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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 29.07.2022, RV/7101593/2022

Kein grobes Verschulden im Sinne des § 217 Abs. 7 BAO bei Unmöglichkeit der Zahlung am Fälligkeitstag.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache
***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch RBP Steuerberatung KG, Ernst-Mach-Straße 1, 7100 Neusiedl/See, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Gemäß § 217 Abs. 7 BAO wird ein Säumniszuschlag von der Umsatzsteuer 12/2021 nicht festgesetzt und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom setzte das ***FA*** gemäß § 217 Abs. 1 und 2 BAO gegenüber der nunmehrigen Beschwerdeführerin Fa. ***Bf1*** (in der Folge kurz Bf. genannt) einen ersten Säumniszuschlag von der Umsatzsteuer 12/2021 (€ 43.311,10) in Höhe von € 866,22 fest.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die Festsetzung sei erforderlich gewesen, weil die oben angeführte Abgabenschuldigkeit nicht bis entrichtet worden sei.

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Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegend frist- und formgerechte Beschwerde vom , mit der wie folgt ausgeführt wird:

"Der Antrag erfolgt fristgerecht, da seit der Zustellung des Bescheids am noch keine vier Wochen verstrichen sind.

Sachverhalt

Am wurde die Umsatzsteuervoranmeldung für den Monat 12/2021 fristgerecht mit einer Zahllast in Höhe von Euro 46.163,81 an das Finanzamtskonto übermittelt.

Aufgrund außergewöhnlicher Umstände wurde erst am vom steuerlichen Vertreter ein Stundungsantrag hinsichtlich der resultierenden Abgabenschuld gestellt. Dieser wurde per Bescheid vom bewilligt.

Die Behörde hat dennoch per einen Säumniszuschlag iHv EUR 866,22 für die U12/2021 festgesetzt.

Begründung

Analog der Begründung für die zuvor bereits bewilligte ZE ist vorzubringen: Ein Großkunde (X-GmbH) wartet noch immer auf die Auszahlung des Erlöses aus einem bereits abgewickelten Immobilienverkauf durch den Treuhänder (Notar); es mangelte daher auch bei der ***Bf1*** vorübergehend an entsprechender Liquidität um die dzt. offene Abgabenschuld sofort zu bedienen. Es ist vereinbart, dass der Abgabenschuldner unmittelbar aus dem Zufluss des Treuhandkontos befriedigt werden soll.

Da im konkreten Fall die grundbücherliche Erledigung wider aller statistischer Erwartung bereits länger als zwei Monate andauert und dem Abgabepflichtigen bzw. dessen Schuldner keinerlei Einflussnahme auf das (Nicht-)Gebahren der staatlichen Gerichte zukommt, kann kein grobes Verschulden vorgeworfen werden; zudem darf jeder rechtstreue Steuerzahler davon ausgehen, dass die staatlichen Behörden deren gesetzliche Pflichten bzw. Aufgaben innerhalb angemessener Frist erledigen.

Zudem hat der beauftragte sachverständige Notar auf konkrete Nachfrage hin beauskunftet, dass eine Erledigung bis zum Fristablauf nach aller Erfahrung zu erwarten war und kam die Nichterledigung durch das Grundbuchsgericht insoferne überraschend für den Steuerpflichtigen bzw. dessen Schuldner.

Vorangegangene Säumnis

Ein Verweis der Abgabenbehörde auf vorangegangene Versäumnisse, ist gemäß § 217 Abs. 7 BAO kein Tatbestandsmerkmal dafür, dass eine Herabsetzung des Säumniszuschlages verwehrt werden kann.

Gemäß § 217 Abs. 7 BAO ist eine Herabsetzung des Säumniszuschlages nur dann schädlich, wenn der verspäteten Zahlung ein grobes Verschulden zugrunde liegt. Diese Rechtsmeinung geht auch aus dem VwGH Erkenntnis vom (2008/15/0305) hervor, bei dem eingehend darauf hingewiesen wurde, dass vorangegangene Säumnisse bzw. Nicht-Säumnisse für die Herabsetzung bzw. Unterlassung der Festsetzung des Säumniszuschlages nicht entscheidend sind. Relevant ist lediglich, ob grobes Verschulden zur Versäumung der konkreten Frist geführt hat.

