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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.08.2022, RV/7101328/2022

Haftung gemäß § 9 BAO mit Einwendungen gegen die Grundlagenbescheide.

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2022/13/0100. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Michael Kotschnigg, Stadlauer Straße 39/1/Top 12, 1220 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Haftung gemäß § 9 BAO zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und die Haftung auf die Umsatzsteuer 2017 in Höhe von € 35.765,32 eingeschränkt.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Am erging durch das Finanzamt Österreich an den nunmehrigen Beschwerdeführer ein Haftungsprüfungsvorhalt. Am Abgabenkonto der "***1***" Bau-und Bauträger Gesellschaft m.b.H" hafteten die Umsatzsteuer 2017 in Höhe von € 36.650,21 und die Kammerumlage 1-12/2017 in Höhe von € 1.416,45 unberichtigt aus, der Bf. sei im Zeitraum ***Datum2*** bis ***Datum3*** Geschäftsführer der genannten GmbH gewesen. Die Abgabenschuldigkeiten seien bei der GmbH uneinbringlich, da mit Beschluss des Landesgerichtes ***2*** vom **Juni 2020 das Konkursverfahren eröffnet worden und die Vermögensverwertung mittlerweile abgeschlossen sei.

Beigelegt war diesem Schreiben der Umsatzsteuerbescheid 2017.

****

Im diesbezüglichen Antwortschreiben vom wurde ausgeführt, dass bei der GmbH mit einer geringen Konkursquote zu rechnen sei und beim Einspruch gegen den zu erwartenden Haftungsbescheid vom Anfechtungsrecht gemäß § 248 BAO Gebrauch gemacht werde.

*****

Mit Bescheid vom wurde der nunmehrige Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf. genannt) als Haftungspflichtiger gemäß § 9 i.V.m. §§ 80 ff. Bundesabgabenordnung für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten von "***1***" Bau-und Bauträger Gesellschaft m.b.H, im Ausmaß von € 38.066,66, bestehend aus Umsatzsteuer 2017 in Höhe von € 36.650,21 und Kammerumlage 1-12/2017 in Höhe von € 1.416,45, in Anspruch genommen und aufgefordert, diesen Betrag innerhalb eines Monats ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass gemäß § 9 Abs. 1 BAO die in den § 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabenpflichtigen, für die diese treffenden Abgaben insoweit haften würden, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden könnten. Nach § 80 Abs. 1 leg. cit. hätten die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen oblägen, und seien befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen.

Sie hätten insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalteten, entrichtet würden. Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigten nur dann zur Haftungsinanspruchnahme, wenn die Verletzung schuldhaft erfolgt sei.

Eine bestimmte Schuldform sei hiefür nicht erforderlich (z.B. ; ; ).

Daher reiche leichte Fahrlässigkeit jedenfalls aus.

Die genannten Beträge seien bei der GmbH als uneinbringlich anzusehen. Dies ergebe sich zweifelsfrei daraus, dass mit Beschluss des Landesgerichtes ***2*** vom ***Datum1*** die Schließung des Unternehmens angeordnet worden sei. Laut Bericht des Masseverwalters vom ***3*** sei die Vermögensverwertung (Inventar) abgeschlossen.

Der Bf. sei von ***Datum2*** bis ***Datum3*** Geschäftsführer der GmbH gewesen und die Fälligkeit der Abgaben falle in seinen Verantwortungszeitraum.

Der Geschäftsführer hafte für die nicht entrichtete Umsatzsteuer der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden seien, hierzu nicht ausreichten, es sei denn, er weise nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt habe als andere Verbindlichkeiten.

Unterbleibe der Nachweis, könnten ihm die uneinbringlichen Abgaben zur Gänze vorgeschrieben werden ().

Seien unbestritten erzielte Einnahmen nicht zumindest anteilsmäßig auch zur Abstattung der Abgabenschuldigkeiten herangezogen worden, könne von einer die Haftung auslösenden Benachteiligung des Abgabengläubigers ausgegangen werden.

Die Haftung erfahre dann eine Einschränkung auf den Benachteiligungsbetrag, wenn der Haftende den Nachweis erbringe, welcher Abgabenbetrag auch bei einer gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger uneinbringlich geworden wäre (ohne diesen Nachweis hafte er für den Gesamtbetrag der uneinbringlich gewordenen Abgabenschuldigkeiten). Der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung gelte auch für Zahlungen, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich gewesen seien (Barzahlung von Wirtschaftsgütern, Zug-um-Zug-Geschäfte).

Der Haftungsprüfungsvorhalt vom sei mit Schreiben vom beantwortet worden.

Es sei vorgebracht worden, dass bei der GmbH mit einer minimalen Konkursquote zu rechnen sei und dass von dem Recht einer Bescheidbeschwerde gemäß § 248 BAO gegen den zu erwartenden Haftungsbescheid Gebrauch gemacht werde. Auf Anfrage der Behörde beim steuerlichen Vertreter am betreffend das Vorbringen vom bzw. zur Anforderung von Beweisen sei mitgeteilt worden, dass zum Haftungsprüfungsvorhalt keine weitere Stellungnahme abgegeben werden könne.

