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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.09.2022, RV/7400058/2022

Berichtigung § 293 BAO aufgrund Softwarefehler

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Diana Sammer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Fachgruppe Gebühren, MA31 vom betreffend Wasser- und Abwassergebühren, Berichtigung des Gebührenbescheides vom gem. § 293 BAO, ***1***, KontoNr. ***2***, Vertragsnummer ***3***, zu Recht erkannt:

  1. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Gebührenbescheide

Mit Gebührenbescheid vom des Magistrates der Stadt Wien, MA 31, Abteilung für Gebühren (in der Folge kurz: belangte Behörde) wurden Wasserbezugs-, Wasserzähler- und Abwassergebühren für den Zeitraum bis , festgesetzt und gleichzeitig neue Teilzahlungen für Wasser (€ 235,87) und Abwasser (€ 213,64), insgesamt somit € 449,51, für die Fälligkeiten ,, und jeweils vorgeschrieben.

Mit Gebührenbescheid vom wurden für die Adresse ***Bf1-Adr***, die Wasserbezugsgebühr für die Zeit vom bis in der Höhe von insgesamt € 1.088,62, die Wasserzählergebühr für das 2. Quartal 2021 bis 1.Quartal 2022 in der Höhe von insgesamt € 26,06 und Abwassergebühren für die Zeit vom bis in der Höhe von insgesamt € 1.042,79 festgesetzt.

Die "Übersicht" sah folgendermaßen aus:

Wie oben ersichtlich wurden die vorgeschriebenen Teilzahlungen in Abzug gebracht. Dies in zwei Zeilen des Bescheides bezeichnet als "minus vorgeschriebene Teilzahlungen Wasser" mit einem Betrag in Höhe von € 943,48 und "minus vorgeschriebene Teilzahlungen Abwasser" mit einem Betrag in Höhe von € 854,56.

Unter diesen beiden Zeilen wurde in einer Leerzeile ein weiterer Betrag von € 943,48 in Abzug gebracht. Daraus ergab sich ein Abrechnungsbetrag von € - 584,05 und nach Abzug der 1. neuen Teilzahlung Wasser und Abwasser eine Gutschrift in Höhe von € 10,37.

Auf Seite 2 des Bescheides sind der Stand des amtlichen Wasserzählers Nr. W54150 zum (251 m³) und (812 m³), ein Verbrauch von 561 m³ in 356 Tagen und der Durchschnittsverbrauch von 1,57 m³ pro Tag angeführt. Weiters ist ein Pauschalabzug von 72 m³ für diesen Zeitraum aufgelistet. Zudem erfolgt die Aufgliederung der neuen Teilzahlungsbeträge für Wasser und Abwasser mit Teilzahlungen in Höhe von insgesamt € 573,68, für die Quartale 3/2022-2/2023.

Das Einzahlungsdatenblatt für Wasser- /Abwassergebühren der Magistratsabteilung 6 wies einen "zu zahlenden Betrag" in Höhe von € 933,11 aus.

Bekämpfter Berichtigungs-Bescheid vom

Am erging ein neuerlicher Bescheid der belangten Behörde zur Wasser- und Abwassergebühr, welcher als Berichtigung des Gebührenbescheides vom gemäß § 293 BAO bezeichnet wurde. Die "Übersicht" sah folgendermaßen aus:

Inhaltlich unterscheidet sich dieser Bescheid zu jenem vom nur dahingehend, dass die Leerzeile mit einem Abzugsbetrag in Höhe von € 943,48 nun nicht mehr aufscheint und sich -nach Abzug der neuen Teilzahlungen für Wasser und Abwasser - ein zu zahlender Gesamtbetrag in Höhe von € 933,11 ergibt.

