Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.09.2022, RV/3100842/2019

Besteuerung einer italienischen Abfertigung gem § 67 Abs. 3 EStG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der in Österreich wohnhafte Beschwerdeführer war seit Dezember 2010 bei einem italienischen Arbeitgeber in Italien durchgehend als Grenzgänger beschäftigt und bezog daraus Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Im Jänner 2016 wurde das Unternehmen geschlossen und dem Beschwerdeführer vom Arbeitgeber eine beendigungskausale Abfertigung in Höhe von 10.446,68 Euro ausbezahlt.

Im Lohnausweis (L 17) wurde davon unter der KZ 351 "Sonstige Bezüge, die neben dem laufenden Arbeitslohn nicht monatlich gewährt werden" ein Betrag in Höhe von 4.293,52 € und unter der KZ 352 "Abfertigungen und Abfindung für die Dienstzeit von 5 Jahren" ein Betrag von 7.812 € eingetragen.

Mit Ausfertigungsdatum vom erließ das Finanzamt den von der Erklärung abweichenden und sodann in Beschwerde gezogenen Bescheid betreffend Einkommensteuer 2016 und führte darin aus, dass § 67 Abs. 3 EStG 1988 nur auf im Inland von einem inländischen Arbeitgeber bezogenen und auf eine aufgrund von österreichischen Rechtsgrundlagen ausbezahlten Abfertigung anwendbar sei. Da der Beschwerdeführer aber bei einem italienischen Arbeitgeber beschäftigt gewesen sei, sei diese Bestimmung nicht anwendbar. Dabei wurde im Bescheid ein Betrag in Höhe von 2.404,57 € begünstigt besteuert und zwar unter Hinweis auf § 26 Z 7 lit d EStG 1988. Dieser Betrag wurde mit 1,53 % der Summe der Bezüge der Jahre 2010 bis 2015 berechnet.

Mit Eingabe vom wurde von der steuerlichen Vertretung gegen diesen Bescheid Beschwerde erhoben und darin im Wesentlichen eingewendet, dass dem Gesetzeswortlaut des § 67 Abs. 3 EStG 1988 nicht zu entnehmen sei, dass die Anwendung dieser Bestimmung nur bei Auszahlung einer Abfertigung durch einen inländischen Arbeitgeber zulässig wäre.

Nach Ergehen einer abweisenden Beschwerdevorentscheidung wurde ein Vorlageantrag eingebracht.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Im gegenständlichen Fall ist strittig, ob die begünstigte Besteuerung einer Abfertigung gemäß § 67 Abs. 3 EStG 1988 auch auf Abfertigungen anwendbar ist, die von ausländischen Arbeitgebern ausbezahlt wurden, anzuwenden ist.

§ 67 Abs. 3 EStG 1988 lautet wie folgt:

"Die Lohnsteuer von Abfertigungen, deren Höhe sich nach einem von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängigen Mehrfachen des laufenden Arbeitslohnes bestimmt, wird so berechnet, dass die auf den laufenden Arbeitslohn entfallende tarifmäßige Lohnsteuer mit der gleichen Zahl vervielfacht wird, die dem bei der Berechnung des Abfertigungsbetrages angewendeten Mehrfachen entspricht. Ist die Lohnsteuer bei Anwendung des Steuersatzes von 6% niedriger, so erfolgt die Besteuerung der Abfertigungen mit 6 %. Unter Abfertigung ist die einmalige Entschädigung durch den Arbeitgeber zu verstehen, die an einen Arbeitnehmer bei Auflösung des Dienstverhältnisses auf Grund

• gesetzlicher Vorschriften,

• Dienstordnungen von Gebietskörperschaften,

• aufsichtsbehördlich genehmigter Dienst-(Besoldungs)ordnungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts,

• eines Kollektivvertrages oder

• der für die Bedienstete des Österreichischen Gewerkschaftsbundes geltenden Arbeitsordnung zu leisten ist.

Die vorstehenden Bestimmungen sind auf

• Bezüge und Entschädigungen im Sinne der § 14 des Bezügegesetzes sowie gleichartige Bezüge und Entschädigungen aufgrund landesgesetzlicher Regelungen,

• Bezüge und Entschädigungen im Sinne des § 5 des Verfassungsgerichtshofgesetzes,

• Abfertigungen durch die Urlaubs- und Abfertigungskasse auf Grund des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes, BGBl. Nr 414/1972

anzuwenden.

Die Lohnsteuer von Abfertigungen sowie von Kapitalbeträgen (§§ 55 und 67 BMSVG) aus BV-Kassen beträgt 6%. Wird der Abfertigungsbetrag oder der Kapitalbetrag an ein Versicherungsunternehmen zur Rentenauszahlung, an ein Kreditinstitut zu ausschließlichen Erwerb von Anteilen an einem prämienbegünstigten Pensionsinvestmentfonds (§ 108b in Verbindung mit § 17 BMSVG oder gleichartigen österreichischen Rechtsvorschriften) oder an eine Pensionskasse übertragen, fällt keine Lohnsteuer an. Die Kapitalabfertigung angefallener Renten unterliegt einer Lohnsteuer von 6%. Zusätzliche Abfertigungszahlungen im Sinne dieser Bestimmung für Zeiträume, für die ein Anspruch gegenüber einer BV-Kasse besteht, sind gemäß Abs. 10 zu versteuern."

