Wiederaufnahme (Neuerungstatbestand); Vorsteuer bei Vermietung an einen nahen Angehörigen
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze | |
RV/7103916/2018-RS1 | Mietverträge zwischen nahen Angehörigen sind nach der sog. "Angehörigenjudikatur" nur dann steuerlich anerkennungsfähig, wenn u.a. der Bestandgegenstand mit genügender Deutlichkeit fixiert ist. Ein Mietvertrag zwischen Mutter und Sohn über einzelne Räume eines Gebäudes, der auf einem (mündlich angenommenen) schriftlichen Vertragsanbot beruht, wobei diesem Vertragsanbot die Tatsache der bloß teilweisen Vermietung (und folglich auch die Bezeichnung der vermieteten Räume) nicht zu entnehmen ist, genügt diesen Anforderungen nicht. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden***R1***, den Richter***R2*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***R3*** und ***R4*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Gneist Consulting Team Wien Steuerberatung GmbH, Brucknerstraße 4/4, 1040 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom betreffend Umsatzsteuer 2013 und Wiederaufnahme § 303 BAO / USt 2013 Steuernummer ***BFStNr*** nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***SF1*** und am in Anwesenheit der Schriftführerin ***SF2*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Nachdem im Jahr 2015 eine Außenprüfung stattgefunden hatte und die (u.a. prüfungsgegenständliche) Umsatzsteuer 2013 mit Bescheid vom veranlagt wurde, verfügte die belangte Behörde mit Bescheid vom die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Festsetzung der Umsatzsteuer 2013. Die Wiederaufnahme stützte die Behörde darauf, dass ihr in Bezug auf eine veranlagungsgegenständliche Vermietung erst nach Abschluss des ursprünglichen Verfahrens zur Kenntnis gelangt sei, dass nicht das gesamte Gebäude, sondern lediglich ein Teil vermietet wird und dass es sich beim Mietobjekt um einen neu errichteten Zubau zu einem erhaltenswerten Gebäude im Grünland handelt, sodass dessen Vermietung nach einer Kommentarmeinung (Hauer/Zaussinger, NÖ Baurecht, Anm. 55 zu § 19 NÖ ROG) gem. § 19 NÖ ROG 1976 i.V.m. § 35 Abs 2 letzter Satz NÖ BauO 1996 unzulässig sei. Mit einem weiteren Bescheid vom selben Tage setzte sie die Umsatzsteuer 2013 neu fest. Anders als im Erstbescheid wurden nun Vorsteuern aus der Errichtung des Zubaues nicht anerkannt, da die Vermietung an einen nahen Angehörigen als nicht fremdüblich eingeschätzt wurde. Für die angenommene Fremdunüblichkeit führt die Behörde ins Treffen:
1. Es existiere kein Mietvertrag, sondern lediglich ein einseitig unterzeichnetes Mietanbot
2. der Mieter habe bereits 1,5 Jahre vor Beginn des Mietverhältnisses einen Nebenwohnsitz im Mietobjekt angemeldet
3. aufgrund des Naheverhältnisses zwischen Vermieterin und Mieter werde vermutet, dass das Mietobjekt nach den Wünschen des Mieters ausgestaltet wurde
4. die Liegenschaft sei nie am Markt zur Vermietung angeboten worden
5. im Mietanbot werde das Mietobjekt weder in Bezug auf die Wohnfläche noch in Hinblick auf die Unterteilung zwischen Altbestand und Zubau näher bezeichnet
6. exakte Wohnflächen seien der Behörde erst durch Einsicht in den Bauakt bzw. Einreichplan bekannt geworden
7. Laut Grundriss und Darstellung des Gebäudes auf der Webseite des Architekten stelle der Essbereich "Familientreffpunkt und Bindeglied" dar
8. Betriebskosten, Energie und Heizung seien in der Miete inkludiert und würden nicht gesondert abgerechnet
9. angesichts der Mieteinnahmen von € 7.800,00 (netto) jährlich, der geschätzten Energie-/Nebenkosten von € 1.800,00 und der AfA laut Erklärung von € 5.916,00 sei keine Überschusserzielungsabsicht zu erkennen.
