Negative Einkünfte aus fremdfinanzierter Rentenversicherung (§ 29 Z 1 EStG)
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Y-SteuerberatungsGmbH, über die Beschwerde vom gegen den zur Steuernummer ***BF1StNr1*** ergangenen Bescheid des Finanzamtes X (jetzt Dienststelle des ***FA*** ) vom betreffend Einkommensteuer 2015 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Strittig ist die Berücksichtigung von negativen Einkünften aus einer fremdfinanzierten privaten Rentenversicherung, die der Beschwerdeführer (Bf) in seiner Einkommensteuererklärung 2015 als Sonstige Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen (§ 29 Z 1 EStG 1988) auswies.
Das Finanzamt X (jetzt Dienststelle des Finanzamtes Österreich/FA) verwehrte den Abzug des Werbungskostenüberschusses, weil der Bf zu den erklärten Negativeinkünften, trotz wiederholter Aufforderungen und mehrmaliger Fristerstreckung, weder die angeforderten Auskünfte erteilte, noch Nachweise vorlegte.
Der Bf ist der Meinung, dass gemäß dem Erkenntnis des eine Berücksichtigung des erklärten Werbungskostenüberschusses zu erfolgen hat.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
I. Sachverhalt:
Auf Basis der durchgeführten Ermittlungen (Auswertung der FA-Vorlageunterlagen und abgabenbehördlichen Datenbankinhalte) legt das BFG der Entscheidung im anhängigen Verfahren folgenden Sachverhalt als erwiesen zugrunde:
Der steuerlich vertretene Bf erzielt langjährig selbständige Einkünfte aus einer ärztlichen Tätigkeit und (negative) Vermietungseinkünfte aus einer Miteigentumsgemeinschaft.
Ab 2002 wies er in seinen (elektronisch eingereichten) ESt-Erklärungen zudem negative Sonstige Einkünfte nach § 29 EStG aus (Kennzahl/Kz 800), die nach dem Verfahrensergebnis aus (einer) fremdfinanzierten privaten Rentenversicherung(en) resultieren (lt. Bf v. 31.Jän. 2020 "Fremdfinanzierte Rentenverträge", FA-Vorlageunterlagen, OZ 8).
Nachdem im Zuge der ESt-Veranlagung 2002 der Versicherungsvertrag und eine Rentabilitätsrechnung angefordert worden waren (Vorhaltsbeantwortung in den abgabenbehördlichen Vorlageunterlagen/Datenbanken nicht dokumentiert), erging im Okt. 2003 zwar ein erklärungsgemäßer ESt-Bescheid 2002, doch erfolgte die Veranlagung vorläufig gemäß § 200 (1) BAO mit dem Hinweis, dass die Einhaltung der vorgelegten Gesamtüberschussberechnung in den Folgejahren weiter zu beobachten sei.
In der Folge ergingen entsprechende ESt-Bescheide für 2003 - 2007 (vorläufige Bescheide mit erklärungsgemäßer Veranlagung incl. Werbungskostenüberschüssen aus wiederkehrenden Bezügen unter Kz 800).
Im Sept. 2009 erließ das FA einen endgültigen ESt-Bescheid für 2008, in welchem die zur Kz 800 erklärten negativen Einkünfte anerkannt wurden. Zugleich wurden die ESt-Bescheide 2002-2007 gem. § 200 (2) BAO für endgültig erklärt und damit die Werbungskostenüberschüsse aus wiederkehrenden Bezügen auch für diese Jahre anerkannt. Alle Bescheide ergingen ohne Begründung. Vorausgehende Ermittlungen sind den abgabenbehördlichen Datenbanken nicht zu entnehmen.