Da der Nachweis der Gleichbehandlung nicht erbracht worden sei, werde die Haftung für den gesamten uneinbringlichen Abgabenbetrag geltend gemacht.

Die Heranziehung zur Haftung gemäß § 9 Bundesabgabenordnung (BAO) in Verbindung mit § 80 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO) sei im Rahmen der Ermessensentscheidung gemäß § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände getroffen worden. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" sei dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" sei insbesondere die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einhebung der Abgaben" beizumessen.

Im Hinblick darauf, dass die Vertreterhaftung für den praktischen Vollzug der Abgabengesetze ein unerlässliches Element des Abgabenausfalls darstelle und die im vorliegenden Fall festgestellten Pflichtverletzungen des Vertreters (§ 80 BAO) in der Entrichtung der Abgaben nicht bloß von geringem Ausmaß seien, seien bei der Ermessensübung dem öffentlichen Interesse an einer ordnungsgemäßen Abgabeneinhebung der Vorzug zu geben und die gegenständliche Haftungsheranziehung bescheidmäßig auszusprechen gewesen.Persönliche Umstände des Haftenden sei im Rahmen der Ermessensübung zur Geltendmachung der Haftung nicht maßgeblich ().

*****

Dagegen brachte der Bf. durch seinen nunmehrigen steuerlichen Vertreter mit Schriftsatz vom eine Bescheidbeschwerde ein.

Diese Beschwerde richte sich gegen den Haftungsbescheid vom und im Rahmen des erweiterten Anfechtungsrechtes (§ 248 BAO) gegen den USt-Jahresbescheid 2017 samt Wiederaufnahme, also gegen insgesamt drei Erledigungen.

[…]

Begründung:

"1. Die Haftungsvoraussetzungen des § 9 BAO liegen nicht vor.

2. Die USt-Nachforderung 2017 (€ 36.650,21) ist mit dem Gesetz nicht in Einklang zu bringen. Dazu im Einzelnen:

Diese Nachforderung beruht auf einer Umsatzerhöhung im Zuge der AP der "***1***". Selbst wenn man davon ausgehen könnte, dass der Prüfer mit dieser Beanstandung im Recht wäre - bereits das ist völlig ausgeschlossen -,hat er (und mit ihm das Finanzamt als Ganzes) grundlegend übersehen, dass die Umsatzerhöhung einnahmenlos geblieben ist und es auch weiterhin wird. Dazu im Einzelnen:

2.1. Zum anzuwendenden USt-Recht zählt neben dem nationalen UStG 1994 auch die MwStSystRL. 2006/112/EG samt der dazu ergangenen Judikatur von EuGH und VwGH. Demnach ist Bemessungsgrundlage der USt letztendlich nicht das vereinbarte Entgelt, sondern das tatsächlich Erhaltene (zB ; G380/99, Bertelsmann Rn 22; ; , 86/15/0119, VwSlg 6330/F; Ehrke-Rabel in Doralt/Ruppe Steuerrecht II8 Tz 410). Deutlicher formuliert: Es geht nicht um den Soll-Umsatz, sondern um die Ist-Einnahme.

§ 16 UStG 1994 hat in seiner nach wie vor aktuellen Stammfassung (BGBl 1994/663) zusammen mit der einleitenden Überschrift auszugszugweise folgenden Wortlaut:

"Änderung der Bemessungsgrundlage

§ 16. (1) Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 geändert, so haben

1. der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag und

2. [...].

(2) [...].

(3) Abs. 1 gilt sinngemäß; wenn

1. das Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung uneinbringlich geworden ist. Wird das Entgelt nachträglich vereinnahmt, so sind Steuerbetrag und Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen".

Daraus folgt in rechtlicher Hinsicht aus dem Zeitfenster des aufzuhebenden Strafurteils vom :

Mangels Bindungswirkung an die Ergebnisse der steuerlichen Außenprüfung (Betriebsprüfung) hätte sich für das Strafgericht zur USt nur zwei Fragen gestellt: Erstens, welche der im Raum stehenden Mehrerlöse (Schwarzumsätze) haben bei uns zu Mehreinnahmen geführt?

Zweitens, welche schlüssigen Beweise (in der Terminologie des EuGH: objektiven Umstände) gibt es für diese Zahlungseingänge? Solcherart nimmt sich die USt steuer- und steuerstrafrechtlich von selbst aus dem Spiel: Süleyman Mehmetogluu hat in eine eigene Brieftasche gewirtschaftet und solcherart bestimmte - deutlich niedrigere - Beträge an uns und am Fiskus vorbei in seine eigene Brieftasche geschleust. Solcherart betragen die Einnahmen (Zahlungseingänge) auf Grund dieser Malversationen bei uns exakt bei 0 (null).

