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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.10.2022, RV/3100020/2021

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - Unkenntnis einer elektronischen Zustellung

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2022/16/0112. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Christian Margreiter, Pfarrplatz 1, 6060 Hall/T, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 308 BAO)

zu Recht erkannt:

I.

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Eingabe vom begehrte die Antragstellerin durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erfüllung des mit Bescheid vom erteilten Mängelbehebungsauftrages.
Die Antragstellerin habe für die Tochter [Name] Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge bezogen. Mit Bescheid vom 13. Feber 2020 wären diese Zahlungen zurückgefordert worden und habe die Antragstellerin dagegen mit Schreiben vom Beschwerde erhoben. Das Finanzamt habe daraufhin einen Mängelbehebungsauftrag erlassen, welcher am elektronisch in die Databox zugestellt worden sei.
Die Antragstellerin habe keine Kenntnis von diesem Mängelbehebungsauftrag erlangt, weil ihr nicht bekannt gewesen sei, dass die Zustellung durch das Finanzamt gegenständlich auf elektronischem Wege erfolgt sei. Sämtliche Zustellungen durch das Finanzamt wären (bisher) stets per Post erfolgt.
Der Antragstellerin sei zwar bekannt gewesen, dass sie eine DataBox habe, sie habe aber nicht damit gerechnet, dass "plötzlich eine Zustellung auf elektronischem Weg" erfolge. Auch habe die Antragstellerin über die Zustellung an ihre DataBox keine Benachrichtigung per E-Mail erhalten.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wäre die Beschwerde sodann als zurückgenommen erklärt worden, weil dem Mängelbehebungsauftrag nicht entsprochen worden sei. Auch diese Zustellung wäre wieder per Post erfolgt.

Mit oben bereits angesprochener Eingabe vom wurde nunmehr ein Wiedereinsetzungsantrag betreffend die Versäumung der Frist zur Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages gestellt. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung lägen vor. Der Antrag wäre rechtzeitig und sei die Antragstellerin durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis verhindert gewesen, die Frist zur Mängelbehebung einzuhalten. Die Antragstellerin habe nicht damit rechnen müssen, dass eine Zustellung nicht (mehr) per Post, sondern elektronisch erfolge. Ein Verschulden läge nicht vor, allenfalls wäre von einer leichten Fahrlässigkeit auszugehen. Auf Grund der Tatsache, dass alle anderen Zustellungen per Post erfolgt seien, habe die Antragstellerin nicht damit rechnen müssen, dass eine Zustellung auf elektronischem Wege erfolgen könne. Mangels Benachrichtigung über die Zustellung in die DataBox habe sie auch keine Veranlassung gehabt, diese abzurufen. Sollte darin ein Verschulden zu sehen sein, handle es sich um einen Fehler, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begehe.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag abgewiesen. Der Mängelbehebungsauftrag wäre am rechtswirksam zugestellt worden. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung lägen nicht vor.

Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Neben einer Wiederholung der Ausführungen im Antrag wurde zugestanden, dass die Zustellung des Mängelbehebungsauftrages auf elektronischem Wege zulässig und wirksam gewesen sei. Aus diesem Grund wäre die Beschwerdevorentscheidung vom auch nicht bekämpft, sondern ein Wiedereinsetzungsantrag gestellt worden. Dem nunmehr bekämpften Bescheid fehle jede Begründung, aus welchen Gründen die Erstbehörde einen Wiedereinsetzungsgrund nicht für gegeben erachte. Auch wäre das Verfahren mangelhaft, weil die angebotene Einvernahme der Beschwerdeführerin nicht erfolgt sei und die Erstbehörde auch sonst kein Ermittlungsverfahren durchgeführt habe. Letztlich wäre zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin im Ausgangsverfahren unvertreten gewesen sei.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Das Finanzamt stellte nach auszugsweiser Wiedergabe der Ausführungen der Beschwerdeführerin den Verfahrensgang im Zusammenhang mit dem Rückforderungsbescheid vom 13. Feber 2020 dar.
In der Folge wurde auf Rechtsprechung zu den Begriffen "unvorhergesehen" und "unabwendbar", zur Unkenntnis einer gesetzmäßig bewirkten Zustellung sowie zu den Begriffen "grobes Verschulden" und "leichte Fahrlässigkeit" verwiesen.
Gegenständlich hätte die Beschwerdeführerin, die vom Bestehen der DataBox gewusst habe, auffallend sorglos gehandelt, da sie die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen habe. Sie sei Teilnehmerin bei FinanzOnline, wisse aber nicht mehr, ob sie eine Mailadresse hinterlegt habe und wenn ja, welche. Offensichtlich wisse sie auch nicht mehr, dass sie von der Möglichkeit der Benachrichtigung per Mail im Falle einer elektronischen Zustellung keinen Gebrauch gemacht habe. Daran zeige sich, dass es ihr an der zumutbaren Sorgfalt mangle und sie an der Frist ein grobes Verschulden treffe.
Dem Antrag auf Einvernahme zum Beweis, dass sie von der Zustellung des Mängelbehebungsauftrages mangels Abrufung der DataBox keine Kenntnis erlangt habe und dass sämtliche anderen Zustellungen durch das Finanzamt per Post erfolgt seien, werde nicht nachgekommen, da diese Tatsachen unstrittig seien. Ob sie ein Verschulden treffe, sei eine Rechtsfrage und könne durch eine Einvernahme nicht geklärt werden.