Ebenso ergingen zu den nachfolgenden Jahren 2009 - 2014 erklärungsgemäße ESt-Bescheide mit endgültiger Abgabenfestsetzung, in welchen - ohne Überprüfung - jeweils Werbungskostenüberschüsse aus wiederkehrenden Bezügen berücksichtigt waren. Den Bescheiden vorangegangene abgabenbehördliche Überprüfungen im Zuge der Veranlagungen 2009, 2010 und 2012 (Ergänzungsvorhalte) hatten sich auf die selbständigen Einkünfte des Bf beschränkt.
Am erging ein Ergänzungsvorhalt des FA zur Veranlagung 2015 an die steuerliche Vertretung des Bf, der neuerlich nur dessen selbständige Einkünfte betraf.
Unmittelbar nach Einlangen der Vorhaltsbeantwortung erließ das FA am den nunmehr angefochtenen ESt-Bescheid 2015, der als einzige Korrektur gegenüber der eingereichten Abgabenerklärung die Streichung der (negativen) Sonstigen Einkünfte enthielt (Löschung der Kz 800 gemäß einer internen Anweisung des Fachbereiches lt. elektron. Vermerk vom ).
In der Bescheidbegründung führte das FA unter Verweis auf das Erkenntnis des an, dass die ernsthafte Absicht zur Erzielung steuerlich relevanter Einkünfte erst als erwiesen anzusehen sei, wenn die Rente (BFG-Anm.: gemeint wohl die Rentenzuflüsse) den kapitalisierten Wertes der Rentenverpflichtung überschritten habe. Bis dahin getätigte Zahlungen stellten vorerst keine Werbungskosten iSd § 16 (1) EStG dar. Erst wenn der Steuertatbestand des § 29 Z 1 EStG durch positive Einkünfte erfüllt sei, könne eine Verrechnung von Ausgaben aus früheren Jahren erfolgen.
In einer Ende März 2018 nach fünfmaliger Fristverlängerung zur "Klärung offener rechtlicher Fragen" fristgerecht eingebrachten Beschwerde verwies der Bf auf die in der Vergangenheit erfolgte Anerkennung seiner Verluste aus einem Rentenversicherungsmodell mit der Bezeichnung ""xxxxx"" durch das FA.
"Mangels einer neuen Kernaussage" zur Frage einer klar erwiesenen ernsthaften Absicht zur Einkünfteerzielung als Voraussetzung für einen Werbungskostenabzug vor der Erzielung steuerlich relevanter Einkünfte, sei auf seinen Fall nicht das im angefochtenen Bescheid angeführte VwGH-Erkenntnis anwendbar, sondern das darin vom VwGH zitierte Vorerkenntnis vom , 2010/15/0141.
"Zum einem ist § 29 Z 1 EStG in der aktuellen Fassung anzuwenden, zum anderen besteht für unseren Klienten aber auch keine Möglichkeit, sich für eine steuerfreie Rentenabfindung nach "alter Rechtslage" zu entscheiden."
Die verfahrensgegenständliche Rente biete dem Bf nicht "mehrere Möglichkeiten zukünftigen Verhaltens", sondern sei "lediglich die Auszahlung einer lebenslangen steuerpflichtigen Rente vorgesehen. Jede "plangemäße Auszahlung" sei als Teil der steuerpflichtigen Einkünfte gem. § 29 Z 1 EStG in die Ermittlung des steuerlichen Gesamtüberschusses einzubeziehen. Die der steuerlichen Vertretung vorliegende "Totalgewinnberechnung seitens der IFA" belege - auf Basis von "gleichbleibenden Mindestrentenzahlungen und Planwerbungskosten" - die Erwirtschaftung eines Gesamtüberschusses vor Ablauf der Garantiedauer. "Zum errechneten Zeitpunkt", der sowohl innerhalb der Garantiedauer als auch der statistischen Lebenserwartung des Bf liege, "übersteigen die Rentenzahlungen den Wert der Gegenleistungen".
"Auf Basis der derzeit anzuwendenden Einkommensteuerrichtlinien bzw. des gültigen Finanzamtserlasses aus dem Jahr 2014, ist daher die ernsthafte Absicht zur späteren Einkunftserzielung als klar erwiesen anzusehen." Da damit von einer Einkunftsquelle auszugehen sei, sei der Werbungskostenabzug zulässig.
