gewinnunabhängig sei, und von diesem Ergebnis dann die 16%-ige Glücksspielabgabe erhebe.
In der Praxis gehe das Finanzamt bei der Vorschreibung der Glücksspielabgabe von einer Schätzung dahingehend aus, dass nach deren Erfahrungswerten aus der Vergangenheit vom Tischgeld auf die ungefähre Höhe der Spieleinsätze geschlossen werde, ohne dass diese belegbar sei, weil es sich bei diesen Spieleinsätzen nicht um Umsätze zwischen den Spielern und dem Unternehmen nach § 2 Abs. 2 GSpG handle, sondern um Umsätze der Spieler untereinander.
In Punkt B.10.) Ergebnis kommt die Bf. zu folgendem Ergebnis:
"Die Glücksspielabgabe stellt eine reine Erdrosselungsabgabe dar, da sie trotz bestehender sachlich gerechtfertigter Differenzierung jene Sachverhalte gleich besteuert, wonach der Unternehmer als Bankhalter nach dem GSpG die Einsätze der Spieler vereinnahmt und daraus die Gewinne und die Glücksspielabgabe nach der Berechnungsformel des § 57 Abs 5 GSpG (Definition Jahresbruttospieleinnahmen) ermittelt und abführt, einerseits und jene Sachverhalte, wonach der Unternehmer nach der Gewerbeordnung keine Bankhalterfunktion ausüben darf, die Einsätze der Spieler nicht vereinnahmt und daraus auch nicht die Glücksspielabgabe (ohne Anwendung der Berechnungsformel nach den Jahresbruttospieleinnahmen) ermitteln und abführen kann, trotzdem der Abgabenpflicht nach § 57 Abs. 1 GSpG unterliegt. Die Gleichheitswidrigkeit dieser Bestimmung im Zusammenhang mit der Ausspielung Poker ist daher ebenso offenkundig, wie die fehlende soziale Adäquanz im Verhältnis zu den Einnahmen aus der Ausspielung."
In Punkt C. thematisiert die Bf. das Rechtsgutachten des Univ.-Prof Dr. Franz Leidenmühler vom :
Die Behörde hätte folgende Behauptungen aufzustellen und darüber Beweise vorzulegen, wie sich aus dem als Beilage./6 beiliegenden Gutachten des Univ.-Prof Dr. Leidenmühler der Universität Linz vom ergäbe und bereits dort belegt sei, dass diese Beweise nicht existierten.
Dieses Rechtsgutachten werde zum integrierenden Bestandteil dieser Stellungnahme und damit zum Vorbringen der BF in dieser Stellungnahme erhoben, sodass im Falle fehlender Auseinandersetzung der Behörde mit diesem Gutachten ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliege, der im Falle der Kenntnis des Inhaltes dieses Rechtsgutachten oder im Falle der bewusst außer Acht gelassenen Befassung mit dem Inhalt dieses Rechtsgutachtens den Verdacht des Amtsmissbrauches zum Nachteil der Beschwerdeführerin und einen Amtshaftungsanspruch begründen könne.
Dieses Rechtsgutachten komme zu folgendem Ergebnis:
"Durch mehrfache Gesetzesänderungen der letzten Jahre wurde das Kartenspiel des Poker vom österreichischen Gesetzgeber dem Regime des Glücksspielgesetzes unterworfen. Da auch die zwischenzeitig vorgesehene Ausschreibung von Konzessionen zum Betrieb von (zuerst einem, dann drei) Pokersalons vom Gesetzgeber wieder beseitigt wurde, kann nach der derzeitigen innerstaatlichen Rechtslage das Kartenspiel des Poker in Form einer Ausspielung iSd 5 2 Abs. 1 GSpG ausschließlich vom Inhaber einer Spielbankenkonzession gem. § 21 GSpG angeboten werden. Damit ist das Kartenspiel des Poker nunmehr faktisch monopolisiert und nur noch in Spielbanken zulässig. Online-Poker ist wiederum nur noch im Rahmen der ebenso monopolisierten elektronischen Lotterien möglich.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob ein Betreiber von Pokerspielsalons wie die ***27***, zu der auch das Unternehmen der Beschwerdeführerin zählt, welche bis zum Ablauf einer Übergangsfrist mit auf Rechtsgrundlage einer freien Gewerbeberechtigung agierte, nunmehr daran gehindert ist, das Kartenspiel des Poker in Form einer Ausspielung iSd § 2 Abs 1 GSpG anzubieten, oder ob sich ein Anbieter wie die ***27*** auf den freien Dienstleistungsverkehr gem. Art 56 AEUV zu stützen vermag.
Art 56 AEUV ermöglicht den Erbringern von Dienstleistungen, ihre Leistungen innerhalb der Europäischen Union anzubieten. Wie der EuGH in stRsp feststellt, erfüllt das Anbieten eines Glücksspiels - als welches das Kartenspiel des Poker nach der Legaldefinition des österreichischen Gesetzgebers einzuordnen ist - den Begriff der Dienstleistung iSv Art 57 AEUV. Allerdings begünstigt die Dienstleistungsfreiheit gem. Art 56 AEUV nur jene Anbieter, "die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind". Die Anwendbarkeit der Grundfreiheit setzt mithin einen sog. grenzüberschreitenden Sachverhalt voraus, welcher aber nach der stRsp des EuGH auf verschiedene Weisen gegeben sein kann.