Gegen die beiden Bescheide vom richtet sich die gegenständliche Beschwerde vom . Darin macht die Beschwerdeführerin i.W. geltend, dass der belangten Behörde bereits anlässlich der Betriebsprüfung im Jahr 2015 alle entscheidungs- und beurteilungsrelevanten Sachverhaltselemente offengelegt worden seien. Insbesondere seien der Prüferin sämtliche Rechnungen betreffend die Errichtung des Zubaues, ein Plan, aus dem Altbestand und Neubestand ersichtlich sind, sowie das dem Mietverhältnis zugrundeliegende Mietanbot übergeben worden. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt sei der belangten Behörde daher bereits bei Erlassung des Erstbescheides bekannt gewesen, sodass der Wiederaufnahmegrund des § 303 Abs. 1 lit. b BAO mangels neu hervorgekommener Tatsachen oder Beweismittel nicht verwirklicht sei. Die Vermietung sei auch nicht fremdunüblich. Es liege ein Mietvertrag vor, dessen Inhalt durch ein Mietangebot dokumentiert sei und werde die Miete regelmäßig entrichtet. Der Zubau sei nicht entsprechend den Wünschen des Mieters ausgestaltet worden und vom nicht vermieteten Teil des Gebäudes abgetrennt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach ihr bereits vor Erlassung des Erstbescheides alle erforderlichen Unterlagen und Informationen zur Verfügung gestellt worden seien, räumte sie ein, dass der Sachverhalt im Rahmen der Vorbetriebsprüfung zwar insofern nicht ordnungsgemäß ermittelt wurde, als der der Vermietung zugrunde liegende Bauplan nicht gewürdigt worden sei, jedoch stehe ein allfälliges behördliches Verschulden an der Nichtfeststellung von maßgeblichen Tatsachen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Wiederaufnahme nicht entgegen. Dass lediglich ein Teil des Gebäudes vermietet wird, sei zudem erst anlässlich der Besprechungen im Jahr 2017, also nach Erlassung des Erstbescheides hervorgekommen.
Mit Schriftsatz vom stellte die Beschwerdeführerin Vorlageantrag gemäß § 264 Abs. 1 BAO. Darin wurde - wie bereits in der Beschwerde - die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Entscheidung durch den Senat beantragt. In der mündlichen Verhandlung wurde von der belangten Behörde bestritten, dass anlässlich der Prüfung im Jahr 2015 ein Plan übergeben wurde.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin war im streitgegenständlichen Jahr 2013 Eigentümerin mehrerer Immobilien in Wien, aus denen sie durch Vermietung Einnahmen (Überschüsse i.H.v. rd. € 200.000,00) erzielte. Weiters ist sie seit 1988 Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***XXX***, KG ***YYYYY***, mit der Liegenschaftsadresse ***Adr-MietObj***. Auf dieser Liegenschaft befindet sich ein älteres zweigeschossiges Haus mit rd. 80 m2 Nutzfläche, welches die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihrer Familie zur Freizeitgestaltung nutzt. In den Jahren 2013-2014 errichtete sie einen (ebenfalls zweigeschossigen) Zubau zu diesem Haus. Der Zubau besteht aus Esszimmer, "Speis", Vorraum, "Keller", Technikraum, Bad und (Schlaf-) Zimmer im Erdgeschoss sowie einem Wohnraum im Obergeschoss, weist eine Nutzfläche von rd. 105 m2 auf und war im Frühjahr 2014 soweit fertiggestellt, dass er uneingeschränkt benützt werden konnte. Alt- und Zubau verfügen über getrennte Eingänge, sind jedoch im Inneren miteinander verbunden.
Einen Teil des Zubaues im Ausmaß von rd. 80 m2 (Vorraum, [Schlaf-]Zimmer, Bad, Technikraum und "Keller" im Erdgeschoss sowie Wohnraum im Obergeschoss) vermietet die Beschwerdeführerin seit zu Wohnzwecken an ihren Sohn, ***Bf-Sohn***, der die gemieteten Räumlichkeiten ebenfalls zur Freizeitgestaltung nutzt. Grundlage des Mietverhältnisses ist ein nur von ***Bf-Sohn*** unterfertigtes, an die Beschwerdeführerin gerichtetes und von dieser mündlich angenommenes Mietanbot vom , in dem - dem Aufbau eines typischen Mietvertragsmusters folgend - über drei Seiten die Bedingungen des angebotenen Mietverhältnisses festgehalten werden und in dem der Mietgegenstand als "Haus in ***Adr-MietObj***,…inkl. Garten" bezeichnet wird. Demnach ist das Mietverhältnis befristet abgeschlossen und endet am , ohne dass es einer Kündigung bedarf. Der monatliche Mietzins einschließlich Betriebskosten, Heizung und Elektrizität beträgt € 650,00 zzgl. 10 % USt, brutto sohin € 715,00, ist nach dem VPI wertgesichert und bis zum Dritten eines jeden Monats an die Vermieterin zu überweisen. Das Gebrauchsrecht des Mieters sowie die wechselseitigen Erhaltungspflichten sind dahingehend geregelt, dass der Mieter den Mietgegenstand schonend zu behandeln hat und für verschuldete Schäden haftet, wobei ihm auch das Verhalten seiner Familienangehörigen und Besucher zugerechnet wird. Bauliche Veränderungen darf der Mieter nur mit Zustimmung der Vermieterin vornehmen und hat diese bei Beendigung des Mietverhältnisses grundsätzlich rückgängig zu machen. Der Vermieterin obliegt die Behebung ernster Schäden des Hauses, dem Mieter die Erhaltung der Hausinstallationen. Es wurde ein Aufrechnungsverbot