Kosten für Zivilprozesse als außergewöhnliche Belastungen gem. § 34 EStG?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Martin Christoph Wittmann in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch TPG Wirtschaftstreuhand und Steuerberatung GmbH & Co KG, Münzgrabenstraße 36 Tür 4, 8010 Graz, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt (nunmehr Finanzamt Österreich) jeweils vom betreffend Einkommensteuer 2015 und 2016, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Das Finanzamt erließ am einen ESt-Bescheid für das Jahr 2015.
Mit Schriftsatz vom beantragte der Bf die Aufhebung des ESt-Bescheides 2015 vom gem § 299 BAO. In der Steuererklärung habe der Bf übersehen, im Jahr 2015 angefallene außergewöhnliche Belastungen gem § 34 EStG iHv 18.700,- Euro anzusetzen. Dadurch sei es zu einer überhöhten Belastung mit ESt gekommen. Der Bf schloss dem Antrag eine berichtigte Steuererklärung an. Aus diesem Grund ersuche er gem § 299 BAO um Aufhebung des ESt-Bescheides vom sowie um Erlassung eines neuen, berichtigten Bescheides.
Mit Ergänzungsersuchen vom (betreffend Streitjahr 2016) bzw vom (betreffend Streitjahr 2015) forderte das Finanzamt den Bf auf, eine genaue Auflistung (mit belegmäßigem Nachweis) der beantragten sonstigen außergewöhnlichen Belastungen iHv 18.700,- Euro für 2015 bzw iHv 53.847,- Euro für 2016 einzureichen.
Jeweils am beantwortete der Bf die Ergänzungsersuchen und übermittelte die gewünschten Nachweise. Begründend für den Ansatz von außergewöhnlichen Belastungen gem § 34 EStG brachte er vor, dass bei ihm einer jener Ausnahmefälle vorliege, in denen Prozesskosten in einem zivilgerichtlichen Verfahren steuerlich beachtlich seien.
Im Jahr 2013, somit etwa 16 Jahre nach der Schenkung von Immobilienanteilen habe sein Onkel nach entsprechender Vorkorrespondenz mit ihm auf Rückübertragung der Immobilienanteile geklagt; dies mit der Begründung, dass er zum Zeitpunkt der Geschenkgebung im Jahr 1997 aufgrund seines damaligen gesundheitlichen Zustandes aus psychiatrischer Sicht nicht geschäftsfähig gewesen sei. Der Onkel sei in der Zwischenzeit immer wieder geschäftlich tätig gewesen und habe auch diverse Liegenschaften an fremde Dritte veräußert. Für den Bf sei nicht erkennbar gewesen, ob der Onkel tatsächlich im Jahr 1997 geschäftsunfähig gewesen sei und er sei über viele Jahre hinweg in einem sehr guten Verhältnis zu seinem Onkel gestanden. Erst in der letzten Zeit vor der ggst Klage sei das Verhältnis etwas abgekühlt gewesen.
Es habe sich zum damaligen Zeitpunkt somit nicht beurteilen lassen, ob die Schenkung des Jahres 1997 tatsächlich vom Onkel gewollt gewesen sei oder nicht und habe sich der Bf daher zur Klärung dieser Umstände auf den Prozess einlassen müssen. Er sei ihm somit "im Sinne der Judikatur des VwGH aufgezwungen" worden, ohne dass eine Kausalität mit irgendeinem Verhalten des Bf herzustellen wäre. Nur der Prozess habe ihn in die Lage versetzt, rechtlich genau beurteilen zu können, ob die Schenkung zurückzugeben gewesen sei.
Damit habe sich der Bf aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen gem § 34 Abs 3 EStG diesen Belastungen nicht entziehen können. Hätte er die Geschenke gleich, dh ohne Prozess, zurückgegeben, wäre nicht feststellbar gewesen, ob die behaupteten Umstände tatsächlich vorgelegen oder ob nicht andere Überlegungen seitens des Onkels entscheidend gewesen seien. Ein Grund für den Widerruf der Schenkung sei aber nicht vorgelegen. Das habe das Gericht im gegenständlichen Verfahren ebenfalls festgestellt.
Im Zuge des Prozesses seien Sachverständigengutachten erstellt worden, die letzten Endes zum Urteil führten, dass aus Sicht der Gerichte im Zeitpunkt der Geschenkgabe tatsächlich eine Geschäftsunfähigkeit vorgelegen und die Schenkung damit nichtig gewesen sei. Das Oberlandesgericht Graz habe das Urteil mit Entscheidung vom bestätigt. Die Revision an den OGH sei zurückgewiesen worden.
