Wird verdeckt ausgeschüttet, wenn eine zur Nutzung überlassene nicht registrierte Marke veräußert wird?
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2022/13/0117. Mit Erk. v. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/7103462/2023 erledigt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen 1.) die Bescheide des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Umsatzsteuer 2007 und Körperschaftsteuer 2007, zugestellt am , und 2.) den Bescheid betreffend Haftung - Kapitalertragsteuer 2007 vom , zugestellt am , Steuernummer ***BF1StNr1*** , entschieden:
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
II. Gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist die ordentliche Revision nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Die Beschwerdeführerin (Bf.) wurde mit Gesellschaftsvertrag vom ***1*** als Gesellschaft mit beschränkter Haftung errichtet. Sie verwendete ab ihrer Errichtung das vom Einzelunternehmen ihres Gesellschafters ***2*** entwickelte (und von ihr weiterentwickelte) Konzept zur Organisation und Vermarktung von Reisen und die damals nicht registrierte Wortbildmarke und die damals nicht registrierte Wortmarke "***3***" für ihre Geschäftszwecke.
Die beiden nicht registrierten Marken wurden laut Übertragungsvertrag vom um EUR 500.000,00 an die ***4*** veräußert und (laut Finanzamt) am und am ins Markenregister eingetragen.
Den Verkaufserlös EUR 500.000,00 hatte die Bf. weder ertrags- noch umsatzversteuert, da sie davon ausging, dass beide Marken Privatvermögen von ***2*** seien.
Nach der den Abgabenbehörden damals offen gelegten Sachlage wurde kein Betriebsvermögen des Einzelunternehmens ***2*** ins Privatvermögen von ***2*** übernommen, weshalb die Außenprüfung davon ausging, dass die Bf. EUR 500.000,00 verdeckt an ihren Gesellschafter ***2*** ausgeschüttet hatte.
Die (mit 20% zu versteuernden) Umsätze 2007 seien um EUR 416.666,67 zu erhöhen, da der Verkaufserlös EUR 500.000,00 ein Bruttowert sei; der Verkaufserlös EUR 500.000,00 sei 2007 außerbilanzmäßig dem Gewinn der Bf. hinzuzurechnen und die Bf. hafte für die auf die verdeckte Ausschüttung entfallende 25%ige Kapitalertragsteuer (= EUR 125.000,00).
2. Das Finanzamt erließ die prüfungskonformen Bescheide betreffend Umsatzsteuer- und Körperschaftsteuer 2007 vom und den prüfungskonformen Bescheid betreffend Haftung - Kapitalertragsteuer 2007 vom . In allen Bescheiden wurde begründend auf den Bericht der Außenprüfung vom verwiesen.
Die Bescheide betreffend Umsatzsteuer- und Körperschaftsteuer 2007 vom wurden am zugestellt. Der Bescheid betreffend Haftung - Kapitalertragsteuer 2007 vom wurde am zugestellt.
Alle Bescheide waren innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Beschwerde anfechtbar und wurden mit der Beschwerde vom angefochten. Laut Eingangsstempel langte die Beschwerde am im Finanzamt ein.
3. In der Beschwerde vom brachte die Bf. im Wesentlichen vor, die Wortbildmarke "***3***" sei ein im Privatvermögen von ***2*** gehaltenes immaterielles Wirtschaftsgut, das ***2*** außerhalb der Spekulationsfrist veräußert habe, weshalb die Bf. den Verkaufserlös nicht verdeckt ausgeschüttet habe.
Die Markenrechte seien nicht der Bf. zuzurechnen, da ***2*** die Marke in seinem 1992 aufgegebenen Einzelunternehmen aufgebaut hatte. Die Unternehmensbezeichnung und den Firmenwert des Einzelunternehmens auf die Bf. zu übertragen, sei nicht vertraglich vereinbart worden. Aus der Verwendung der Fantasiebezeichnung "***5***" im Firmennamen der Bf. sei eine vertragliche Grundlage oder Vereinbarung für eine derartige Übertragung nicht ableitbar. Auf die Urteile BFH vom X R 32/05, BstBl II 2009, 634; I R 60/95, BstBl II 1996, 576 und I R 150/82, BFH E 149, 25 wird verwiesen.
4. Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde abgewiesen und im Wesentlichen begründend ausgeführt: Der gesamte Betriebsgegenstand des Einzelunternehmens - und damit auch das immaterielle Wirtschaftsgut "***5***" wurde von der neugegründeten Bf. ab ihrer Errichtung weitergeführt; eine verdeckte Einlage liege nicht vor.
Nach ständiger Judikatur finde ein Übergang eines Gesamtbetriebes statt, wenn die wirtschaftliche Einheit vor und nach dem Übergang identisch ist. Die identische wirtschaftliche Einheit besteht, wenn die bisherige oder eine gleichartige Geschäftstätigkeit weiter geführt oder wiederaufgenommen wird, materielle oder immaterielle Wirtschaftsgüter übernommen und wesentliche Arbeitnehmer:innen übernommen werden. Ob eine derartige wirtschaftliche Einheit vor und nach der Übertragung besteht, ist eine auf der Ebene der Beweiswürdigung zu beantwortende Sachfrage.
Das Konzept "***3***" gehörte zum Betriebsvermögen des 1992 beendeten Einzelunternehmens von ***2*** und wurde unverändert von der 1992 errichteten Bf. übernommen, fortgeführt und weiterentwickelt. Die Betriebs- und Geschäftsausstattung des Einzelunternehmens wurde auch von der Bf. übernommen und benutzt. Eine vertragliche Grundlage oder Vereinbarung darüber, dass das immaterielle Wirtschaftsgut 1992 eigenständig bestand und der Bf. unentgeltlich zur Nutzung überlassen wurde, existiert nicht. Bei der Betriebsaufgabe des Einzelunternehmens wurde eine Entnahme des immateriellen Wirtschaftsgutes nicht deklariert. Die Bf. erlangte Verfügungsgewalt über alle Geschäftswerte des Einzelunternehmens. Es gab keine Anzeichen dafür, dass das Konzept der "***3***" nicht in das Betriebsvermögen der Bf. mitübertragen werden sollte. Die Werthaltigkeit des Konzepts wurde von der Bf. jährlich deutlich gesteigert. Ein Nutzungsentgelt wurde nicht verrechnet. Ein Gesellschafterbeschluss oder eine konkludente Handlung, die darauf schließen lässt, dass das immaterielle Wirtschaftsgut zurückgehalten wurde, existiert nicht. Die Registrierung als eigenständige Marke erfolgte erst kurz vor ihrer Veräußerung. Deshalb sei als erwiesen anzusehen, dass das immaterielle Wirtschaftsgut "***3***" von Beginn an dem Betriebsvermögen der Bf. zuzurechnen und kein Privatvermögen von ***2*** sei.
Der (nicht verbuchte) Erlös aus der Veräußerung des immateriellen Wirtschaftsgutes sei ein dem ehemaligen Gesellschafter zugewendeter Vermögensvorteil, dem die Bf. zugestimmt habe. Diesen Vermögensvorteil hätte sie Fremden nicht zugewendet. Deshalb habe eine körperschaftsteuerrechtlich zu erfassende verdeckte Ausschüttung in Höhe des Veräußerungserlöses stattgefunden. Als Bruttobetrag sei sie mit dem Umsatzsteuer-Normalsteuersatz zu besteuern und die Bf. hafte für die auf die verdeckte Ausschüttung entfallende 25%ige Kapitalertragsteuer.
Die Beschwerdevorentscheidung wurde am zugestellt, war innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Vorlageantrag anfechtbar und wurde mit dem Vorlageantrag vom angefochten.
5. Aus dem Markenregister (Stand ): Die Wortbildmarke "***3***" wurde am ***6*** angemeldet und am ***7*** registriert. Die Wortmarke "***3***" wurden am ***6*** angemeldet und am ***8*** registriert. Beide Marken wurden für die Klassen Kl. 39 (Veranstaltung von Reisen und Ausflugsfahrten), Kl. 41 (sportliche und kulturelle Veranstaltungen) und Kl. 43 (Verpflegung und Beherbergung von Gästen) angemeldet und registriert und mit Wirkung vom ***9*** gelöscht.