sowie ein Weitergabeverbot vereinbart und der Vermieterin das Recht eingeräumt, das Mietobjekt nach vorheriger Anmeldung in Anwesenheit des Mieters zu betreten. Letztlich enthält das Anbot eine Gerichtsstandvereinbarung, eine Regelung über die Gebührentragung (zulasten des Mieters) sowie eine Kautionsvereinbarung (€ 1.000,00). Ergänzend zum Mietanbot vom hat die Beschwerdeführerin eine an ihren Sohn gerichtete, nicht unterfertigte Inventarliste verfasst, in der (gegliedert nach Räumen; erwähnt sind Vorzimmer, Badezimmer, Keller, Schlafzimmer und Wohnraum im OG) das vorhandene Inventar aufgelistet wird. Der vermietete Teil des Gebäudes ist mit dem nicht vermieteten Teil durch eine versperrbare Türe (zwischen dem vermieteten Vorraum und dem - ebenfalls zum Zubau zählenden - nicht vermieteten Esszimmer) verbunden. Das (nicht vermietete) Esszimmer wird von den Familien der Beschwerdeführerin und ihres Sohnes zur gemeinsamen Einnahme von Mahlzeiten genutzt, wenn beide Familien im Haus anwesend sind. Im Obergeschoss des (vermieteten) Zubaues befindet sich eine kleine Küchenzeile mit einer Spüle und einem Kühlschrank. Weitere (Einbau-) Küchengeräte wie Herd/Kochfeld, Backofen oder Geschirrspüler sind nicht vorhanden, sodass nur mobile Geräte betrieben werden können. Gegenwärtig sind eine mobile (Einfach-) Kochplatte und ein Mikrowellenherd vorhanden. Im Badezimmer im Erdgeschoss befindet sich ein WC. Im Jahr 2014 bezahlte ***Bf-Sohn*** € 500,00 monatlich an die Beschwerdeführerin, seit einschließlich 2015 bezahlt er den Mietzins in der vereinbarten Höhe von € 715,00. Dies erfolgte im Hinblick darauf, dass das Mietobjekt zu Beginn des Mietverhältnisses noch nicht vollständig fertiggestellt war. Eine schriftliche Vereinbarung über die Mietzinsreduktion existiert nicht.
Die i.Z.m. den Errichtungskosten für den Zubau aufgewendete Umsatzsteuer i.H.v. € 68.933,16 machte die Beschwerdeführerin im Rahmen der Umsatzsteuererklärung 2013 als Vorsteuer geltend. Bei diesem Betrag handelt es sich um die für den Zubau insgesamt, also einschließlich der nicht vermieteten Räume (Esszimmer, "Speis") aufgewendete Umsatzsteuer. Die belangte Behörde leitete eine Außenprüfung (betreffend Einkommensteuer und Umsatzsteuer 2011-2013) ein, deren Gegenstand auch die Vermietung des Objektes ***Adr-MietObj***, war. Anlässlich dieser Prüfung wurde der belangten Behörde von der steuerlichen Vertretung der Beschwerdeführerin das Mietanbot vom übergeben. Die Beschwerdeführerin bzw. deren steuerliche Vertretung verfügte im Zeitpunkt dieser Prüfung über einen Gebäudeplan, in dem der Altbauteil und der errichtete Zubau eingezeichnet sind. Die Tatsache der bloß teilweisen Vermietung und welche Gebäudeteile vermietet sind, ist aus dem Plan nicht ersichtlich und wurde dies gegenüber der belangten Behörde auch sonst nicht offengelegt. Aufgrund des Mietanbotes vom , in dem der Gegenstand des Anbotes als "Haus in ***Adr-MietObj***…inkl. Garten" bezeichnet wird, ging die belangte Behörde damals davon aus, dass das gesamte Gebäude (Alt- und Zubau) vermietet wird. Die Außenprüfung endete am ohne dass sich in Bezug auf die gegenständliche Vermietung eine Änderung der Besteuerungsgrundlagen ergeben hätte. Die Umsatzsteuer 2013 wurde daher mit Bescheid vom unter Berücksichtigung der Vorsteuer von € 68.933,16 veranlagt.
Im Jahr 2017 leitete die belangte Behörde eine weitere Außenprüfung (betreffend Einkommensteuer und Umsatzsteuer 2014 und 2015) ein. Im Zuge von Besprechungen im Rahmen dieser Prüfung gelangte der Behörde erstmals zur Kenntnis, dass nur ein Teil des Gebäudes ***Adr-MietObj***, an ***Bf-Sohn*** vermietet ist. Anlässlich einer Besprechung am erklärte der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin, dass die vermietete Fläche etwa 120 m2 beträgt. Bei einer weiteren Besprechung am zeichnete er die Grenze zwischen Mietgegenstand und nicht vermietetem Bereich in einem Grundrissplan zwischen Vorzimmer und Esszimmer ein, wodurch sich eine vermietete Nutzfläche von rd. 80 m2 ergibt. Weiters nahm die belangte Behörde Einsicht in den Akt des Bauverfahrens bei der Marktgemeinde ***ZZZ*** und stellte fest, dass das Gebäude im Grünland liegt und der Zubau aufgrund der Ausnahmebestimmung des § 19 Abs 5 Z. 2 NÖ ROG 1976, wonach bei einem erhaltenswerten Gebäude im Grünland die Wohnnutzfläche zur Deckung eines familieneigenen Wohnbedarfes einmalig um höchstens 130 m2 erweitert werden darf, bewilligt wurde. Diese beiden neu hervorgekommenen Tatsachen nahm die belangte Behörde zum Anlass, das Verfahren zur Festsetzung der USt 2013 nach § 303 Abs. 1 lit. b BAO wiederaufzunehmen und die USt 2013 - unter Reduktion der Vorsteuer um den o.a. Betrag von € 68.933,16 - neu festzusetzen. Auch im Rahmen der Einkommensteuer 2013 wurde die gegenständliche Vermietung als nicht unternehmerisch bzw. nicht geschäftlich qualifiziert und steuerlich nicht anerkannt. Der Einkommensteuerbescheid 2013 ist in Rechtskraft erwachsen.