Vom EuGH wird regelmäßig bestätigt, dass es ausreicht, damit sich ein Dienstleistungsanbieter gegenüber seinem Sitzstaat auf die Grundfreiheit des Art 56 AEUV berufen kann, wenn er Kundinnen und Kunden aus anderen EU-Mitgliedstaaten hat. Da nachweislich ein guter Teil der Kundinnen und Kunden der Pokerspielsalons der ***27*** und damit auch des Unternehmens der Beschwerdeführerin Staatsangehörige anderer EU-Mitgliedstaaten sind, welche durch die Inanspruchnahme der Leistungen von ihrer - unionsrechtlich geschützten - passiven Dienstleistungsfreiheit Gebrauch machen, erfüllt das Angebot der Pokerspielsalons der ***27*** das Kriterium des zwischenstaatlichen Sachverhalts (Gutachten Seite 6 f).
Das österreichische Glücksspielmonopol im Allgemeinen und - im gegebenen Fall von besonderem Interesse - die Beschränkung des Angebots des Kartenspiels des Poker in Form einer Ausspielung ausschließlich auf Inhaber einer Spielbankenkonzession im Besonderen stellt dann, wenn wie im gegebenen Fall der Anwendungsbereich des Unionsrechts eröffnet ist, einen Eingriff in den freien Dienstleistungsverkehr (Art 56 AEUV) dar. Eine solche Beschränkung einer unionsrechtlich gewährleisteten Grundfreiheit ist einem Mitgliedstaat nur dann ausnahmsweise gestattet, wenn der Eingriff aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden kann und den vom EuGH entwickelten Kriterien der Verhältnismäßigkeitsprüfung (insb auch dem Kohärenzkriterium) genügt.
Im gegebenen Fall unterliegen die einschlägigen monopolisierenden Bestimmungen des GSpG als besonders gravierender Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit strengen Voraussetzungen, ua was das Verhalten der Konzessionsinhaber und deren Überwachung durch die nationalen Behörden betrifft. Der EuGH erachtet dabei in mittlerweile stRsp eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit im Bereich des Glücksspiels durch eine mitgliedstaatliche Monopol- oder Konzessionsregel nur dann als zulässig, wenn vom Mitgliedstaat der Nachweis geführt wird, dass die Geschäftspolitik des Konzessionsinhabers - und insbesondere seine Werbeaktivitäten - maßvoll und begrenzt sind und das Gesamtsystem der innerstaatlichen Glücksspielregelungen vor dem Hintergrund seiner konkreten Anwendungspraxis kohärent ist.
Den umfangmäßig enormen, regelmäßig und mit System praktizierten Werbemaßnahmen der Konzessionsinhaber, die zur aktiven Teilnahme am Spiel anregen und auf eine Marktausdehnung abzielen, ist gemeinsam, dass es sich nicht um Einzelfälle, sondern um Werbestrategien handelt, die regelmäßig und über einen erheblichen Zeitraum praktiziert werden. Da nach der stRsp des EuGH schon Praktiken des Konzessionsinhabers, die "darauf abzielen", den Markt zu erweitern, zur Unzulässigkeit einer beschränkenden Regelung führen und die vom EuGH gesetzten Werbegrenzen überschritten wurden, obwohl keine umfangreiche und aggressive Werbung Privater dies zu Lenkungszwecken erfordern würde, widersprechen die einschlägigen österreichischen Glücksspielregelungen entgegen der vom VfGH vertretenen Auffassung alleine deshalb dem Unionsrecht und sind daher gegenüber Anbietern, die so wie die ***27*** und somit das Unternehmen der Beschwerdeführerin von ihrer Dienstleistungsfreiheit gem. Art 56 AEUV Gebrauch machen, nicht anwendbar.
Zudem ist auf valider und belastbarer Datenbasis belegt, dass der Markt für Glücksspiel in Österreich seit 2010 kontinuierlich gewachsen ist. Somit führt auch eine vom VfGH eingeforderte "gesamthafte Würdigung" zum Ergebnis, dass die Werbung der Konzessionsinhaber, welche versucht, die Anziehungskraft des Glücksspiels durch zugkräftige Werbebotschaften zu erhöhen, sich auch in ihrer praktischen Auswirkung nicht darauf beschränkt, Verbraucher zu den kontrollierten Spielenetzwerken zu lenken und daher die kohärente und systematische Verfolgung der Ziele des Glücksspielgesetzes beeinträchtigt (hat). Unter Zugrundelegung dieser Datenbasis hätte der VfGH zum Ergebnis der Unionsrechtswidrigkeit der aktuellen Glücksspielregelungen gelangen müssen.