Grobes Verschulden

Der VwGH führt in seinen Erkenntnissen regelmäßig an, dass grobes Verschulden dann vorliegt, wenn auffallend(l) sorglos gehandelt wird. Grobes Verschulden fehlt jedenfalls dann, "wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt" (vgl. Ritz, BA03, §217, Tz 43).

Leichte Fahrlässigkeit

Kommt es zu Fehlern, die gelegentlich auch einem sorgfältigen Menschen unterlaufen, spricht man von leichter Fahrlässigkeit (vgl. VwGH, Erkenntnis , 2008/15/0305). Im Sinne des § 1332 ABGB wird unter leichter Fahrlässigkeit der "mindere Grad des Versehens" verstanden.

In diesem Zusammenhang möchten wir speziell darauf hinweisen, dass gerade der Gesetzgeber mit der Novelle BGBl. I Nr. 142/2000, mit der § 217 Abs. 7 BAO eingefügt wurde, offensichtlich wollte, dass ein Säumniszuschlag nur bei Fristversäumung durch auffallend sorgloses Handeln und damit groben Verschuldens verhängt wird und nicht bereits bei leichter Fahrlässigkeit (vgl. Erkenntnis ).

Bezugnehmend auf oben angeführte Erkenntnisse möchten wir darauf verweisen, dass weder unserem Mandanten noch uns als Vertreter ein grobes Verschulden anzulasten ist.

Das Übersehen einer Frist kann dementsprechend nicht als grobes Verschulden angesehen werden. Es ist vielmehr ein Fehler, der auch einem ansonsten sorgfältigen Menschen unterlaufen könnte.

In diesem Zusammenhang möchten wir hervorheben, dass der Abgabenschuldner seine Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Fiskus in aller Regel fristgerecht erfüllt hat und niemals Ausfälle für den Fiskus entstanden sind.

Wir stellen daher den Antrag auf Aufhebung des ggst. Säumniszuschlags in Höhe von insgesamt € 866,22 und zudem hinsichtlich desselben Betrags auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO bis zur Erledigung der Beschwerde und verweisen zur Begründung auf unsere vorgebrachte Beschwerde."

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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das ***FA*** die Beschwerde als unbegründet ab.

Zur Begründung wurde wie folgt ausgeführt:

"Wird gemäß § 217 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so tritt mit Ablauf dieses Tages die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ein.

Diese grundsätzliche Regelung berücksichtigt keine Gründe, aus denen im Einzelfall eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten ist.

Säumniszuschläge sind gemäß § 217 Abs. 4 BAO für Abgabenschulden ua. insoweit nicht zu entrichten, als ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 BAO gehemmt ist oder ein Zahlungsaufschub im Sinne des § 212 Abs. 2 zweiter Satz BAO besteht.

Der Zweck des Säumniszuschlages liegt darin, die pünktliche Tilgung von Abgabenschuldigkeiten sicherzustellen.

Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages entsteht gemäß § 217 Abs. 5 BAO nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung gemäß § 213 mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat.

Die Umsatzsteuer 12/2021 in Höhe von € 46.163,81 war am fällig. Das Einreichdatum der Umsatzsteuervoranmeldung ist für die Entrichtung unerheblich. Das Ansuchen um Zahlungserleichterung wurde um einen Tag verspätet, also am , eingebracht.

Ein Zahlungserleichterungsansuchen ist zeitgerecht im Sinne des § 230 Abs. 3 BAO, wenn es vor Ablauf der für die Entrichtung der Abgabe zur Verfügung stehenden Frist oder während der Dauer eines diese Abgabe betreffenden Zahlungsaufschubes im Sinne des § 212 Abs. 2 zweiter Satz BAO eingebracht wird. § 108 Abs. 4 BAO, wonach die Tage des Postlaufes in die Frist nicht einzurechnen sind, ist anzuwenden.

Der in Verbindung mit der Beschwerde eingebrachte Antrag auf § 217 (7) BAO wird ebenfalls abgewiesen.