2.4. Bei Uneinbringlichkeit darf der Gläubiger (hier: wir) seine USt-Schuld korrigieren (so explizit ). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass es bei der USt letztlich auf das tatsächlich Vereinnahmte ankommt:

,,22 Was die Bestimmung des als Besteuerungsgrundlage für einen solchen Umsatz dienenden Gegenwerts angeht; so ist dieser Gegenwert nach ständiger Rechtsprechung ein subjektiver Wert; da die Besteuerungsgrundlage die tatsächlich erhaltene Gegenleistung ist; nicht aber ein nach objektiven Maßstäben geschätzter Wert (vgl. insbesondere Urteile Naturally Yours Cosmetcs, Randnr. 16; und Empire Stores; Randnr.18)."

2.5. Uneinbringlichkeit ist mehr als bloßer Zweifel an der Realisierbarkeit einer Forderung; sie bedeutet Realität; nicht Vermutung (Ruppe/Achatz UStG 19945 § 16 Tz 74). Mit dem Eingang der Forderung darf mit Sicherheit nicht mehr gerechnet werden, deren Uneinbringlichkeit muss feststehen (Ruppe/Achatz. UStG 19943 § 16 Tz 76). Sie muss praktisch wertlos sein (; 87/15/0031; ; 2001/14/0128). Das ist eine Forderung dann; wenn mit ihrem Eingang bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden kann (; 87/15/0060). Ob und wann dies der Fall ist, ist nach den Umständen des Einzelfalles zu entscheiden (; 2007/15/0171). Zumal das Gesetz den Begriff der Uneinbringlichkeit zwar verwendet, aber nicht erläutert (; 2012/15/0012). Der Grund für die Uneinbringlichkeit ist gleichgültig (vgl nochmals ; 2012/15/0012; Ruppe/Achatz UStG 19943 § 16 Tz 77). Es genügt; wenn die Forderung "für geraume Zeit nicht durchsetzbar" (BFH ; BStBl 1987 II 226), dh wenn sie nach den Umständen des Einzelfalles bei objektiver Betrachtung wertlos ist (; 2006/15/0361).

Entgelt ist die tatsächlich erhaltene Gegenleistung (vgl nochmals ; C-380/99, Bertelsmann Rn 22; Pernegger in Melhardt/Tümpel UStG 19942 § 4 Rz 41). Nur sie wird besteuert (; VwSlg 7850/F). Die Rn 10 des ; Rs 154/80; Cooperative Ardappelenbewaarplaats; stellt dazu klar;

"10 Darüber hinaus hat der Gemeinschaftsgesetzgeber dafür Sorge getragen; dass der Begriff "Gegenwert" [... ] nicht nur die vereinnahmten Geldbeträge; sondern z.B. auch der Wert der im Tausch erhaltenen Gegenstände oder, im Falle einer Übertragung des Eigentumes aufgrund einer behördlichen Anordnung; die vereinnahmte Entschädigung [umfasst]."

Solcherart ist nicht entscheidend; was vereinbart wurde, sondern welches Entgelt tatsächlich geleistet wird (Ruppe/Achatz UStG 19945 § 4 Tz 10). Deshalb ist maßgeblich nur; "was wirtschaftlich tatsächlich zugeflossen; also endgültig gezahlt" worden ist (; , 86/15/0119). Das Erkenntnis des ; VwSlg 6330/F, bringt die Sache auf den Punkt:

"§ 16 UStG 1972 beruht auf dem Grundsatz; dass der Unternehmer - ohne Rücksicht darauf; ob er seine Umsätze nach vereinbarten oder vereinnahmten Entgelten versteuert

- letzten Endes nur jenes Entgelt zu versteuern hat, das ihm wirtschaftlich tatsächlich zugeflossen ist; also endgültig gezahlt wurde."

In jüngeren Entscheidungen formuliert der VwGH - dem EuGH folgend -, dass es auf die vom Leistenden tatsächlich empfangene Vergütung ankomme (zB ; mit Verweis auf , 2004/15/0058): Besteuert wird nur "die tatsächliche Gegenleistung" (, VwSlg 7850/F; Ruppe/Achatz UStG 19945 § 1 Tz 2). Kurzum:

"Besteuerungsgrundlage bei Erbringung einer Dienstleistung ist die tatsächlich dafür erhaltene Gegenleistung." ()

bzw

"Die Entgeltlichkeit setzt nämlich lediglich das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der Lieferung von Gegenständen oder der Erbringung von Dienstleistungen und der Gegenleistung voraus, die der StPfl tatsächlich erhalten hat ( Campsa, G285/10, Rn. 25; , Hotel Sandic Gasabäck, C-412/03, Rn. 22; Apple and Pear, 102/86, Rn. 12)." ( Rn 24 letzter Satz)

bzw

"Für die Anknüpfung des Entgeltes an die tatsächlich erhaltene Gegenleistung spricht der "Wortlaut von Art. 73 der Richtlinie 2006/112/EG."

( bis 0015 Rn 31 erster Satz)

bzw

"Im Falle einer Differenz zwischen vereinbartem und tatsächlich geleistetem Entgelt ist maßgebend, was wirtschaftlich tatsächlich zugeflossen, also endgültig gezahlt wurde (vgl Ruppe/Achatz, UStG5, § 4 Tz 10, mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung)." (VwGH ebendort Rn 32 letzter Satz).