Dass der VfGH von einer gegenteiligen Entwicklung ausgegangen ist, liegt daran, dass ihm im entsprechenden Verfahren keine objektive Datenbasis zur Verfügung gestanden ist, die auf einer den Anforderungen des EuGH genügenden ökonomisch lege artis durchgeführten Marktentwicklungsanalyse beruht. Vielmehr wurden nicht repräsentative, bloß aus Telefoninterviews gewonnene Daten verwendet, die jeglicher faktischen Verifizierbarkeit widersprechen und auch nicht den Vorgaben des EuGH an valide, belastbare Daten genügen.
Der VfGH erschließt 2016 die Unionsrechtskonformität des österreichischen Glücksspielrechts in einer "gesamthaften Würdigung" ausschließlich aus der Tatsache, dass der Markt für Glücksspiel nicht wachse, und daher die Regelung kohärent sei. Dies entspricht nicht (mehr) den aktuellen Gegebenheiten: Der Markt für Glücksspiele in Österreich wächst beständig (laut "Branchenradar" im Jahr 2018 um 5,2%). Diese Tatsache entzieht der gesamten Argumentation des VfGH die Grundlage.
Neue EuGH-Urteile verschärfen zudem die Anforderungen an die Rechtfertigungsvoraussetzungen, insb an die Beweisführung für die Zulässigkeit eines Eingriffs: Für die Rechtfertigung einer Regelung, die in eine Grundfreiheit eingreift, muss das Gericht bzw. die Behörde Gewissheit über das Vorliegen aller Voraussetzungen erlangen, wobei diese mittels statistischer Daten oder anderer Mittel nachgewiesen werden müssen.
Insgesamt wird die restriktive Linie gegenüber mitgliedstaatlichen Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit im Glücksspielsektor in der rezenten Rsp des EuGH bestätigt bzw. vertieft. So wurde speziell zu Österreich zuletzt vom EuGH festgestellt, dass im Rahmen einer Gesamtwürdigung vieles für eine Unvereinbarkeit der österreichischen Glücksspielregelungen mit dem Unionsrecht spricht (EuGH, RS C-79/ 17 vom , Gmalieva, Rn 24, 26 und 28).
Vor diesem Hintergrund ist das österreichische Glücksspielmonopol in seiner derzeitigen Ausgestaltung unionsrechtswidrig, wodurch die monopolisierenden Bestimmungen verdrängt werden und kein Verbot von Glücksspielen in "politischen Gesetzen" mehr besteht. Dies hat zur Konsequenz, dass jene Anbieter, die so wie die ***27*** und damit die Beschwerdeführerin von ihrer Dienstleistungsfreiheit gem. Art 56 AEUV Gebrauch machen, in Österreich ihre Glücksspieldienstleistungen straffrei (somit auch ohne die das Strafensystem des GSpG flankierenden Maßnahmen wie Beschlagnahme, Einziehung oder gar Betriebsschließung) anbieten dürfen. Dies hat weiter zur Konsequenz, dass auch an die Monopolisierung anknüpfende steuerliche Bestimmungen (Glücksspielabgabe; §§ 57ff GSpG), die im Übrigen aufgrund ihres beschränkenden Charakters ohnehin eigenständige Hemmnisse der Dienstleistungsfreiheit darstellen, nicht zur Anwendung gelangen dürfen.
Da keinem Gericht - und sei es auch durch ein nationales Verfassungsgericht - die Kompetenz abgesprochen werden darf, "alles Erforderliche zu tun, um diejenigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften auszuschalten, die unter Umständen ein Hindernis für die volle Wirksamkeit der Gemeinschaftsnormen bilden ", besteht nach der stRsp des EuGH kein zentralisiertes Normverwerfungsmonopol in den Mitgliedstaaten mehr. Dieser Befund gilt umso mehr, als dem VfGH bei der Vornahme seiner "gesamthaften Würdigung" im betreffenden Verfahren kein valides, belastbares Datenmaterial zur Entwicklung des Glücksspielmarktes vorgelegen hatte und die Gerichte eine dynamische Bewertung der Kohärenzfrage (EuGH, RS C-920/19, Fluctus und Fluentum) vorzunehmen haben.
Im Ergebnis hat daher ungeachtet höchstgerichtlicher Judikatur - die, wie dargelegt wurde, zudem auf einem unzulänglichen Faktensubstrat basiert - jedes Gericht bzw. jede Behörde nach stRsp des EuGH die unionsrechtliche Pflicht, aus eigener Entscheidungsbefugnis für die volle Wirksamkeit der Dienstleistungsfreiheit Sorge zu tragen, indem es bzw. sie jede entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts unangewendet lässt, selbst wenn in einem verfassungsrechtlichen Verfahren deren Unionsrechtskonformität bestätigt wurde (EuGH, RS C-920/19, Fluctus und FIuentum). Abgesehen davon hat der VfGH ohnedies für den Fall, dass er mit einem entsprechenden Faktensubstrat hinsichtlich des Wachstums des Glücksspielmarktes konfrontiert ist, iSe dynamischen Verständnisses des Kohärenztests auch selbst eine Neubewertung der Frage der Unionsrechtskonformität vorzunehmen."
