Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.09.2022, RV/7103524/2019

Vertreterpauschale: keine überwiegende Außendiensttätigkeit

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7103524/2019-RS1
Kein Zustehen des Vertreterpauschales, wenn nicht der Beweis erbracht wird, dass die Arbeitszeit in einem überwiegenden Ausmaß für die Kundenbetreuung, wie es die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, BGBl. II Nr. 382/2015, vorsieht, ausgeführt wurde.
RV/7103524/2019-RS2
Gem. § 274 BAO muss der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht in der Beschwerde oder spätestens im Vorlageantrag gestellt werden. Später eingebrachte, ergänzende Schriftsätze erfüllen das in § 274 BAO geregelte Erfordernis nicht.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Katharina Deutsch LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Schätzungsauftrag vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2016 wurde der Beschwerdeführer zur Vorlage einer Einkommensteuererklärung aufgefordert.

Mit Bescheid vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2016 setze das Finanzamt laut dem vorliegenden Lohnzettel bestehenden Bruttobezügen iHv. EUR 176.316,00, nach Anrechnung von Lohnsteuer, Einkommensteuer iHv. EUR 1.029,- fest.

Mit Schreiben vom reichte der Beschwerdeführer die Erklärung betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2016 nach, beantragte die Vertreterpauschale und teilte dem Finanzamt Folgendes mit: "Wegen defektem Onlinezugang konnte keine Arbeitnehmerveranlagung durchgeführt werden. Onlinezugang wurde am zurückgesetzt. Bitte um Verständnis." Dieses Schreiben wurde vom Finanzamt als Beschwerde gewertet.

Mit Schreiben vom ersuchte das Finanzamt den Beschwerdeführer betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2016 um Beantwortung der folgenden Fragen und um Vorlage der entsprechenden Unterlagen wie folgt:

"Zur Prüfung der Voraussetzungen, ob das "Vertreterpauschale" zusteht, werden Sie ersucht, folgende Unterlagen zu übersenden bzw.Fragen zu beantworten:
1. Vollständiger Arbeits- oder Dienstvertrag (in Kopie)
2. Exakte Stellenbeschreibung durch Ihren Arbeitgeber.
3. Welches Gebiet ist Ihnen konkret zugewiesen?
4. Haben Sie einen eigenen Kundenstock zu betreuen, oder ist auf Grund der Firmenstruktur eine fixe Zuordnung von Kunden an bestimmte Betreuer nicht möglich bzw.
durchführbar?
5. Wie viel Zeit wird von der Gesamtarbeitszeit für den Außendienst investiert? Entsprechende Nachweise wie z.B. Zeitkarten, Fahrtenbücher usw. sind hierfür zur Einsicht vorzulegen, um Ihre Angaben überprüfen zu können).
6. Werden Ihnen ein Firmenfahrzeug, ein Telefon, ein Budget für div. Aufwendungen usw. kostenlos zur Verfügung gestellt? Dafür ist eine Bestätigung ihres Arbeitgebers erforderlich."

Mit Schreiben vom beantwortete der Beschwerdeführer den Vorhalt des Finanzamtes vom wie folgt: "Im Anhang übermittle ich Ihnen die von Ihnen geforderten Ergänzungsunterlagen zur weiteren Verwendung."

Dem Schreiben legte er die folgenden Beilagen bei: den (teilweise geschwärzten) Dienstvertrag, den "PKW Dienstvertrag" und eine Bestätigung des Dienstgebers. Die Bestätigung des Dienstgebers "für das Finanzamt (…)", datiert mit enthält den folgenden Wortlaut:

"Wir bestätigen hiermit, dass Sie als Leiter der Region Ost Service für die Stammkundenbetreuung und Auftragsakquise für den Bereich Wien, Nö und Burgenland verantwortlich sind. Die Aufgaben sind Vertrieb, Kundenbetreuung und die Akquisition von Wartungs-, Betriebsführungs-, Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten, die beginnend bei der Angebotserhebung vor Ort über die Angebotserstellung, den Vertragsabschluss beim Kunden und die Nachbetreuungstätigkeiten beim Kunden umfassen. Die Arbeitszeit entfällt mehrheitlich auf Tätigkeiten im Außendienst, hierfür wird seitens des Unternehmens auch ein Dienstfahrzeug sowie Mobiltelefon und Laptop zur Verfügung gestellt."