Dem Beschwerdeschriftsatz waren keine ergänzenden Unterlagen angeschlossen.
Ende August 2018 erfolgte mit Verweis auf zwei beim VwGH anhängige Verfahren zur gleichen Rechtsfrage (VwGH Ra 2016/13/0055 und VwGH Ro 2017/13/0001) eine Aussetzung des Rechtsmittelverfahrens gemäß § 271 BAO durch das FA.
In Fortsetzung des ausgesetzten Verfahrens nach Ergehen der VwGH-Entscheidungen erging zunächst am ein (dem BFG nicht vorgelegter und wegen veranlasster Datensperre in den Datenbanken der Abgabenbehörde auch nicht zugänglicher) Ergänzungsvorhalt an den Bf zur Nachreichung von für die Beschwerdeerledigung nötigen Unterlagen.
Die steuerliche Vertretung des Bf reagierte mit mehreren Fristverlängerungsansuchen auf das "Ergänzungsersuchen vom betreffend Fremdfinanzierte Rentenverträge", da "uns die vollständigen Unterlagen noch nicht vorliegen".
Nach wiederholten telefonischen Urgenzen folgte am mit verfahrensleitendem Bescheid ein weiterer Ergänzungsauftrag des FA unter Androhung einer abweisenden Beschwerdeerledigung bei Nichtvorlage (Anforderung "Rentenvertrag und Berechnung (wann übersteigt der kapitalisierte Wert der Rentenverpflichtung den Wert der Gegenleistung)".
Nach insgesamt sechsmaliger Fristverlängerung zur Nachreichung der Unterlagen (davon viermal vor Beginn der COVID 19 -Phase), zuletzt mit Bescheid vom unter ausdrücklichem Hinweis auf eine letztmalige Zufristung bis bei sonstiger Beschwerdeabweisung, erließ das FA am aufgrund unterbliebener Unterlagenvorlage die angekündigte abweisende Beschwerdevorentscheidung.
In einem fristgerecht eingereichten Vorlageantrag nach § 264 BAO begehrte der Bf, unter Verweis auf sein Beschwerdevorbringen und Ankündigung der Nachreichung weiterer Unterlagen, eine stattgebende Erledigung seines Rechtsmittels durch das BFG.
Das FA hielt im Vorlagebericht an der im angefochtenen Bescheid vertretenen Position fest, zumal die zwischenzeitige VwGH- und BFG-Judikatur zur Rentenbesteuerung keinen Änderungsbedarf hervorgebracht habe. Unter Verweis auf Lehre und VwGH-Rechtsprechung erinnerte das FA zudem daran, dass beim Werbungskostenabzug zu erst in ferner Zukunft erwarteten Einkünften ein besonders strenger Beurteilungsmaßstab anzulegen sei. Eine bloße Glaubhaftmachung von Werbungskosten (§ 138 BAO) sei daher im anhängigen Verfahren nicht ausreichend. Der Bf sei trotz Aufforderung die Vorlage von Unterlagen sowohl zum Nachweis der geltend gemachten Werbungskosten dem Grunde nach, als auch zur Beurteilung der Rente schuldig geblieben.
Die im Vorlageantrag vom angekündigte Unterlagenergänzung langte bis zum Ergehen dieser Entscheidung auch beim BFG nicht ein.
Die ESt-Erklärungen des Bf für die Folgejahre 2016 und 2017 wurden im Nov 2017 bzw. Dez 2018 (= vor bzw. nach Einbringung der verfahrensgegenständlichen Beschwerde) ohne Angabe von Daten zu Sonstigen Einkünften nach § 29 EStG (Kz 800) eingereicht. Die erklärungsgemäß veranlagten Bescheide erwuchsen ohne Rechtsmittel in Rechtskraft.