Beschwerde vom

Mit Schreiben per E-Mail vom erhob Frau ***Bf1*** (in der Folge kurz: Beschwerdeführerin) fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom und führte aus:

"Ich habe bereits einen Bescheid am (Guthaben 10,37 €) erhalten und diesen vollinhaltlich anerkannt. Der Bescheid vom verwendet die gleichen Beträge und Mengen, erzielt aber aufgrund von Veränderungen der mathematischen Operationen einen anderen Endbetrag. Sollte sich ein Fehler eingeschlichen haben ist das als Nachlässigkeit zu werden und wird lt. VWG nicht anerkannt."

Beschwerdevorentscheidung vom

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Gebührenbescheid vom abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus:

"Mit dem angefochtenen Gebührenbescheid vom wurde der Gebührenbescheid gemäß § 293 Bundesabgabenordnung (BAO) berichtigt.

Gemäß § 293 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag einer Partei (§ 78) oder von Amts wegen in einem Bescheid unterlaufene Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbar auf einem ähnlichen Versehen beruhende tatsächliche oder ausschließlich auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten berichtigen.

Gegen diesen Gebührenbescheid wendet sich die Beschwerdeführerin mit der Begründung, dass sie bereits einen Bescheid am (Guthaben 10,37 €) erhalten und diesen vollinhaltlich anerkannt habe. Der Bescheid vom verwende die gleichen Beträge und Mengen, erziele aber aufgrund von Veränderungen der mathematischen Operationen einen anderen Endbetrag. Sollte sich ein Fehlereingeschlichen haben so sei das als Nachlässigkeit zu werten und werde It. VWG nicht anerkannt.

Hierzu wird festgestellt, dass mit Gebührenbescheid vom die Wasserbezugsgebühr für die Zeit vom bis in der Höhe von insgesamt € 1.088,62, die Wasserzählergebühr für das 2. Quartal 2021 bis 1. Quartal 2022 in der Höhe von insgesamt € 26,06 und Abwassergebühren für die Zeit vom bis in der Höhe von insgesamt € 1.042,79 festgesetzt wurden. Die Wasser- und Abwassergebühren sind unter Bedachtnahme auf die vorgeschriebenen Teilzahlungen (vgl. § 23 Wasserversorgungsgesetz - WVG, LGBI. für Wien Nr. 10/1960, in der geltenden Fassung, und § 16 Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz - KKG, LGBI. für Wien Nr. 2/1978, in der geltenden Fassung) festzusetzen (siehe minus vorgeschriebene Teilzahlungen Wasser € 943,48 und minus vorgeschriebene Teilzahlungen Abwasser € 854,56).

Durch einen Programmfehler im Verrechnungssystem wurde unter den Zeilen "minus vorgeschriebene Teilzahlungen Wasser" und "minus vorgeschriebene Teilzahlungen Abwasser" im Gebührenbescheid vom zudem eine weitere Leerzeile mit dem €-Betrag aus "minus vorgeschriebene Teilzahlungen Wasser" eingefügt und bei der Zeile "Abrechnungsbetrag", und in weiterer Folge bei der Zeile" zu zahlender Gesamtbetrag oder Gutschrift", rechnerisch auch berücksichtigt.

Dazu wird festgestellt, dass im Oktober 2021 das seit mehr als 30 Jahre im Einsatz gewesene Datenverwaltungssystem für die Verrechnung und Verwaltung der Wasser-und Abwassergebühren durch ein neues Verrechnungssystem ersetzt wurde. Trotz umfangreicher Tests sowohl vor Inbetriebnahme als auch im laufenden Betrieb, und zwei fehlerlos verlaufenden Gebührstellungen im Dezember 2021 und im März 2022, hat sich bedauerlicherweise im Zuge der aktuellen Gebührenstellung (Gebührenbescheide vom ), durch Arbeiten der externen Herstellerfirma, ein Programmfehler eingeschlichen, der zu unvorhersehbaren, fehlerhaften Gebührenbescheiden geführt hat.