Dem Punkt 1 des Dienstvertrages ist zu entnehmen, dass das Dienstverhältnis seit besteht und im Rahmen eines Konzernübertrittes von der ***1*** mit Wirkung vom auf die ***2*** übergegangen ist und dass das Dienstverhältnis als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen gilt.

Unter Punkt 2 des Dienstvertrages ist als (einzige) Funktion verzeichnet: "Der Dienstnehmer ist als Leiter Service ***3*** Wien tätig." Unter Punkt 3 ist festgelegt, wobei das Gehalt sowie die jährliche Bonifikation geschwärzt wurde: "Die Einstufung erfolgt in die Verwendungsgruppe V/06 gemäß dem Kollektivvertrag für Angestellte des Metallgewerbes." Unter Punkt 6 findet sich die Vereinbarung: "Der Dienstort des Dienstnehmers ist Wien."

Der "PKW Dienstvertrag" enthält die Regelung, dass eine Privatnutzung unbegrenzt gestattet ist und bis 20.000 Km pro Jahr für den Beschwerdeführer unentgeltlich ist. Familienmitglieder dürfen den Dienst-PKW nutzen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und begründete wie folgt:
"Da Ihnen keinerlei Aufwendungen im Zusammenhang mit Ihrer beruflichen Tätigkeit als Leiter der Region Ost Service erwachsen sind, die Sie selbst zu tragen hatten, können auch keine pauschalierten Werbungskosten für die Tätigkeit als Vertreter in Abzug gebracht werden, da es nicht Sinn der Pauschalierung ist, fiktive Werbungskosten zu berücksichtigen (ein Firmenwagen, ein Laptop und ein Mobiltelefon wurden zur Verfügung gestellt). Die Berücksichtigung von fiktiven, nicht erwachsenen Werbungskosten wäre eine sachlich nicht gerechtfertigte Begünstigung eines einzelnen Steuerpflichtigen. Die Rechtfertigung für eine Pauschalierung liegt in der Verwaltungsvereinfachung und setzt voraus, dass sie den tatsächlichen Gegebenheiten möglichst nahekommt. Durchschnittssätze dienen der vereinfachten Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen, sie stellen ein Angebot an Abgabepflichtige dar und hindern niemanden daran, Werbungskosten in Form des Einzelnachweises zu belegen. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen."

Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht. Mit Schreiben vom reichte er dazu eine Begründung nach mit dem folgenden Wortlaut:
"Meinen elektronisch eingebrachten Antrag gem. § 264 Abs 1 BAO über die Vorlage meiner Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 vom ergänze ich wie folgt: Ergänzende Begründung:Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde meine Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 als unbegründet abgewiesen. Innerhalb offener Frist gem. § 264 BAO wurde die Vorlage an das Bundesfinanzgericht beantragt.