6. Aus dem Notariatsakt vom : ***2*** trat seine Geschäftsanteile an der Bf. per an die ***10*** ab.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Der Vorlageantrag ist frist- und formgerecht eingebracht. Deshalb gilt die Beschwerde als unerledigt. Die Beschwerdefrist für die am zugestellten Bescheide betreffend Umsatz-und Körperschaftsteuer 2007 endet wegen der Weihnachtsfeiertage nicht am sondern am . Die Beschwerdefrist für den am zugestellten Bescheid betreffend Haftung - Kapitalertragsteuer 2007 endet nicht am , da dieser Tag ein Samstag ist, sondern wegen der Weihnachtsfeiertage auch am . Deshalb ist die am im Finanzamt eingelangte Beschwerde fristgerecht eingebracht. Da sie auch formgerecht eingebracht ist, ist über die Beschwerde "in der Sache" zu entscheiden.
2. In dieser Beschwerdesache ist strittig, ob die Bf. den Veräußerungserlös (EUR 500.000,00) der damals nicht registrierten Wortbildmarke und der damals nicht registrierten Wortmarke "***3***" verdeckt an ihren Gesellschafter ***2*** ausgeschüttet hat. Die Bf. behauptet, ***2*** habe beide Marken aus dem Betriebsvermögen seines Einzelunternehmen ins Privatvermögen übernommen und der Bf. unentgeltlich zur Nutzung überlassen. Deshalb habe ***2*** Privatvermögen veräußert, was eine verdeckte Ausschüttung in Höhe des Veräußerungserlöses ausschließe. Das Finanzamt behauptet, beide Marken und das durch diese Marken verkörperte Geschäftsmodell seien vom Betriebsvermögen des Einzelunternehmens ***2*** ins Betriebsvermögen der Bf. übernommen worden, weshalb der Veräußerungserlös verdeckt ausgeschüttet worden sei.
3. Sach- und Beweislage:
Der Entscheidung wird folgende aus den Verwaltungsakten sich ergebende Sach- und Beweislage zugrunde gelegt:
- Die nicht registrierte Wortbildmarke und die nicht registrierte Wortmarke "***3***" verkörpern ein vom Einzelunternehmen ***2*** entwickeltes Geschäftsmodell, das ***2*** bis zur Betriebsaufgabe (1992) in seinem Betriebsvermögen gehalten.
- Bei der Betriebsaufgabe hat das Einzelunternehmen nicht angegeben, dass ***2*** die beiden nicht registrierten Marken in sein Privatvermögen übernommen hat.
- Die Bf. hat die nicht registrierte Wortbildmarke und die nicht registrierte Wortmarke "***3***" und das durch beide Marken verkörperte Geschäftsmodell ab ihrer Errichtung unentgeltlich betrieblich genutzt, um Einnahmen zu erzielen und hat dieses Geschäftsmodell weiter entwickelt.
- Am hat ***2*** die nicht registrierte Wortbildmarke und die nicht registrierte Wortmarke "***3***" um EUR 500.000,00 veräußert. Beide Marken sind registriert worden, nachdem sie veräußert worden sind.
- Die Bf. hat den Veräußerungserlös weder ertrags- noch umsatzversteuert, weshalb als erwiesen anzusehen ist, dass die Bf. den Veräußerungserlös nicht vereinnahmt hat.
- ***2*** ist bis Gesellschafter der Bf. gewesen und hat seine Geschäftsanteile per an die ***10*** abgetreten.
4. Rechtslage:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) sind verdeckte Ausschüttungen im Sinne des § 8 Abs 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) 1988 in der im Streitjahr geltenden Fassung alle außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung liegenden, nicht ohne weiteres als Ausschüttungen erkennbare Zuwendungen (Vorteilsgewährungen) an die Anteilsinhaber:innen oder ihnen gleichzuhaltende Personen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind, die Einkünfte der Körperschaft mindern und die Dritten, dieser Körperschaft fremd gegenüber stehenden Personen nicht gewährt werden (vgl. Kirchmayer in Achatz/Kirchmayer, KStG § 8, Rz 161; ; , 98/13/0107; , 2004/15/0096; , 2007/14/0013; , 85/13/0074, 0075; , 91/14/0221; , 2005/15/0020; , 2006/13/0069). Die Körperschaft muss wissen, dass sie ihren Anteilsinhaber:innen Vermögen zuwendet (Kirchmayer in Achatz/Kirchmayer, KStG § 8, Rz 164 - 165). Die angeführten Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein (; ; 2004/15/0196; , 2005/15/0020).