Das trifft auch hier den Punkt: Ein Prüforgan, das weiß oder vernünftigerweise wissen muss, dass seine Feststellung zu keiner zusätzlichen Einnahme führt, hat sie aus Rechtsgründen zu unterlassen. Da "***1***" diese Steuern nicht schuldet, liegt auch der daraus abgeleitete Haftungsanspruch bei 0 (null).

Zum selben Ergebnis - keine Haftung meines Mandanten bei der USt 2017 - gelangt man auch über folgende Überlegung: Selbst wenn man davon ausgehen könnte - was man aber nicht kann - , dass der Prüfer der "***1***" mit dieser Feststellung (Tz 4 des BP-Berichts) doch im Recht gewesen wäre, erfolgt früher oder später die Berichtigung dieser USt-Vorschreibung gemäß § 16 Abs 3 Z 1 UStG 1994. Eine Steuer, die am Ende des Tages 0 (null) beträgt - das ist hier aus Gründen, die sich von selbst verstehen, der Fall kann logischenveise nicht Gegenstand einer Haftungsinanspruchnahme sein.

3. Diese prozessuale und inhaltliche Rechtswidrigkeit strahlt auf die Verfahrenswiederaufnahme der USt 2017 nahtlos aus, die sich solcherart als unzulässig erweist. Dazu sei an die Rn 30 und 31 des Erkenntnisses des , erinnert. Sie lauten:

"30 Dieser Begründungsmangel ist sohin - auch für die Frage der 'Wiederaufnahme des Verfahrens (Eignung zur Herbeiführung eines im Spruch anders lautenden Bescheides) - entscheidungsrelevant.

31 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben."

Es bleibt dabei: Der Eingriff in die Rechtskraft des bisherigen USt-Bescheids 2017 hätte richtigerweise unterbleiben müssen.

4. Im Übrigen erweist sich auch die Vorschreibung der KU 1 für das Jahr 2017 als unberechtigt.

C. Beschwerdeantrag

Demzufolge wird nachstehender Antrag gestellt:

Das Finanzamt möge der Beschwerde mittels BVE vollinhaltlich stattgeben und den angefochtenen Haftungsbescheid vom ersatzlos aufheben."

******

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab.

Nach kurzer Auflistung der Beschwerdegründe wurde ausgeführt:

Der Bf. sei von ***Datum2*** bis ***Datum3*** im Firmenbuch eingetragener Geschäftsführer der GmbH gewesen. Mit Beschluss des Landesgerichtes ***2*** am ***Datum1*** sei die Schließung des Unternehmens angeordnet und laut Bericht des Masseverwalters vom ***3*** die Vermögensverwertung abgeschlossen worden.

In der Folge sei seitens der Abgabenbehörde ein Haftungsprüfungsverfahren durchgeführt und am ein Haftungsprüfungsvorhalt mit Hinweis einer beabsichtigten Heranziehung zur Haftung gemäß § 9 BAO, hinsichtlich der aushaftenden Abgabenschulden in Höhe von € 38.066,66 unter Beilage des Umsatzsteuerbescheides 2017, erlassen worden.

Die Partei habe in der Vorhaltsbeantwortung am auf die minimale Konkursquote der Primärschuldnerin- und auf das Vorhaben der Einbringung einer Beschwerde gemäß § 248 BAO hingewiesen.

Die Abgabenbehörde sei nach Vorhaltsbeantwortung weiterhin von einem Verschulden der Partei für den Abgabenausfall ausgegangen und habe dies damit begründet, dass der Nachweis der Gleichbehandlung nicht erbracht worden sei und habe den streitgegenständlichen Haftungsbescheid erlassen.

Dagegen richte sich die Beschwerde mit oben angeführter Begründung.

Der vorliegende Sachverhalt sei aufgrund der Aktenlage und unter Berücksichtigung der Beschwerdeeinwendungen wie folgt rechtlich zu würdigen:

Wie bereits im Haftungsbescheid ausgeführt, hätten die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen gemäß § 80 Abs. 1 BAO alle Pflichten zu erfüllen, die den von Ihnen Vertretenen oblägen. Sie hätten insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln die sie verwalten, entrichtet würden.

Gemäß § 9 BAO hafteten die bezeichneten Personen für Abgaben insoweit, als diese infolge ihrer Einflussnahme nicht eingebracht werden könnten.

Die Haftung nach § 9 BAO sei eine Ausfallshaftung. Voraussetzung sei die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben bei der Primärschuldnerin im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden. Im gegenständlichen Fall stehe diese Uneinbringlichkeit durch den Beschluss des Gerichtes am ***Datum1*** auf Schließung des Unternehmens, sowie der Beendigung der Vermögensverwertung laut Bericht des Masseverwalters vom ***3*** objektiv fest.

Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigten nur dann zur Haftungsinanspruchnahme, wenn die Verletzung schuldhaft erfolgt sei. Eine bestimmte Schuldform sei hierfür nicht erforderlich.

