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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 25.07.2022, RV/7102147/2022

Aussetzung der Einhebung, res iudicata

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard Groschedl in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ihren Geschäftsführer ***A***, ***Adr2***, betreffend Beschwerde der Abgabepflichtigen vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO zu Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als zwischenzeitig nicht zulässig geworden zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Bisheriger Verfahrensgang:

Mit Schreiben vom , eingebracht am , beantragte die ***Bf1*** (in weiterer Folge: Bf.) im Rahmen eines Vorlageantrages u.a. die Aussetzung von Abgabenforderungen in Höhe von € 32.715,36 bis zur rechtsverbindlichen Entscheidung.

Mit weiteren Schreiben vom , eingebracht am , beantragte die Bf. im Rahmen von Vorlageanträgen u.a. die Aussetzung von Abgabenforderungen in Höhe von € 21.899,57 bzw. € 4.824,60 bis zur rechtsverbindlichen Entscheidung.

Mit Bescheid des Finanzamtes Österreich vom wies die Abgabenbehörde die Anträge der Bf. vom , eingebracht am und vom , eingebracht am , auf Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) betreffend die Umsatzsteuer 9/2018, Umsatzsteuer 2017 und die Umsatzsteuer 2/2019 ab.

Zur Begründung wurde nach § 212a Abs. 1 BAO ausgeführt, dass "die Aussetzung der Einhebung unter anderem dann nicht zu bewilligen ist, wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit gerichtet ist. Im konkreten Fall ist das auf die Gefährdung der Einbringlichkeit gerichtete Verhalten des Abgabepflichtigen darin zu erblicken, dass ein großer Teil des Warenlagers nach Bekanntwerden der zu entrichtenden Steuernachforderung nach dem Betriebsprüfungsverfahren an ein im Einflussbereich der Gesellschafterin stehendes Unternehmen im Ausland verkauft worden ist, ohne dass dafür ein entsprechender Kaufpreis geflossen ist. Nach den vorgelegten Unterlagen wurde auch bei diesem Vorgang ein fremdunübliches Zahlungsziel von 60 Monaten vereinbart, sodass durch diesen Vorgang eine Verschiebung von Vermögenswerten in das Ausland stattgefunden hat. (vgl. ). Der Tatbestand des § 212a Abs. 2 BAO ist somit erfüllt und die Anträge waren daher als unbegründet abzuweisen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende frist- und formgerechte Beschwerde der Bf. vom mit folgender Begründung:

"Der oben genannte Bescheid weist schwerwiegende Mängel auf, und ist vom Sachverhalt, inhaltlich und formal falsch.

Eine Verschiebung von Vermögenswerten hat nicht stattgefunden. Die im oben genannten Bescheid angeführten Verkäufe ins Ausland und die daraus resultierenden Gewinne haben bei der Bilanzierung des Wirtschaftsjahres 2019 ein negatives Eigenkapital und somit eine Überschuldung des Unternehmens verhindert. Die Zahlungs- und Leistungszuflüsse aus dem im oben genannten Bescheid angeführten Verkäufen ins Ausland haben in den Jahren 2019, 2020 einen erheblichen Beitrag zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit des Unternehmens geleistet und somit eine Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens verhindert. Die fehlerhafte Feststellung einer Vermögensverschiebung kam dadurch zustande, dass der Prüfende Beamte Teamleiter Hr. ***B*** eine genauere Prüfung der ihm vorgelegten Belege verweigerte (eine Tonaufzeichnung dieser Prüfungsverweigerung wurde bereits im Zuge mehrerer Dienstaufsichtsbeschwerden per E-Mail an das Bundesfinanzgericht Linz übermittelt) Ich zitiere Hrn. ***B*** aus der Tonaufzeichnung der Schlussbesprechung mit der Hr. ***B*** eine Ordnungsgemäße Prüfung verweigerte "Meine Aufgabe ist es nicht Belege zu prüfen sondern Bescheide zu erstellen" Eine der Sorgfaltspflichten entsprechende Prüfung des Sachverhaltes durch den Beamten hat hier offensichtlich ebenfalls nicht stattgefunden sonst hätte Abweisung der oben genannte Aussetzungsanträge nicht zustande kommen dürfen.

Im Falle einer Ablehnung dieser Beschwerde durch das Finanzamt Österreich, beantrage ich eine Vorlage an das Bundesfinanzgericht, eine mündliche Verhandlung, und eine Entscheidung des gesamten Senates des Bundesfinanzgerichts."

