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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.08.2022, RV/3100527/2020

Berufsausbildungskosten des Sohnes als außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache der Bf., über die Beschwerde vom "" gegen den Bescheid des Finanzamtes F vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2019, Steuernummer abc, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Mit der am beim Finanzamt F (elektronisch) eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2019 machte die Abgabepflichtige Kosten einer auswärtigen Berufsausbildung (Pauschale gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988) ihres Sohnes CD als außergewöhnliche Belastung geltend, wobei die Dauer der auswärtigen Berufsausbildung am Ausbildungsort Ort 1 mit zwölf Monaten angegeben wurde.

2. Das Finanzamt F erließ am einen Bescheid betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2019, mit dem die beantragte außergewöhnliche Belastung nicht anerkannt wurde. Gemäß § 26 Studienförderungsgesetz 1992 werde für die Berechnung der Fahrzeit die Wegstrecke zwischen dem Wohnort und dem Studienort, nicht aber die tatsächliche Fahrzeit zwischen der eigenen Wohnung und der jeweiligen Ausbildungsstätte zugrunde gelegt. Es seien vielmehr die Fahrzeiten mit innerörtlichen Verkehrsmitteln im Heimatort bzw. Studienort (zB Straßenbahn, Bus, usw.) sowie Fußwege in diese Fahrzeiten nicht einzurechnen.

Im vorliegenden Fall sei die Fahrzeit zwischen den beiden Gemeinden Ort 2 und Ort 1 maßgebend. Dabei sei die Fahrzeit zwischen jenen Punkten der jeweiligen Gemeinden heranzuziehen, an denen üblicherweise die Fahrt mit dem jeweiligen öffentlichen Verkehrsmittel angetreten bzw. beendet werde. Der Pauschbetrag für eine auswärtige Berufsausbildung des Sohnes CD stehe demnach nicht zu.

3. Gegen diesen Bescheid erhob die Abgabepflichtige am "" (Datum der Einbringung beim Finanzamt F: ) fristgerecht Beschwerde, die sich gegen die Nichtberücksichtigung der auswärtigen Berufsausbildung ihres Sohnes als außergewöhnliche Belastung richtete. In § 26 Studienförderungsgesetz 1992 sei sehr wohl geregelt, dass die Wegzeit auch die Gehzeit zwischen dem Elternwohnsitz und der nächstgelegenen Haltestelle des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels umfasse. Diesbezüglich legte die Abgabepflichtige einen "Auszug aus dem Studienförderungsgesetz" bei, bei dem es sich aber tatsächlich um einen Auszug aus der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem Studienförderungsgesetz 1992 handelte, die aufgrund der §§ 26 Abs. 4 und 76 Abs. 2 des Studienförderungsgesetzes 1992 erlassen wurde.

Die Gehzeit zwischen dem Elternwohnsitz in Gemeinde 2, A-Straße, und dem Bahnhof A betrage gemäß beigelegtem Ausdruck 27 Gehminuten. Hinzuzurechnen sei dann die kürzeste Fahrzeit mit dem Zug vom Bahnhof A zum Bahnhof B mit - gemäß beigelegtem Ausdruck - 38 Minuten, sodass die gesamte Wegzeit vom Elternwohnsitz bis zum Bahnhof B 65 Minuten betrage. Die Abgabepflichtige ersuchte daher, den Pauschbetrag gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 von 110,00 € monatlich als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, da die Fahrzeit (einfache Fahrt) zwischen dem Elternwohnsitz und der Ausbildungsstätte im Falle ihres Sohnes CD mehr als eine Stunde betrage.

4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2019 vom Finanzamt F als unbegründet abgewiesen. Dabei wurde auf das noch nicht rechtskräftig erledigte Beschwerdeverfahren das Vorjahr betreffend verwiesen und im Übrigen die Begründung lt. angefochtenem Bescheid vom wiederholt. Da die Fahrzeit mit dem öffentlichen Verkehrsmittel (ÖBB) zwischen dem Bahnhof A und dem Bahnhof B weniger als eine Stunde betrage, sei die Beschwerde abzuweisen.

5. Am stellte die Abgabepflichtige fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht, mit dem sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholte. Insbesondere verwies sie auf § 2 ("Wegzeit") der zu den §§ 26 Abs. 4 und 76 Abs. 2 des Studienförderungsgesetzes 1992 ergangenen Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem Studienförderungsgesetz 1992.

6. Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt F die gegenständliche Beschwerde vom "" gegen den Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2019 zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vor.

II. Sachverhalt

1. Die Beschwerdeführerin (Bf.) wohnte im Streitjahr 2019 mit dem haushaltszugehörigen Sohn CD (geb. am Tag X) in Gemeinde 2, A-Straße/Top, wobei beide Personen seit dem Tag Y an diesem Ort mit ihrem Hauptwohnsitz gemeldet sind.