Für die Abgabenbehörde war dieser Fehler im Verrechnungssystem nicht erkennbar, zumal die Testdrucke im System richtige Gebührenbescheide lieferten. Zudem war auch das Einzahlungsdatenblatt der Magistratsabteilung 6 von diesem Fehler nicht betroffen und fanden sich daher dort die richtigen Einzahlungsdaten. Erst beim Datentransfer zur zentralen Druckstraße der Stadt Wien hat sich dieser Fehler ausgewirkt und ist damit auch erst durch Anrufe der Kundinnen, welche die Gebührenbescheide elektronisch zugestellt erhalten, bekannt geworden. Nun war ein rasches Handeln geboten. Eine umgehend einberufene Besprechung aller beteiligter Dienststellen (MA 01, MA 6 und MA 31) unter Einbeziehung der Herstellerfirma, welche den Systemfehler vorerst finden und beheben musste, brachte das Ergebnis, dass das Versenden neuer, richtiger Gebührenbescheide, datiert mit , und Einfügung des Satzes "Berichtigung des Gebührenbescheides vom gemäß § 293 Bundesabgabenordnung (BAO)" auf ca. 30.000 Gebührenbescheiden der einzig gangbare Weg war, um die Zustellung der berichtigten Gebührenbescheide noch im Juni 2022 gewährleisten zu können.

Die Magistratsabteilung 31 - Wiener Wasser bedauert die Ihnen entstandenen Unannehmlichkeiten, darf aber festhalten, dass die Unrichtigkeit tatsächlich ausschließlich auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhte."

Vorlageantrag vom

Mit Vorlageantrag vom beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und führte begründend aus:

"Ich halte meine Beschwerde aufrecht und möchte hinzufügen, daß genau die Begründung der Beschwerdevorentscheidung die Nachlässigkeit der Behörde und aller, ich betone aller involvierten bestätigt.

Die Referentin begründet den laut Behörde unrichtigen Bescheid mit einem Softwarefehler. Gleichzeitig begründet sie, daß die Software schuld sei, beschreibt aber, daß nur halbherzig getestet wurde.

Ich beschäftige mich beruflich selbst mit Software und automatisierten Systemen und kann ihnen versichern: Software funktioniert, oder eben nicht.

Die Behörde hätte mit Leichtigkeit, ohne Aufwand, testen können, ob das System funktioniert, indem sie nur 1 Bescheid erstellen und drucken hätte lassen und der unrichtige Bescheid breuht ausschließlich auf Nachlässigkeit der Behörde, weil keiner geteste hat und gedacht hat, der andere würde es tun."

Vorlagebericht vom

Im Vorlagebericht vom führte die belangte Behörde - nach Schilderung des Sachverhaltes - in ihrer Stellungnahme aus:

"Im Oktober 2021 wurde das seit mehr als 30 Jahre im Einsatz gewesene Datenverwaltungssystem für die Verrechnung und Verwaltung der Wasser-und Abwassergebühren durch ein neues Verrechnungssystem ersetzt wurde. Trotz umfangreicher Tests sowohl vor Inbetriebnahme als auch im laufenden Betrieb, und zwei fehlerlos verlaufenden Gebührstellungen im Dezember 2021 und im März 2022, hat sich bedauerlicherweise im Zuge der aktuellen Gebührenstellung (Gebührenbescheide vom ), durch Arbeiten der externen Herstellerfirma, ein Programmfehler eingeschlichen, der zu unvorhersehbaren, fehlerhaften Gebührenbescheiden geführt hat.