II. Rechtslage:
§ 29 EStG 1988 in der ab der Veranlagung 2004 anzuwendenden Fassung des BudBG 2003, BGBl. I Nr. 71/2003 lautet, soweit verfahrensrelevant:
"Sonstige Einkünfte sind nur:
1. Wiederkehrende Bezüge, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 6 gehören. (….)
Werden die wiederkehrenden Bezüge als angemessene Gegenleistung für die Übertragung von Wirtschaftsgütern geleistet, gilt folgendes: Die wiederkehrenden Bezüge sowie gänzliche oder teilweise Abfindungen derselben sind nur insoweit steuerpflichtig, als die Summe der vereinnahmten Beträge (Renten, dauernde Lasten, gänzliche oder teilweise Abfindungen derselben sowie allfällige Einmalzahlungen) den Wert der Gegenleistung übersteigt. Besteht die Gegenleistung nicht in Geld, ist als Gegenwert der kapitalisierte Wert der wiederkehrenden Bezüge (§§ 15 und 16 des Bewertungsgesetzes) zuzüglich allfälliger Einmalzahlungen anzusetzen."……
Die für 2015 geltenden Fassung dieser Bestimmung (BGBl. I Nr. 22/2012) ist insofern unverändert.
Im Vergleich dazu lautet die bis 2003 geltende Fassung des § 29 Z 1 EStG 1988 BGBl. I Nr. 106/1999:
"Werden die wiederkehrenden Bezüge als angemessene Gegenleistung für die Übertragung von Wirtschaftsgütern geleistet, gilt folgendes: Die wiederkehrenden Bezüge sind nur insoweit steuerpflichtig, als die Summe der vereinnahmten Beträge den kapitalisierten Wert der Rentenverpflichtung (§ 16 Abs. 2 und 4 des Bewertungsgesetzes 1955) übersteigt; der kapitalisierte Wert ist auf den Zeitpunkt des Beginns der Leistung der wiederkehrenden Bezüge zu ermitteln."
§ 124b Z 82 EStG 1988 lautet:
"§ 29 Z 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 71/2003 ist erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2004 anzuwenden. Ist der Rechtsgrund für wiederkehrende Bezüge vor dem entstanden, kann spätestens bis im Einvernehmen mit dem zur Rentenzahlung Verpflichteten beantragt werden, dass die wiederkehrenden Bezüge gemäß § 29 Z 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 71/2003 unter Anwendung der Bewertungsbestimmungen vor der Kundmachung BGBl. I Nr. 165/2002 versteuert werden."
Private Rentenversicherungsvereinbarungen sind nach der VwGH-Judikatur regelmäßig als Gegenleistungsrenten ausgestaltet.
Die gänzliche oder teilweise Abfindung einer Gegenleistungsrente im Sinne des § 29 Z 1 EStG war nach der Rechtslage vor dem BudBG 2003 nicht steuerpflichtig. Aufgrund einer Option nach § 124b Z 82 EStG kann auch eine ab 2004 vereinbarte Abfindungen einer Rente aus einem vor dem entstandenen Rentenstammrecht steuerfrei zufließen (ErlRV zum BudBG 2003, 59 BlgNR XXII. GP, 267).
Nach dem Konzept der BAO stehen der abgabenbehördlichen Feststellungslast für alle Tatsachen, die den Abgabenanspruch begründen (§ 115 BAO), Offenlegungs- und Mitwirkungspflichten der Abgabepflichtigen gegenüber (§§ 119, 138, 161 BAO u.a.).
Nach § 115 (1) BAO haben die Abgabenbehörden "die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Diese Verpflichtung wird durch eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen, wie beispielsweise bei Auslandssachverhalten, eingeschränkt."
§ 138 BAO normiert:
"(1) Auf Verlangen der Abgabenbehörde haben die Abgabepflichtigen (….) in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung.