5. Rechtliche Würdigung und Entscheidung:
Verdeckte Gewinnausschüttungen können das Einkommen der Körperschaft in zwei Formen mindern. Entweder liegen überhöhte (scheinbare) Aufwendungen oder zu geringe Einnahmen oder fehlende Einnahmen vor (, , 99/13/0024).
Der nicht von der Bf. vereinnahmte Veräußerungserlös (EUR 500.000,00) ist eine fehlende Einnahme der Bf., wenn die nicht registrierte Wortbildmarke und die nicht registrierte Wortmarke "***3***" Betriebsvermögen der Bf. sind. Per definitionem ist Betriebsvermögen die Summe aller im (wirtschaftlichen) Eigentum des Betriebsinhabers stehenden Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb objektiv zu dienen bestimmt sind und dem Betrieb auch tatsächlich dienen (). Ein eine Betriebsfunktion erfüllendes Wirtschaftsgut gehört auch dann zum Betriebsvermögen, wenn es (zu Unrecht) nicht in die Bücher aufgenommen wurde ().
Beide Marken erfüllen eine Betriebsfunktion: Die Marken und das durch diese Marken verkörperte Geschäftsmodell hat die Bf. unstrittig für betriebliche Zwecke genutzt. Sie hat mit den Marken und den durch diese Marken verkörperten Geschäftsmodell ihre Einnahmen erzielt. Sie hat mit diesen Marken dieses Geschäftsmodell beworben, weshalb sich die Bf. ihre Marktpräsenz ausschließlich durch die Marken erworben hat. Beide Marken sind daher wesentliche Geschäftsgrundlagen der Bf. und gehören wie das durch diese Marken verkörperte Geschäftsmodell zu ihrem Betriebsvermögen. Die v.a. Ausführungen zusammenfassend wird festgestellt, dass ***2*** mit der damals nicht registrierten Wortbildmarke und der damals nicht registrierten Wortmarke "***3***" Betriebsvermögen der Bf. veräußert hat.
Als ***2*** beide Marken veräußert und den Veräußerungserlös vereinnahmt hat, ist er noch Gesellschafter der Bf. gewesen und hat als ihr geschäftsführendes Organ unterlassen, den Veräußerungserlös zu verbuchen. Eine offene auf einem Gewinnverteilungsbeschluss oder einer sonstigen unternehmensrechtlichen Gewinnverteilungsregelung basierende Ausschüttung liegt nicht vor. Auszuschließen ist, dass die Bf. Fremden EUR 500.000,00 zuwendet. Die Bf. hat daher das objektive Tatbild und das subjektive Tatbild der Bereicherung ihres Anteilsinhabers erfüllt, indem sie den Veräußerungserlös für beide damals nicht registrierte Marken nicht vereinnahmt hat.
Das Beschwerdebegehren - den Veräußerungserlös (EUR 500.000,00) nicht gewinnerhöhend hinzuzurechnen - ist daher abzuweisen.
6. Haftungsbescheid:
Entscheidungsgrundlage ist der angefochtene Haftungsbescheid, worin das Finanzamt die Haftung für die auf den verdeckt ausgeschütteten Veräußerungserlös (EUR 500.000,00) entfallende 25%-ige Kapitalertragsteuer geltend gemacht hat. Mit diesem Erkenntnis hat das Bundesfinanzgericht bestätigt, dass die Bf. den Veräußerungserlös (EUR 500.000,00) verdeckt ausgeschüttet hat. Die Beschwerde ist daher auch in diesem Punkt abzuweisen.
7. Revision:
Gemäß Art 133 Abs 1 Z 4 B-VG ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen Erkenntnisse oder Beschlüsse des Bundesfinanzgerichtes zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Eine grundsätzlich bedeutende Rechtsfrage musste das Bundesfinanzgericht nicht beantworten, da primär die Sach- und Beweisfrage zu beantworten war, ob Privat- oder Betriebsvermögen veräußert wurde. Die (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 8 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7101344.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at