Für die Abgabenbehörde war dieser Fehler im Verrechnungssystem nicht erkennbar, zumal die Testdrucke im System richtige Gebührenbescheide lieferten. Zudem war auch das Einzahlungsdatenblatt der Magistratsabteilung 6 (siehe Aktenseite 5; "zu zahlender Betrag in Euro") von diesem Fehler nicht betroffen und fanden sich daher dort die richtigen Einzahlungsdaten. Erst beim Datentransfer zur zentralen Druckstraße der Stadt Wien hat sich dieser Fehler ausgewirkt und ist damit auch erst durch Anrufe der Kundinnen, welche die Gebührenbescheide elektronisch zugestellt erhalten, bekannt geworden. Nun war ein rasches Handeln geboten. Eine umgehend einberufene Besprechung aller beteiligter Dienststellen (MA 01,MA 6 und MA 31) unter Einbeziehung der Herstellerfirma, welche den Systemfehler vorerst finden und beheben musste, brachte das Ergebnis, dass das Versenden neuer, richtiger Gebührenbescheide, datiert mit , und Einfügung des Satzes"Berichtigung des Gebührenbescheides vom gemäß § 293 Bundesabgabenordnung (BAO)" auf ca. 30.000 Gebührenbescheiden der einzig gangbare Weg war, um die Zustellung der berichtigten Gebührenbescheide noch im Juni 2022, also vor der gesetzlichen Fälligkeit , gewährleisten zu können.

Die Magistratsabteilung 31- Wiener Wasser bedauert die Ihnen entstandenen Unannehmlichkeiten, darf aber festhalten, dass die Unrichtigkeit tatsächlich ausschließlich auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhte."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Mit Gebührenbescheid vom setzte die belangte Behörde die Wasserbezugsgebühr für den Zeitraum - (Verbrauch 446 m³) mit € 856,32 und für den Zeitraum - mit € 232,30 (Verbrauch 115 m³) sowie die Wasserzählergebühr für das 2.-4. Quartal 2021 mit € 19,29 und für das 1.Quartal 2022 mit € 6,77 fest, woraus sich in eine Summe der festgesetzten Gebühren Wasser in Höhe von € 1.114,68 ergab.

Die Abwassergebühr wurde für den Zeitraum - (Menge 389 m³) mit € 820,79 und für den Zeitraum - mit € 222,00 (Menge 100 m³) festgesetzt, woraus sich in eine Summe der festgesetzten Gebühren Abwasser in Höhe von € 1.042,79 ergab.

Auf dem Gebührenbescheid ersichtlich wurde in der Folge ein Abzug, bezeichnet als "minus vorgeschriebenen Teilzahlungen Wasser", in Höhe von € 943,48 und weiterer, bezeichnet als "minus vorgeschriebene Teilzahlungen Abwasser", in Höhe von € 854,56 vorgenommen. In der Zeile darunter scheint eine Spalte ohne Bezeichnung und ein Bruttobetrag von € 943,48 auf. Dieser Betrag entspricht dem Betrag für die vorgeschriebenen Teilzahlungen Wasser.

In der Folge wurden diese drei Beträge von der Summe der festgesetzten Gebühren Wasser und Abwasser abgezogen, wodurch sich ein Abrechnungsbetrag von € - 584,05 und nach Abzug der 1. neuen Teilzahlung für Wasser (€ 296,16) und Abwasser (€ 277,52) eine Gutschrift in Höhe von € 10,37 ergab.

Auf Seite 2 des Gebührenbescheides sind die Detailansicht der Verbrauchsdaten ersichtlich.

Das Einzahlungsdatenblatt für Wasser- /Abwassergebühren der Magistratsabteilung 6 wies einen "zu zahlenden Betrag" in Höhe von € 933,11 aus.

Mit Gebührenbescheid vom mit dem Zusatz "Berichtigung des Gebührenbescheides vom gemäß § 293 Bundesabgabenordnung (BAO)" wurde der Gebührenbescheid vom insofern berichtigt, als dass der dort zusätzlich aufgelistete Betrag von € 943,48 (welcher die gleiche Summe aufweist, wie die in Abzug gebrachten Teilzahlungen für Wasser) nun nicht mehr aufscheint und sohin nicht mehr in Abzug gebracht wurde, wodurch sich ein Abrechnungsbetrag von in Summe € 359,43 ergab. Abzüglich der 1. neuen Teilzahlung Wasser (€ 296,16) und Abwasser (€ 277,52) folgte daraus ein zu zahlender Gesamtbetrag in Höhe von € 933,11.

