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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.08.2022, RV/6100258/2022

Vergütungen von Mitgliedern des Universitätsrates

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, vertreten durch ***Stb1***, gegen den von der belangten Behörde Finanzamt Österreich am ausgefertigten Bescheid betreffend Einkommensteuer 2020 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Die belangte Behörde hat mit dem am ausgefertigten Bescheid die Einkommensteuer für das Jahr 2020 mit € 65.930,00 festgesetzt. In der Begründung führt sie aus (kursive Schreibweise im Original):

Bei den Funktionsgebühren sind nur die tatsächl. Werbungskosten abzugsfähig. Es wird daher auf die Änderungen - wie bereits im Vorjahr - verwiesen.

2. Die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin hat mit Schreiben vom das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde erhoben. Die Beschwerde richte sich gegen den Ansatz der Einkünfte der Montanuniversität Leoben als Funktionsgebühren anstatt als Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Entsprechende Literatur sei der Beschwerde beigelegt. In der Anlage des Schreibens befand sich ein Literaturauszug (Kanduth-Kristen in Jakom, EStG 2020, § 29 Rz 52).

3. Die belangte Behörde hat das Rechtsmittel mit der am ausgefertigten Beschwerdevorentscheidung als unbegründet abgewiesen. Funktionsgebühren der Funktionäre von öffentlichen-rechtlichen Körperschaften seien, soweit sie nicht unter § 25 EStG fallen, sonstige Einkünfte gemäß § 29 Z 4 EStG. Als Funktionäre im Sinne dieser Bestimmung könnten grundsätzlich nur Organe (Organwalter) von öffentlich-rechtlichen Körperschaften angesehen werden (). Daneben kämen noch Repräsentanten öffentlich-rechtlicher Körperschaften in Betracht, wenn sie mit Macht- und Entscheidungsbefugnis ausgestattet seien. Wenn unter anderem aufgrund einer vorhandenen Entscheidungsbefugnis auf die die Tätigkeit als Funktionärin iSd § 29 Z 4 EStG abzustellen sei, sei zu prüfen, ob die Mitglieder des Universitätsrates eine solche Entscheidungsbefugnis innehätten bzw. ob diesen eine Befehlsgewalt zukomme. Die Aufgaben der Mitglieder des Universitätsrates seien in § 21 Abs. 1 Z 1 bis Z 16 UG 2002 taxativ aufgelistet. Darunter fielen unter anderem die Genehmigung des Entwicklungsplans, des Organisationsplans, des Entwurfs der Leistungsvereinbarung sowie der Geschäftsordnung des Rektorats. Die Ausschreibung der Funktion des Rektors oder der Rektorin obliege ebenfalls dem Universitätsrat. Ferner sei dieser zuständig für die Erlassung der Bestimmung der Wahl des Rektors oder der Rektorin und habe diese zu wählen. Daneben kämen dem Universitätsrat weitere Aufgaben zu, welche nicht ausschließlich genehmigenden Charakter aufwiesen, sondern als Entscheidungsbefugnisse zu charakterisieren seien, z.B. Abschluss der Arbeitsverträge mit den Mitgliedern des Rektorats. Zudem sei nach der Judikatur (VwGH 24.09.02008, 2006/15/0324) für die Einordnung der Vergütung einer Tätigkeit unter Funktionsgebühren iSd § 29 Z 4 EStG wesentlich, dass es sich um Bezüge der nicht in einem Dienstverhältnis zur Körperschaft stehenden Organwalters von Körperschaften des öffentlichen Rechts handle. Ausschlaggebend sei, dass das jeweilige Gesetz die Funktion vorsehe und auch deren Bestellung regle. Die Mitglieder des Universitätsrates seien nach § 21 Abs. 6 UG 2002 vom Senat zu wählen, von der Bundesregierung auf Vorschlag der Bundesministerin oder des Bundesministers zu bestellen oder von den anderen Mitgliedern des Universitätsrates zu bestellen. Ein Dienstverhältnis zwischen den Mitgliedern des Universitätsrates und der Universität bestehe nicht. Auch nach der in den Einkommensteuerrichtlinien (Anhang II zu Abschn. 22, Rz 6601 ff) vertretenen Verwaltungsmeinung würden Vergütungen an Mitglieder des Universitätsrates unter den Begriff Funktionsgebühren iSd § 29 Z 4 EStG fallen.