Der Aufbau des Rechtsgutachtens sei so gestaltet, wie es der Darlegungs- und Beweispflicht der Behörden und Gerichte entspreche, wenn das GSpG anzuwenden sei.
Im Rechtsgutachten werde daher entsprechend der Prüfpflicht der Behörden und Gerichte untersucht, ob die durch das GSpG geschaffene Regulierung des Glücksspielmarktes in Österreich, welche als Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit zu qualifizieren sei, jenen Anbietern und somit der Beschwerdeführerin entgegengehalten werden könne, die von ihrer unionsrechtlich gewährleisteten Grundfreiheit (Art 56 AEUV) Gebrauch machten.
Dabei erweise sich, dass die vom VfGH (und in der Folge anderen innerstaatlichen Höchstgerichten) angenommene Rechtfertigung des Grundfreiheiteneingriffs mangels Kohärenz und Verhältnismäßigkeit vor dem Hintergrund der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des EuGH nicht haltbar sei (Rechtsgutachten Punkt III.).
Dabei komme es nicht auf die gesamte Thematik der (fragwürdigen) Verfassungskonformität der Unterstellung des Kartenspiels des Poker unter das Regime des GSpG an, ebenso auch nicht auf eine allfällige Aufhebung der hier anzuwendenden Bestimmungen des GSpG. Vielmehr gelte der Anwendungsvorrang des Unionsrechtes unabhängig vom Bestand der nationalen Regelungen im Mitgliedstaat. Diese im Widerspruch zum Unionsrecht stehenden Regelungen des GSpG seien im unionsrechtlichen Anwendungsbereich von der Behörde oder dem Gericht schlichtweg nicht anzuwenden. Somit sei die Entscheidung ohne Einbeziehung dieser nicht anzuwendenden Normen zu fällen, im hier gegenständlichen Fall ohne Rechtsgrundlage der §§ 52 ff GSpG.
Der Stellungnahme wurden folgende Beilagen angeschlossen:
[...]
Mit Schriftsatz vom hat der Insolvenzverwalter der Bf. durch seine rechtsfreundliche Vertretung den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen, sowie eine weitere umfangreiche Ergänzung zur Stellungnahme vom übermittelt.
Diese Ergänzung umfasst zusammengefasst folgende Punkte:
A.) Die Bf verweist auf das nunmehr in Rechtskraft erwachsene und damit auch "das BMF und andere Behörden im Einflussbereich des BMF bindende Erkenntniss des Bundesverwaltungsgerichtes vom GZ W131 2247950-1/19E", welches ausgesprochen habe, dass das GSpG hinsichtlich dessen Anwendung auf Pokerbetriebe unionsrechtswidrig sei und daher Art 56 AEUV der Anwendung des GSpG auf Betriebe, die Poker auf gewerberechtlicher Grundlage anbieten würden, entgegenstehe und infolge Anwendungsvorrangs des Unionsrechts vor dem nationalen Recht auf diese Betriebe nicht angewendet werden dürfe. Das Gericht unterliegt daher einem Rechtsirrtum, wenn es die Rechtsmeinung vertrete, dass es bei der Zulässigkeit eines "Antrags auf Einstweilige Vorkehrungen" wesentlich sei, ob hierfür in der BAO eine Rechtsgrundlage bestehte.
Das bedeute, dass das Bundesfinanzgericht habe von sich aus den Anwendungsvorranges des Unionsrechtes zu beachten, was hier gegenständlich bedeute, dass das Bundesfinanzgericht den angefochtenen Pfandungsbescheid aufzuheben habe, wie auch das BFG in gleicher Weise bei der Indexierung der Familienbeihilfe angeordnet habe, dass die Finanzämter die Gesetzesnovelle zur Indexierung nicht anzuwenden und die Familienbeihilfe in voller Höhe auszuzahlen hätten.
B.) Die Bestimmungen über die Glücksspielabgabe dürften in Beachtung des Erkenntnisses des BVwG infolge Nichtanwendbarkeit des GSpG auf Pokerbetriebe, die Poker auf Grundlage der Gewerbeordnung anbieten würden, auch nicht angewendet werden. Dies gelte insbesondere auch deshalb, weil die Glücksspielabgabe materiell eine Verwaltungsstrafe darstelle, da diese nicht an vereinnahmten Beträgen bemessen und bezahlt werden könne, sondern aus Eigenkapital zu bezahlen sei, so wie jede andere Strafe auch.C.) Ergänzend werde hiermit das Rechtsgutachten des Univ.-Prof. Dr. Franz Leidenmühler vom zum Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , GZ W-131 2247950-1/19E, als Beilage /7 vorgelegt und dessen Inhalt zum Inhalt des Vorbringens der Beschwerdeführerin erhoben.