Alle übrigen Beträge der Festsetzung für die Wasserbezugs-, Wasserzähler- und Abwassergebühr sowie die entsprechenden Verbrauchsmengen sind im Bescheid vom und jenem vom ident.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen den Berichtigungsbescheid vom am Beschwerde, welche mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom abgewiesen wurde. Daraufhin stellte die Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag.

Die belangte Behörde erklärte den fehlerhaften Bescheid vom damit, dass durch einen Programmfehler im Verrechnungssystem unter den Zeilen "minus vorgeschriebene Teilzahlungen Wasser" und "minus vorgeschriebene Teilzahlungen Abwasser" im Gebührenbescheid vom zudem eine weitere Leerzeile mit dem €-Betrag aus "minus vorgeschriebene Teilzahlungen Wasser" eingefügt und bei der Zeile "Abrechnungsbetrag", und in weiterer Folge bei der Zeile" zu zahlender Gesamtbetrag oder Gutschrift", rechnerisch auch berücksichtigt wurde.

Nicht bestritten wurden von der Beschwerdeführerin die verbrauchten Wasser- und Abwassermengen bzw. die sich daraus ergebenden festgesetzten Beträge.

Beweiswürdigung

Der dargestellte Verfahrensgang und die Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus der Aktenlage und den vom Bundesfinanzgericht eingesehenen Unterlagen. Die obigen Sachverhaltsdarstellungen sind allesamt aktenkundig. Dagegen sprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 20 WVG Wiener Wasserversorgungsgesetz lautet:

(1) Vom Wasserabnehmer bzw. von der Wasserabnehmerin sind für das abgegebene Wasser Wasserbezugsgebühren und für die Beistellung und laufende Instandhaltung der Wasserzähler Wasserzählergebühren zu entrichten.

(1a) Keine Wasserbezugsgebühren sind zu entrichten, wenn

1.die Wasserentnahme für Feuerlöschzwecke erfolgt. Der Wasserbezug für Feuerlöschzwecke ist bei gezählten Feuerlöschleitungen vom Wasserabnehmer bzw. von der Wasserabnehmerin durch geeignete Unterlagen (zB Protokoll über Feuerwehreinsatz) nachzuweisen.

2.die Wassermengen auf Grund von Schäden oder Gebrechen an der Wasserzähleranlage, die durch die Stadt Wien bzw. durch in ihrem Auftrag handelnde Personen verschuldet wurden, ohne Verschulden des Wasserabnehmers bzw. der Wasserabnehmerin verbraucht wurden.

(2) Die Stadt Wien als Gemeinde wird ermächtigt, für den Bezug von Wasser und für die Beistellung und laufende Instandhaltung der Wasserzähler, Gebühren auf Grund eines Gemeinderatsbeschlusses einzuheben. Die Wasserbezugsgebühren sind durch Multiplikation der Gebühr für einen Kubikmeter Wasser mit der Kubikmeteranzahl der bezogenen Wassermenge zu errechnen. Die Wasserzählergebühren sind mit einem festen Jahresbetrag festzusetzen. Der mutmaßliche Jahresertrag dieser Gebühren darf das doppelte Jahreserfordernis für die Erhaltung und den Betrieb der benützten Einrichtungen sowie für die Verzinsung und Tilgung der Errichtungskosten unter Berücksichtigung einer der Art der Einrichtungen entsprechenden Lebensdauer nicht übersteigen.

(3) Die Ermächtigung nach Abs. 2 ist nur anwendbar, sofern die auf Basis des § 7 Abs. 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45, in der Fassung des Gesetzes BGBl. I Nr. 51/2012, bundesgesetzlich bestehende Ermächtigung oder eine an deren Stelle tretende Ermächtigung zur Einhebung dieser Gebühren entfällt oder eingeschränkt wird.