Der Umstand, dass der vermietete Teil des Zubaues lediglich über eine Küchenzeile mit Spüle und Kühlschrank, nicht aber über weitere Küchengeräte verfügt, sodass (warme) Mahlzeiten nur in eingeschränktem Ausmaß unter Verwendung von mobilen Geräten oder unter Mitbenützung der Küche im nicht vermieteten Gebäudeteil zubereitet werden können, ist geeignet, einen Familienfremden davon abzuhalten, das Objekt zu denselben Bedingungen zu mieten wie der Sohn der Beschwerdeführerin. Umgekehrt würde auch ein durchschnittlicher Gebäudeeigentümer die Mitbenützung der Küche durch einen Familienfremden nicht dulden und ist dieser Umstand daher insofern auch geeignet, den Gebäudeeigentümer davon abzuhalten, den Zubau an einen Familienfremden zu vermieten.
Beweiswürdigung
Die Feststellungen zur Vermietungstätigkeit der Beschwerdeführerin in Wien sind dem Beiblatt zur Einkommensteuererklärung 2013 entnommen, in dem drei Liegenschaften und die damit im Zusammenhang stehenden Einnahmen und Werbungskosten aufgelistet sind.
Die Feststellungen zur Vermietung des Objektes ***Adr-MietObj*** ergeben sich aus den Mietanbot vom und dem Inventarverzeichnis vom . Dass das Mietanbot mündlich angenommen wurde, hat die Beschwerdeführerin in ihrer Einvernahme angegeben. Die Grenze zwischen vermietetem und nicht vermietetem Bereich hat die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin anlässlich der Verhandlung vom in einem Gebäudeplan zwischen Vorraum und Esszimmer eingezeichnet, sodass das Esszimmer und die "Speis" (die zum Zubau zählen) nicht mitvermietet sind und nur die übrigen Räumlichkeiten des Zubaues im Ausmaß von rund 80 m² zum Mietobjekt zählen. Der Plan, in dem die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin diese Grenze anlässlich der Besprechung vom eingezeichnet hat, stand im gegenständlichen Beschwerdeverfahren nicht mehr zur Verfügung. Das Gericht hat jedoch keinen Anlass zur Annahme, dass die Grenze in der Verhandlung unzutreffend oder anders als in der Besprechung vom eingezeichnet wurde, und geht daher davon aus, dass lediglich die in den Feststellungen angeführten Räumlichkeiten vermietet sind. Die Flächenmaße sind den von der belangten Behörde vorgelegten Auszügen aus dem Bauakt der Marktgemeinde ***ZZZ*** entnommen, insbesondere der Aufstellung "Haus Bestand (laut Plan vom )" bzgl. des Altbauteiles und dem Einreichplan des Arch. ***Arch*** vom , Plan Nr. 034/ER/01 bzgl. des Zubaues. Dass der nicht vermietete Teil des Hauses von der Beschwerdeführerin und ihrer Familie zur Freizeitgestaltung genutzt wird, ergibt sich aus dem E-Mail des ***Bf-EheG*** an die Marktgemeinde ***ZZZ*** (Hr. ***Gem-MA***) vom , dass auch der Sohn der Beschwerdeführerin das Mietobjekt zur Freizeitgestaltung nutzt, gründet sich ebenso wie die Feststellungen zur Trennung der beiden Bereiche und zur gemeinsamen Nutzung des Esszimmers auf die Aussage der Beschwerdeführerin in der Verhandlung vom . Dass der Zubau im Zeitraum 2013-2014 errichtet wurde, ergibt sich aus der Bescheinigung der Firma ***BauM*** vom , wonach der Zubau beim bestehenden Einfamilienhaus in ***Adr-MietObj*** auf dem Grundstück Nr. ***X*** KG ***YYYYY***, EZ ***XXX*** bewilligungsgemäß und den Bauvorschriften entsprechend ausgeführt wurde, sowie aus der Aussage der Beschwerdeführerin, wonach der Zubau im Frühjahr 2014 soweit fertiggestellt war, dass er uneingeschränkt benützt werden konnte. Die Feststellungen zur Baubewilligung ergeben sich aus dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Bescheid der Marktgemeine ***ZZZ*** vom , ***AZ-BauB***.