Daraufhin beantragte die Beschwerdeführerin ohne weitere Ausführungen durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführerin wurde in einem Rechtsmittelverfahren ein Mängelbehebungsauftrag am in ihre FinanzOnline-Databox elektronisch zugestellt.

Der Beschwerdeführerin war bekannt, dass sie eine DataBox hat.

Über die oa Zustellung erfolgte keine gesonderte Verständigung über E-Mail, da die Beschwerdeführerin zwar eine E-Mail-Adresse (XX.XX@XX.XX) bekannt gegeben hat, eine derartige Verständigung jedoch von ihr in FinanzOnline nicht aktiviert wurde.

Der Mängelbehebungsauftrag wurde rechtskonform und gültig zugestellt. Die darin gesetzte Frist zur Behebung der Mängel wurde versäumt.

Zustellungen von Erledigungen des Finanzamtes erfolgten bis zur Zustellung des Mängelbehebungsauftrages stets körperlich per Post. Auch die unbestritten gebliebene Beschwerdevorentscheidung, mit welcher das Rechtsmittel im oben angesprochenen Verfahren als zurückgenommen erklärt wurde, erging per Post.

2. Beweiswürdigung

Der oben dargestellte Sachverhalt ergibt sich unbestritten aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Streitgegenständlich im vorliegenden Fall ist, ob hinsichtlich der Versäumung der Frist zur Beantwortung eines Mängelbehebungsauftrages eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist.

Dazu regelt § 308 Abs 1 BAO, dass gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110 BAO) oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen ist, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss nach Abs 3 der genannten Bestimmung binnen einer Frist von drei Monaten nach Aufhören des Hindernisses bei der Behörde (Abgabenbehörde oder Verwaltungsgericht), bei der die Frist wahrzunehmen war bzw bei der die Verhandlung stattfinden sollte, eingebracht werden. … Im Fall der Versäumung einer Frist hat der Antragsteller spätestens gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag die versäumte Handlung nachzuholen.

Nach dieser Bestimmung ist somit eine Wiedereinsetzung zu bewilligen, wenn eine Frist durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis versäumt wurde.

§ 309a BAO normiert, dass der Wiedereinsetzungsantrag zu enthalten hat:
a) die Bezeichnung der versäumten Frist oder der versäumten mündlichen Verhandlung;
b) die Bezeichnung des unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses (§ 308 Abs 1 BAO);
c) die Angaben, die zur Beurteilung des fehlenden groben Verschuldens an der Fristversäumung oder der Versäumung der mündlichen Verhandlung notwendig sind;
d) die Angaben, die zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Antrags notwendig sind.

Die Beschwerdeführerin sieht darin, dass sie vom Mängelbehebungsauftrag keine Kenntnis erlangt hat, weil die Zustellung in die DataBox und nicht per Post erfolgt und ihr auch keine Benachrichtigung über die Zustellung zugegangen ist, ein "unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis". Damit kommt sie ihrer Verpflichtung nach § 309a BAO nach und setzt den Rahmen der vorzunehmenden Prüfung (vgl , mwN).

Ein Ereignis ist dann "unvorhergesehen", wenn die Partei es nicht einberechnet hat und seinen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die ihr zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwarten konnte. Es ist "unabwendbar", wenn es die Partei mit den einem Durchschnittsmenschen zur Verfügung stehenden Mitteln nicht verhindern konnte, auch wenn sie dessen Eintritt voraussah. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen. Ein/e Wiedereinsetzungswerber/in darf also nicht auffallend sorglos gehandelt, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihr/ihm nach ihren/seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (vgl , sowie Ritz, BAO6, § 308 Tz 10).