Das Antragsrecht auf Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung von Säumniszuschlägen iSd. § 217 (7) BAO setzt voraus, dass den Abgabepflichtigen kein grobes Verschulden an der Säumnis trifft.

Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt. Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Keine leichte Fahrlässigkeit liegt aber vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt. Auffallend sorglos handelt, wer die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche, und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt, (vgl. )

Die Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung eines Säumniszuschlages gemäß § 217 (7) BAO bei fehlendem grobem Verschulden an der Säumnis stellt eine Begünstigung dar. Bei Begünstigungstatbeständen tritt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund.

Derjenige, der eine Begünstigung in Anspruch nehmen will, hat selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann und muss von sich aus alle Beweise vorlegen (vgl. ).

Es entspricht ebenso der ständigen Rechtsprechung, dass die Büroorganisation dem Mindesterfordernis einer sorgfältigen Organisation zu entsprechen hat. Dazu gehört insbesondere die Vormerkung von Fristen und die Vorsorge durch entsprechende Kontrollen, dass Unzulänglichkeiten zufolge menschlichen Versagens voraussichtlich auszuschließen sind.

Ein sorgfältiger Mensch würde mit besonderer Akribie auf die rechtzeitige Entrichtung bzw. die rechtzeitige Einbringung eines Stundungs- oder Zahlungserleichterungsansuchens achten.

Gemäß § 236 Abs. 1 Bundesabgabenordnung können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

Die Unbilligkeit im Sinne des § 236 Abs. 1 Bundesabgabenordnung und § 236 Abs. 2 Bundesabgabenordnung kann eine sachliche oder persönliche sein.

Sachliche Unbilligkeit einer Abgabeneinhebung liegt vor, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes ein vom Gesetzgeber nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt und dieses zu einem unproportionalen Vermögenseingriff beim Steuerpflichtigen führt. Das Vorliegen einer sachlichen Unbilligkeit kann aus der vorliegenden Antragsbegründung nicht erblickt werden.

Persönliche Unbilligkeiten sind anzunehmen, wenn die Einhebung der Abgaben, also die Einziehung, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, insbesondere das Vermögen und das Einkommen des Abgabeschuldners in besonderer Weise unverhältnismäßig beeinträchtigen. Die deutlichste Form der persönlichen Unbilligkeit ist daher die Existenzgefährdung. Diese kann jedoch der Antragsbegründung und der Aktenlage nicht entnommen werden.

Der Säumniszuschlag in Höhe von € 866,22 besteht zu Recht."

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Mit Schriftsatz vom stellte die Bf. den Antrag auf Vorlage der Beschwerdevorentscheidung an das Bundesfinanzgericht und führte wie folgt aus:

"Wir beantragen den Bescheid über die Festsetzung des Säumniszuschlages aufzuheben und somit die Herabsetzung des Säumniszuschläge auf EUR 0,00.

Weiters stellen wir den
Antrag gemäß § 272 Abs 2 Z 1 lit b) BAO auf Entscheidung durch den Senat, sowie den
Antrag gemäß § 274 Abs 1 Z 1 lit b) BAO auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Die Beschwerdeführerin ersucht höflichst um die Abhaltung eines Erörterungstermins iSd § 269 Abs. 3 BAO.

Wir beantragen schließlich für einen Betrag von € 866,22 an Säumniszuschlag die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212 a BAO bis zur Erledigung der Beschwerde und verweisen zur Begründung auf unsere vorgebrachte Beschwerde.

Sachverhalt

Am wurde die Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum 12/2021 fristgerecht mit einer Zahllast in Höhe von EUR 46.163,81 an das Finanzamt übermittelt.

Aufgrund außergewöhnlicher Umstände wurde am , somit 1 Tag verspätet, vom steuerlichen Vertreter ein Stundungsantrag hinsichtlich der resultierenden Abgabenschuld gestellt. Dieser wurde per Bescheid vom bewilligt und die Zahllast bis gestundet.