In der Beschwerdevorentscheidung wurde von Seiten des zuständigen Finanzamtes angeführt, dass mir keinerlei Aufwendungen in Zusammenhang mit meiner beruflichen Tätigkeit als Leiter der Region Ost Service erwachsen sind, welche ich selbst zu tragen hatte. Diese Feststellung basiert auf einer Sachverhaltsermittlung im Rahmen eines Ersuchens um Ergänzung vom indem vereinzelt Aufwendungen abgefragt wurden. Das Ermittlungsergebnis, welches in die Begründung zur Beschwerdevorentscheidung eingeflossen ist, ist nicht korrekt. Es werden von mir verausgabte Aufwendungen in Zusammenhang mit meiner Tätigkeit als Leiter der Region Ost Service getragen. Diese stellen sich wie folgt dar:
1. Kundenbewirtung und Trinkgelder: Über die in meinem Dienstvertrag festgehaltenen Dienstreisevergütungen durch meinen Arbeitgeber entstehen regelmäßig Aufwendungen für Kundenbewirtungen und damit in Zusammenhang stehende Trinkgelder.
2. Büro im Hausverbund: In meinem Einfamilienhaus in ***Adresse***, im Burgenland unterhalte ich ein Büro im Hausverbund. Im Rahmen meiner Tätigkeit sind von mir umfangreiche Vor- und Nachbereitungstätigkeiten abverlangt, welche ich regelmäßig in meinem Büro in ***Adresse*** durchführe. Kundentermine in den nahegelegenen Bundesländern werden von mir direkt von meinem Büro aus angesteuert. Aus ökonomischen Gründen ist daher mein Büro für meine Tätigkeit unerlässlich.
3. Einrichtung / Ausstattung Büro: Mein Büro in *Adresse*** ist von mir aus Eigenmitteln möbliert und mit einer adäquaten IT-Ausstattung versehen worden. Beispielhaft zu nennen sind hierbei: Büromöbel, Laptop, Telefonapparat, Drucker, Tablet und ähnliches.
4. Betriebskosten Büro: Die Tragung der Betriebskosten, wie Strom, Wasser, Gas, Internet- und Telefonkosten, erfolgen ebenfalls durch mich.
5. Kundenpräsente: Zusätzlich zu diversem, von der Marketingabteilung meines Arbeitgebers zur Verfügung gestelltem, Werbematerial werden von mir für wichtige Kunden Präsente angeschafft und übergeben. Dies sind zum Beispiel regionale Weine, Speisen und andere Anschaffungen zur Kundenbindung.
6. Nächtigungen: Sollte im Rahmen meiner beruflichen Außendiensttätigkeit eine Rückkehr zu meinem Wohnort nicht möglich sein, werden damit in Zusammenhang stehende Nächtigungskosten in Hotelbetrieben durch meinen Arbeitgeber nicht ersetzt.
7. Kreditkartenspesen: Vom meinem Arbeitgeber wird keine Kreditkarte zur Vorfinanzierung der Reisekosten zur Verfügung gestellt. Hierfür unterhalte ich eine eigene Kreditkarte und trage die Spesen selber.
Die von mir angeführten Aufwendungen werden durch meinen Arbeitgeber nicht ersetzt. Diese stellen branchenübliche Werbungskosten dar, welche durch die Pauschale umfasst sind. Die im Verordnungsweg festgelegte Handelsvertreterpauschale stellt eine vereinfachte Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen dar. Im Ergebnis soll der Steuerpflichtige durch die Anwendung der Pauschalierungsverordnung weder begünstigt noch benachteiligt werden.
Aufgrund der von mir vorgebrachten Gegenargumente liegen demnach KEINE fiktiven, nicht erwachsenen Werbungskosten durch die Anwendung der Pauschalierung vor.

Von einer sachlich nicht gerechtfertigten Begünstigung kann folglich nicht gesprochen werden, da es tatsächlich erwachsene, branchenübliche Werbungskosten gibt. Die Höhe des anzuwendenden Durchschnittssatzes ist ebenfalls als sachgerecht einzustufen, da diese vomVerordnungsgeber auf Grund von Erfahrungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse ermittelt wurden.Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung:In Ergänzung zu meinem elektronisch eingebrachten Vorlageantrag stelle ich den Antrag gem. § 274 BAO auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer ist Angestellter im Metallgewerbe, insbesondere im Anlagenbau und übt bei seinem Dienstgeber die Funktion "Leiter Service ***3*** Wien" aus. Sein Dienstort befindet sich in Wien. Er verrichtet in einem nicht überwiegenden Ausmaß Außendiensttätigkeiten. Von seinem Dienstgeber wird ihm ein Kfz, das er auch für Privatfahrten nutzt, zur Verfügung gestellt.

Beweiswürdigung

Die Beweiswürdigung stützt sich auf die vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokumente, wobei das Hauptaugenmerk auf den Inhalt des Dienstvertrages zu richten ist. Dass der zwischen dem Dienstgeber und dem Beschwerdeführer abgeschlossene Dienstvertrag als jenes Beweismittel zu beurteilen ist, welchem die stärkste Beweiskraft beizumessen ist, gründet sich auf das Faktum, dass sich im Dienstvertrag der Vertragswille der Vertragspartner manifestiert und folglich von einer Umsetzung der im Dienstvertrag getroffenen Vereinbarungen ausgegangen werden muss. Der Dienstvertrag stellt die unmittelbare Rechtsgrundlage für das Arbeitsverhältnis dar, sodass nicht angenommen werden kann, dass sich die darin geregelten Arbeitsbedingungen in der Realität wesentlich anders gestalten. Nach allgemeiner Erfahrung wird im Fall der Änderung des Willens der Vertragspartner (allein aus arbeitsrechtlichen Gründen) der Dienstvertrag entsprechend abgeändert.

