Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 05.10.2022, RV/7400031/2017

Bescheidadressat nach Eröffnung des Konkursverfahrens

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Norbert Weber, Pframa 75, 2305 Eckartsau, betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide des Magistrats der Stadt Wien, Magistratssabteilung 31 Wiener Wasser, vom

  1. betreffend Abwassergebühren,

  2. betreffend Wasser- und Abwassergebühren und

  3. betreffend Wasser- und Abwassergebühren

beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensgang

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom , ***1***, bekannt gemacht am , wurde über das Vermögen der Beschwerdeführerin das Konkursverfahren eröffnet und Herr Dr. MV zum Masseverwalter bestellt. Mit am selben Tag bekannt gemachten Beschluss vom wurde der Konkurs mangels Kostendeckung wieder aufgehoben.

Die streitgegenständlichen Bescheide sind datiert mit , und und wurden vom Magistrat der Stadt Wien wie folgt adressiert:

"***Bf1***
zu Handen Dr. MV als Masserverwalter"

Mit E-Mail vom wurde gegen diese Bescheide Beschwerde erhoben.

Die gegen die Bescheide vom und erhobene Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als verspätet zurückgewiesen, die gegen den Bescheid vom erhobene Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.

Mit E-Mail vom wurde ein Vorlageantrag eingebracht.

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Die Zuständigkeit der Gerichtsabteilung 1046 zur Entscheidung über die Beschwerde vom fußt auf der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom , mit welcher die gegenständliche Rechtssache der bisher zuständigen Gerichtsabteilung abgenommen worden ist. Die Umverteilung trat mit in Kraft.

Beweiswürdigung

Das dargestellte Verwaltungsgeschehen ergibt sich aus den im Akt befindlichen Schriftstücken und fußt betreffend die Eröffnung und Aufhebung des Konkursverfahrens auf dem Firmenbuchauszug sowie auf den im Verwaltungsakt befindlichen Insolvenzreport vom .

Rechtsgrundlagen und rechtliche Würdigung

Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie

  1. nicht zulässig ist oder

  2. nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Durch Eröffnung des Konkursverfahrens wird das gesamte, der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Gemeinschuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Konkursverfahrens erlangt (Konkursmasse), dessen freier Verfügung entzogen (§ 2 Abs. 2 IO). Der Masseverwalter ist für die Zeit seiner Bestellung betreffend die Konkursmasse - soweit die Befugnisse des Gemeinschuldners beschränkt sind - gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners iSd § 80 BAO (vgl. Ritz, BAO7, § 80 Tz 3a, und die dort zitierte Judikatur). Auch in einem Abgabenverfahren tritt nach der Eröffnung des Konkursverfahrens der Masseverwalter an die Stelle des Gemeinschuldners, soweit es sich um Aktiv- oder Passivbestandteile der Konkursmasse handelt. Die Abgaben sind daher während des Konkursverfahrens gegenüber dem Masseverwalter, der insofern den Gemeinschuldner repräsentiert, festzusetzen (; ; ).

Gemäß § 2 Abs. 1 IO treten die Rechtswirkungen der Konkurseröffnung mit Beginn des Tages ein, der der öffentlichen Bekanntmachung des Inhalts des Konkursedikts folgt.

Im vorliegenden Fall wurden die als Bescheide intendierten Erledigungen nach Eröffnung des Konkursverfahrens erlassen und an die Beschwerdeführerin zu Handen ihres Masseverwalters adressiert.

In Anbetracht der obigen Ausführungen stellen daher die als Bescheide intendierten Erledigungen keine wirksamen Bescheide dar. Diese Erledigungen konnten gegenüber der Schuldnerin nicht wirksam erlassen werden. Die Erledigungen wären richtigerweise an den Masseverwalter und nicht an die Schuldnerin zu richten und dem Masseverwalter zuzustellen gewesen. An die Schuldnerin vertreten durch (bzw. zu Handen) des Masseverwalters adressierte Erledigungen sind nicht an den Masseverwalter, sondern an den Schuldner gerichtet. Durch die bloße Zustellung der an die Schuldnerin gerichteten Erledigungen an den Masseverwalter sind sie dem Masseverwalter gegenüber jedoch nicht wirksam geworden (; ; ). Es liegen sohin keine wirksam ergangenen Bescheide vor.

Mit Beschwerde anfechtbar sind nur Bescheide. Bescheidbeschwerden gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter sind daher als unzulässig zurückzuweisen (Ritz, BAO7, § 260 Tz 8 und die dort zitierte Judikatur).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage und des Umstandes, dass mit am selben Tag bekannt gemachten Beschluss des Handelsgerichts Wien vom Herr Dr. MV zum Masseverwalter bestellt wurde, sind die Bescheide des Magistrats der Stadt Wien vom , und nicht wirksam erlassen worden und vermochten somit gegenüber dem Masseverwalter keine Rechtswirkungen zu entfalten.

Da die Bescheide der belangen Behörde nicht wirksam geworden sind, war die dagegen gerichtete Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

Gemäß § 274 Abs. 3 Z 1 iVm Abs. 5 BAO kann im Falle, dass eine Beschwerde als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen ist, von einer beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Das Absehen von der beantragten mündlichen Verhandlung liegt im Ermessen und ist verfahrensökonomisch zweckmäßig. Eine Unbilligkeit des Absehens von der mündlichen Verhandlung ist nicht erkennbar. Daher wird das Ermessen dahingehend geübt, dass von der mündlichen Verhandlung abgesehen wird.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall war das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu verneinen, weil das Bundesfinanzgericht bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Beschwerde der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt und sich die Rechtsfolge der Zurückweisung einer unzulässigen Beschwerde unmittelbar aus dem Gesetz ergibt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Abs. 2 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Abs. 1 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914
Verweise





ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7400031.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at