Die Behörde hat dennoch per einen Säumniszuschlag iHv EUR 866,22 für die U12/2021 festgesetzt. Weiters wurden mit Bescheid vom Stundungszinsen in Höhe von EUR 57,17 vorgeschrieben.

Gegen den Bescheid über die Festsetzung eines Säumniszuschlages wurde fristgerecht am Beschwerde eingebracht. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der VwGH führt in seinem Erkenntnis vom (2008/15/0305) an, dass grobes Verschulden vorliegt, wenn auffallend sorglos gehandelt wird.

Grobes Verschulden fehlt jedenfalls dann, "wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt (vgl. Ritz, BAO3, §217, Tz 43)."

Laut Begründung des Finanzamts entspricht es der ständigen Rechtsprechung, dass die Büroorganisation dem Mindesterfordernis einer sorgfältigen Organisation zu entsprechen hat. Dazu gehört insbesondere die Vormerkung von Fristen und die Vorsorge durch entsprechende Kontrollen, dass Unzulänglichkeiten zufolge menschlichen Versagens voraussichtlich auszuschließen sind. Ein sorgfältiger Mensch würde mit besonderer Akribie auf die rechtzeitige Entrichtung bzw. Einbringung eines Stundungs- oder Zahlunserleichterungsansuchens achten.

Dem wird entgegnet: selbstverständlich existiert eine adäquate Organisation, welche dazu geeignet ist, Fristversäumnisse in aller Regel zu vermeiden. Wir möchten in diesem Zusammenhang auf die einwandfreie Zahlungshistorie unseres Mandanten hinweisen. Es gab bis dato keine Säumniszuschläge und ist dies wohl ein Zeichen einer sorgfältigen Kanzleiorganisation.

Das Einbringen eines Stundungsansuchens war deshalb erforderlich, weil der Abgabenschuldner auf die Zahlung eines Großkunden wartete. Dieser Großkunde selbst wartete auf die Auszahlung des Erlöses aus einem bereits abgewickelten Immobilienverkauf durch den Treuhänder (Notar); es mangelte daher auch bei der ***Bf1*** vorübergehend an entsprechender Liquidität um die offene Abgabenschuld sofort zu bedienen. Es war vereinbart, dass der Abgabenschuldner unmittelbar aus dem Zufluss des Treuhandkontos befriedigt werden soll. Am 24.3. konnte der Großkunde die Rechnung bezahlen und unser Klient hat sofort am - nach Wegfall des Liquiditätsengpasses - die offene Abgabenschuld an das Finanzamt überwiesen.

Kommt es zu Fehlern, die gelegentlich auch einem sorgfältigen Menschen unterlaufen, spricht man von leichter Fahrlässigkeit (vgl. VwGH, Erkenntnis , 2008/15/0305). Im Sinne des § 1332 ABGB wird unter leichter Fahrlässigkeit der "mindere Grad des Versehens" verstanden.

In diesem Zusammenhang möchten wir speziell darauf hinweisen, dass gerade der Gesetzgeber mit der Novelle BGBl. I Nr. 142/2000, mit der § 217 Abs. 7 BAO eingefügt wurde, offensichtlich wollte, dass ein Säumniszuschlag nur bei Fristversäumung durch auffallend sorgloses Handeln und damit groben Verschuldens verhängt wird und nicht bereits bei leichter Fahrlässigkeit (vgl. Erkenntnis ).

Das seit dem Bestehen der GmbH erstmalige Übersehen einer Frist von 1 Tag kann daher maximal als leichte Fahrlässigkeit gesehen werden.

Vorangegangene Säumnis

Im vorliegenden Fall wurde trotz ausreichender Fristenkontrolle aufgrund des hohen Arbeitsaufkommens die Frist für den Antrag auf Stundungsansuchen schlichtweg übersehen. Unserem Mandanten fiel dies nach kurzer Zeit auf. Durch die Einreichung des Stundungsansuchens bereits einen Tag später, welches auch bewilligt wurde, wurde auf diesen Fehler sofort reagiert.

Im Unternehmen werden, wie oben beschrieben, ausreichend Kontrollen zur Wahrung der Fristen durchgeführt. Es ist vielmehr ein Fehler, der auch einem noch so sorgfältigen Menschen unterlaufen könnte.