Im Streitjahr 2019 besuchte der Sohn CD die Schule S in Ort 1. Die Ausbildungsstätte befindet sich in Gemeinde 1, B-Straße, sie ist vom Wohnort der Bf. in Gemeinde 2, A-Straße/Top, 48,8 km entfernt (Quelle: Routenplaner "Google Maps").

Von der elterlichen Wohnung in Gemeinde 2, A-Straße/Top, bis zum Bahnhof A ist lt. dem von der Bf. im Beschwerdeverfahren vorgelegten Ausdruck ein Fußweg von 27 min zurückzulegen. Es ist weiters unbestritten, dass vom Bahnhof A der Bahnhof B mehrmals täglich in weniger als einer Stunde erreicht werden kann. Die Bf. selbst führte aus, dass diese Strecke mit dem Zug in kürzester Fahrzeit in 38 min zurückzulegen ist.

2. Der vorstehende Sachverhalt ergibt sich aus dem gesamten Akteninhalt, insbesondere aus den von der Bf. vorgelegten und vom Finanzamt F unwidersprochen gebliebenen Unterlagen betreffend die vom Sohn CD zurückzulegende Wegzeit (ÖBB-Fahrplanabfrage zu den Verbindungen Bahnhof A - Bahnhof B, Routenplanabfrage "Google Maps" zum Fußweg Wohnung - Bahnhof A), weiters aus Abfragen aus dem Familienbeihilfenakt betreffend den Sohn CD zu seiner Berufsausbildung und aus Abfragen aus dem Zentralen Melderegister zu den Wohnsitzverhältnissen der betroffenen Personen.

Streit besteht darüber, ob die Kosten der auswärtigen Berufsausbildung des Sohnes am Ausbildungsort Ort 1 (Pauschale gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988) als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden können, insbesondere, ob die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort zeitlich noch zumutbar sind.

III. Rechtslage

1. Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes 1988:

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2 EStG 1988) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss außergewöhnlich sein, sie muss zwangsläufig erwachsen und sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Gemäß § 34 Abs. 2 EStG 1988 ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 gelten Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110,00 € pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

2. Verordnung zu § 34 Abs. 8 EStG 1988 (Berufsausbildung - Kinder):

Zur Beurteilung, ob die Ausbildungsstätte außerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes liegt, ist die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 624/1995, ergangen.

Gemäß § 1 der Verordnung, BGBl. Nr. 624/1995, liegen Ausbildungsstätten, die vom Wohnort mehr als 80 km entfernt sind, nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes.

§ 2 der Verordnung, BGBl. Nr. 624/1995 in der für das Streitjahr geltenden Fassung BGBl. II Nr. 37/2018, hat folgenden Wortlaut:

"(1) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten dann als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort und vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als je eine Stunde unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, anzuwenden.

(2) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort nach den Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, zeitlich noch zumutbar sind. Abweichend davon kann nachgewiesen werden, dass von einer Gemeinde die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als je eine Stunde beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, anzuwenden. In diesem Fall gilt die tägliche Fahrt von dieser Gemeinde an den Studienort trotz Nennung in einer Verordnung gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, als nicht mehr zumutbar.

(3) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km gelten als nicht im Einzugsbereich des Wohnortes gelegen, wenn Schüler oder Lehrlinge, die innerhalb von 25 km keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit haben, für Zwecke der Ausbildung außerhalb des Hauptwohnortes eine Zweitunterkunft am Ausbildungsort bewohnen (zB Unterbringung in einem Internat)."

Gemäß § 4 der Verordnung, BGBl. Nr. 624/1995, ist die Verordnung für Zeiträume ab anzuwenden. § 2 in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 449/2001 ist für Zeiträume ab anzuwenden.

3. Bestimmungen des Studienförderungsgesetzes 1992:

Gemäß § 26 Abs. 3 StudFG 1992, BGBl. Nr. 305/1992 in der hier maßgeblichen Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, hat die Bundesministerin oder der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft durch Verordnung festzulegen, von welchen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort zeitlich noch zumutbar ist. Eine Fahrzeit von mehr als je einer Stunde zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel ist keinesfalls mehr zumutbar.

4. Verordnung zu § 26 Abs. 3 StudFG 1992 (Studienorte):

Zu § 26 Abs. 3 StudFG 1992 ist die Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 605/1993, ergangen.

§ 3 dieser Verordnung, BGBl. Nr. 605/1993, führt jene Gemeinden an, von denen die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort Ort 1 zeitlich noch zumutbar ist. § 3 dieser Verordnung, BGBl. Nr. 605/1993, führt auch die Gemeinde Ort 2 an.