4. Die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin hat mit Schreiben vom die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 BAO beantragt.

5. Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde mit Bericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

6. Die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin hat mit Schreiben vom den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

II. Rechtliche Beurteilung

1. Gemäß § 29 Z 4 EStG 1988 sind Funktionsgebühren der Funktionäre von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, soweit sie nicht unter § 25 EStG 1988 fallen, sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 3 Z 7 EStG 1988).

2. Funktionäre stehen mit einer Körperschaft öffentlichen Rechts zwar nicht in einem Dienstverhältnis, werden aber für die Körperschaft öffentlichen Rechts tätig. Die dafür gezahlten Entschädigungen sind die Funktionsgebühren im Sinne des § 29 Z 4 EStG 1988 (). Als Funktionäre werden nur Organe und Repräsentanten öffentlich-rechtlicher Körperschaften tätig (; ; ). Unter den Begriff Funktionsgebühren fallen Bezüge der nicht in einem Dienstverhältnis zur Körperschaft stehenden Organwalter von Körperschaften öffentlichen Rechts (). Ausschlaggebend ist, ob der Vergütungsempfänger nach den jeweiligen gesetzlichen Vorschriften, die für die öffentlich-rechtliche Körperschaft maßgebend sind, als Funktionär oder Organ angesprochen wird. Entscheidend ist, dass das jeweilige Gesetz die Funktion vorsieht und auch deren Bestellung regelt. Die Befugnisse der Funktionäre sind nicht von Bedeutung. Sie dürfen bloß nicht aufgrund eines Dienstverhältnisses tätig sein (Lang in SWK 8/2017, 448).

3. Universitäten sind juristische Personen des öffentlichen Rechts (§ 4 UG). Der Universitätsrat gehört zu den obersten Organen der Universität (§ 20 Abs. 1 UG). Der Universitätsrat hat in seiner Funktion als begleitend und vorausschauend tätiges Aufsichtsorgan die in § 20 Abs. 1 Z 1 bis 16 UG angeführten Aufgaben. Die Mitglieder des Universitätsrats werden gemäß § 21 Abs. 3 UG gewählt oder bestellt.

4. Die Beschwerdeführerin war im Jahr 2020 nach der Aktenlage und unbestritten Mitglied des Universitätsrats der Montanuniversität Leoben. Als Mitglied des Universitätsrats war sie nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses tätig. Für ihre Tätigkeit hat sie eine Vergütung in Höhe von € 7.200,00 erhalten. Die Beschwerdeführerin war nach den maßgeblichen Vorschriften des Universitätsgesetzes als Organ der öffentlich-rechtlichen Körperschaft Universität gewählt beziehungsweise bestellt und in dieser Funktion tätig. Nach der vom Bundesfinanzgericht vertretenen Ansicht reicht die Bestellung der Beschwerdeführerin als Mitglied des Universitätsrats der Montanuniversität Leoben aus, die Tätigkeitsvergütungen als Funktionsgebühren nach § 29 Z 4 EStG 1988 zu qualifizieren. Die in der Beschwerde mit Verweis auf das Schrifttum (Kanduth-Kristen in Jakom, EStG 2020, § 29 Rz 52) vorgebrachte Argumentation, dass die Befugnisse des Universitätsrates jenen eines Aufsichtsrates ähnlich und die Tätigkeitsvergütungen daher Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 22 Z 2 EStG 1988) sind, war für die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts daher nicht erheblich.

5.Somit war spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abzuweisen.

III. Zulässigkeit einer Revision

Nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt vor Allem dann vor, wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Zu der im Beschwerdefall relevanten Frage, ob Vergütungen von Mitgliedern des Universitätsrates Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach § 22 Z 2 EStG oder Funktionsgebühren nach § 29 Z 4 EStG 1988 sind, fehlt eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist demzufolge zulässig.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.6100258.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at