Die Beschwerdeführerin hat in ihren Eingaben zugestanden, dass sie Kenntnis von der Existenz der DataBox hatte. Auch wird nicht bestritten, dass die Zustellung in diese DataBox eine gesetzmäßig bewirkte Bekanntgabe darstellt (§ 97 BAO). Ebenso nicht strittig ist, dass die Beschwerdeführerin von dieser Zustellung keine Kenntnis erlangte.
Dazu ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass die Unkenntnis einer gesetzmäßig bewirkten Zustellung (zB durch Hinterlegung) - in Ausnahmefällen - ein Ereignis iSd § 308 BAO sein (vgl , oder ) darstellen kann.
Grundlage für diese Rechtsprechung war wohl, dass zu diesem Zeitpunkt eine Zustellung mit Zustellnachweis regelmäßig das Antreffen einer zur Übernahme berechtigten Person an der Abgabestelle voraussetzte. Wurde niemand angetroffen, war das Schriftstück zu hinterlegen und darüber eine Verständigung an der Abgabestelle zu hinterlassen. Eine wirksame Zustellung liegt in diesem Zusammenhang aber nach dem klaren Gesetzestext und der darauf beruhenden Rechtsprechung (, ) selbst dann vor, wenn die Verständigung beschädigt oder entfernt worden ist (§ 17 Abs 4 ZustG). Im oben erwähnten Erkenntnis vom hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang ganz allgemein gehalten auf die Möglichkeit zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages hingewiesen, ohne jedoch - weil auch nicht verfahrensgegenständlich - nähere Aussagen über allfällige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Antragsstellung zu machen.

Die Unkenntnis alleine rechtfertigt jedoch nach dem klaren Gesetzestext die Wiedereinsetzung noch nicht. Vielmehr ist zu untersuchen, ob diese Unkenntnis auf ein Verschulden der die Wiedereinsetzung anstrebenden Person zurückzuführen ist, der über einen minderen Grad des Versehens hinausgeht.
Der Begriff des minderen Grads des Versehens wird nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als leichte Fahrlässigkeit verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (vgl etwa , , mwN, und ).

Dazu ist festzuhalten, dass die Teilnahme an FinanzOnline nicht automatisch erfolgt, sondern eine Anmeldung bzw Registrierung voraussetzt. Im Rahmen dieser Registrierung muss eine gültige E-Mail-Adresse ebenso bekannt gegeben werden, wie ob eine Verständigung über elektronisch übermittelte Erledigungen mittels Mail erfolgen soll. Alternativ kann - im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten - auch auf die elektronische Zustellung vollständig verzichtet werden. Ein derartiger Verzicht ist jederzeit auch später möglich.

Wenn sich die Beschwerdeführerin als Teilnehmerin von FinanzOnline registriert und auch Kenntnis vom Bestehen einer DataBox hat, aber weder auf die elektronische Zustellung verzichtet (§ 5b Abs 3 FOnV 2006), noch ausreichende Maßnahmen setzt, dass sie zeitgerecht Kenntnis über elektronische Zustellungen erlangt, handelt nicht nur schuldhaft, sondern geht dieses Verschulden über einen minderen Grad des Versehens hinaus.
Die elektronische Zustellung, somit die Bekanntgabe amtlicher Erledigungen, löst regelmäßig Fristen aus, die gegebenenfalls von den Empfängerinnen bzw Empfängern derselben einzuhalten sind, um Rechtsnachteile vermeiden zu können. Dieser Umstand ist nicht nur weitesthin bekannt, sondern wird auch im Rahmen der Aktivierung und Teilnahme an FinanzOnline klar darauf hingewiesen. Aus diesem Grund wird von einem sorgfältigen und vorausschauenden Menschen entweder eine Erinnerung mittels gesondertem Mail angefordert, was den an sich üblichen Verhaltensweisen entspricht, oder besteht das Bewusstsein, dass man auf andere Weise Vorsorge zu treffen hat, dass elektronische Zustellungen nicht übersehen werden. Dies könnte beispielsweise durch regelmäßigen Aufruf der DataBox erfolgen. Dabei handelt es sich nicht um eine komplexe Vorgangsweise oder ist dafür (höheres) fachliches Wissen erforderlich, weshalb der Umstand, dass die Beschwerdeführerin unvertreten war, hier auch nicht von entscheidender Bedeutung sein kann. Dass der Beschwerdeführerin, wie sie im Antrag auf Wiedereinsetzung selbst ausführt, nicht einmal mehr bekannt ist, dass sie in ihrem "FinanzOnline-Konto" eine E-Mail-Adresse hinterlegt hat, ist ein zusätzliches Indiz für ihren auffallend sorglosen Umgang.