§ 37 dieser Verordnung, BGBl. Nr. 605/1993, hat folgenden Wortlaut:

"Wenn in einem Verfahren über die Zuerkennung von Studienbeihilfe nachgewiesen wird, dass von einer Gemeinde die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als je eine Stunde beträgt, so gilt die tägliche Fahrt von dieser Gemeinde an den Studienort trotz Nennung in der Verordnung als nicht zumutbar."

Diese Bestimmung entspricht dem § 2 Abs. 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 624/1995 in der für das Streitjahr geltenden Fassung BGBl. II Nr. 37/2018.

Mit dem Wegfall der gesetzlichen Grundlage (vgl. die Änderung des § 26 Abs. 3 StudFG 1992 durch das BGBl. I Nr. 54/2016) ist die Verordnung, BGBl. Nr. 605/1993, mit außer Kraft getreten. Dazu ist aber festzuhalten, dass mit BGBl. II Nr. 37/2018 in § 2 Abs. 1 und 2 der Verordnung (Berufsausbildung - Kinder), BGBl. Nr. 624/1995, sämtliche Verweise auf "§ 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305," durch den Verweis "§ 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016," ersetzt wurden. Daraus ergibt sich, dass zwar die Verordnung, BGBl. Nr. 605/1993, mit dem Wegfall der gesetzlichen Grundlage (vgl. die Änderung des § 26 Abs. 3 StudFG 1992 durch das BGBl. I Nr. 54/2016) mit außer Kraft getreten ist; da aber in der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes statisch auf die Fassung vor dieser Änderung verwiesen wird ("in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016"), ist diese Verordnung, BGBl. Nr. 605/1993, weiterhin (somit auch für das hier maßgebliche Streitjahr 2019) zur steuerlichen Beurteilung des Einzugsbereiches heranzuziehen (vgl. auch Jakom/Peyerl, EStG, 2021, § 34 Rz 78).

IV. Erwägungen

1. Der Sohn der Bf. hat seinen Hauptwohnsitz seit dem Tag Y (somit auch im Streitjahr) in Gemeinde 2, A-Straße/Top. Seine Ausbildungsstätte befindet sich in Gemeinde 1, B-Straße; diese ist vom Wohnort der Bf. weniger als 80 km entfernt.

Der Wohnort Ort 2 ist in § 3 der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 605/1993, genannt. Demnach ist von Ort 2 die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Ausbildungsort Ort 1 zeitlich noch zumutbar.

Zur Beurteilung der streitgegenständlichen Frage, ob die Ausbildungsstätte in Ort 1 zum Wohnort in Ort 2 dennoch als außerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen gilt, ist somit § 2 Abs. 2 der Verordnung (Berufsausbildung - Kinder), BGBl. Nr. 624/1995 in der für das Streitjahr geltenden Fassung BGBl. II Nr. 37/2018, einschlägig. Demnach kann die Bf. nachweisen, dass von Ort 2 die tägliche Fahrzeit zum und vom Ausbildungsort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als je eine Stunde beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, anzuwenden.

2. Da die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 624/1995 in der für das Streitjahr geltenden Fassung BGBl. II Nr. 37/2018, auf das Studienförderungsgesetz 1992 Bezug nimmt, ist hinsichtlich der Zumutbarkeit auch die Rechtsprechung zu § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 anzuwenden. Die Zumutbarkeit ist jedenfalls dann gegeben, wenn die Fahrzeit von einer Stunde unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel nicht überschritten wird. Für das günstigste Verkehrsmittel ist ausreichend, dass in jeder Richtung je ein Verkehrsmittel zwischen den in Betracht kommenden Gemeinden existiert, das die Strecke in einem geringeren Zeitraum als einer Stunde bewältigt. Das muss nicht das zweckmäßigste Verkehrsmittel sein ().

Nach der maßgeblichen Verordnung zu § 26 Abs. 3 StudFG 1992 (Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 605/1993) gilt bei Nachweis einer eine Stunde überschreitenden Fahrzeit die tägliche Fahrt trotz Nennung der Gemeinde in der Verordnung als nicht zumutbar. Ein derartiger Nachweis entfaltet auch Wirkungen im Abgabenverfahren. Dieser Nachweis ist an Hand der Grundsätze des Studienförderungsgesetzes 1992 zu führen. Die Verordnung, BGBl. Nr. 605/1993, stellt hinsichtlich der Nachweisführung einer eine Stunde übersteigenden Wegzeit auf die jeweilige Gemeinde (den Wohnort und den Ausbildungsort) und nicht auf die Wohnung und die Ausbildungsstätte ab. Es ist somit nicht die tatsächliche Gesamtfahrzeit maßgebend, sondern die Fahrzeit mit dem "günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel" zwischen diesen beiden Gemeinden. Hierbei ist die Fahrzeit zwischen jenen Punkten der jeweiligen Gemeinden heranzuziehen, an denen üblicherweise die Fahrt zwischen diesen Gemeinden mit dem jeweiligen öffentlichen Verkehrsmittel angetreten bzw. beendet wird.

