Parkometerabgabe; verspäteter Antrag auf Verfahrenshilfe - Zurückweisung
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
VH/7500011/2022-RS1 | Ein Verfahrenshilfeantrag, der nach Ablauf der Beschwerdefrist für das Beschwerdeverfahren gestellt wird, ohne dass zuvor bereits rechtzeitig Beschwerde erhoben worden wäre, ist verspätet und damit als unzulässig zurückzuweisen (vgl zu der § 8a Abs 7 VwGVG vergleichbaren Bestimmung des § 26 Abs 3 VwGG ). |
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. über die Anträge des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers in den Beschwerdeverfahren gegen die Straferkenntnisse des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , GZlen. MA67/Zahl1/2022 und MA67/Zahl2/2022, beschlossen:
Die Anträge vom auf Bewilligung der Verfahrenshilfe werden zurückgewiesen.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen diesen Beschluss eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof durch die vor dem Bundesfinanzgericht belangte Behörde nicht zulässig.
Begründung
1) MA67/Zahl1/2022
Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, lastete dem Antragsteller mit Strafverfügung vom an, er habe das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna am in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in ***Bf1-Adr*** ggü, ohne einen für den Beanstandungszeitpunkt 10:19 Uhr gültigen Parkschein abgestellt und demnach die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.
2) MA67/Zahl2/2022
Mit Strafverfügung vom wurde dem Antragsteller angelastet, er habe das bereits näher bezeichnete Kraftfahrzeug am in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in ***Bf1-Adr***, ohne einen für den Beanstandungszeitpunkt 10:47 Uhr gültigen Parkschein abgestellt und demnach die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.
Ad 1) und 2)
Wegen der Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe von je € 60,00 verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 14 Stunden festgesetzt.
In seinem Einspruch vom (E-Mail) brachte der Bf. vor, dass das Fahrzeug an dieser Adresse schon vor dem Inkrafttreten der Kurzparkzone abgestellt gewesen sei. Er habe keine Kenntnis von der Errichtung der Kurzparkzone gehabt. Es sei auch nicht die Pflicht des Fahrzeughalters zu überprüfen, ob die Behörde eine Kurzparkzone um sein Auto herum errichtet habe. Nach mehreren Entscheidungen der Verwaltungsgerichte und auch des VwGH bestehe im Fall, dass um ein Fahrzeug herum Parkverbote oder Kurzparkzonen errichtet werden, solange mit dem Fahrzeug nicht in diesen Bereich wieder hineingefahren werde, keine Gültigkeit der verordneten Schilder. Es bestehe auch keine Pflicht des Fahrzeughalters, die Errichtung von Beschilderungen regelmäßig zu überprüfen. Inzwischen habe er von der Zone Kenntnis und auch ein Parkpickerl als Anrainer erhalten.
Mit Schreiben vom wurde der Antragsteller aufgefordert, die von ihm in seinem Einspruch vorgebrachte Fahrzeugabstellung vor Errichtung der Kurzparkzone durch geeignete Beweismittel glaubhaft zu machen.
Seitens des Antragstellers wurde keine Stellungnahme abgegeben.
Mit Straferkenntnissen vom , zugestellt am , wurde der Antragsteller vom Magistrat der Stadt Wien, MA 67, wegen der bereits näher bezeichneten Verwaltungsübertretungen gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 für schuldig befunden und eine Geldstrafe von je € 60,00 verhängt. Für den Fall der Uneinbringlichkeit wurde eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 14 Stunden festgesetzt.
Der Antragsteller erhob gegen die Straferkenntnisse am eine unbegründete Beschwerde (E-Mail) und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Verfahrenshilfe sowie auf Durchführung einer Verhandlung. Zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen machte der Bf. keine Angaben.
Rechtliche Beurteilung:
§ 40 Abs. 1 VwGVG idF ab lautet: "Ist ein Beschuldigter außerstande, die Kosten der Verteidigung ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, so hat das Verwaltungsgericht auf Antrag des Beschuldigten zu beschließen, dass diesem ein Verteidiger beigegeben wird, dessen Kosten der Beschuldigte nicht zu tragen hat, soweit dies im Interesse der Rechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich und auf Grund des Art. 6 Abs. 1 und Abs. 3 lit. c der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union geboten ist."
Im Verwaltungsstrafverfahren sind die Regelungen des § 8a Abs 3 bis 10 VwGVG sinngemäß anzuwenden (§ 40 Abs 2 VwGVG).
§ 8a Abs 7 VwGVG lautet: "Hat die Partei innerhalb der Beschwerdefrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt, so beginnt für sie die Beschwerdefrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Beschluss über die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter und der anzufechtende Bescheid diesem zugestellt sind. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag abgewiesen, so beginnt die Beschwerdefrist mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an die Partei zu laufen. Entsprechendes gilt für die Fristen, die sich auf die sonstigen in Abs. 2 genannten Anträge beziehen."
§ 8 Abs 2 VwGVG verweist subsidiär auf die Bestimmungen der ZPO über die Verfahrenshilfe.
Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist grundsätzlich nicht fristgebunden, es wird lediglich in § 8a Abs 4 VwGVG geregelt, ab wann der Antrag frühestens gestellt werden kann (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 (2018) §8a VwGVG Anm 11). Aus dem zweiten Satz des § 8a Abs 7 VwGVG ("Wird der rechtzeitig gestellte Antrag abgewiesen…"), ergibt sich, dass der Antrag auf Verfahrenshilfe auch verspätet - also nicht rechtzeitig - gestellt werden kann und damit sehr wohl fristgebunden ist.
Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Im vorliegenden Fall (Zustellung des anzufechtenden Bescheides am ) endete die Beschwerdefrist daher am (vgl § 32 Abs 2 AVG).
Sein nach Ablauf dieser Frist - und damit verspätet - gestellter Verfahrenshilfeantrag vermag daher keinen neuerlichen Lauf der Beschwerdefrist für einen zum Verfahrenshelfer bestellten Rechtsanwalt auszulösen, was zur Folge hätte, dass eine von einem allfällig bestellten Verfahrenshelfer eingebrachte Beschwerde außerhalb der dem Revisionswerber zur Verfügung stehenden Frist eingebracht würde.
Zu der § 8a Abs 7 VwGVG vergleichbaren Bestimmung des § 26 Abs 3 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen (vgl ):
"7.1. Die revisionswerbende Partei hat die vor diesem Hintergrund auch für die Einbringung eines Verfahrenshilfeantrages maßgebliche Revisionsfrist versäumt und einen verspäteten Verfahrenshilfeantrag gestellt. Diesem Antrag kann daher kein Erfolg beschieden sein.
7.2. Vielmehr war der Verfahrenshilfeantrag auf dem Boden des § 61 VwGGiVm § 26 leg cit als verspätet zurückzuweisen (vgl in diesem Sinne (VwSlg 17.310 A/2007)).
Zwar bezieht sich die Zurückweisungsregelung des § 34 VwGG ausdrücklich nur auf Revisionen und Wiedereinsetzungs- und Wiederaufnahmeanträge, auch die Verfahrenshilfebestimmung des § 61 VwGG regelt die Zurückweisung von Verfahrenshilfeanträgen nicht ausdrücklich, da der Verweis im ersten Satz des § 61 VwGG auf die Regelungen der ZPO keine Anwendung verfahrensrechtlicher Normen des zivilgerichtlichen Verfahrens auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren bewirkt und daher allfällige Zurückweisungsregelungen der ZPO nicht zum Tragen kommen (vgl, mwH).
Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes lässt sich aber ableiten, dass ein verspätet eingebrachter Rechtsbehelf vom Verwaltungsgerichtshof zurückzuweisen ist (zu einem Verfahrenshilfeantrag vgl (VwSlg 17.310 A/2007), vgl ferner - zu § 46 VwGG - ). Weiters ergibt sich aus dem für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichthof nach § 62 VwGG subsidiär heranzuziehenden AVG, dass unzulässige bzw verspätete Rechtsbehelfe zurückzuweisen sind (vgl § 66 Abs 4 AVG ausdrücklich bezüglich der Berufung sowie ferner das der Wiedereinsetzungsregelung des § 72 Abs 1 AVG zugrundeliegenden Konzept, siehe ). Im Übrigen sind auf dem Boden der Judikatur unzulässige Anträge zurückzuweisen (vgl dazu , unter Hinweis auf VwGH (verstärkter Senat) vom , 934/73 (VwSlg 9458 A/1977)), wobei kein sachlicher Grund dafür zu erkennen ist, verspätete Rechtsbehelfe - bei denen die formalen Prozessvoraussetzungen damit ebenfalls nicht gegeben sind (vgl) - anders zu behandeln (vgl zu diesem Aspekt nochmals (VwSlg 17.310 A/2007).
7.3. Mit der Zurückweisung eines nicht fristgerechten Verfahrenshilfeantrages wird (wie schon angesprochen) die Revisionsfrist nicht neuerlich in Gang gesetzt, würde doch ansonsten die Bestimmung des § 26 Abs 1 VwGG über die Revisionsfrist unterlaufen werden (vgl wiederum (VwSlg 17.310 A/2007))."
Nichts Anderes kann für § 40 iVm § 8a Abs 7 VwGVG gelten: Ein Verfahrenshilfeantrag, der nach Ablauf der Beschwerdefrist für das Beschwerdeverfahren gestellt wird, ohne dass zuvor bereits rechtzeitig Beschwerde erhoben worden wäre, ist verspätet und damit als unzulässig zurückzuweisen.
Ergänzend sei angemerkt, dass auch die materiellen Voraussetzungen zur Gewährung von Verfahrenshilfe nach der Rechtsprechung des VwGH nicht vorliegen: Das Interesse der Verwaltungsrechtspflege, insbesondere der zweckentsprechenden Verteidigung, ist zu verneinen, wenn lediglich einfache Sachverhaltsfragen zu beantworten sind und keinerlei schwierigere Rechtsfragen mit dem Fall verbunden sind, dies selbst dann, wenn es sich beim Antragsteller um eine Person ohne juristische Ausbildung handelt (vgl zB ). Bei der Frage, ob das Fahrzeug bereits vor Inkrafttreten der Kurzparkzone in ***Bf1-Adr*** abgestellt war, bestehen keine besonderen Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage. Dem Bf. droht in den Beschwerdeverfahren keine höhere Geldstrafe als je € 60,00, weil gemäß § 42 VwGVG in einem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes keine höhere Strafe verhängt werden darf als im angefochtenen Bescheid. Es ist daher für das Gericht eine besondere Tragweite des Rechtsfalles für den Antragsteller nicht erkennbar.
Unzulässigkeit der Revision:
Eine Revision wegen Verletzung in Rechten ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und überdies im Erkenntnis eine Geldstrafe von nicht mehr als 400 Euro verhängt wurde.
Eine Angelegenheit, die einen Antrag zum Gegenstand hat, der mit einem Verwaltungsstraf-verfahren untrennbar verbunden ist, stellt eine Verwaltungsstrafsache iSd § 25a Abs. 4 VwGG dar und es kommt daher der Revisionsausschluss zum Tragen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 40 Abs. 1 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:VH.7500011.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at