Die im Prozess angelaufenen Kosten für Gutachten, für die Gerichte sowie für die anwaltliche Vertretung seien jedoch "nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH nach unserer Einschätzung in diesem speziellen Fall abzugsfähig".
Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde den Aufhebungsantragab und begründete dies damit, dass die vom Bf geltend gemachten Aufwendungen weder aus tatsächlichen, rechtlichen noch sittlichen Gründen zwangsläufig erwachsen und daher keine außergewöhnliche Belastung iSd EStG seien.
Ebenfalls am erließ das Finanzamt den ESt-Bescheid 2016, in welchem es genauso wenig die vom Bf begehrten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung berücksichtigte.
Gegen beide Bescheide erhob der Bf jeweils am Beschwerde, in welcher er jeweils auf die Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom verwies.
Mit Beschwerdevorentscheidungen jeweils vom wies die belangte Behörde die Beschwerde betreffend beide Streitjahre ab und führte begründend aus, dass eine außergewöhnliche Belastung nach § 34 EStG nur dann als zwangsläufig erwachsen gelte, wenn sich der Steuerpflichtige ihr nicht entziehen könne. Lasse man sich auf einen Prozess ein, so sei damit zu rechnen, dass man die Prozesskosten evtl teilweise oder zur Gänze selbst tragen müsse. Weiters sei im Streitjahr 2015 die Bedingung der wesentlichen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht gegeben, da laut berichtigter Erklärung vom die Prozesskosten 18.700,- Euro betrügen, das Jahreseinkommen (nach Abzug der anerkannten Sonderausgaben) jedoch rund 104.285,82 Euro.
Mit Vorlageanträgen jeweils vom verwies der Bf jeweils auf die bisherigen Ausführungen. Ergänzend zum Streitjahr 2015 wies er darauf hin, dass die Ausführung in der Beschwerdevorentscheidung unkorrekt sei, wonach die Prozesskosten von EUR 18.700,- nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit iSd § 34 Abs 4 EStG beeinträchtigten. Der Betrag übersteige den sich aus dieser Bestimmung ergebenden Selbstbehalt von 12% des Einkommens von 104.285,82 Euro und sei damit zumindest teilweise abzugsfähig.
Mit Schreiben vom forderte das BFG den Bf bzw seine stV wie folgt auf:
"Wie soeben tel. besprochen, darf ich Ihnen die Rechtssätze des VwGH sowie des BFG samt Fundstellen, die man auf den konkreten Sachverhalt anwenden kann, übermitteln:
1. RV/0745-I/09: Dem Abgabepflichtigen sind dadurch die Prozesskosten nicht zwangsläufig entstanden, da ihm der Prozess nicht aufgezwungen, sondern von ihm im Rahmen seiner privaten Entscheidungen der Lebensführung nach freien Stücken angenommen und geführt wurde. An dieser Beurteilung vermögen auch die dargelegten Rechtsauskünfte, ua. der Rechtsanwalt_A und Notar, nichts zu ändern, da nicht von hypothetischen, sondern ausschließlich von tatsächlichen Sachverhalten auszugehen ist. Für die gegenständliche Beschwerde ist damit auch ohne Belang, dass der Bf (und offensichtlich auch sein Rechtsbeistand) das streitgegenständliche Gerichtsurteil als nicht vorhersehbarer Unglücksfall ansehen und dessen Rechtmäßigkeit ("Fehlurteil") anzweifeln. Wenngleich für den UFS das behauptete Vertrauen des Abgabepflichtigen auf den "dringlichen Rat von Fachleuten" nachvollziehbar ist, oblag das gesetzte Verhalten (Führung des zivilgerichtlichen Verfahrens) ausschließlich und alleinig der freien Entscheidung des Bf.
2.; , 99/13/0158, : Als Folge des vom Bf. aus freien Stücken gesetzten Verhaltens ist auch der Umstand anzusehen, dass er im Zivilprozess die belangte Partei war und als solche im Prozess unterlegen ist.
3.: Prozesskosten in einem Zivilrechtsstreit sind nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig, wenn sie lediglich die Folge der Klagsführung durch den Steuerpflichtigen oder sonst Folge eines vom Steuerpflichtigen gesetzten Verhaltens sind; davon ist ua dann auszugehen, wenn der Steuerpflichtige geklagt wird und im Prozess unterliegt.