Dass ***Bf-Sohn*** im Jahr 2014 lediglich € 500,00 pro Monat entrichtet hat und erst seit 2015 den vereinbarten Betrag von € 715,00 bezahlt, ergibt sich aus der von der Beschwerdeführerin im Rahmen der zweiten Prüfung (per Mail in Dateiform) übergebenen Zahlungsaufstellung, die auch im angefochtenen Bescheid wiedergegeben ist. Dass diese Mietzinsreduktion im Hinblick auf die zunächst noch nicht vollständige Fertigstellung des Mietobjektes erfolgte, hat die Beschwerdeführerin in ihrer Einvernahme angegeben und erscheint dies grundsätzlich auch plausibel. Eine schriftliche Vereinbarung über diese Reduktion wurde nicht vorgelegt. Ebenso wenig konnte die Beschwerdeführerin erklären, weshalb während des gesamten Jahres 2014 ein reduzierter Mietzins bezahlt wurde, obwohl das Gebäude bereits im Frühjahr 2014 soweit fertiggestellt war, dass es uneingeschränkt benützt werden konnte.
Die Feststellungen zur Erstveranlagung der Umsatzsteuer 2013, zu den beiden Außenprüfungen sowie zur Wiederaufnahme und Neufestsetzung betreffen den Verfahrensgang und sind daher den im Akt erliegenden Bescheiden entnommen. Dass die Erstprüfung am abgeschlossen wurde, haben die Vertreter der belangten Behörde in der Verhandlung unwidersprochen angegeben. Dass der Behörde anlässlich der ersten Prüfung im Jahr 2015 das Mietanbot vom übergeben wurde, stellt diese grundsätzlich nicht in Abrede und ergibt sich auch daraus, dass sie argumentiert, aufgrund dieses Anbotes sei sie zunächst davon ausgegangen, es werde das gesamte Gebäude vermietet. Strittig ist, ob der Behörde anlässlich der Prüfung im Jahr 2015 auch ein Gebäudeplan übergeben oder sonst zur Kenntnis gebracht wurde. Diesbezüglich hat die Vertretung der Beschwerdeführerin dem Gericht in der mündlichen Verhandlung vom eine Mappe mit Unterlagen zum gegenständlichen Mietobjekt vorgewiesen, die auch der belangten Behörde anlässlich der Prüfung im Jahr 2015 vorgewiesen worden sein soll. Vom Gericht wurde festgestellt, dass in dieser Mappe auch ein Gebäudeplan enthalten ist, in dem der Altbau und der Zubau eingezeichnet sind, aus dem aber nicht ersichtlich ist, dass nur ein Teil des Gebäudes vermietet ist bzw. welcher Teil vermietet wird. Aus rechtlichen Gründen (s. unten) kann dahingestellt bleiben, ob diese Mappe bzw. der darin enthaltene Plan der belangten Behörde bereits im Rahmen der Prüfung im Jahr 2015 bekannt wurde. Das Gericht geht davon aus, dass die Tatsache der bloß teilweisen Vermietung auch sonst nicht offengelegt wurde. Die Zeugin ***ZG1*** (Prüferin der Erstprüfung im Jahr 2015) konnte sich anlässlich ihrer Einvernahme zwar nicht erinnern, ob diese Frage damals thematisiert wurde, ging aber davon aus, dass dies nicht der Fall war, da der i.Z.m. der Prüfung erstellte Arbeitsbogen keine diesbezüglichen Angaben enthält und in diesem Arbeitsbogen alle wesentliche Informationen festzuhalten sind und grundsätzlich auch festgehalten werden. Der Zeuge ***ZG2***, der als damaliger steuerlicher Vertreter der Beschwerdeführerin ebenfalls an der Prüfung im Jahr 2015 teilgenommen hat, machte von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch, sodass von dieser Seite keine Beweisergebnisse zu den damals geführten Gesprächen vorliegen. Dem Gericht erscheint daher plausibel, dass der belangten Behörde die Tatsache der bloß teilweisen Vermietung damals nicht zur Kenntnis gebracht wurde, da sie aus den vorhandenen Unterlagen nicht ersichtlich ist und keine Hinweise dafür vorliegen, dass sie im Rahmen der damals geführten Gespräche mündlich offengelegt worden wäre. Dass die gegenständliche Vermietung auch im Rahmen der Einkommensteuer 2013 nicht anerkannt wurde und der diesbezügliche Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist, haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom übereinstimmend angegeben.