Daher reiche leichte Fahrlässigkeit.

In der Beschwerde bestreite die Partei die Haftungsinanspruchnahme mit der Begründung, die Voraussetzungen gemäß § 9 BAO lägen nicht vor. Diese pauschale Begründung könne die Partei nicht exkulpieren.

Die weiteren Beschwerdeeinwendungen richteten sich gegen die Festsetzung der Umsatzsteuer 2017, mit dem Einwand der Rechtswidrigkeit hinsichtlich unrichtiger Beurteilung des Entgelts als tatsächlich erhaltene Gegenleistung, sowie der Berichtigungsmöglichkeit im Rahmen des § 16 Abs. 3 Z 1 UStG 1994.

Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei es im Falle der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft Sache des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht Sorge getragen habe, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet habe, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen dürfe.

In der Regel werde nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der GmbH haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermögliche.

Der hierzu ergangene Haftungsprüfungsvorhalt sei in diesem Sinne unbeantwortet geblieben. Auch in der gegenständlichen Beschwerdeschrift treffe die Partei dazu keinerlei Einwände.

Die Ausführungen hinsichtlich tatsächlicher Entgeltlichkeit iVm der Rechtsprechung zur Umsatzsteuer könne die Partei im Haftungsverfahren nicht entschuldigen.

Der Geschäftsführer hafte für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden seien, hierzu nicht ausreichen; es sei denn, er weise nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt habe als andere Verbindlichkeiten (). Diesen Nachweis habe die Partei bis dato nicht erbracht.

Aus diesen Gründen habe die Behörde daher zu Recht von einer schuldhaften Pflichtverletzung als Ursache für die Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben ausgehen können.

Wenn ein - wie vorliegend - zur Haftung Herangezogener sowohl gegen die Geltendmachung der Haftung als auch gemäß § 248 BAO gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch das Rechtsmittel ergreife, habe die Abgabenbehörde zunächst nur über die Beschwerde gegen die Geltendmachung der Haftung zu entscheiden, weil sich erst aus dieser Entscheidung ergebe, ob eine Legitimation zur Beschwerde gegen den Abgabenanspruch überhaupt bestehe.

Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung seien in einem gemäß § 248 BAO durchzuführenden Abgabenverfahren und nicht im Haftungsverfahren geltend zu machen.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage gingen die Ausführungen in der Beschwerde ins Leere, welche sich nur gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung richteten und das Ergebnis einer bei der GmbH durchgeführten Außenprüfung und somit die Hinzurechnung von Umsätzen 2017 bekämpfe.

Die Geltendmachung der Haftung im Sinne des § 9 BAO liege im Ermessen der Abgabenbehörde, das sich innerhalb der vom Gesetz aufgezeigten Grenzen des § 20 BAO zu halten habe. Innerhalb dieser Grenzen seien Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen Dem Gesetzesbegriff Billigkeit sei dabei berechtigtes Interesse der Partei, dem Gesetzesbegriff Zweckmäßigkeit das öffentliche Anliegen an der Einbringung der Abgaben mit allen gesetzlich vorgesehenen Mitteln und Möglichkeiten beizumessen.

Berücksichtige man die Tatsache, dass die haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten nur im Haftungswege beim Beschwerdewerber einbringlich gemacht werden könnten, so sei im gegenständlichen Fall dem Interesse der Allgemeinheit an der Abgabeneinbringung (Zweckmäßigkeitserwägung) der Vorzug zu geben gewesen gegenüber dem Interesse des Beschwerdeführers, nicht zur Haftung in Anspruch genommen zu werden (Billigkeitserwägung).

Gründe für ein Absehen von der Geltendmachung der Haftung als Ausfluss des Ermessens seien im gegenständlichen Fall somit nicht vorgelegen, sodass die Abgabenbehörde zu Recht, um den Abgabenausfall zu verhindern, die Haftung nach Zweckmäßigkeitsüberlegungen ausgesprochen habe.

*****

Dagegen brachte der Bf. durch seinen steuerlichen Vertreter mit Schriftsatz vom einen Vorlageantrag ein. Die BVE werde ihrem gesamten Inhalt nach angefochten. Das Vorbringen werde nach erfolgter Vorlage an das BFG noch ergänzt.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung werde beantragt.

*****

Mit Schriftsatz vom teilte der Bf. durch seinen steuerlichen Vertreter mit, dass er sein gesamtes Vorbringen aufrecht erhalte, speziell die Unrichtigkeit der USt-Vorschreibung 2017. Solcher Art erweise sich die Haftungsinanspruchnahme als unberechtigt.

******

Mit Schriftsatz vom zog der steuerliche Vertreter den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Nach § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Voraussetzung für die Haftung sind eine Abgabenschuld gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.

Vorliegen einer Abgabenschuld

Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an den Abgabenbescheid zu halten (vgl. , mwN; , 2009/16/0226, VwSlg 8541 F/2010). Die Verschuldensprüfung hat dabei von der objektiven Richtigkeit der Abgabenfestsetzung auszugehen (vgl. ).