Hatte Ihr Klient für die Streitjahre 2015 und 2016 eine aufrechte Rechtsschutzversicherung, die zB auch den verfahrensggst. Zivilrechtsstreit mit Herrn ***1*** deckte?
Wenn Sie mir bitte, wie heute tel. besprochen, noch in dieser Woche die Urteile des LG, OLG und des OGH per Mail übermitteln könnten sowie bis spätestens weitere Unterlagen zur Untermauerung einer etwaigen "Aufzwingung des Zivilprozesses im speziellen Fall" Ihres Klienten."
In weiterer Folge legte der Bf bzw sein stV bis zum Entscheidungsdatum dieses ggst Erkenntnisses des BFG - trotz weiterer Urgenzen nach Ablauf der Frist am , am sowie am beim stV - weder die erwähnten Gerichtsentscheidungen betreffend den Zivilprozess zwischen seinem Onkel als Kläger und dem Bf als Beklagten noch eine Stellungnahme zur erwähnten Judikatur noch etwaige weitere Unterlagen zur Untermauerung seines Beschwerdestandpunktes vor.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt und Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ist wie im Verfahrensgang beschrieben aktenkundig, wurde von keiner Partei bestritten und kann daher als erwiesen angenommen weden.
Der Bf hat von seinem Onkel Liegenschaftsanteile mittels Schenkungsvertrag im Jahr 1997 übertragen bekommen. Dieser wollte jedoch eine Rückübertragung dieser Liegenschaftsanteile aufgrund seiner damaligen Geschäftsunfähigkeit. Es kam zu einem Zivilprozess zwischen dem Bf und seinem Onkel. In den Jahren 2015 und 2016 machte der Bf diese Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung gem § 34 EStG geltend.
Der Bf hat einer freiwilligen Rückübertragung der Liegenschaftsanteile nicht zugestimmt und sich somit auf die Klage eingelassen. Er ist im Prozess unterlegen, da aus Sicht des letztinstanzlich erkennenden OGH die Schenkung als nichtig angesehen wurde. Daraus ergibt sich, dass sich der Bf freiwillig in einen nicht eindeutig erfolgversprechenden Prozess eingelassen hat, was die Berücksichtigung von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung mangels Zwangsläufigkeit ausschließt.
Rechtslage
Bundesgesetz vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG) idF BGBl I 2012/112 lautet auszugsweise:
"Außergewöhnliche Belastung
§ 34.
(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann."
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Im Beschwerdeverfahren ist strittig, ob die geltend gemachten Prozesskosten dem Bf zwangsläufig erwachsen und damit als außergewöhnliche Belastung absetzbar sind.
§ 34 EStG 1988 räumt dem Steuerpflichtigen einen Rechtsanspruch ein (). Sämtliche Merkmale des § 34 EStG 1988 müssen aber kumulativ erfüllt sein (). Mangelt es im Einzelfall an der Erfüllung auch nur einer der genannten Voraussetzungen, ist das Vorliegen einer außergewöhnlichen Belastung zu verneinen.
Aus der Bestimmung des § 34 Abs 3 EStG ergibt sich nach der st Rsp des VwGH mit aller Deutlichkeit, dass freiwillig getätigte Aufwendungen nach § 34 EStG ebenso wenig berücksichtigt werden können wie Aufwendungen, die vom Steuerpflichtigen vorsätzlich herbeigeführt wurden oder sonst die Folge eines Verhaltens sind, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat (; , 2010/15/0130, mwN). Es entspricht auch der vom VwGH in st Rsp vertretenen Auffassung, dass Prozesskosten im Allgemeinen nicht zwangsläufig iSd § 34 EStG erwachsen ().
Der Bf bzw sein stV hat trotz Aufforderung durch das BFG keine weiteren Unterlagen bzw Beweismittel vorgelegt, die seinen Rechtsstandpunkt untermauern könnten, sondern nur pauschal auf nicht näher genannte Jud des VwGH (keine Nennung konkreter Geschäftszahlen odgl) verwiesen.
Bei abgabenrechtlichen Begünstigungen wie gem § 34 EStG tritt der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung insofern in den Hintergrund, als der Partei eine besondere Behauptungslast obliegt. Es liegt also an der Partei, selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels die Umstände darzulegen, die für die Begünstigung sprechen (vgl nur , mwN).
Solche Umstände konnte der Bf im Beschwerdefall jedoch nicht darlegen.