Dass der vermietete Teil über eine Türe mit dem nicht vermieteten Teil verbunden ist, bewirkt zweifellos eine gewisse Nähe zwischen Mieter und Vermieter. Dies allein mag einem Vertragsabschluss zwischen Familienfremden zwar noch nicht entgegenstehen, da die Türe versperrbar ist und - falls dies einem allfälligen Mieter nicht reichen sollte - leicht weitere Maßnahmen ergriffen werden können, um die beiden Gebäudeteile noch deutlicher voneinander zu trennen (z.B. Anbringung von zwei Schlössern, wobei jeder Nutzer nur den Schlüssel zu einem Schloss erhält, sodass sie die Türe nur gemeinsam sperren können; Anbringung einer Doppeltür, wobei jeder Nutzer nur die auf seiner Seite befindliche Türe sperren kann; vorübergehende bauliche Trennung für die Dauer der Vermietung). Allerdings muss der Mieter des Zubaues, der über keine vollwertige Küche verfügt, sich entweder mit einer sehr eingeschränkten Möglichkeit der Zubereitung von Speisen begnügen, oder die Küche im Altbauteil mitbenützen, um auf eine Weise kochen und sonstige Küchenarbeiten (z.B. Geschirr spülen) erledigen zu können, die einem zeitgemäßen Wohnbedürfnis entspricht. Um dies zu gewährleisten wäre es aber erforderlich, ungehindert vom Zubau in den Altbauteil und wieder zurück zu gelangen. Eine dauerhafte Abtrennung der beiden Bauteile insb. durch Maßnahmen, die nur beide Nutzer gemeinsam wieder aufheben können (zweites Schloss, Doppeltür) ist sohin nicht praktikabel. Die Zugänglichkeit des Altbauteiles für den Nutzer des Zubaues erfordert ein Vertrauen, das zwischen Fremden nicht vorausgesetzt werden kann. Insofern ist nach Auffassung des Gerichtes nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin einem familienfremden Mieter den Zugang zum Altbauteil so gestattet hätte wie ihrem Sohn, also insbesondere wenn beide Familien im Haus anwesend sind. Demnach wäre der gegenständliche Mietvertrag aus Sicht der Beschwerdeführerin mit einem Fremden so nicht zustande gekommen bzw. nicht so praktiziert worden, wie mit ihrem Sohn. Umgekehrt ist auch davon auszugehen, dass ein Fremder das Mietobjekt nicht anmieten würde, da heutzutage auch an ein "Wochenendhaus" die Anforderung gestellt wird, dieses selbständig und ohne Mitbenützung fremder Bereiche bewohnen zu können, insbesondere im "vollen Umfang", also unter Verwendung eines Kochfeldes mit mehreren Herdplatten, eines Backofens und eines Geschirrspülers kochen zu können.
Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder i.V.m. dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Im vorliegenden Fall ist der belangten Behörde erst nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens zur Festsetzung der Umsatzsteuer 2013 mit Bescheid vom zur Kenntnis gelangt, dass nicht das gesamte Gebäude in ***Adr-MietObj***, vermietet wird, sondern lediglich Räume im Zubau, sowie dass dieses Gebäude im Grünland liegt. Diese beiden Umstände lagen bei Erlassung des Erstbescheides bereits vor und sind der belangten Behörde erst danach zur Kenntnis gelangt (nova reperta). Es handelt sich daher um "neu hervorgekommene Tatsachen" i.S.d. § 303 Abs. 1 lit. b BAO. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass aus dem Plan, über den die Beschwerdeführerin anlässlich der ersten Prüfung im Jahr 2015 verfügte, nicht ersichtlich ist, dass das Gebäude lediglich teilweise vermietet wird und welche Räumlichkeiten zum Mietobjekt zählen. Damit kann dahingestellt bleiben, ob dieser Plan der belangten Behörde damals übergeben oder vorgezeigt wurde. Selbst wenn sie ihn erhalten haben sollte, wäre ihr die Tatsache der bloß teilweisen Vermietung dadurch nicht zur Kenntnis gelangt und ist diese Tatsache aus Sicht der belangten Behörde somit jedenfalls "neu" i.S.d. § 303 Abs. 1 lit. b BAO.
Die belangte Behörde führt diese beiden neu hervorgekommenen Tatsachen - gemeinsam mit bereits bei Erlassung des Erstbescheides bekannten Tatsachen - dafür ins Treffen, dass die Vermietung an den Sohn der Beschwerdeführerin nicht fremdüblich ist, also ein Mietvertrag über das gegenständliche Objekt zwischen Fremden nicht oder nicht mit diesem Inhalt zustande gekommen wäre. Sie versagt dem Mietverhältnis daher nach der sog. "Angehörigenjudikatur" die steuerliche Anerkennung.
Unter Fremden sorgt das Streben jedes Einzelnen nach Vorteilsmaximierung für gewöhnlich dafür, dass rechtsgeschäftliche Beziehungen das tatsächliche Geschehen im Wirtschaftsleben widerspiegeln und so marktangemessene Vertragsverhältnisse entstehen (Geschäftspartner "schenken" sich nichts). Die "Angehörigenjudikatur" soll nun ein Korrektiv dafür schaffen, dass dieser Interessengegensatz zwischen Angehörigen i.d.R. nicht besteht, indem Vertragsverhältnisse steuerlich nur anerkannt werden, wenn sie (kumulativ) nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen (Publizitätswirkung), einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben, und zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (Fremdvergleich; ; , 95/13/0176; , Ra 2018/15/0050), wobei die Fremdüblichkeit aus der Sicht beider Vertragsteile zu beurteilen ist (). Dadurch soll verhindert werden, dass unklare oder unausgewogene Vertragsverhältnisse zum Nachteil des Fiskus genutzt und steuerliche Folgen willkürlich herbeigeführt werden können, etwa indem Einkünfte oder Vermögenswerte so zwischen den Vertragspartnern geregelt und aufgeteilt werden, dass sie einer möglichst geringen Besteuerung unterliegen. Diese - hauptsächlich anhand der Einkommensteuer entwickelte - Judikatur gilt auch für den Bereich der Umsatzsteuer (Ruppe/Achatz, UStG, Rz 180 zu § 1). Der Sohn der Beschwerdeführerin ist jedenfalls "Angehöriger" im Sinne dieser Rechtsprechung (§ 25 Abs. 1 Z. 2 BAO).