Schließlich regt die Bf an, dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
(siehe auch Rechtsgutachten "Leidenmühler" vom zum Erkenntnis des BVwG vom , GZ W131 2247950-1/19E)
"Sind die Bestimmungen über die Dienstleistungs- und die Niederlassungsfreiheit dahingehend auszulegen, dass ein Mitgliedstaat zur Ausschreibung von Konzessionen für Spielbanken oder ähnliche Glücksspielangebote dann verpflichtet ist, wenn durch die Nichtvornahme einer Ausschreibung ein unionsrechtswidriger Zustand hergestellt, prolongiert oder einzementiert würde oder wenn dadurch eine Schlechterstellung potenzieller neuer Marktteilnehmer gegenüber einem bestehenden Anbieter bewirkt würde?
Darf der Umstand, dass ein Betreiber einer Spielbank oder ähnlicher Glücksspielangebote keine Konzession besitzt, zum Anlass für die Verhängung einer (verwaltungs)strafrechtlichen Sanktion gegen ihn genommen werden, wenn ihm zuvor in unionsrechtswidriger Weise ein ihm zugängliches Verfahren der Konzessionsvergabe vorenthalten worden ist?"
Am wurde der Senat abgehalten.
II. Beweiserhebung
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die elektronisch vorgelegten Aktenteile des Finanzamtes sowie das umfangreiche Ermittlungsverfahren.
III. Rechtslage und Erwägungen
§ 232 BAO lautet wie folgt:
"(1) Die Abgabenbehörde kann, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen. Der Abgabepflichtige kann durch Erlag eines von der Abgabenbehörde zu bestimmenden Betrages erwirken, daß Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden.
(2) Der Sicherstellungsauftrag (Abs. 1) hat zu enthalten:
a) die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld;
b) die Gründe, aus denen sich die Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der Abgabe ergibt;
c) den Vermerk, dass die Anordnung der Sicherstellung sofort in Vollzug gesetzt werden kann; d) die Bestimmung des Betrages, durch dessen Hinterlegung der Abgabepflichtige erwirken kann, dass Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden.
(3) Abs. 1 und 2 gelten sinngemäß ab der Anhängigkeit eines Strafverfahrens gegen einen der Begehung eines vorsätzlichen Finanzvergehens oder einer vorsätzlichen Verletzung von Abgabenvorschriften der Länder und Gemeinden Verdächtigen hinsichtlich jenes Betrages, um den die Abgaben voraussichtlich verkürzt wurden."
§ 65 Abgabenexekutionsordnung (AbgEO) lautet:
"(1) Die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners erfolgt mittels Pfändung derselben. Im Pfändungsbescheid sind die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze (§ 26) anzugeben. Sofern nicht die Bestimmung des § 67 zur Anwendung kommt, geschieht die Pfändung dadurch, dass die Abgabenbehörde dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen. Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen. Ihm ist aufzutragen, bei beschränkt pfändbaren Geldforderungen unverzüglich dem Drittschuldner allfällige Unterhaltspflichten und das Einkommen der Unterhaltsberechtigten bekanntzugeben.
(2) Sowohl dem Drittschuldner wie dem Abgabenschuldner ist hie bei mitzuteilen, dass die Republik Österreich an der betreffenden Forderung ein Pfandrecht erworben hat. Das Zahlungsverbot ist mit Zustellnachweis zuzustellen, wobei die Zustellung an einen Ersatzempfänger zulässig ist.
(3) Die Pfändung ist mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen.
(4) Der Drittschuldner kann das Zahlungsverbot anfechten oder bei der Abgabenbehörde die Unzulässigkeit der Vollstreckung nach den darüber bestehenden Vorschriften geltend machen.
(5) Ein für die gepfändete Forderung bestelltes Handpfand kann in Verwahrung genommen werden."
§ 78 AbgEO lautet:
"(1) Auf Grund eines Sicherstellungsauftrages (§ 232 der Bundesabgabenordnung) kann zur Sicherung von Abgaben und Abgabenstrafen schon vor Eintritt der Rechtskraft oder vor Ablauf der für die Leistung bestimmten Frist die Vornahme von Vollstreckungshandlungen angeordnet werden.
(2) Zur Sicherung kann nur die Pfändung und Verwahrung beweglicher körperlicher Sachen und die Pfändung grundbücherlich nicht sichergestellter Geldforderungen und von Ansprüchen auf Herausgabe und Leistung beweglicher körperlicher Sachen vorgenommen werden. Wäre mit der Verzögerung der Geltendmachung der gepfändeten Forderung oder des gepfändeten Anspruches eine Gefährdung der Einbringlichkeit oder der Verlust von Regressrechten gegen dritte Personen verbunden, so kann die Überweisung zur Einziehung ausgesprochen werden. Auf Grund der verfügten Einziehung eingehende Beträge oder herausgegebene oder geleistete Sachen sind von der Abgabenbehörde in Verwahrung zu nehmen. Eine Verrechnung auf die Abgabenschulden und eine Verwertung der Sachen ist erst nach Eintritt der Vollstreckbarkeit und Wegfall von Einbringungshemmnissen (§ 230 BAO) zulässig. § 41a bleibt unberührt.
(3) Im Übrigen sind die Bestimmungen des I. Teiles sinngemäß anzuwenden. Das Bundesministerium für Finanzen kann hinsichtlich der Gebühren und Kosten des Sicherstellungsverfahrens von den Grundsätzen des § 26 abweichende Anordnungen über die Voraussetzungen des Eintrittes der Zahlungspflicht treffen."