Die erst später auf Ersuchen des Finanzamtes vom Dienstgeber des Beschwerdeführers ausgestellte "Bestätigung für das Finanzamt" enthält teilweise dem Dienstvertrag widersprechende Angaben wie zB.: Region Ost (laut Bestätigung) statt Region Wien (laut Dienstvertrag) und insbesondere überwiegender Außendienst (laut Bestätigung) gegenüber dem fixen Dienstort in Wien (laut Dienstvertrag). Aufgrund der Tatsache, dass es keine Erklärung des Beschwerdeführers zu den inhaltlichen Diskrepanzen mit dem Dienstvertrag gibt, kann der "Bestätigung für das Finanzamt" keine Beweiskraft beigemessen werden.

Da der Beschwerdeführer unzureichend an der Abgabenerhebung mitgewirkt hat, kommt gemäß dem in § 167 Abs. 2 BAO normierten Grundsatz der freien Beweiswürdigung die Überzeugung zu tragen, dass der Beschwerdeführer weniger als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit im Außendienst erbracht hat, überwiegende Wahrscheinlichkeit zu.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Strittig ist, ob der Beschwerdeführer Vertreter iSd. § 1 Z 9 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, BGBl. II Nr. 382/2015 ist und ihm aus diesem Grund das Werbungskostenpauschale für Vertreter zusteht.

Gemäß § 17 Abs. 6 EStG 1988 können zur Ermittlung von Werbungskosten vom Bundesminister für Finanzen Durchschnittssätze für Werbungskosten im Verordnungswege für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis festgelegt werden.

Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, BGBl. II Nr. 382/2015, lautet auszugsweise:

"Auf Grund des § 17 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400/1988, wird verordnet:
§ 1. Für nachstehend genannte Gruppen von Steuerpflichtigen werden nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß
§ 16 Abs. 3 EStG 1988 folgende Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt: (…)

9. Vertreter
5% der Bemessungsgrundlage, höchstens 2190 Euro jährlich.

Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst.Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden."

Eine nähere Definition des Vertreterbegriffs ist der Verordnung nicht zu entnehmen, sodass nach der ständigen Rechtsprechung auf die Erfahrungen des täglichen Lebens und die Verkehrsauffassung abzustellen ist (; ,1985, 2994/80; ).

Nach der Judikatur sind Vertreter Personen, die im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind (vgl. ; ). Eine andere Tätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, zählt nicht als Vertretertätigkeit zB. Kontroll- oder Inkassotätigkeit, beratende Tätigkeit (Jakom, EStG15, § 16 Rz 66).

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, steht nur eine "völlig untergeordnete andere Tätigkeit" der Inanspruchnahme des Vertreterpauschales nicht entgegen (; ). Bei einer leitenden Funktion in der Gehaltsklasse des Beschwerdeführers kann selbst bei Bestehen einer Vertretungstätigkeit, das im konkreten Fall nicht eindeutig festzustellen ist, von einer untergeordneten Tätigkeit nicht die Rede sein. Die Judikatur definiert untergeordneten Tätigkeiten wie folgt: "sich ergebende Tätigkeiten im Innendienst wie zB. Abrechnungen mit Kunden, Nachweis des Arbeitseinsatzes, Einholung von Weisungen, Entgegennahme von Waren (…)" (; ).

Selbst nicht jede im Bereich des Verkaufes ausgeübte Tätigkeit kann als Vertretertätigkeit bezeichnet werden. Auch zB innerorganisatorischen Aufgaben im Rahmen des Verkaufsgeschehens und die Mitwirkung bei der Erstellung, der Schulung und der Überwachung der im Verkauf tätigen Mitarbeiter zählen nicht zur Vertretertätigkeit ().

Der Beschwerdeführer war nach seinen eigenen Angaben im beschwerdegegenständlichen Zeitraum 2016 bei seinem Dienstgeber in Wien als "Leiter ***3*** Wien" zuständig.

Der Beschwerdeführer hat, wie im Dienstvertrag vereinbart, eine leitende Funktion in Wien ausgeübt. Es ist nicht erwiesen, dass der Beschwerdeführer eine Tätigkeit ausübte, bei der die von der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, BGBl. II Nr. 382/2015 verlangte, unmittelbare Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen durch Betreuung eines bestimmten Kundenkreises im Außendienst im Vordergrund steht.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er einen Teil der Arbeitszeit für Kundenbetreuung aufgewendet habe, ist nicht unglaubwürdig, jedoch konnte nicht der Beweis dafür erbracht werden, dass er dies in einem überwiegenden Ausmaß, wie es die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, BGBl. II Nr. 382/2015, vorsieht, ausgeführt worden wäre.