(4) Die Wasserbezugsgebühren und die Wasserzählergebühren können gestaffelt werden. Die Staffelung der Wasserbezugsgebühren kann sich auf die Höhe des Wasserverbrauches, auf die Verwendung des Wassers in erwerbswirtschaftlichen Betrieben, insbesondere in solchen, bei denen das Wasser einen wesentlichen Faktor darstellt, in Krankenanstalten, in Kleingartenanlagen oder zu Bauzwecken beziehen. Die Staffelung der Wasserzählergebühren kann nach der Anschlussgröße und der Bauart der Wasserzähler vorgenommen werden.

(5) außer Kraft; LGBl. für Wien Nr. 68/2021.

(6) In der Wassergebührenordnung kann der Magistrat ermächtigt werden, Wasserabnehmern bzw. Wasserabnehmerinnen, denen ein niedrigerer Satz an Wasserbezugsgebühren eingeräumt ist, für Verrechnungsabschnitte, in denen sie ihrer Obsorgepflicht gemäß § 15 dieses Gesetzes nicht voll nachkommen, den Höchstsatz vorzuschreiben; die Vorschreibung mit dem Höchstsatz kann auch für immer oder für einen bestimmten Zeitraum im Falle einer von der Behörde festgestellten Verschwendung von Wasser erfolgen.

§ 11 KKG Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz lautet:

(1) Der Gebührenpflicht unterliegt die unmittelbare oder mittelbare Einleitung von Abwässern von innerhalb der Stadt Wien gelegenem Grundbesitz (§ 1 Grundsteuergesetz 1955) in einen öffentlichen Straßenkanal.

(2) Die Abwassergebühr ist nach der Menge des abgegebenen Abwassers zu bemessen und mit einem Betrag je Kubikmeter festzusetzen.

(3) Keine Gebühren sind zu entrichten, wenn

1.die Wasserentnahme für Feuerlöschzwecke erfolgt. Der Wasserbezug für Feuerlöschzwecke ist vom Gebührenschuldner bzw. von der Gebührenschuldnerin durch geeignete Unterlagen (zB Protokoll über Feuerwehreinsatz) nachzuweisen.

2.die Abwassermengen auf Grund von Schäden an der Wasserzähleranlage, die durch die Stadt Wien bzw. durch in ihrem Auftrag handelnde Personen verschuldet wurden, ohne Verschulden des Gebührenschuldners bzw. der Gebührenschuldnerin entstanden sind.

3.trotz Anschluss des Grundbesitzes an den öffentlichen Straßenkanal nachweislich keine Möglichkeit zur Einleitung von Abwassermengen in den öffentlichen Straßenkanal besteht. Entsprechende Nachweise sind vom Gebührenschuldner bzw. von der Gebührenschuldnerin zu erbringen. Das Wegfallen der Voraussetzungen für den Gebührenentfall ist vom Gebührenschuldner bzw. von der Gebührenschuldnerin dem Magistrat unverzüglich mitzuteilen.

§ 293 BAO lautet:

Die Abgabenbehörde kann auf Antrag einer Partei (§ 78) oder von Amts wegen in einem Bescheid unterlaufene Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbar auf einem ähnlichen Versehen beruhende tatsächliche oder ausschließlich auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten berichtigen.

§ 293 soll die Möglichkeit schaffen, Fehler zu berichtigen, die in einem Auseinanderklaffen von tatsächlichem Bescheidwillen und formeller Erklärung des Bescheidwillens bestehen (zB ; , 2008/15/0205; , 2010/15/0076; , Ra 2019/15/0123).

Ausschließlich auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten sind zB Fehler, die sich daraus ergeben, dass ein Finanzamt den Programmablauf, den sie mit einer bestimmten Eintragung in einem Eingabebogen auslöst, nicht kennt (, , , 2008/15/0280, ).