Das Übersehen einer Frist kann dementsprechend nicht als grobes Verschulden angesehen werden. Es ist vielmehr ein Fehler, der auch einem noch so sorgfältigen Menschen unterlaufen kann.

Eine Herabsetzung des Säumniszuschlages ist It. Gesetz nur dann schädlich, wenn der verspäteten Zahlung ein grobes Verschulden zugrunde liegt. Auf Grund der oben angeführten Begründung ist es offensichtlich, dass kein grobes Verschulden vorliegt."

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Am erging seitens des Bundesfinanzgerichtes folgender Vorhalt an die Beschwerdeführerin:

"Sehr geehrte Geschäftsführung der Fa. ***Bf1***!

Unstrittig ist nach dem Beschwerdevorbringen, dass die Umsatzsteuervoranmeldung für den Monat 12/2021 fristgerecht am mit einer Zahllast in Höhe von € 46.163,81 an das Finanzamt übermittelt wurde, jedoch eine Entrichtung dieser Umsatzsteuervorauszahlung am Fälligkeitstag nicht erfolgte, weswegen der gegenständliche Säumniszuschlag iHv € 866,22 für die U 12/2021 festgesetzt wurde.

Am wurde vom steuerlichen Vertreter ein Stundungsantrag hinsichtlich der zugrundeliegenden Abgabenschuld eingebracht, der in Folge mit Bescheid vom bewilligt wurde.

Der Schwerpunkt des Beschwerdevorbringens richtet sich auf die Behauptung und argumentative Untermauerung eines mangelnden Verschuldens im Sinne des § 217 Abs. 7 BAO der steuerlichen Vertretung an der verspäteten Einbringung des Zahlungserleichterungsansuchens (Stundungsantrages) vom .

Zur nicht zeitgerechten Entrichtung wird lediglich vorgebracht, die Fa. ***Bf1*** habe am keine ausreichende Liquidität zur pünktlichen Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlung 12/2021 gehabt.

Nach der herrschenden Lehre knüpfen Säumnisfolgen ausschließlich an die nicht rechtzeitige Entrichtung von Abgaben an: Die Pflicht zur Entrichtung eines Säumniszuschlages trifft jeden, der - gleichgültig ob ein Verschulden vorliegt oder nicht - eine Abgabe bis zum Fälligkeitstag nicht entrichtet und ein Ansuchen um Zahlungserleichterung nicht rechtzeitig eingebracht hat (Ellinger ua, BAO, § 217 E 28 mwN.). D.h. nur das Fehlen einer groben Fahrlässigkeit am Eintritt der Säumnis im Zusammenhang mit der Entrichtung von Abgaben ist geeignet, die Höhe des Säumniszuschlags zu mindern und neu festzusetzen.

Im Allgemeinen wird kein grobes Verschulden an der Versäumung von Zahlungsfristen vorliegen, wenn eine Abgabenentrichtung unmöglich ist, zB bei Zahlungsunfähigkeit (Kamhuber/Mühlberger/Pilz/Rathgeber, Abgabenordnung, 50; Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 217, 647).

Es wird Ihnen daher die Gelegenheit gegeben, innerhalb von vier Wochen ab Zustellung dieses Schreibens die genauen Gründe für die Nichtentrichtung der Umsatzsteuervorauszahlung 12/2021 iHv. € 46.163,81 am darzustellen und durch geeignete Unterlagen (z.B. Kontoauszüge, Schriftverkehr etc.) den Nachweis zu erbringen, dass eine Abgabenentrichtung zum diesem Termin unmöglich war."

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Mit Schriftsatz vom brachte die Beschwerdeführerin zum Vorhalt des wie folgt vor:

"Dem Abgabenschuldner ***Bf1*** war die Abgabenentrichtung unmöglich, da er - bei ansonsten ungefährdeter Einbringlichkeit - zum Fälligkeitszeitpunkt zahlungsunfähig war.