Wenn die Beschwerdeführerin darauf hinweist, dass alle Zustellungen vor dem Mängelbehebungsauftrag, aber auch die Beschwerdevorentscheidung vom nicht per DataBox, sondern per Post erfolgten, exkulpiert diese nicht. Nach § 5b Abs 1 FOnV haben die Abgabenbehörden Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, (nur) nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten elektronisch vorzunehmen. Es ist somit nicht entscheidend, ob das Finanzamt andere Erledigungen per Post zustellen ließ; entscheidend ist vielmehr, dass die Beschwerdeführerin (unstrittig) darüber in Kenntnis war, dass sie über eine DataBox für elektronische Zustellungen verfügt und nicht einmal ansatzweise entsprechende Vorkehrungen dafür getroffen hat, dass sie über elektronische Zustellungen Kenntnis erlangt.

Auch ein Rechtsirrtum (Unkenntnis von Rechtsvorschriften) könnte ein Ereignis darstellen, welches einen Antragsteller gehindert hat, eine Frist zu wahren. Bei einem Rechtsirrtum oder einer Unkenntnis der Rechtsvorschriften stellt sich die Frage, ob dieses Ereignis allerdings unvorhergesehen oder unabwendbar gewesen ist. In diese Richtung zielen auch die Aussagen des Gerichtshofes, dass sich der Normunterworfene über die Rechtslage erkundigen kann. In Ausnahmefällen jedoch könnte es sein, dass ein solcher Rechtsirrtum auch ein unabwendbares Ereignis im Sinn des § 308 BAO darstellt (vgl ).
Auch außerhalb des Bereichs des Abgabenverfahrens hat der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis (dort zu § 46 VwGG), festgehalten, nach der neueren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könne auch ein Rechtsirrtum (Unkenntnis von Rechtsvorschriften) einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen, wenn die weiteren Voraussetzungen, insbesondere mangelndes oder nur leichtes Verschulden, vorliegen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat auch im Erkenntnis , ausgesprochen, dass Rechtsunkenntnis und Rechtsirrtum in Ausnahmefällen ein maßgebliches Ereignis im Sinn des § 308 BAO sein können.
Gleiches ergibt sich aus dem Erkenntnis , mit dem der Verwaltungsgerichtshof zu § 308 Abs 1 BAO ausgesprochen hat, dass ein Rechtsirrtum ein maßgebliches Ereignis sein könne und im Einzelfall die Verschuldensfrage zu prüfen sei. Ein aus einer unrichtigen Rechtsauskunft eines behördlichen Organs resultierender Rechtsirrtum könne einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen, führte der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich aus.

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin jedoch in keiner Weise, dass sie nicht gewusst hätte, dass Zustellungen in die ihr bekannte DataBox rechtswirksam erfolgen können, oder sie einem sonstigen Rechtsirrtum unterlegen sei. Vielmehr hat sie - was durch ihre Ausführungen im gegenständlichen Verfahren letztlich nur bestätigt wird - ganz offensichtlich nicht die notwendige und zumutbare Ernsthaftigkeit im Zusammenhang mit dem elektronischen Rechtsverkehr an den Tag gelegt, was auch im Fall einer Rechtsunkenntnis bzw eines Rechtsirrtums einer darauf bezogenen Wiedereinsetzung entgegenstehen würde.

Damit steht aber fest, dass die Entscheidung des Finanzamtes im vorliegenden Fall die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu verwehren nicht zu beanstanden und die vorliegende Beschwerde daher abzuweisen ist.

Abschließend wird zur Information noch auf die ständige Rechtsprechung zur Problematik "Familienbeihilfenanspruch bei ständigem Aufenthalt im Ausland" hingewiesen (vgl zB UFSI , RV/0267-I/12, oder , mit weiteren Hinweisen auf die höchstgerichtliche Judikatur).

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage, ob ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne grobes Verschulden der Partei zur Fristversäumung geführt hat oder ob ein Wiedereinsetzungsgrund ausreichend bescheinigt ist, unterliegt grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes und stellt daher regelmäßig keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar (vgl , mwN).

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 308 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 5b Abs. 3 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100020.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at