Solche "ADV-Fehler" können auch Programmfehler sein (Ellinger/Wetzel, BAO 223; FLD Wien, NÖ und Burgenland , SWK 2003, S. 286; aM Stoll, BAO 2822f.), allerdings nicht, wenn die Programmierung von unrichtigen rechtlichen Beurteilungen zB über die Berechnungsmethode bei begünstigten Einkommensteuersätzen ausgegangen ist (ebenso Ellinger, BAO § 293 Anm 14; BMF AÖF 2008/62, Abschnitt 1.5, ).

Nicht nach § 293 berichtigbar sind Fehler, die der Abgabenbehörde im Zuge ihrer Willensbildung unterlaufen (zB ; , 92/15/0128; , 2005/13/0020, 2005/13/0028; RV/0298-G/10). Daher sind unrichtige rechtliche Beurteilungen und Fehler der Beweiswürdigung keiner Berichtigung gem § 293 zugänglich (), ebenso nicht durch Übersehen von Aktenteilen entstandene Fehler (vgl Stoll, BAO, 2818; ; , RV/0224-I/05). in Ritz/Koran, BAO7, § 293 Rz 7, 8).

Bei der Ermessensübung ist darauf Bedacht zu nehmen, ob sich aus der Berichtigung für die Partei wesentliche Auswirkungen ergeben. Fehler sind mit allen vom Gesetz vorgesehenen Mitteln zu beseitigen (; , 2008/16/0055, 2008/16/0086); dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit ist gegenüber jenem der Rechtsbeständigkeit der Vorrang einzuräumen (zB ). Dies gilt unabhängig davon, ob die Berichtigung sich zu Gunsten oder Ungunsten der Partei auswirken würde (BMF, AÖF 2008/62, Abschn 4; in Ritz/Koran, BAO7, § 293 Rz 10).

Nach § 302 Abs 1 BAO sind Abänderungen, Zurücknahmen und Aufhebungen von Bescheiden bis zum Ablauf der Verjährungsfrist zulässig. Dies gilt auch für Berichtigungen gem § 293.

Erwägungen:

Die Einrichtung des § 293 BAO dient der Beseitigung des infolge bestimmter Fehlerquellen gegen den Willen der Behörde entstandenen erkennbaren Auseinanderklaffens von Bescheidabsicht und formeller Erklärung des Bescheidwillens. Dabei trägt die Bestimmung unter anderem dem Umstand Rechnung, dass auch bei der Verwendung einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage Fehler unterlaufen können, durch die bewirkt wird, dass der Bescheid anders lautet, als es die Abgabenbehörde beabsichtigt hat. Alle Fehler, die bei händischen Ausfertigungen zu solchen führen, die als offenkundige Unrichtigkeit zu bezeichnen sind, sind auch dann Unrichtigkeiten im Sinne des § 293 BAO, wenn sich die Behörde beim technischen Vorgang der Erstellung und Ausfertigung der Bescheide einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage bedient hat.

Wie die belangte Behörde darlegt, erfolgte im Oktober 2021 der Einsatz ein neues Verrechnungssystem für die Verrechnung und Verwaltung der Wasser- und Abwassergebühren. Die Gebührstellungen im Dezember 2021 und März 2022 verliefen fehlerlos, bei den Gebührenbescheiden vom trat - durch Arbeiten der externen Herstellerfirma - ein Programmfehler auf, welcher zu fehlerhaften Gebührenbescheiden führte. Dieser Fehler im Verrechnungssystem war für die Behörde nicht erkennbar und wirkte sich erst beim Datentransfer zur zentralen Druckstraße der Stadt Wien aus und wurde sohin erst durch Rückmeldungen der Kunden bekannt.

Die belangte Behörde konnten davon ausgehen, dass die EDV-Programmierung zu einer korrekten Gebührenberechnung und sohin Gebührenfestsetzung führt.

Führt der Programmfehler zu anderen Ergebnissen, als dies der erkennbaren Absicht der Bescheidbehörde entspricht, treten also durch den programmierten Ablauf Folgen ein, die im (ausgedruckten) Bescheid ihren Niederschlag finden, die aber dem Bescheidwillen der Behörde nicht entsprechen, dann handelt es sich um "auf den Einsatz einer automatisationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten", die nach § 293 BAO zu einer Fehlerberichtigung führen können.