Eine ausreichende Publizität bzw. ein ausreichend klarer, eindeutiger und jeden Zweifel ausschließender Inhalt setzt voraus, dass die wesentlichen Vertragsbestandteile mit genügender Deutlichkeit, in einer auch für außenstehende Dritte erkennbaren Weise feststehen. In Bezug auf Bestandverträge ist dies nur dann der Fall, wenn insb. der Bestandgegenstand, der zeitliche Geltungsbereich des Vertrages und die Höhe des Bestandzinses fixiert sind (; , 97/13/0215). Im vorliegenden Fall umfasst das Bestandobjekt nach dem Willen der Vertragsparteien nur einen Teil des Gebäudes ***Adr-MietObj***. Dieser Umstand ist der Vertragsgrundlage (Mietanbot vom ) ebenso wenig zu entnehmen, wie die Frage, welche Teile des Gebäudes vermietet sind. In der Inventarliste sind zwar bestimmte Räume angeführt und mag dies ein Indiz dafür sein, dass diese Räume Teil des Mietgegenstandes sind, sie gibt aber keinen Aufschluss darüber, ob die vermieteten Räume darin vollständig aufgeführt sind und ist dies auch tatsächlich nicht der Fall, zumal der (mitvermietete) Technikraum darin nicht erwähnt wird. Insofern ist der Bestandgegenstand nicht mit genügender Deutlichkeit fixiert und der Vertrag zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Sohn daher (in Bezug auf den Umfang des Mietobjektes) weder ausreichend "publik" noch inhaltlich klar und eindeutig i.S.d. "Angehörigenjudikatur". Dass die steuerliche Vertretung die Nutzfläche des Mietobjektes anlässlich der Besprechung vom noch mit ca. 120 m² bezifferte (was mehr als der Nutzfläche des gesamten Zubaues einschließlich Esszimmer und "Speis" entspricht) und dass die Vorsteuer aus den Errichtungskosten für den gesamten Zubau geltend gemacht wurde, mag ein gewisses Indiz dafür sein, dass auch die Beschwerdeführerin nicht allzu streng zwischen vermietetem und nicht vermietetem Bereich trennt. Auch die Annahme des Angebotes vom (und damit das Zustandekommen des Mietvertrages) ist nur mündlich erfolgt und damit nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit nach außen getreten. Dasselbe gilt für die anfängliche Mietzinsreduktion infolge eingeschränkter Nutzbarkeit des Mietobjektes während der Bauphase. In diesem Zusammenhang ist zudem offengeblieben, weshalb während des gesamten Jahres 2014 ein reduzierter Mietzins bezahlt wurde, obwohl das Objekt seit dem Frühjahr 2014 uneingeschränkt nutzbar war.
Hinzu kommt, dass ein derartiger Vertrag wegen der nur eingeschränkten Nutzbarkeit der Küche im Obergeschoss des Zubaues bzw. - wenn vom Mieter die Küche im nicht vermieteten Teil mitbenützt werden soll - wegen der mangelnden Trennbarkeit der Bereiche zwischen Familienfremden nicht zustande gekommen wäre, sodass auch die von der "Angehörigenjudikatur" geforderte Fremdüblichkeit nicht vorliegt.
Der gegenständliche Mietvertrag entspricht daher nicht den von der "Angehörigenjudikatur" geforderten Kriterien, sodass ihm die steuerliche Anerkennung zu versagen ist und die geltend gemachten Vorsteuern i.H.v. € 68.933,16 bei der Umsatzsteuer 2013 nicht berücksichtigt werden können. Dass der Vertrag die geforderte Außenwirkung, einen klaren, eindeutigen und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt sowie die notwendige Fremdüblichkeit nicht aufweist, hat sich erst durch den Umstand ergeben, dass lediglich ein Teil des Gebäudes vermietet wird. Insofern ist dieser neu hervorgekommene Umstand auch im Sinne des § 303 Abs. 1 BAO geeignet, einen im Spruch anderslautenden Bescheid bei zuführen.