Gemäß § 232 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226 BAO) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen.
Gemäß § 78 Abs. 1 AbgEO kann auf Grund eines Sicherstellungsauftrages (§ 232 BAO) zur Sicherung von Abgaben und Abgabenstrafen schon vor Eintritt der Rechtskraft oder vor Ablauf der für die Leistung bestimmten Frist die Vornahme von Vollstreckungshandlungen angeordnet werden. Nach Abs. 2 leg. cit. kann zur Sicherung nur die Pfändung und Verwahrung beweglicher körperlicher Sachen und die Pfändung grundbücherlich nicht sichergestellter Geldforderungen und von Ansprüchen auf Herausgabe und Leistung beweglicher körperlicher Sachen vorgenommen werden.
Gemäß § 65 Abs. 1 AbgEO erfolgt die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners mittels Pfändung derselben. Im Pfändungsbescheid sind die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze (§ 26 AbgEO) anzugeben.
Gemäß § 65 Abs. 2 AbgEO ist sowohl dem Drittschuldner wie dem Abgabenschuldner hiebei mitzuteilen, dass die Republik Österreich an der betreffenden Forderung ein Pfandrecht erworben hat. Das Zahlungsverbot ist mit Zustellnachweis zuzustellen, wobei die Zustellung an einen Ersatzempfänger zulässig ist.
Gemäß § 65 Abs. 3 AbgEO ist die Pfändung mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen.
Sofern nicht die Bestimmung des § 67 AbgEO zur Anwendung kommt, geschieht die Pfändung dadurch, dass das Finanzamt dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen. Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen. Ihm ist aufzutragen, bei beschränkt pfändbaren Geldforderungen unverzüglich dem Drittschuldner allfällige Unterhaltspflichten und das Einkommen der Unterhaltsberechtigten bekanntzugeben.
Die Pfändung einer Geldforderung zur Sicherung von Abgaben setzt gemäß § 78 Abs. 1 AbgEO einen nach den Grundsätzen des § 232 BAO erlassenen Sicherstellungsauftrag voraus. Der Sicherstellungsauftrag ist somit Titel für das finanzbehördliche (und auch das gerichtliche) Sicherungsverfahren. Zweck und Aufgabe des Sicherungsverfahrens ist es, dem Abgabengläubiger bereits in einem Zeitpunkt, in dem sein Anspruch zwar dem Grunde nach feststeht, aber noch nicht realisierbar ist, wegen drohender Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung von Abgabenschuldigkeiten ein Pfandrecht zu verschaffen, dessen Rang auch für die nachfolgende Exekution zur Hereinbringung der Abgaben maßgebend ist, und dadurch die rechtlich erst später zulässige Durchsetzung des Abgabenanspruches zu gewährleisten.
Damit der Zweck eines Sicherungsverfahrens als Sofortmaßnahme gewährt ist und zur Sicherung von Abgabenschuldigkeiten Pfandrechte rasch begründet werden können, fordert der Gesetzgeber gemäß § 232 BAO schon für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages daher nur das Vorliegen eines dem Grunde nach entstandenen Abgabenanspruches sowie das Vorliegen von gewichtigen Anhaltspunkten für dessen Höhe und für die drohende Gefährdung oder Erschwerung der Abgabeneinbringung beim Abgabenschuldner. Die Rechtskraft des Sicherstellungsauftrages ist nicht erforderlich.
Es ist mit dem Normzweck des Sicherungsverfahrens unvereinbar, wenn für die Vornahme der Pfändung von Vermögenswerten des Abgabenschuldners die Rechtskraft des Sicherstellungsauftrages abgewartet werden müsste. § 78 Abs. 1 AbgEO sieht deshalb ausdrücklich vor, dass aufgrund eines Sicherstellungsauftrages Vollstreckungshandlungen zur Sicherung von Abgaben schon vor Eintritt der Rechtskraft oder vor Ablauf der für die Leistung bestimmten Frist angeordnet werden können. Dies findet nicht nur im Wortlaut des § 78 Abs. 1 AbgEO Deckung, sondern wäre ansonsten auch der beschriebene Normzweck vereitelt, da im Falle des Abwartenmüssens der Rechtskraft des Abgabenbescheides und/oder des Sicherstellungsauftrages wertvolle Zeit zur Sicherung des Pfandranges verloren ginge.
Im Beschwerdefall ist der Sicherstellungsauftrag vom die Grundlage für die Vornahme der Forderungspfändungen zur Sicherung der darin genannten Abgaben. Der Sicherstellungsauftrag bildet daher die taugliche "Rechtsgrundlage" für die Erlassung der angefochtenen Pfändungsbescheide.