(2) Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere, Schriften und Urkunden sind auf Verlangen zur Einsicht und Prüfung vorzulegen, soweit sie für den Inhalt der Anbringen von Bedeutung sind."
"Im übrigen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht" (§ 167 (2) BAO).
Nach Lehre und Rechtsprechung beeinflussen sich die abgabenbehördliche Ermittlungspflicht bzw. die Offenlegungs- und Mitwirkungspflichten der Abgabepflichtigen insofern als eine Verletzung der Offenlegungs- und Mitwirkungspflichten den Umfang der behördlichen Ermittlungspflicht einschränkt. Kommt eine Verfahrenspartei ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Mitwirkung an der Wahrheitsfindung nicht nach, tritt insoweit die behördliche Verpflichtung zur Durchführung von Ermittlungen über das von ihr als erwiesen erkannte Maß hinaus, zurück. Eine erhöhte Mitwirkungspflicht der Abgabepflichtigen kommt etwa zum Tragen, wenn die abgabenbehördlichen Ermittlungsmöglichkeiten aufgrund des Bankgeheimnisses eingeschränkt sind (vgl. Ritz, BAO Kommentar6 § 115 Rz 8ff mit Judikaturverweisen, z.B. ; ; ; ).
Die angeführten Verfahrensgrundsätze gelten zufolge § 2a BAO auch im BFG-Verfahren.
III. rechtliche Beurteilung:
Im anhängigen Verfahren ergingen wiederholt schriftliche und telefonische Aufforderungen des FA an den Bf bzw. dessen steuerliche Vertretung zur Überprüfung des unter Kz 800 erklärten Werbungskostenüberschusses durch ergänzende Angaben und Vorlage entsprechender Unterlagen. Der Bf kam diesen Aufforderungen fast 2 ½ Jahre lang nicht nach, sondern reduzierte seine "Mitwirkung" auf die Einbringung von Fristverlängerungsansuchen ohne einen Beitrag zur Sachverhaltsklärung zu leisten. Seine inhaltlichen Ausführungen zu den strittigen Einkünften beschränkten sich über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren auf die Darstellung im Beschwerdeschriftsatz vom März 2018. Selbst die darin erwähnte "Totalgewinnberechnung der IFA" war weder der Beschwerde angeschlossen, noch wurde sie im späteren Verfahren nachgereicht.
Es liegt auf der Hand, dass ohne Übermittlung der Unterlagen zum/zu den Rentenversicherungsvertrag/-verträgen eine Überprüfung der strittigen Einkünfte nicht erfolgen kann. Zugleich fehlt es der Abgabenbehörde damit an einer Grundlage für weitergehende behördliche Ermittlungen. Einer Beschaffung der zugehörigen Finanzierungsunterlagen durch das FA steht zudem das Bankgeheimnis entgegen.
Da die strittigen Einkünfte vom Bf ab 2002 erklärt wurden, ist ein Vertragsabschluss vor 2004 evident. Somit bestand zufolge § 124b Z 82 EStG für den Bf bis Ende 2006 die Möglichkeit einer Option in die bis 2003 geltende Rechtslage und damit die Möglichkeit einer steuerfreien Abfindung seiner Rentenansprüche.
Im VwGH-Erkenntnis vom , 2010/15/0241 wurde klargestellt, dass unter diesen Umständen von einer klar erwiesenen Absicht zur Einkünfteerzielung nicht auszugehen ist.
Eine abgabenbehördliche Klärung der Optionsausübung bei der Versicherungsgesellschaft setzt die Kenntnis der Daten des maßgeblichen Versicherungsvertrages voraus.
Die Anforderung des Rentenversicherungsvertrages am zeigt, dass das FA im anhängigen Verfahren über diesen Vertrag nicht (mehr) verfügte.