Es ist somit lediglich auf die Hin- und Rückfahrt vom und zum Ausbildungsort abzustellen. Auf die örtlichen Verkehrsverbindungen ist nicht Bedacht zu nehmen. Nicht einzurechnen sind daher Wartezeiten, Fußwege sowie Fahrten im Heimatort oder im Ausbildungsort (; ; ). Bei Berechnung der Fahrzeit sind weiters auch Wartezeiten vor Beginn des Unterrichts bzw. nach Beendigung des Unterrichts nicht zu berücksichtigen. Dies geht unter anderem aus § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 hervor, wonach für bestimmte Orte die Zumutbarkeit der täglichen Hin- und Rückfahrt festgelegt wird. Es wird dabei auf individuelle Unterrichtszeiten nicht Rücksicht genommen.

3. Es ist unbestritten, dass vom Bahnhof A der Bahnhof B mehrmals täglich in weniger als einer Stunde erreicht werden kann. Die Bf. selbst führte aus, dass diese Strecke mit dem Zug in kürzester Fahrzeit in 38 min zurückzulegen ist.

Damit ist das Schicksal der Beschwerde bereits entschieden, da der Fußweg des Sohnes von der elterlichen Wohnung in Gemeinde 2, A-Straße/Top, zum Bahnhof A (von der Bf. mit 27 min ermittelt), die Wartezeit am Bahnhof A sowie Fußwege bzw. allenfalls Busfahrten (inkl. Wartezeiten an der Bushaltestelle) vom Bahnhof B zur Ausbildungsstätte in Ort 1, B-Straße, bei der Berechnung der Fahrzeit nicht eingerechnet werden. Gleiches muss für die Rückfahrt vom Ausbildungsort zum
Wohnort gelten. Der Umstand, dass allenfalls im Ausbildungsort mit innerstädtischen Verkehrsmitteln weitere Strecken zurückgelegt werden müssen, ist für die Beurteilung der Fahrzeit zwischen Wohn- und Ausbildungsort irrelevant.

4. Von der Bf. wurde eingewendet, dass bei der Berechnung der Wegzeit auch die (mit 27 min zu veranschlagende) Gehzeit zwischen dem elterlichen Wohnsitz und der nächstgelegenen Haltestelle des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels zu berücksichtigen sei. Diesbezüglich legte sie einen Auszug aus der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem Studienförderungsgesetz 1992 vor, die aufgrund der §§ 26 Abs. 4 und 76 Abs. 2 des Studienförderungsgesetzes 1992 erlassen wurde. Sie bezog sich damit auf § 26 Abs. 4 StudFG 1992 und die dazu ergangene Verordnung, BGBl. II Nr. 103/2017, wo diese Grundsätze in § 2 ("Wegzeit") näher erläutert seien.

Dazu ist festzuhalten, dass die hier anzuwendende Bestimmung des § 2 Abs. 2 der Verordnung (Berufsausbildung - Kinder), BGBl. Nr. 624/1995 in der für das Streitjahr geltenden Fassung BGBl. II Nr. 37/2018, auf § 26 Abs. 3 StudFG 1992 verweist. ("Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, anzuwenden.") Ein Verweis auf § 26 Abs. 4 StudFG 1992 findet sich in § 2 Abs. 2 der Verordnung (Berufsausbildung - Kinder), BGBl. Nr. 624/1995 in der für das Streitjahr geltenden Fassung BGBl. II Nr. 37/2018, nicht. Wie der Präambel/Promulgationsklausel zu entnehmen ist, erging die Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. II Nr. 103/2017, auf die sich die Bf. bezog, ausdrücklich aufgrund der Verordnungsermächtigung der "§§ 26 Abs. 4 und 76 Abs. 2 des Studienförderungsgesetzes 1992 - StudFG". Die von der Bf. eingewendete Bestimmung des § 2 ("Wegzeit") der Verordnung, BGBl. II Nr. 103/2017, findet somit im Streitfall keine Anwendung.

5. Da die tägliche Fahrzeit zum und vom Ausbildungsort unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels die Zeitdauer von je einer Stunde im Streitfall erheblich unterschreitet, gilt die Ausbildungsstätte des Sohnes CD als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ. 111, das Vorjahr 2018 betreffend). Die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2019 ist als unbegründet abzuweisen.

V. Zulässigkeit einer Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Frage der steuerlichen Berücksichtigung von Aufwendungen der auswärtigen Berufsausbildung wurde nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beurteilt und folgte insoweit der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Im Übrigen hing die Entscheidung im Wesentlichen von den Sachverhaltsumständen des konkreten Falles ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100527.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at