Die Abgabenbehörde hat dazu in der abweisenden Beschwerdevorentscheidung ausgeführt, dass nach den gesetzlichen Bestimmungen des österreichischen Einkommensteuergesetzes eine Abfertigung nur dann vorliege, wenn diese aufgrund eines österreichischen Gesetzes, eines österreichischen Kollektivvertrages etc. ausbezahlt werde. Die Ansicht des Beschwerdeführers, wonach es für die Anwendung des § 67 Abs. 3 EStG 1988 ausreiche, eine Abfertigung auf Grund einer ausländischen gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Norm zu erhalten, werde nicht geteilt, da dies über die Intention des österreichischen Gesetzgebers hinausgehen würde, "da er bei der Formulierung seiner Gesetze naturgemäß österreichische Rechtsnormen im Blick hat". In der Judikatur des Unabhängigen Finanzsenates bzw. des Bundesfinanzgerichtes werde dazu der allgemeine Grundsatz vertreten, dass nur an eine österreichische rechtliche Norm angeknüpft werden könne und dementsprechend bei der Anwendung von begünstigenden Bestimmungen ein inländischer Arbeitgeber notwendig sei (-F/11 sowie ). Das Unionsrecht dürfe im vorliegenden Fall nicht außer Acht gelassen werden, weshalb der Antragsteller einem inländischen Arbeitnehmer gleichgestellt werde. Um dies zu verwirklichen sei der den Betrag von 2.404,79 Euro übersteigende Teil der ausgezahlten Abfertigung gemäß § 67 Abs. 10 EStG 1988 zum laufenden Tarif zu besteuern.

§ 67 EStG 1988 legt für "sonstige Bezüge" eine begünstigte Besteuerung fest, indem diese Bezüge aus der allgemeinen Besteuerungsgrundlage ausgeschieden und einer selbständigen Besteuerung unterworfen werden. Die in den Absätzen 3 bis 8 des § 67 leg. cit. angeführten Bezüge sind jedenfalls sonstige Bezüge. Sonstige Bezüge liegen demnach nur vor, wenn die Bezüge neben dem laufenden Arbeitslohn und von demselben Arbeitgeber ausbezahlt werden. Eine weitere Definition enthält die Bestimmung nicht. Bei einem "sonstigen Bezug" handelt es sich um einen Lohnteil, den der Arbeitgeber neben, also zusätzlich zum laufenden Arbeitslohn, auszahlt. Die sonstigen Bezüge müssen sich sowohl durch den Rechtstitel, aus dem der Arbeitnehmer den Anspruch ableiten kann, als auch durch die tatsächliche Auszahlung deutlich von den laufenden Bezügen unterscheiden. Solche Bezüge dürfen nicht für den üblichen Lohnzahlungszeitraum gezahlt werden, sondern müssen Leistungen aus mehreren Lohnzahlungszeiträumen abgelten (vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, § 67 Abs. 1 und 2 Tz. 2 sowie ; ).

Dabei unterscheidet der § 67 EStG 1988 nicht zwischen inländischen und ausländischen Einkünften, sofern diese die Voraussetzungen des § 67 EStG 1988 erfüllen (; ).

Art. 2120. Abs. 1 des italienischen Codice civile lautet wie folgt:

"In jedem Fall einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Abfertigung. Diese Abfertigung wird ermittelt, indem für jedes Dienstjahr ein Anteil berechnet wird, der gleich hoch sein muss und keinesfalls höher sein darf als die für das betreffende Jahr geschuldete und durch 13,5 geteilte Entlohnung. Für Bruchteile eines Jahres wird der Anteil verhältnismäßig herabgesetzt, wobei Bruchteile eines Monats mit 15 oder mehr Tagen als voller Monat berechnet werden."

Da im Streitfall die Abfertigung vom italienischen Arbeitgeber als einmalige Entschädigung aus Anlass der Beendigung des Dienstverhältnisses bezahlt wurde, liegt zweifelsfrei eine Abfertigung vor. Da diese weiters basiernd auf die maßgebliche italienische gesetzliche Bestimmung geleistet wurde, wobei diese auch der Höhe nach der bezughabenden italienischen gesetzlichen Grundlage entspricht, ist diese gemäß der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nach der gesetzlichen Bestimmung des § 67 Abs. 3 EStG zu besteuern.

Ergänzend wird angemerkt, dass § 26 Z 7 lit. d EStG 1988 für die Besteuerung einer ausländischen Abfertigung in keiner Weise anwendbar ist.

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden und der angefochtene Bescheid gemäß § 279 Abs. 1 BAO abzuändern.

Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da das Erkenntnis auf Grund der maßgebenden gesetzlichen Bestimmung und unter Zugrundelegung der dazu angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erlassen wurde, war die Revision nicht zuzulassen.

Innsbruck, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at