Da die ESt-Veranlagung 2002 vor Ablauf der Optionsfrist des § 124b Z 82 EStG erfolgte, ist aus der (vorläufigen) Anerkennung des erklärten Werbungskostenüberschusses im ESt-Bescheid 2002 vom Okt. 2003 insofern nichts zu gewinnen. Eine abgabenbehördliche Überprüfung der Optionsausübung im Zuge der endgültigen Anerkennung der negativen Renteneinkünfte bis 2014 haben die durchgeführten finanzgerichtlichen Ermittlungen nicht hervorgebracht.
Zur Verifizierung des Beschwerdevorbringens bedurfte es daher der Beibringung der angeforderten Unterlagen durch den Bf.
Dass BFG bezweifelt nicht, dass sich die Bezug habenden Unterlagen im Besitz des Bf befanden oder deren Beschaffung für ihn zumindest ohne erheblichen Aufwand kurzfristig möglich war.
Von einer Option nach § 124b Z 82 EStG abgesehen, zeigt etwa das VwGH-Erkenntnis vom , Ra 2016/13/0055, dass neben der Abfindung eines Rentenanspruchs auch andere Gestaltungen für den Rentenberechtigten zu einem wirtschaftlich vergleichbaren Ergebnis wie eine Abfindung des Rentenanspruchs führen können.
Auch diese Überprüfungen erfordert das Vorliegen der Unterlagen zum/zu den verfahrensgegenständlichen Versicherungsverhältnis(sen).
Bei Unterbleiben einer Option nach § 124b Z 82 EStG bedurfte es einer Überprüfung in Bezug auf das Vorliegen einer Einkunftsquelle nach den Bestimmungen der Liebhabereiverordnung 1993 (LVO). Die dafür erforderliche Kriterienprüfung (§ 2 (1) LVO) zur Erforschung der Ertragsabsichten des Bf erfordert ebenfalls diverse Informationen/Unterlagen, die vom Bf beizubringen sind.
Ob die in den Beschwerdeausführungen erwähnte "Totalgewinnberechnung der IFA" als Grundlage für eine derartige Kriterienprüfung geeignet war, kann mangels Vorlage nicht abschließend beurteilt werden. Doch deuten die Beschwerdeformulierungen auf eine von den konkreten Verhältnissen des Bf losgelöste Modellberechnung hin ("planmäßige Auszahlung", "gleichbleibende Mindestrentenzahlungen und Planwerbungskosten"), die für sich zur Beurteilung der Einkunftsquelleneignung der strittigen Rente unzureichend wäre.
Wenn der Bf, trotz abgabenbehördlicher Aufforderung zur Beibringung sowohl der Nachweise für eine Überprüfung des Werbungskostencharakters der erklärten Ausgaben dem Grunde nach als auch für eine Beurteilung der Rentenbezüge, jegliche Vorlage von Beweismitteln unterließ und stattdessen seine wiederholten Fristverlängerungsansuchen im abgabenbehördlichen Rechtsmittelverfahren jeweils mit dem pauschalen Hinweis auf unvollständig vorliegende Unterlagen zu den fremdfinanzierten Rentenversicherungsverträgen begründete und letztlich gar keine Unterlagen nachreichte, so drängt sich der Eindruck auf, dass beim Bf tatsächlich keine Absicht bestand, seinen gesetzlich angeordneten Beitrag zur Aufklärung des Sachverhalts zu leisten.
Die fortgesetzte Untätigkeit nach Einbringung des Vorlageantrages erhärtet dieses Bild.
In Rz 24 des Erkenntnisses vom , 2013/15/0307 wurde vom VwGH deutlich darauf hingewiesen, dass den mit dem Tilgungsträger im Zusammenhang stehenden Finanzierungskosten kein Werbungskostencharakter bei allfälligen Einkünften aus dem überprüften Rentenversicherungsverhältnis zukomme und daher eine eindeutige Zuordnung von Aufwendungen erforderlich sei.