Da zum Zeitpunkt der Pfändung der Geldforderungen mit Bescheiden vom ein aufgrund des Sicherstellungsauftrags gem. § 232 BAO vom sicherzustellender Abgabenanspruch in Höhe von 8.871.126,75 Euro bestand, wurden die Bescheide über die Pfändung einer Geldforderung gem. § 65 AbgEO iVm § 78 AbgEO zu Recht erlassen. Dass über den Sicherstellungsauftrag ein Rechtsmittel anhängig ist, ändert nichts an der Rechtmäßigkeit der Forderungspfändungen. Die Rechtskraft des Sicherstellungsauftrags ist nicht Voraussetzung für die Pfändung. Im Übrigen wurde über das genannte Rechtsmittel durch das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom , GZ RV/7100997/2020, bereits abschlägig entschieden.
Soweit die Beschwerde vorbringt, eine Abgabepflicht bestünde für sich nicht, können solche Einwendungen die Rechtswidrigkeit der Pfändung nicht begründen. Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit des Sicherstellungsauftrages können im Zuge des Vollstreckungsverfahrens nicht geltend gemacht werden (vgl zB ). Die Rechtmäßigkeit des Sicherstellungsauftrages war daher in diesem Verfahren nicht zu prüfen.
Bemerkt wird, dass die nachfolgende Einstellung der Forderungspfändung auf Grund Konkurseröffnung (Bescheid vom ) auf die im Zeitpunkt der Ausstellung des streitgegenständlichen Bescheides rechtmäßige Pfändung einer Geldforderung keine Auswirkung hat, weil die Gründe für die Einstellung des Vollstreckungsverfahrens erst nach Vornahme der betreffenden Vollstreckungshandlungen eingetreten sind.
Sollte sich als Ergebnis eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Rechtswidrigkeit des Sicherstellungsauftrages ergeben und dieser in der Folge aus dem Rechtsbestand beseitigt werden, so wäre eine Änderung des Pfändungsbescheides nach § 295 Abs. 3 BAO möglich (siehe ). Im konkreten Fall steht fest, dass der, den verfahrensgegenständlichen Pfändungen zugrundeliegende Sicherstellungsauftrag durch das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom , GZ RV/7100997/2020, bestätigt worden ist.
Im Übrigen wird auf die Ausführungen des Finanzamtes im Vorlagebericht verwiesen.
Grundsätzlich ist im gegenständlichen Verfahren nicht zu prüfen, ob die sichergestellte und letztendlich zur Pfändung führende Forderung nach dem Glücksspielgesetz zu Recht besteht bzw. ob das Glücksspielmonopol geltendem Unionsrecht widerspricht. Dennoch wird zu den diesbezüglichen Einwendungen folgendes angemerkt:
Zur Behauptung der Bf. im Schriftsatz vom , Punkt A.1.), wonach das Bundesverwaltungsgericht im Erkenntnis vom , GZ W131 2247950-1/19E (Punkt 3.10. dritter Absatz), ausgesprochen habe, dass Art 56 AEUV der Anwendung des GSpG auf Pokerbetriebe infolge Unterlassens der Ausschreibung für Konzessionen zum Betrieb eines Pokersalons gemäß dem aufgehobenen § 22 GSpG entgegenstehe und somit unionsrechtswidrig sei, ist zunächst zu bemerken, dass Gegenstand dieser Entscheidung nur war, ob der Antrag auf Konzessionserteilung vom FA zu Recht wegen fehlender Antragslegitimation zurückgewiesen wurde. Das Bundesverwaltungsgericht hat außerdem festgestellt, dass ein subjektiv-öffentliches Recht zur Vergabe einer Konzession zum Betrieb einer Spielbank bzw. eines Pokersalonsjedoch auch aus unionsrechtlichen Vorschriften nicht abgeleitet werden kann. Die Zulassung der ordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde damit begründet, dass einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs und des EuGH hinsichtlich eines Eingriffes in die Freiheit des Dienstleistungsverkehrs nach Art, 56 AEUV durch die Unterlassung einer Ausschreibung einer Poker - Konzessionsvergabe nicht ersichtlich sei.
Zu den Vorwürfen der Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols wird zunächst auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, insbesondere ua sowie auf das ausführliche Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen. Durch diese inhaltlichen Entscheidungen sind die, durch das Glücksspielmonopol aufgeworfenen unions- und verfassungsrechtlichen Fragen, als hinreichend geklärt anzusehen. Dabei wurde auch die Frage eines maßvollen Werbeauftritts der Konzessionäre behandelt, insgesamt aber eine gesamthafte Würdigung aller Auswirkungen auf den Glücksspielmarkt im Sinne der Rechtsprechung des EuGH vorgenommen. Zu den Voraussetzungen der unionsrechtlichen Zulässigkeit des Glücksspielmonopols und der Inanspruchnahme der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit liegt bereits umfangreiche Rechtsprechung des EuGH vor, die in den oben genannten Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs umfassend referiert wurden.
Weiters wird auf die erst jüngst an die Bf. ergangene Entscheidungen des Landesverwaltungsgericht Wien vom , GZ. VWG-002/V/011/15889/2021, Punkt 4.) "EU rechtliche Erwägungen zur Unionsrechtskonformität des Glücksspielgesetzes" sowie des Landesverwaltungsgericht Wien vom , GZ. VWG-002/V/011/5853/2022, Punkt 2.3.) "Zur Kohärenz und Systematik des Glücksspielgesetzes" verwiesen, die sich auch mit den Zielen des Glücksspielgesetzes wie Eindämmung der Spielsucht, des Spielerschutzes etc eingehend auseinandersetzen.