Gemäß § 248 BAO kann der Haftungspflichtige nicht nur gegen seine Heranziehung zur Haftung, sondern innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offen stehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch eine Bescheidbeschwerde einbringen.

Durch § 248 BAO ist dem Haftenden auch ein Rechtszug gegen die an die GmbH ergangenen Grundlagenbescheide eingeräumt.

Einwendungen gegen den Abgabenanspruch können - solange die erlassenen Abgaben dem Rechtsbestand angehören - im Verfahren über die Geltendmachung der Haftung nicht mit Erfolg erhoben werden (siehe ).

Bringt der Bf. sowohl gegen den Haftungsbescheid als auch gegen die maßgeblichen Bescheide über den Abgabenanspruch Berufungen (nunmehr Beschwerden) ein, so ist zunächst über die Berufung (Beschwerde) gegen den Haftungsbescheid zu entscheiden, zumal von dieser Erledigung die Rechtsmittelbefugnis gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch abhängt ().

Sowohl der der Haftung zugrundeliegende Umsatzsteuerbescheid 2017 vom als auch der Bescheid über die Festsetzung der Kammerumlage für 2017 vom wurden erst nach Eröffnung des Konkursverfahrens erlassen und wurden ordnungsgemäß an den Masseverwalter adressiert.

Der Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2017 wurde dem Haftungsvorhalt beigelegt, wodurch der Bf. über die erfolgte bescheidmäßige Festsetzung informiert wurde.

Offenbar irrtümlich wurde jedoch der Bescheid über die Festsetzung der Kammerumlage für 2017 weder dem Haftungsvorhalt noch dem Haftungsbescheid beigelegt.

Da dieser Bescheid zu einem Zeitpunkt erging, an dem der Bf. nicht mehr Geschäftsführer war, und er nicht rechtzeitig darüber aufgeklärt wurde, dass die Abgabe schon bescheidmäßig festgesetzt wurde, liegt infolge unvollständiger Information im Sinne des Erkenntnisses des Zl. 98/13/0115, ein Mangel des Verfahrens vor, der im Verfahren über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid nicht sanierbar ist (vgl auch ).

Der Beschwerde war daher hinsichtlich der Kammerumlage 1-12/2017 stattzugeben.

Uneinbringlichkeit

Die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO ist eine Ausfallshaftung (). Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (). Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären ().

Mit Beschluss des Landesgerichtes ***2*** vom ***Datum4*** wurde über das Vermögen der "***1***" Bau- und Bauträger Gesellschaft m.b.H der Konkurs eröffnet und die Gesellschaft aufgelöst.

Mit Beschluss des LG ***2*** vom wurde der Konkurs nach Schlussverteilung aufgehoben. Die ausgeschüttete Quote beträgt 2,414431 %. Die - verbleibende - haftungsgegenständliche Abgabe (Umsatzsteuer 2017) ist daher bei der Primärschuldnerin zu 97,585569% uneinbringlich.

Insoferne ist der Beschwerde schon aus diesem Grund insoweit stattzugeben.

Die Haftung reduziert sich daher auf die Umsatzsteuer 2017 in Höhe von € 35.765,32 (€ 36.650,21 laut HB, abzgl. 2,414431%).

Vertreterstellung

Gemäß der vorliegenden Firmenbuchabfrage und vom Bf. unbestritten fungierte er im Zeitraum ***Datum2*** bis ***Datum5*** als Geschäftsführer der GmbH.

Damit zählt der Bf. zu den in § 80 Abs. 1 BAO genannten Personenkreis und kann daher - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - zur Haftung gemäß § 9 BAO herangezogen werden.

Schuldhafte Pflichtverletzung

Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.

Im Haftungsverfahren ist es Aufgabe des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Hat der Geschäftsführer schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtungen aus den Mittel der Gesellschaft Sorge zu tragen, so hat die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit war.

Im Hinblick auf die Bindungswirkung an die dem Haftungsbescheid vorangegangenen Abgabenfestsetzungsbescheide ist dieser Entscheidung der Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung gemäß § 150 BAO vom (auf den im Abgabenfestsetzungsbescheid verwiesen wird) festgestellte Sachverhalt zu Grunde zu legen:

"Tz. 2 Kürzung Fremdleistungsaufwand:

Am fand eine Besprechung mit dem Masseverwalter und dem vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens tätigen Geschäftsführer ***4*** statt. Während dieser Unterredung wurde mit Herrn ***4*** eine Niederschrift aufgenommen. Weder die bereits im Fragenkatalog vom dargestelltenPunkte konnten entkräftet werden noch konnten weitere Unterlagen dazu vorgelegt und auch nicht erklärt werden, aus welchem Grund fast keine Zahlungen aufgrund der Auftraggeberhaftung (AGH) an das Dienstleistungszentrum (DLZ) geleistet wurden.