Da die vor In-Kraft-Treten des BudBG 2003 am Markt angebotenen fremdfinanzierten Rentenversicherungsmodelle derartige Tilgungsträgerkonstruktionen regelmäßig enthielten, ist auch für die Überprüfung der richtigen Zuordnung der Aufwendungen im hier zu beurteilenden Fall die Vorlage von Unterlagen erforderlich. Auch der Abzug von Finanzierungskosten im Rahmen der selbständigen Einkünfte des Bf erfordert eine solche Überprüfung.
Ein allfälliger Zusammenhang der vorzeitigen Auflösung einer fondsgebundenen Lebensversicherung bei der XY- Versicherung durch den Bf im Frühjahr 2020 (Versicherungsbeginn , Laufzeit 24 Jahre) mit einem derartigen Tilgungsträger bzw. überhaupt mit den strittigen Einkünften, konnte im abgabenbehördlichen Verfahren aufgrund der Nichtvorlage der angeforderten Unterlagen durch den Bf nicht geprüft werden.
Nicht zuletzt erfordert der Beschwerdeeinwand der fehlenden Einschlägigkeit des VwGH-Erkenntnisses vom , 2013/15/0307 eine Klärung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts an Hand der maßgeblichen Vertragsunterlagen und Aufwandsnachweise.
Im Ergebnis scheitert der Ansatz des erklärten Werbungskostenüberschusses aus (einem) fremdfinanzierten Rentenversicherungsvertrag/ -verträgen an der Verletzung der Mitwirkungspflichten des Bf zur Klärung des zu beurteilenden Sachverhalts.
Soweit die betroffenen Unterlagen nicht vom Bf zu erstellen sind, verfügt er seit Abschluss der strittigen Rentenvereinbarung über sie bzw. sind sie ihm kurzfristig zugänglich (Stichwort: Nähe zum Beweis). Deren Beschaffung durch die Abgabenbehörde ist dagegen teilweise ohne Mitwirkung des Bf gar nicht möglich (Bankunterlagen). Aufgrund der abgabenbehördlichen Aufforderung war der Bf verpflichtet, dem FA die angeforderten Unterlagen zur Überprüfung zur Verfügung zu stellen (§§ 119 iVm 138 BAO).
Da eine Unzumutbarkeit der Vorlage weder behauptet wurde noch für das BFG zu erkennen ist, lagen die Voraussetzungen für eine Glaubhaftmachung nicht vor. Im Übrigen sei angemerkt, dass die bloße Behauptung im Beschwerdeschriftsatz noch keine Glaubhaftmachung darstellt.
Wenn die Abgabenbehörde vor dem dargestellten Hintergrund den unter Kz 800 der ESt-Erklärung 2015 begehrten Abzug des Werbungskostenüberschusses aus wiederkehrenden Bezügen nicht berücksichtigte, so erfolgte dies aus Sicht des BFG auf Grundlage der anzuwendenden verfahrensrechtlichen Bestimmungen und damit zu Recht. Einer neuerlichen Aufforderung zur Beibringung der bereits wiederholt angeforderten Beweismittel im finanzgerichtlichen Verfahren bedurfte es unter den gegebenen Umständen nicht.
Aus der (ungeprüften) Anerkennung der entsprechenden Werbungskostenüberschüsse in den Vorjahren bzw. abweichenden Erlassregelungen des BMF ist für den Bf nach ständiger VwGH-Judikatur nichts zu gewinnen, da daraus kein Rechtsanspruch auf eine Fortsetzung im Streitjahr abgeleitet werden kann bzw. das BFG als Gericht an Verwaltungserlässe nicht gebunden ist.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im anhängigen Verfahren lagen die genannten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision nicht vor. Soweit nicht Sachverhaltsfragen maßgeblich waren, folgt die Entscheidung dem klaren Wortlaut der verwendeten gesetzlichen Bestimmungen sowie der angeführten VwGH-Judikatur.
Graz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 115 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 138 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 124b Z 82 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 29 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | VwGH, Ra 2016/13/0055 VwGH, Ro 2017/13/0001 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.2100614.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at