Als Leiter einer Geschäftsabteilung im Bereich Service im Anlagenbau entspricht die Funktion des Beschwerdeführers nicht dem Berufsbild eines Vertreters iSd. § 1 Z 9 der Pauschalierungsverordnung.

Im Gegenteil, ein Abteilungsleiter übernimmt nach allgemeiner Lebenserfahrung in einem überwiegenden Ausmaß Kontroll- und Überwachungstätigkeiten der seiner Abteilung zugeordneten Mitarbeiter. Dieser Umstand macht deutlich, dass der Beschwerdeführer überwiegend eine Leitungsfunktion und nicht eine klassische Vertreterfunktion ausübte. Kontroll- und Überwachungstätigkeiten sowie Beratungstätigkeiten sind nämlich nicht als Vertretertätigkeit zu beurteilen (Jakom, EStG15, § 16 Rz 66, ; ; ; ).

Das Vorliegen einer Vertretertätigkeit trifft nämlich nur auf jene Berufsgruppe zu, die als Vertreter jene Vermittlungs- bzw. Verkaufsfunktionen ausüben, welche Merkmale des Vertreterberufes darstellen. Der Beschwerdeführer als Abteilungsleiter mit Bruttobezügen iHv. EUR 176.316,- fällt daher nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht in diese Berufsgruppe.

Für diese Beurteilung spricht auch die im vorgelegten Dienstvertrag vereinbarte Verwendungsgruppe 06 des Rahmenkollektivvertrages für Angestellte im Metallgewerbe, der lediglich Leitungsfunktionen, jedoch keine Vertreterfunktion anführt. Dort ist unter "Verwendungsgruppe Vl, Tätigkeitsmerkmale" Folgendes angeführt:
"Angestellte mit umfassenden Kenntnissen und Erfahrungen in leitenden, das Unternehmen in ihrem Wirkungsbereich entscheidend beeinflussenden Stellungen. Ferner Angestellte mit verantwortungsreicher und schöpferischer Arbeit, z. B. ProkuristIn (soweit sie eingestuft werden), BetriebsleiterIn in Großbetrieben, Chefingenieure in Großbetrieben, Chefkonstrukteure in Großbetrieben, LeiterIn des Controllings in Großbetrieben, LeiterIn in Forschung und Entwicklung in Großbetrieben, KundendienstleiterIn in Großbetrieben, leitende ChemikerIn in Großbetrieben, LeiterIn der gesamten EDV in Unternehmungen mit Großanlagen bei integrierter Anwendung."

Es geht aus den vom Beschwerdeführer eingereichten Beweismitteln nicht hervor, ob dieser, wie es für einen Vertreter wesentlich ist, im Beschwerdezeitraum überhaupt eine ausschließliche Vertretertätigkeit ausgeübt und selbst Geschäftsabschlüsse getätigt hat. Der Beschwerdeführer hat über notwendige Sachverhaltselemente trotz Aufforderung durch das Finanzamt keinerlei Auskunft gegeben, wie über den Kundenkreis oder die Anzahl und den Inhalt der getätigten Geschäftsabschlüsse.

Die steuerliche Berücksichtigung von pauschalierten Werbungskosten für Vertreter schränkt den Abgabenanspruch ein; sie begünstigt den Abgabepflichtigen, weshalb der Beweis des Vorbringens grundsätzlich dem Abgabepflichtigen obliegt. Der eine Begünstigung wie die Vertreterpauschale in Anspruch nehmende Abgabepflichtige hat selbst einwandfrei das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann ().

Im Abgabenverfahren gibt es keine verfahrensförmliche subjektive Beweislastregel. Als allgemein anerkannte verfahrensvernünftige Handlungsmaxime gilt, dass die Abgabenbehörde ergebnishaft letzten Endes die Behauptungs- und Feststellungsbürde für die Tatsachen trägt, die vorliegen müssen, um den Abgabenanspruch geltend machen zu können, der Abgabepflichtige hingegen für jene, die den Anspruch aufheben oder einschränken (, unter Verweis auf Stoll, BAO-Kommentar, S 1561).