Diesbezüglich wird noch einmal wie folgt auf die bereits am übermittelte Begründung verwiesen:

Im Zuge der Prüfung wurden Kostenvoranschläge von den Subfirmen für deren geleistete Arbeit abverlangt, diese wurden nicht vorgelegt.

Hr. ***4*** teilte unter anderem auch mit, dass bei einem Hochwasser im Kellerdes Büros Unterlagen unbrauchbar geworden sind u.a. die Kostenvoranschläge dadurchnicht vorgelegt werden können. Ein Nachweis seitens der Versicherung über den Hochwasserschaden wurde nicht vorgelegt.

Lt. Mitteilung des Geschäftsführers ***4*** gibt es Bautagesberichte von denSubfirmen, welche bis dato nicht vorgelegt wurden.

Da es lt. Information von Hr. ***4*** auch keine Arbeitsaufzeichnungen vom eigenen Personalgibt, konnte auch nicht überprüft werden, welche Firmen bzw. Arbeiter tatsächlichdie Arbeiten durchgeführt haben.

Der Pflichtige überprüfte lt. seinen Aussagen immer nur, ob die Firmen in der HFU-Liste enthalten sind,die Firmen als Scheinfirmen auf der BMF-Homepage angeführt bzw. ob die UID-Nr. gültig sind.

Es wurden tatsächlich einige wenige Ausdrucke aus der Liste der haftungsfreistellenden Unternehmen (HFU-Liste)vorgelegt, die wenigsten Subfirmen waren tatsächlich auf diesen Listen enthalten. Trotzdem wurden nur ganz geringfügige Zahlungen an das DLZ geleistet (lediglich 2017 in Höhe von € 16.315,00).

Bei vielen stichprobenweise überprüften Rechnungen (z.B. Fa. ***5***) wurde festgestellt, dass es einenVermerk bezüglich der AGH-Zahlungen gibt. Tatsächlich wurden aber idF keine Zahlungen andas DLZ getätigt. Es konnte seitens der prüfenden Abgabenbehörde nicht nachvollzogenwerden, an wen diese verbuchten Fremdleistungszahlungen tatsächlich geleistet wurden.

Eine vollständige Zahlung der Rechnungssummen für Leistungen der Subunternehmer hätte im Großteil derFälle nicht erfolgen dürfen, sondern lediglich 75 % wären idF zu überweisen gewesen.

Es stellt sich die Frage, wer schlussendlich die tatsächlichen Zahlungsempfänger waren.

Die Firma ***6*** hat lt. vorgelegten Unterlagen im Prüfungszeitraum Fremdleistungenan die Fa. ***1*** erbracht. Im Prüfungszeitraum war Hr. ***4*** zumindest teilweise Geschäftsführer und Gesellschafter bei beiden Firmen.

In der Zeit vom ***Datum2*** - ***Datum5*** war dessen Sohn ***Bf1*** Geschäftsführer bzw. Gesellschafter der Fa. ***1***, danach hat Hr. ***4*** wieder die Geschäftsführungübernommen. Bis zum ***Datum6*** war Hr. ***4*** auch Geschäftsführer der Fa. ***7***.

[…]

Ein Beispiel für die unklaren Zahlungsflüsse seitens der Fa.***1*** (Subleistung, Erlöse):

Fa. ***1*** hat Fa. ***7*** Rohstoffe weiterverrechnet, wahrscheinlich für solche, die bei Baustellen der Fa. ***1*** verwendet wurden (2017: € 183.250,00). Diese Forderungen sind noch offen.

Andererseits hat Fa. ***1*** überhöhte Beträge in Summe von € 124.156,00 für Fremdleistungen bezahlt.

Die Verrechnung der Rohstoffe in Höhe von € 183.250,00 wurde nicht der Umsatzsteuer unterzogen.

Nicht der USt unterzogene Rohstoffverrechnung 2017:

Umsatzzurechnung 183.250,00

davon 20 % 36.650,00

[…]

Tz 4

Mangels bisheriger Einreichung der Steuererklärungen werden die Bemessungsgrundlagen der Jahre 2017 - 2019 im Zuge der gegenständlichen Prüfung im Schätzungswege ermittelt.

Die USt-Bemessungsgrundlagen für den Zeitraum 2017-2019 werden auf Grundlage der vorgelegten UVA festgesetzt. Auf die Änderung lt. Punkt 2 Rohstoffverrechnung) wird verwiesen.

Für die Haftung nach § 9 BAO ist nur die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten von Bedeutung.

Zur Frage des Vorliegens der schuldhaften Pflichtverletzungen des Bf. ist verfahrensbezogen festzustellen:

Gemäß § 21 UStG 94 hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer selbst zu berechnen hat. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.

(2) Für Unternehmer, deren Umsätze nach § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 im vorangegangenen Kalenderjahr 100 000 Euro nicht überstiegen haben, ist das Kalendervierteljahr der Voranmeldungszeitraum; der Unternehmer kann jedoch durch fristgerechte Abgabe einer Voranmeldung für den ersten Kalendermonat eines Veranlagungszeitraumes mit Wirkung für den ganzen Veranlagungszeitraum den Kalendermonat als Voranmeldungszeitraum wählen.