Mit Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes Österreich vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen mit folgender Begründung:

"Nach den Bestimmungen des § 212a BAO ist die Einhebung der Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von dem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.

Die Aussetzung der Einhebung ist unter anderem dann nicht zu bewilligen, wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit gerichtet ist. Im konkreten Fall ist das auf die Gefährdung der Einbringlichkeit gerichtete Verhalten des Abgabepflichtigen darin zu erblicken, dass ein großer Teil des Warenlagers nach Bekanntwerden der zu entrichtenden Steuernachforderung nach dem Betriebsprüfungsverfahren an ein im Einflussbereich der Gesellschafterin stehendes Unternehmen im Ausland verkauft worden ist, ohne dass dafür ein entsprechender Kaufpreis geflossen ist. Nach den vorgelegten Unterlagen wurde auch bei diesem Vorgang ein fremdunübliches Zahlungsziel von 60 Monaten vereinbart, sodass durch diesen Vorgang eine Verschiebung von Vermögenswerten in das Ausland stattgefunden hat. (vgl. ).

Der Tatbestand des § 212a Abs. 2 lit. c BAO ist somit erfüllt und die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen."

Im Vorlageantrag vom beantragt der Geschäftsführer der Bf. eine mündliche Verhandlung und eine Entscheidung des gesamten Senates des Bundesfinanzgerichts.

Das Finanzamt Österreich führte im Vorlagebericht vom aus:

"Die Beschwerdeführerin bekämpfte die als Folge einer Betriebsprüfung erlassenen Abgaben- und Anspruchszinsenbescheide und stellte gleichzeitig Anträge auf die Aussetzung der Einhebung. Diese wurden nicht gewährt, weil der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin fast das gesamte Umlaufvermögen unter Einräumung langfristiger Zahlungsziele an ein deutsches Unternehmen weiter verkauft hat, das er wiederum selbst beherrscht.

Der obige Sachverhalt ist unstrittig. Auf die vom Beschwerdeführer mit der Beschwerde vom übermittelten Beilagen (siehe vorgelegte Aktenteile, Dok. Nr. 5) wird hingewiesen. (Zur Information: Über diese Beschwerde vom selbst wurde vom BFG, Außenstelle Linz, mit Erk. vom , GZ. RV/5100712/2019, schon abgesprochen.)

Die Beschwerdeführerin hat ihre wesentlichsten verwertbaren Vermögensbestandteile (Kunstwerke) ins Ausland verkauft, wobei sie 60 Monate Zahlungsziel einräumte und sich das Eigentum vorbehielt. Es kann daher bei der Beschwerdeführerin weder auf die Kunstwerke noch auf Geld gegriffen werden, sondern allenfalls auf eine Forderung mit zweifelhafter Werthaltigkeit. Darin erblickt die Abgabenbehörde ein auf die Gefährdung der Einbringlichkeit gerichtetes Verhalten und beantragt die Abweisung der Beschwerde.

Es wird darauf hingewiesen, dass betreffend die Bf. in derselben Rechtsfrage i.Z.m. abgewiesenen Anträgen auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a Abs. 2 lit. c BAO am ein Erkenntnis mit der GZ. RV/5100712/2019 ergangen ist."

Rechtslage:

Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.

Gemäß § 212a Abs. 2 lit. c BAO ist die Aussetzung nicht zu bewilligen, wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.

Gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.

§ 272 Abs. 4 BAO: Obliegt die Entscheidung über Beschwerden dem Senat, so können die dem Verwaltungsgericht gemäß § 269 eingeräumten Rechte zunächst vom Berichterstatter ausgeübt werden. Diesem obliegen auch zunächst die Erlassung von Mängelbehebungsaufträgen (§ 85 Abs. 2) und von Aufträgen gemäß § 86a Abs. 1 sowie Zurückweisungen (§ 260), Zurücknahmeerklärungen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1), Gegenstandsloserklärungen (§ 256 Abs. 3, § 261), Verfügungen der Aussetzung der Entscheidung (§ 271 Abs. 1) und Beschlüsse gemäß § 300 Abs. 1 lit. b.

res iudicata, ne bis in idem:

Die belangte Behörde hat im Vorlagebericht mitgeteilt, dass zur Frage der Aussetzung der Einhebung für die gegenständlichen Umsatzsteuern bereits mit Erkenntnis rechtskräftig entscheiden wurde, siehe GZ. RV/5100712/2019, in dem ein auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben gerichtetes Verhalten im Sinne des § 212a Abs. 2 lit. c BAO gesehen wurde, welches der Bewilligung einer Aussetzung der Einhebung entgegensteht und die Beschwerden gegen die Abweisung der Aussetzung der Einhebung abgewiesen wurden.

In dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO ebenfalls mit der Begründung abgewiesen, dass ein Verhalten der Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit gerichtet ist.

Über in Rechtskraft erwachsene Entscheidungen darf grundsätzlich nicht mehr in merito entschieden werden; die Beachtung rechtskräftiger Entscheidungen zählt zu den Grundsätzen eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens. Die Entscheidung eines Verwaltungsgerichts wird mit ihrer Erlassung rechtskräftig, wobei alle Parteien eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens einen Rechtsanspruch auf Beachtung der eingetretenen Rechtskraft haben. Mit der Rechtskraft ist die Wirkung verbunden, dass die mit der Entscheidung unanfechtbar und unwiderruflich erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden kann (Wiederholungsverbot). Einer nochmaligen Entscheidung (über die Frage, ob ein Verhalten der Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit gerichtet vorliegt) steht das Prozesshindernis der entschiedenen Sache entgegen (vgl. , mwN; Identität der Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber der früheren Entscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat (und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt; vgl. ; , mwN; oder , und die dort zitierte Vorjudikatur).

Über ein und dieselbe Abgabensache kann nur einmal rechtskräftig entschieden werden (ne bis in idem). Mit der Rechtskraft einer Entscheidung (im vorliegenden Fall dem Erkenntnis des GZ. RV/5100712/2019) ist die Wirkung verbunden, dass die mit dem Bescheid unanfechtbar und unwiderruflich erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden kann (Wiederholungsverbot).

Auch im Abgabenverfahren sind neuerliche (wiederholte) Anträge, denen die materielle Rechtskraft einer bereits vorliegenden Entscheidung entgegensteht, unzulässig (sogenanntes Wiederholungsverbot; Hinweis Stoll, BAO-Kommentar 944 Abs. 4).

Sache ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches der ersten Instanz gebildet hat (zB ).

Nur der Spruch (also die Sache) eines Bescheides erwächst in Rechtskraft und kann den Beschwerdeführer in subjektiven Rechten verletzen (zB ).

Der Grundsatz ne bis in idem als eine der grundlegenden Säulen der österreichischen Verfahrensrechtsordnung, wonach in ein und derselben Sache nicht zweimal entschieden werden darf, verlangt, dass es verfahrensgegenständlich nicht zu ein und demselben Anspruchszeitraum zwei Entscheidungen geben darf.

Aus den Aussetzungsanträgen ergibt sich, dass es sich um die identen Abgabenbeträge handelt, für die eine Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO beantragt worden ist:

Umsatzsteuer 2017 von € 21.899,57
Umsatzsteuer September 2018 von € 32.715,36 und
Umsatzsteuer Februar 2019 von € 4.824,60.

Nachdem über die Frage des Vorliegens eines Verhalten der Abgabepflichtigen, das auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit im Sinne des § 212a Abs. 2 lit. c BAO gerichtet ist, für die gegenständlichen Umsatzsteuern bereits mit Erkenntnis des GZ. RV/5100712/2019, rechtskräftig entscheiden wurde, in dem nunmehr angefochtenen Bescheid die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO ebenfalls mit der Begründung abgewiesen wurde, dass ein Verhalten der Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit gerichtet ist, ist über diese Rechtsfrage bereits rechtskräftig entschieden worden.

Die Beschwerde war daher wegen Vorliegens von res iudicata, bereits inhaltlich entschiedener Sache, ohne weiteres Eingehen auf Inhaltsvoraussetzungen für einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO als unzulässig zurückzuweisen.

Zur beantragten mündlichen Verhandlung

§ 274 Abs. 3 Z. 1 BAO: Der Senat kann ungeachtet eines Antrages (Abs. 1 Z 1) von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn die Beschwerde als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen ist (§ 260.)

§ 272 Abs. 4 erster Satz BAO: Obliegt die Entscheidung über Beschwerden dem Senat, so können die dem Verwaltungsgericht gemäß § 269 eingeräumten Rechte zunächst vom Berichterstatter ausgeübt werden.

Nachdem die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen war, liegen die Voraussetzungen gemäß § 274 BAO für das Absehen von einer mündlichen Verhandlung vor.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine ungelöste Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, die nicht eindeutig in der höchstgerichtlichen Judikatur entschieden wurde, liegt nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 274 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102147.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at