Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 29.08.2022, RV/7500179/2022

Mehr als 15 Monate ab Einlangen der Beschwerde beim Magistrat der Stadt Wien vergangen

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7500179/2022-RS1
Bei dem einzustellenden Verfahren gemäß § 43 Abs. 1 (zweiter Fall) VwGVG handelt es sich um das Verwaltungsstrafverfahren.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, (Beschwerdeführer, abgekürzt: Bf.), über die Beschwerde des Bf. vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , GZ. MA67/GZ/2021, betreffend eine am begangene Verwaltungsübertretung nach § 2 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, idgF, beschlossen:

I.) Gemäß § 50 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) iVm § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) iVm § 5 Gesetz über die Organisation der Abgabenverwaltung und besondere abgabenrechtliche Bestimmungen in Wien (WAOR)

  1. wird das Beschwerdeverfahren eingestellt, weil das angefochtene Straferkenntnis vom gemäß § 43 Abs. 1 VwGVG von Gesetzes wegen mit Ablauf des außer Kraft getreten ist,

  2. und wird das zugrundeliegende Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.) Gegen diesen Beschluss ist gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Begründung

Mit Straferkenntnis (Strafbescheid) des Magistrates der Stadt Wien (belangte Behörde) vom , GZ. MA67/GZ/2021, wurde der Beschwerdeführer (abgekürzt: Bf.) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 2 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Parkometergesetz 2006 bestraft. Denn nach Ansicht der belangten Behörde hatte der Bf. am eine unzutreffende Lenkerauskunft erteilt.

Am langte die Beschwerde des Bf. gegen das vorgenannte Straferkenntnis beim Magistrat der Stadt Wien ein. Die Beschwerde erweist sich daher als rechtzeitig innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist des § 7 Abs. 4 VwGVG eingebracht. Ein Grund für die Unzulässigkeit der Beschwerde ist nicht erkennbar. In der Beschwerde wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Die belangte Behörde versuchte (zumindest), die Beschwerde vom unter Beifügung eines mit datierten Vorlageberichtes dem Bundesfinanzgericht (BFG) als dem für die Beschwerde zuständigen Verwaltungsgericht vorzulegen. Die weiteren diesbezüglichen Vorgänge sind nicht rekonstruierbar; jedenfalls langte laut Aktenlage die Beschwerdevorlage vorerst nicht beim BFG ein und wurde vorerst nicht protokolliert und nicht zugeteilt.

Da die vorgenannte Beschwerdevorlage offenbar in Verstoß geraten sei, übermittelte die belangte Behörde die Beschwerdevorlage nochmals an das BFG, bei welchem sie am einlangte und unter der GZ. RV/7500179/2022 protokolliert wurde.

Das BFG setzte mit Ladung vom die beantragte mündliche Verhandlung für den um 14:00 Uhr fest.

Mit Eingabe vom beantragte der Bf. beim BFG die Verschiebung der mündlichen Verhandlung wegen Ortsabwesenheit, wofür er als Nachweis eine Flugbuchungsbestätigung beibrachte.

Das BFG verschob mit Schreiben vom die mündliche Verhandlung auf den , 14:00 Uhr.

Am gab der Bf. dem BFG bekannt, dass er seit ca. 14 Tagen eine COVID-19-Infektion habe; er habe noch leichte Symptome, leichten Reizhusten und einen leichten Schnupfen, sei jedoch fieberfrei. Am Sonntag, , sei er positiv auf COVID-19 getestet worden, allerdings mit einem Ct-Wert von 31,38, sodass er seiner Ansicht nach nicht mehr infektiös sei.

Daraufhin sagte das BFG die für um 14:00 Uhr geplante mündliche Verhandlung über die Beschwerde ab.

§ 43 VwGVG bestimmt: "(1) Sind seit dem Einlangen einer rechtzeitig eingebrachten und zulässigen Beschwerde des Beschuldigten gegen ein Straferkenntnis bei der Behörde 15 Monate vergangen, tritt es von Gesetzes wegen außer Kraft; das Verfahren ist einzustellen.
(2) In die Frist gemäß Abs. 1 werden die Zeiten gemäß § 34 Abs. 2 und § 51 nicht eingerechnet."

Zeiten gemäß § 34 Abs. 2 und § 51 VwGVG liegen nicht vor. Nach dem Einlangen der rechtzeitigen und zulässigen Beschwerde des Bf. gegen das angefochtene Straferkenntnis bei der belangten Behörde am sind am die 15 Monate des § 43 Abs. 1 VwGVG vergangen gewesen. Mit Ablauf des ist das gegenständliche Straferkenntnis vom gemäß § 43 Abs. 1 (erster Fall) VwGVG außer Kraft getreten. Beim einzustellenden Verfahren gemäß § 43 Abs. 1 (zweiter Fall) VwGVG handelt es sich laut VwGH um das Verwaltungsstrafverfahren (Egger in Bumberger et al., VwGVG, Rz 14 mit Verweis auf E 20, E 21, E 22 und E 23). Dass überdies das verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens einzustellen ist, versteht sich angesichts der Situation von selbst.

Zum Absehen von der beantragten mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 44 Abs. 4 VwGVG wird ungeachtet des Parteienantrages von der Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen, weil ein Beschluss zu fassen ist und die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt. Es deutet nichts darauf hin, dass Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dem Entfall der mündlichen Verhandlung entgegenstünden.

Zur (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gegen diesen Beschluss ist gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG eine (ordentliche) Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig, weil der Beschluss angesichts der eindeutigen Rechtslage nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. ). Die Rechtsfragen sind überdies durch die bisherige Rechtsprechung des VwGH ausreichend geklärt. Die beurteilten Tatfragen können nicht Thema einer ordentlichen Revision sein.

Für den Beschwerdeführer ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7500179.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at