Hiezu im Einzelnen:
Im Hinblick auf die Frage der Berücksichtigung von Kosten eines Zivilprozesses als außergewöhnliche Belastung anlangt, so vertreten Lehre (vgl Hofstätter/Reichel, EStG 1988, § 34, ABC der außergewöhnlichen Belastungen, Rz 40 mwN; Doralt ua, EStG, § 34 Tz 78 "Prozesskosten") und Rsp (vgl nur ) die Ansicht, dass im Allgemeinen davon auszugehen ist, dass Prozesskosten deshalb nicht zwangsläufig erwachsen, weil jede Prozessführung mit dem Risiko behaftet ist, die Kosten ganz oder teilweise selbst tragen zu müssen. Eine allgemeine Regel lässt sich va dann nicht aufstellen, wenn dem Steuerpflichtigen die Prozessführung als beklagte Partei aufgezwungen wurde.
Abgesehen davon ist stets zu prüfen, ob Prozesskosten nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind und deshalb nicht als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden können (§ 34 Abs 1 letzter Satz). Leistungen einer Rechtsschutzversicherung sind abzuziehen.
Zwangsläufigkeit von Prozesskosten hat die Rsp stets verneint, wenn die Prozessführung auf Tatsachen zurückzuführen ist, die insb die Folge eines Verhaltens sind, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat (; , 89/13/0100; , 95/15/0024) oder wenn die Prozessführung nur eine direkte oder indirekte Verhaltensfolge darstellt.
Des Weiteren sind gem der st Rsp des VwGH Prozesskosten in einem Zivilrechtsstreit nicht abziehbar, wenn sie Folge eines vom Steuerpflichtigen gesetzten Verhaltens sind. Davon ist ua dann auszugehen, wenn dieser geklagt wird und im Prozess unterliegt (vgl nur ; , 99/13/0158).
Der Bf nahm die Schenkung von Liegenschaftsanteilen im Jahr 1997 von seinem Onkel aus freien Stücken an. Die gerichtliche (absolute) Nichtigerklärung des 1997 abgeschlossenen Schenkungsvertrages erfolgte infolge damaliger Geschäftsunfähigkeit des Onkels und verpflichtete deshalb den Bf zur Rückübereignung damit erlangter Liegenschaftsanteile sowie zur Zahlung des durch die Veräußerung eines solchen Anteils erlangten Verkaufserlöses an den Onkel. Eine (wenn auch gerichtliche) Nichtigerklärung eines Vertrages ist Folge eines Risikos, das jede Person, die Teil des Wirtschaftslebens ist und daran teilnimmt, freiwillig eingeht.
Die Rückabwicklung des Verkaufs und daraus resultierende Verpflichtung zur Rückübereignung der Liegenschaftsanteile sowie zur Zahlung des durch die Veräußerung eines solchen Anteils erlangten Verkaufserlöses, stellt demnach eine indirekte Verhaltensfolge dar.
Die daraus in weiterer Folge entstandenen Kosten des Bf sind somit Folge einer ursprünglich freiwillig getätigten Entscheidung, die aus der Beteiligung am Wirtschaftsleben resultiert. Hätte der Bf den Schenkungsvertrag mit dem Onkel nicht abgeschlossen, hätte sein Onkel ihn auch nicht wegen Geschäftsunfähigkeit anfechten und für nichtig erklären können. Hätte der Bf die zum Abschluss des Schenkungsvertrages gegebene Geschäftsunfähigkeit anerkannt und hätte dieser dem Onkel die übergebenen Liegenschaftsanteile zurückgestellt, wäre der Onkel nicht zur Erhebung der ggst Klage gezwungen gewesen. Damit hätten die geltend gemachten Rechtsanwalts- und Sachverständigenkosten, Gerichtsgebühren, etc vermieden werden können.
Im Zurückweisungsbeschluss über die Revision des Bf vom , 7 Ob 27/17x, hat der OGH festgehalten, dass der Onkel an einer "bipolaren affektiven Störung mit (ua) massiven Ängsten sowie schweren Depressionen mit Suizidgedanken" gelitten hatte, die einen "stationären Krankenhausaufenthalt und die Behandlung mit Neuroleptika in Form von über Wochen wirksamen Depot-Injektionen erforderten". Nur zwei Tage nach seiner Entlassung aus der stationären Behandlung hat der Onkel im Jahr 1997 den Schenkungsvertrag unterfertigt, aber "aufgrund seiner schwer depressiven Phase und der Medikation" - so der OGH in seiner Entscheidung - war dieser "in seiner Einsichts- und Urteilsfähigkeit so stark beeinträchtigt […], dass er die Tragweite und die Auswirkungen des Schenkungsvertrags nicht zu erkennen vermochte". An der damaligen Geschäftsunfähigkeit des Onkels ist daher laut OGH nicht zu zweifeln, ist diese doch (schon) dann anzunehmen, wenn - wie in casu - die normale Freiheit der Willensentschließung durch eine geistige Störung aufgehoben ist (RIS-Justiz RS0014623) und der Betroffene nicht in der Lage ist, die Tragweite des konkreten Rechtsgeschäfts zu beurteilen (RIS-Justiz RS0009075; vgl auch RS0014615).