Zum Beleg diese Umstands werden auf den bezogene Auszüge des einzig verfügbaren Zahlungsmittelkontos (Bankkonto ***1***) der Gesellschaft sowie die Liste der offenen Lieferantenverbindlichkeiten vorgelegt: demnach standen per einem Geldvermögen von 8.533,80 EUR fällige Verbindlichkeiten iHv 284.469,45 EUR gegenüber.

Der Stand an offenen Forderungen aus Ausgangsrechnungen betrug zu diesem Zeitpunkt 492.888,54 EUR.

Auf den weiters beigefügten Bankkontoauszügen vom 16., 17. und (Freitag) und dem ebenso angeschlossenen Auszug der Buchungen am Finanzamtskonto der Gesellschaft ist schließlich ersichtlich, dass die Gesellschaft ab Verfügbarkeit entsprechender Geldmittel (Zahlungseingang von Kunde X-GmbH iHv 40 TEUR am ) Ihre Abgabenschuld umgehend beglichen hat."

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Mit Schriftsatz vom zog die Bf. die Anträge auf Entscheidung durch den Senat und auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

§ 217 BAO lautet:
Abs. 1: Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.
Abs. 2: Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.
Abs. 7: Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

Unstrittig ist nach dem Beschwerdevorbringen, dass die Umsatzsteuervoranmeldung für den Monat 12/2021 fristgerecht am mit einer Zahllast in Höhe von € 46.163,81 an das Finanzamt übermittelt wurde, jedoch eine Entrichtung dieser Umsatzsteuervorauszahlung am Fälligkeitstag nicht erfolgte, weswegen der gegenständliche Säumniszuschlag iHv € 866,22 für Umsatzsteuer 12/2021 zu Recht festgesetzt wurde.

Am wurde vom steuerlichen Vertreter ein Stundungsantrag hinsichtlich der zugrundeliegenden Abgabenschuld eingebracht, der in der Folge mit Bescheid vom bewilligt wurde.

Der Schwerpunkt des Beschwerdevorbringens richtet sich auf die Behauptung und argumentative Untermauerung eines mangelnden Verschuldens im Sinne des § 217 Abs. 7 BAO der steuerlichen Vertretung an der verspäteten Einbringung des Zahlungserleichterungsansuchens (Stundungsantrages) vom .

Zur nicht zeitgerechten Entrichtung wird lediglich vorgebracht, die Fa. ***Bf1*** habe am keine ausreichende Liquidität zur pünktlichen Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlung 12/2021 gehabt.

Nach der herrschenden Lehre knüpfen Säumnisfolgen ausschließlich an die nicht rechtzeitige Entrichtung von Abgaben an: Die Pflicht zur Entrichtung eines Säumniszuschlages trifft jeden, der - gleichgültig ob ein Verschulden vorliegt oder nicht - eine Abgabe bis zum Fälligkeitstag nicht entrichtet und ein Ansuchen um Zahlungserleichterung nicht rechtzeitig eingebracht hat (Ellinger ua, BAO, § 217 E 28 mwN.). D.h. nur das Fehlen einer groben Fahrlässigkeit am Eintritt der Säumnis im Zusammenhang mit der Entrichtung von Abgaben ist geeignet, die Höhe des Säumniszuschlags zu mindern und neu festzusetzen.

Im Allgemeinen wird kein grobes Verschulden an der Versäumung von Zahlungsfristen vorliegen, wenn eine Abgabenentrichtung unmöglich ist, zB bei Zahlungsunfähigkeit (Kamhuber/Mühlberger/Pilz/Rathgeber, Abgabenordnung, 50; Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 217, 647).

Dies steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, der im Erkenntnis vom , Ra 2019/16/0154-4, unter Verweis auf das übereinstimmende Schrifttum (etwa Stoll, BAO Band 3, S 2334; Ritz, BAO6, § 217 Tz 35; Fischerlehner, Das Abgabenverfahren2, § 217 BAO Anm. 10) ausführt:

"Nach dem weiters eindeutigen Wortlaut des § 217 Abs. 5 BAO entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages nur dann und insoweit nicht, als die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt. Damit ist unmissverständlich die Säumnis bei der Entrichtung der Abgaben und nicht eine "Säumnis" beim Einbringen eines Ansuchens um Zahlungserleichterungen, damit dieses etwa die in § 230 Abs. 3 BAO normierten Wirkungen entfaltet, erfasst (vgl. aus dem darin übereinstimmenden Schrifttum etwa Stoll, BAO, S. 2334; Ritz, BAO6, § 217 Tz 35; Fischerlehner, Das Abgabenverfahren § 217 BAO Anm. 10)."