Die Wiederaufnahme steht im Ermessen (z.B. ; , 99/13/0131; , 2004/13/0083; , 2006/13/0015). Ermessensentscheidungen sind gemäß § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Unter dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" sind hierbei die berechtigten Interessen der Partei zu verstehen, unter dem Begriff "Zweckmäßigkeit" das öffentliche Interesse an der Einbringung der Abgaben (). Die Kriterien der Ermessensübung sind vorrangig dem Zweck jener Norm zu entnehmen, die das Ermessen einräumt (). Berichtigungs-, Änderungs- oder Aufhebungsbestimmungen (§§ 293ff BAO, daher auch die Bestimmungen über die Wiederaufnahme) sollen vorrangig die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicherstellen. Bei der Anwendung derartiger Bestimmungen kommt diesem Grundsatz daher zentrale Bedeutung zu, sodass grundsätzlich das Prinzip der Rechtsrichtigkeit Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit genießt (; , 99/13/0253;). Im vorliegenden Fall ist daher das öffentliche Interesse an der gleichmäßigen Einhebung von Abgaben und damit an der rechtsrichtigen Festsetzung der Umsatzsteuer 2013 (ohne die geltend gemachten Vorsteuern) tendenziell höher zu bewerten, als das Interesse der Beschwerdeführerin an der Aufrechterhaltung des ursprünglichen Bescheides. Angesichts des Betrages von € 68.933,16 sind die steuerlichen Auswirkungen der Wideraufnahme auch keinesfalls geringfügig. Hinweise dafür, dass die Steuer uneinbringlich sein könnte, liegen nicht vor und ist dies angesichts der von der Beschwerdeführerin im Rahmen der übrigen Vermietungen im Jahr 2013 erzielten Überschüsse auch nicht anzunehmen. Aus den beiden zuletzt genannten Gründen erweist sich die Einbringung auch im Sinne der Verwaltungsökonomie als zweckmäßig. Im Rahmen des Ermessens kann auch ein Verschulden der Behörde an der Nichtfeststellung der maßgeblichen Tatsachen im abgeschlossenen Verfahren eine Rolle spielen (; , 2006/15/0016). Wenngleich die belangte Behörde ein solches Verschulden (unzureichende Sachverhaltsermittlung) einzugestehen scheint, indem sie argumentiert, es stünde der Wiederaufnahme nicht entgegen, liegt es nach Auffassung des Gerichtes tatsächlich nicht vor. Die maßgebliche Tatsache, die erst nach Abschluss des ursprünglichen Verfahrens hervorgekommen ist und dazu geführt hat, dass die gegenständliche Vermietung im Sinne der "Angehörigenjudikatur" nicht anzuerkennen ist, nämlich der Umstand, dass lediglich ein Teil des Gebäudes vermietet ist, war aus den der Behörde bei Erlassung des ursprünglichen Bescheides zur Verfügung stehenden Urkunden und sonstigen Informationen nicht ersichtlich, sodass ihr dieser Umstand auch bei noch so großer Aufmerksamkeit nicht bekannt sein konnte. Es ist im Rahmen der Ermessensübung vielmehr der Beschwerdeführerin anzulasten, dass sie diesen Umstand nicht schon anlässlich der ersten Prüfung im Jahr 2015 offengelegt hat. Insgesamt zeigt die Abwägung der Ermessenskriterien daher ein deutliches Übergewicht zugunsten der Wiederaufnahme, sodass diese auch insofern zutreffend erfolgte.
Ob die Vermietung des gegenständlichen Objektes gegen baurechtliche Vorschriften verstößt (gegenwärtig liegt hierzu nur die von der belangten Behörde zitierte Kommentarmeinung vor; Rechtsprechung des VwGH oder des LVwG NÖ existiert - soweit ersichtlich - noch nicht) und ob dies einen Familienfremden von einer Anmietung abhalten würde, sodass ein weiterer Wiederaufnahmegrund vorliegen würde, kann im Hinblick darauf, dass bereits der neu hervorgekommene Umstand der bloß teilweisen Vermietung die Wiederaufnahme rechtfertigt, dahingestellt bleiben. Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob die von der Behörde zur Begründung der Fremdunüblichkeit zusätzlich ins Treffen geführten (bereits im Rahmen der ersten Prüfung bekannt gewordenen) Umstände einer steuerlichen Anerkennung entgegenstehen, da bereits die Tatsache der bloß teilweisen Vermietung und die sich daraus ergebenden Umstände (Bestandobjekt nicht genau bzw. nicht korrekt bezeichnet; Vertrag mit einem Fremden würde wegen der nicht vollwertigen Küche nicht zustandekommen) zur Folge hat, dass der gegenständliche Mietvertrag steuerlich nicht anzuerkennen ist.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Dass ein Bestandvertrag nur dann den Publizitäts- und Inhaltserfordernissen der "Angehörigenjudikatur" genügt, wenn u.a. das Bestandobjekt klar definiert ist, wurde durch die zitierte Rechtsprechung des VwGH geklärt. Ob ein Familienfremder einen bestimmten Vertrag abschließen würde, stellt keine Rechtsfrage, sondern eine Sachverhaltsfrage dar. Rechtsfragen von grundlegender Bedeutung waren daher nicht zu lösen.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 25 Abs. 1 Z 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103916.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at