Der OGH hält auch im erwähnten Beschluss vom dezidiert fest, dass aus dem Umstand, dass der Onkel später Vermögensdispositionen zugunsten des Bf vorgenommen hat, keine schlüssige "Wiederholung" der früheren (nichtigen) Schenkung abgeleitet werden kann. Auch begründet das Faktum, dass der Onkel erst Jahre später seine Geschäftsunfähigkeit geltend gemacht hat, während der Bf auf die Wirksamkeit der Schenkung vertraut haben mag, für sich keinen Rechtsmissbrauch durch den Onkel. Welche Vorstellungen der Onkel kurz vor Abschluss des Schenkungsvertrags bei der schon zuvor erfolgten Übergabe der Liegenschaftsanteile geäußert haben mag, ist laut OGH irrelevant, weil dieser bereits ab Ende Juni 1997 (Übergabe am ) geschäftsunfähig war. Auch im Jahr 2006, als der Onkel auf sein Fruchtgenussrecht verzichtete, war er geschäftsunfähig, weshalb mit all diesen Verhaltensweisen die nunmehrige Rechtsverfolgung des Onkels nicht als Rechtsmissbrauch (venire contra factum proprium) erwiesen werden kann. Im Übrigen kann der OGH dem festgestellten Sachverhalt keine Maßnahmen des Onkels entnehmen, mit denen dieser - konkret - die Erwartungen des Bf betreffend Wirksamkeit des Schenkungsvertrags aus dem Jahre 1997 bestätigt und damit schutzwürdiges Vertrauen aufgebaut hätte (vgl dazu RIS-Justiz RS0128483).
Der Beurteilung, dass dem Bf die Prozesskosten nicht zwangsläufig entstanden sind, da ihm der Prozess nicht aufgezwungen, sondern von ihm im Rahmen seiner privaten Entscheidungen der Lebensführung nach freien Stücken angenommen und geführt wurde, vermögen auch die vom Bf eingeholten Rechtsauskünfte nichts zu ändern, da nicht von hypothetischen, sondern ausschließlich von tatsächlichen Sachverhalten auszugehen ist. Für die ggst Beschwerde ist damit auch ohne Belang, dass der Bf (und offensichtlich auch sein Rechtsbeistand) das streitggst Gerichtsurteil als nicht vorhersehbarer Unglücksfall ansehen und dessen Rechtmäßigkeit anzweifeln. Wenngleich für das BFG das behauptete Vertrauen des Bf auf den dringlichen Rat von Fachleuten nachvollziehbar ist, oblag das gesetzte Verhalten (Verweigerung der Rückabwicklung des Schenkungsvertrages) ausschließlich und alleinig der freien Entscheidung des Bf (vgl hiezu auch RV/0745-I/09).
Darüber hinaus sind die vom Bf geltend gemachten Prozesskosten in casu iSd der VwGH-Jud Folge eines von ihm gesetzten Verhaltens, da dieser von seinem Onkel geklagt wurde und im Prozess unterlegen ist.
In diesem Sinn fehlt den ggst iZm einem Zivilprozess stehenden Gerichtsgebühren, Rechtsanwalts-, Sachverständigenkosten etc das Merkmal der Zwangsläufigkeit und kommt eine Berücksichtigung derselben im Rahmen des § 34 EStG nicht in Betracht. Im Rahmen der Zivilprozesskosten kann ein aus der Beteiligung am Wirtschaftsleben bestehendes Risiko nicht in Form der Ermäßigung der ESt auf die Allgemeinheit abgewälzt werden (vgl ).
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen Rsp des VwGH ausreichend geklärt wurden (siehe oben) und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab. Tatfragen sind kein Thema für eine ordentliche Revision.
Graz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | RV/0745-I/09 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.2100636.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at