Nach der ständigen Judikatur des BFG hätte überdies selbst eine allfällige Unionsrechtswidrigkeit der Bestimmungen über das Glücksspielmonopol keine Auswirkung auf die Glücksspielabgabe. Die Vorschriften der §§ 57 ff GSpG betreffend die Glücksspielabgaben sind Ausfluss der Steuerhoheit Österreichs und nicht des Glücksspielmonopols (vgl. ua ).Zum Argument fehlender Unternehmereigenschaft ist folgendes zu sagen:
Ein der Definition des § 2 GSpG entsprechender Unternehmer muss ein Glücksspiel veranstalten, organisieren, anbieten oder zugänglich machen. Mit der gewählten Formulierung soll zum Ausdruck gebracht werden, dass jede nur denkbare unternehmerische Mitwirkung an einem Glücksspiel dessen Ausspielungscharakter begründen kann (Kohl, Glücksspielmonopol 34). Unerheblich ist es, ob die Leistung des Spielers an den Veranstalter der Ausspielung oder an einen Dritten erfolgt. Die vermögenswerte Leistung, der Einsatz, muss lediglich im Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbracht werden. Auch nach Ansicht des VwGH ist es gleichgültig, wem gegenüber der Spieler seine vermögensrechtliche Leistung zu erbringen hat bzw wem die Leistung des Spielers rechtlich oder wirtschaftlich zufließt.
Wirkt jedoch ein Unternehmer auf die in § 2 GSpG genannte Art und Weise mit, liegt ebenfalls eine Ausspielung vor (Bresich / Klingenbrunner / Posch in Strejcek/Bresich, GSpG 2 § 2 Rz 8; siehe Bavenek-Weber in Bavenek-Weber/Petritz/Petritz-Klar (Hrsg), Gebührengesetz Kommentar (6. Lfg 2020) zu § 33 TP 17 GebG/GSpA Rz 93).
Auch im gegenständlichen Fall erzielte die Bf. nachhaltig Einnahmen aus der Durchführung der Pokerspiele, in dem sie für die Organisation der Kartenspiele, das Bereitstellen der Pokertische, der Spielutensilien etc. die Tischgelder vereinnahmte. Die Bf. wurde daher vom Finanzamt zu Recht als Unternehmerin und Veranstalterin iSd GSpG und damit als Abgabenschuldnerin der Glücksspielabgabe angesehen.Wenn die Bf. in ihrer Stellungnahme vom dazu im Wesentlichen auf das Gutachten "Leidenmühler" vom verweist so ist dazu zu sagen, dass das Gutachten lediglich ältere Rechtsprechung des EuGH zur Frage des grenzüberschreitenden Elements zitiert und darin keine Auseinandersetzung mit der Entscheidung , Pölus Vegas Kft. erfolgt, sondern lediglich darauf verwiesen wird, dass in den Jahren 2017 - 2019 ein Teil der Kunden Staatsbürger anderer Mitgliedsstaaten der Union waren.
Zur Anregung der Stellung eines Vorabentscheidungsersuchens hinsichtlich der Fragen,
ob Art 56 AEUV dahingehend auszulegen ist, dass er der Anwendung einer Rechtsvorschrift des nationalen Rechts wie jener Bestimmung des § 57 Abs. 1 GSpG entgegensteht (Punkt B.2. der Stellungnahme vom ) bzw.
zur Auslegung der Bestimmungen über die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit hinsichtlich Ausschreibung von Konzessionen von Spielbanken sowie (verwaltungs-)strafrechtlicher Sanktionen bei Fehlen einer solchen (PunktC.5. der Ergänzung vom zur Stellungnahme vom sowie Rechtsgutachten "Leidenmühler" vom zum Erkenntnis des BVwG vom , GZ W131 2247950-1/19E)
ist zu sagen, dass ein solches im Verfahren betreffend die Pfändung von Forderungen nicht zielführend ist.
Im Übrigen wird hinsichtlich der Ausführungen zur Glücksspielabgabe bzw. zur Rechtmäßigkeit des Sicherstellungsauftrages auf das Parallelverfahren GZ RV/7100997/2020 verwiesen.
Da zum Zeitpunkt der Pfändung der Geldforderungen mit Bescheiden vom ein aufgrund des Sicherstellungsauftrags gem. § 232 BAO vom sicherzustellender Abgabenanspruch in Höhe von 8.871.126,75 Euro bestand, wurden die Bescheide über die Pfändung einer Geldforderung gem. § 65 AbgEO iVm § 78 AbgEO zu Recht erlassen.
Die Beschwerde war daher in allen Punkten als unbegründet abzuweisen.
IV. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides über die Pfändung einer Geldforderung sind durch die zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden, sodass eine Revision nicht zulässig ist.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 65 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 78 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7101917.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at