Der Beschwerdeführer hat keinerlei Nachweise bzw. Unterlagen für einen Arbeitseinsatz im Außendienst vorgelegt. Es liegt zwar die nachträglich im Beschwerdeverfahren vorgelegte Bestätigung des Dienstgebers vor, dass die Arbeitszeit mehrheitlich auf Tätigkeiten im Außendienst entfällt, jedoch hat der Beschwerdeführer keine weiteren Unterlagen zur Untermauerung dieses Vorbringen vorgelegt. Diese Bestätigung des Dienstgebers vom stellt keinen hinreichenden Beweis für den Anspruch auf Gewährung der Vertreterpauschale dar. Die Judikatur beurteilt nämlich eine allgemein gehaltene Bestätigung des Dienstgebers als nicht ausreichend (-I/05).

Das Finanzamt hat den Beschwerdeführer mit Schreiben vom aufgefordert, Fahrtenbücher und Zeitnachweise, sowie Unterlagen zu den betreuten Kunden vorzulegen. Der Beschwerdeführer hat diesem Ersuchen bis dato nicht entsprochen. Abgabepflichtige gemäß §§ 15, 119, 135 BAO die Richtigkeit ihrer Anbringen zu beweisen und die entsprechenden Aufzeichnungen auf Verlangen vorzulegen. Zu den im Vorlageantrag vom vorgebrachten Werbungskosten hat der Beschwerdeführer keinerlei Belege oder sonstige Nachweise vorgelegt.

Der Offenlegung gemäß § 119 BAO dient vor allem die Beantwortung von Vorhalten (). Wie oben dargestellt, hat der Beschwerdeführer in den oben angeführten Punkten das Ersuchen um Ergänzung des Finanzamtes unbeantwortet gelassen. Die für die Konkretisierung der Tätigkeit und für die Beurteilung der Sachlage notwendigen Nachweise wurden somit unter Verletzung der Beweisbeschaffungs- und -vorsorgepflicht §§ 115, 119, 135 BAO durch den Beschwerdeführer trotz Aufforderung nicht erbracht.

Die Abgabenbehörde ist angehalten, alle für die Abgabenerhebung wesentlichen Tatsachen zu ermitteln. Diese Ermittlungstätigkeit hat der Beschwerdeführer nicht unterstützt - im Gegenteil - er hat die Ermittlungen dahingehend behindert, als er die Abgabenbehörde bei erheblichen Sachverhaltselementen und wesentlichen Tatsachen, wie oben dargestellt, im Unklaren gelassen hat. Der Beschwerdeführer hat ua. durch dieses Verhalten und durch die Vorlage von geschwärzten Unterlagen - geschwärzt wurde die Höhe des Gehalts sowie die Höhe des jährlichen Bonus - den Anschein erweckt, er habe dem Finanzamt etwas zu verbergen.

Gemäß § 1 Z 9 der Pauschalierungsverordnung ist Voraussetzung für die Gewährung des beantragten Vertreterpauschales, dass der Beschwerdeführer von der Gesamtarbeitszeit mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht hat. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der begünstigenden Regelungen der § 1 Z 9 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, BGBl. II Nr. 382/2015 sind somit nicht erfüllt.

Der Beschwerdeführer stellte mit Schreiben vom in seiner "Ergänzenden Begründung" zum Vorlageantrag vom den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Gemäß § 274 BAO muss dieser Antrag entweder in der Beschwerde oder im Vorlageantrag gestellt werden. Nach einhelliger Lehre und Judikatur erfüllen derartige Anträge in (nachträglich eingebrachten) ergänzenden Schriftsätzen dieses Erfordernis nicht (Ritz/Koran, BAO7, § 274 Rz 2 ff).

Da der Beschwerdeführer weder in der Beschwerde vom noch im Vorlageantrag vom einen entsprechenden Antrag gestellt hat, ist dieser, als verspätet zu beurteilende, eingebrachte Antrag vom hiermit als unzulässig zurückzuweisen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht ist somit verfahrensrechtlich nicht geboten.

Aus den oben genannten Gründen ist spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dieses Erkenntnis gründet sich auf den vom Bundesfinanzgericht festgestellten Sachverhalt und auf die Tatsachenelemente, die unter Anwendung der freien Beweiswürdigung und unter Berücksichtigung der in diesem Erkenntnis zitierten, einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zustande gekommen sind. Eine ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 274 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 Z 9 Durchschnittssätze für Werbungskosten - Angehörige bestimmter Berufsgruppen, BGBl. Nr. 32/1993
§ 17 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 115 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 119 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 135 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103524.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at