Die auf die weiterverrechneten Rohstoffe entfallende Umsatzsteuer wurde weder gemeldet noch entrichtet.

Zwar war der Bf. erst ab ***Datum2*** Geschäftsführer der GmbH, da jedoch der Umsatzsteuervoranmeldungszeitraum gemäß § 21 Abs. 2 UStG das Vierteljahr war, war die Umsatzsteuererklärung 1-3/2017 am einzureichen und der Betrag zu diesem Zeitpunkt fällig. Dies war der Tag der Bestellung des Bf. zum Gf., der somit für die Richtigkeit der UVA's des gesamten Jahres 2017 verantwortlich war.

Zu den abgabenrechtlichen Pflichten gehören insbesondere die Abgabenentrichtung aus den Mitteln, die der Vertreter verwaltet (vgl. § 80 Abs. 1 zweiter Satz BAO). Die Pflicht des Vertreters, die vom Vertretenen (als Eigenschuldner oder als Haftungspflichtiger) geschuldeten Abgaben zu entrichten, besteht nur insoweit, als hiefür liquide Mittel vorhanden sind (vgl. zB ; ).

Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären (). Bei Selbstbemessungsabgaben ist maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären. Maßgebend ist daher der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, unabhängig davon, ob die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt wird (vgl. Ritz, BAO6, Tz 10 zu § 9 und die dort angeführte Judikatur des VwGH).

Der Vertreter haftet nicht für sämtliche Abgabenschulden des Vertretenen in voller Höhe, sondern nur im Umfang der Kausalität zwischen seiner schuldhaften Pflichtverletzung und dem Entgang der Abgaben. Reichten die liquiden Mittel nicht zur Begleichung sämtlicher Schulden aus und haftet der Vertreter nur deswegen, weil er die Abgabenforderungen nicht wenigstens anteilig befriedigt und den Abgabengläubiger somit benachteiligt hat, dann erstreckt sich die Haftung des Vertreters auch nur auf den Betrag, um den der Abgabengläubiger bei gleichmäßiger Befriedigung aller Forderungen mehr erlangt hätte, als er infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreters tatsächlich erhalten hat. Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt allerdings dem Vertreter. Weist er nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. (vgl. ).

Ein Gleichbehandlungsnachweis wurde nicht vorgelegt. Anhaltspunkte dafür, dass etwa die Gesellschaft völlig vermögenslos war, liegen nicht vor.

Eine quotenmäßige Einschränkung der Haftung kommt damit nicht in Betracht.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens gegen den Haftungsbescheid ist einzig und allein die Frage, ob der Beschwerdeführer zu Recht als Haftender für Abgaben der Gesellschaft herangezogen worden ist, nicht jedoch, ob die dieser Gesellschaft vorgeschriebenen Abgaben zu Recht bestehen. Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgaben können daher in diesem Verfahren - wie bereits in den Erwägungen (Vorliegen einer Abgabenschuld) ausgeführt - nicht erfolgreich erhoben werden. Die nach § 9 BAO im Haftungsverfahren erforderliche Verschuldensprüfung hat von der objektiven Richtigkeit der Abgabenfestsetzung auszugehen. (vgl. ; ; ; ). Dies ist erst mit der Beschwerde gegen den Abgabenbescheid, welcher an den Abgabepflichtigen erlassen worden ist, möglich.

Kausalzusammenhang

Die Pflichtverletzung muss für den Abgabenausfall kausal sein. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war ().

Die Zeitpunkte, zu denen die einzelnen Abgabenverbindlichkeiten bei pflichtgemäßer Entrichtung aus den Mitteln der Primärschuldnerin zu tilgen gewesen wären, lagen im Zeitraum der Geschäftsführerverantwortlichkeit der beschwerdeführenden Partei. Es liegt daher auf der Hand, dass die von der beschwerdeführenden Partei zu verantwortenden Pflichtverletzungen für den Abgabenausfall kausal waren.

Ermessen

Nach Lehre und Rechtsprechung ist die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Von einer ermessenswidrigen Inanspruchnahme wird vor allem dann gesprochen, wenn die Abgabenschuld vom Hauptschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeit rasch eingebracht werden kann.

Ist eine Einbringlichmachung beim Primärschuldner unzweifelhaft nicht gegeben, kann die Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden von der Abgabenbehörde bei ihren Zweckmäßigkeitsüberlegungen vernachlässigt werden ().

Mit der gegenständlichen Beschwerde hat der Bf. ohnehin keine Einwendungen zum Ermessen vorgebracht.

Ergebnis:

Der Beschwerde war daher hinsichtlich der Kammerumlage 1-12/2017 stattzugeben, die Haftung für die Umsatzsteuer 2017 auf € 35.765,21 anstatt bisher € 36.650,21 einzuschränken.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis weicht von der oben zitierten, ständigen und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab und hatte lediglich die Klärungen der Haftungsvoraussetzungen gemäß § 9 Abs. 1 BAO im Einzelfall zum Gegenstand.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

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