Zwar ist dieses Erkenntnis zu § 217 Abs. 5 BAO ergangen, jedoch auch zu § 217 Abs. 7 BAO anzuwenden, da diese Bestimmung ebenfalls an den Terminus der "Säumnis" geknüpft ist, der - wie bereits dargelegt - nur die verspätete Tilgung erfasst, nicht jedoch Fristverstöße anderer Art wie verspätete Zahlungserleichterungsansuchen.

Bereits aus § 217 Abs. 1 BAO geht hervor, dass ein Säumniszuschlag zu entrichten ist, somit eine Säumnis vorliegt, wenn eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird.

Auch im Falle der zeitgerechten (vor Fälligkeit) Einbringung eines Zahlungserleichterungsansuchens liegt nach Verstreichen des Fälligkeitstages eine Säumnis im Sinne des § 217 Abs. 1 BAO vor, jedoch ist in einem solchen Fall aufgrund der Ausnahmeregelung des § 217 Abs. 4 BAO, solange die Hemmung besteht, kein Säumniszuschlag zu entrichten.

§ 217 Abs. 7 BAO bezieht sich somit ausschließlich auf Säumnis und damit auf die Entrichtung der Abgabenschuldigkeit, nicht jedoch auf die Ausnahmebestimmungen des § 217 Abs. 4 BAO.

Im Allgemeinen wird kein grobes Verschulden an der Versäumung von Zahlungsfristen vorliegen,
- wenn eine Abgabenentrichtung unmöglich ist, zB bei Zahlungsunfähigkeit (Kamhuber/Mühlberger/Pilz/Rathgeber, Abgabenordnung, 50; Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 217, 647),
- wenn eine Abgabenentrichtung unzumutbar wäre (zB weil nur durch Verschleuderung von Vermögen liquide Mittel erzielbar wären oder weil eine Kreditaufnahme nur durch strafrechtlich zu ahndende Täuschung des Kreditgebers oder durch unzumutbar überhöhte Kreditzinsen erreichbar wäre (Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 217, RZ 47; vgl auch Ritz, SWK 2001, S 339; Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 217, 647).

Im gegenständlichen Fall hat die Bf. durch Vorlage entsprechender Unterlagen (Kontoauszüge, offene Postenliste etc.) den Nachweis erbracht, dass zum Fälligkeitstag () der Umsatzsteuervorauszahlung 12/2021 in Höhe von € 43.311,10 einem Geldvermögen von € 8.533,80 fällige Verbindlichkeiten iHv € 284.469,45 EUR gegenüber standen. Die Abgabenentrichtung zum hier relevanten Fälligkeitstag war somit zum Großteil unmöglich, darüber hinaus jedenfalls aber auch unzumutbar, weil diese nur durch gesetzwidrige Begünstigung des Abgabengläubigers unter quotenmäßiger Benachteiligung der anderen Gläubiger möglich gewesen wäre.

Da somit eine (gesetzeskonforme) Möglichkeit zur Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlung 12/2021 am Fälligkeitstag nicht gegeben war, kann die Bf. somit auch kein grobes Verschulden an der Nichtentrichtung treffen. Dem Beschwerdebegehren war daher Folge zu leisten, ein Säumniszuschlag wegen Nichtentrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen 12/2021 war im Hinblick auf § 217 Abs. 7 BAO nicht festzusetzen. Der angefochtene Bescheid war somit aufzuheben.

Zulässigkeit einer ordentlichen Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis basiert auf der Bestimmung des § 217 Abs. 7 BAO und hatte die Beurteilung eines Verschuldens an der Nichtentrichtung im Einzelfall und somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zum Gegenstand.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 1 und 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7101593.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at