Gegenständlich weicht der Bescheidwille der belangten Behörde von der im Programmablauf festgesetzten Wasser- und Abwassergebühr ab. Dass das EDV-System den Abzug der bereits vorgeschriebenen Teilzahlungen für Wasser nochmals in gleicher Höhe vornimmt und sich dieser Fehler sowohl auf den Abrechnungsbetrag als auch auf den zu zahlenden Gesamtbetrag bzw. die Gutschrift auswirkt, war von der belangten Behörde weder so gewollt noch zum Zeitpunkt der Bescheiderstellung erkennbar. Jedoch ist problemlos und für Jedermann - aus dem Bescheid vom erkennbar, dass ein weiterer Abzug in Höhe von € 943,48 ohne Zuordnung bzw. ohne ersichtlichen Grund für diesen (nochmaligen) Abzug erfolgte und dies offensichtlich nicht korrekt sein kann.

Die Argumentation der Beschwerdeführerin wonach sie das Guthaben aus dem Bescheid vom vollinhaltlich anerkannt habe und für den Fall eines Fehlers dies als Nachlässigkeit der Behörde zu werten sei, führt nicht zum Erfolg. Einerseits kann ein fehlerhafter Bescheid innerhalb der Verjährungsfrist korrigiert werden, andererseits musste es auch für die Beschwerdeführerin erkennbar sein, dass hier ein Fehler vorliegt, einerseits im Bescheid vom ein zusätzlicher Betrag ohne Zuordnung in Abzug gebracht wurde und andererseits die Gutschrift im Bescheid vom nicht mit dem zu zahlenden Betrag im Einzahlungsdatenblatt übereinstimmte. Die Frage einer möglichen Schuld stellt sich in gegenständlichem Fall nicht, ebensowenig ob durch Testen der Fehler hätte vermieden werden können. Tatsache ist, dass objektiv ein Software-Fehler vorgelegen hat, der aufgrund des nochmaligen Abzuges der Wasser-Teilzahlung - alle anderen davor genannten Summen sind korrekt - zum gegenständlichen falschen Berechnungsergebnis führte.

Der Beschwerdeführerin ist insoweit zuzustimmen, als sie ausführt, dass "Software funktioniert, oder eben nicht". Tatsache ist, dass sie im gegenständlichen Fall nicht korrekt funktionierte, weshalb bei der gegenständlichen Sachlage nach Ansicht des BFG ein (sogar offensichtlicher und für Jedermann erkennbarer) Fehler des Bescheides vorliegt, der nach den Bestimmungen des § 293 BAO ausschließlich auf dem Einsatz einer automatisationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruht.

Dass die belangte Behörde von dem ihr bei der Anwendung des § 293 BAO eingeräumten Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hätte, zeigt die Beschwerde nicht auf. Fehler sind jedenfalls mit allen vom Gesetz vorgesehenen Mitteln zu beseitigen; dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit ist gegenüber jenem der Rechtsbeständigkeit der Vorrang einzuräumen (vgl. Ritz/Koran, BAO7 Kommentar6, § 293 Tz 10). Die Auswirkungen des Fehlers - die Berichtigung führte zu einem zu zahlenden Gesamtbetrag in Höhe von € 933,11 anstatt einer Gutschrift von € 10,37 - sind auch nicht geringfügig.

In der durch die belangte Behörde erfolgten Berichtigung des Bescheides kann daher keine Rechtswidrigkeit erkannt werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzungen treffen im Beschwerdefall nicht zu. Die Entscheidung ist im Einklang mit der angesprochenen umfangreichen, ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wurde.

Demzufolge ist die Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 302 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 WVG, Wiener Wasserversorgungsgesetz 1960, LGBl. Nr. 10/1960
§ 293 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 11 KKG, Wiener Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz, LGBl. Nr. 02/1978
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7400058.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at