Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.09.2022, RV/7101991/2022

Ausgaben für Strom und Betriebskosten im Home Office als Werbungskosten?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard Konrad in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 zu Recht erkannt:

  1. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.

  2. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

  3. Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

  4. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Das bisherige Verfahren stellt sich wie folgt dar:

Der Beschwerdeführer (Bf) machte mit seinem Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung Werbungskosten für Arbeitsmittel (insbes. Computer und Arbeitszimmer) sowie Fachliteratur geltend.

Die belangte Behörde anerkannte diese mit Einkommensteuerbescheid vom nur zum Teil. Es wurden zB Ausgaben für Strom und Betriebskosten des Arbeitszimmers zur Gänze, für den Computer zu 40% aufgrund einer privaten Nutzung sowie für Bücher, deren Rechnungen nicht auf den Namen des Bf ausgestellt wurden bzw. Versandkosten als nicht abzugsfähig behandelt.

Nach einer teilweise stattgebenden Beschwerdevorentscheidung vom stellte der Bf den Vorlageantrag vom .

Das Finanzamt legte mit Vorlagebericht vom die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Nach verschiedenen Sachverhaltsergänzungen durch den Bf nach Aufforderung durch das erkennende Gericht, übermittelte die belangte Behörde eine Stellungnahme vom .

Strittig ist die Höhe des Privatanteils des Computers und die Abzugsfähigkeit des Arbeitszimmers.

Die Höhe der Werbungskosten für Fachliteratur sind mit 1.058,65 € unbestritten, da der Bf seinen Antrag mittlerweile auf diese Positionen eingeschränkt hat, nachdem er auf den Abzug jener Ausgaben, deren Rechnungen nicht auf den Bf ausgestellt wurden und jener, die erst 2021 zu einem Zahlungsabfluss geführt haben, verzichtet hat. Zudem hat das Finanzamt in seiner Stellungnahme sämtliche andere Ausgaben für Fachliteratur als Werbungskosten anerkannt.

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf ist Universitätsassistent am Fachbereich für ***Fach*** der Universität Wien und Mitarbeiter des Verlags der ***Verlag*** (***Verlag ***). Als Universitätsassistent war er auch zur Abfassung seiner Dissertation angestellt.

Von beiden Arbeitgebern wurde dem Bf im gesamten Kalenderjahr jeweils am Dienstort ein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt. Die Art der beruflichen Tätigkeit erfordert nicht unbedingt die Nutzung des im Wohnungsverband gelegenen Arbeitszimmers.

Der Bf erledigte pandemiebedingt (Covid 19) im Einvernehmen mit den Arbeitgebern einen Teil seiner Arbeit von seinem Arbeitsplatz in seiner Wohnung aus. Dieser befand sich in einem Zimmer, welches ausschließlich zu beruflichen Zwecken verwendet wurde. Die Wohnung umfasste zudem ein Schlafzimmer, eine Küche, ein Wohnzimmer und ein Badezimmer.

Zur Erledigung seiner dienstlichen Aufgaben kaufte der Bf im März 2020 einen Apple iMac 21,5" Retina 4K 2019 3,0/8/1 T um 1.507,99 €. Die Nutzungsdauer beträgt 3 Jahre. Das Gerät wird zur Gänze für berufliche Zwecke verwendet.

Die Ausgaben für das Handy und für Internet sind zu 20% beruflich veranlasst. Der Zusatzmonitor wird zur Gänze für die beruflichen Tätigkeiten des Bf verwendet. Das iPad dient ausschließlich privaten Zwecken, was somit auch für die neu angeschaffte Schutzhülle gilt.

Es wurden ihm von beiden Arbeitgebern keine Vergütungen für Ausgaben der Heimarbeit geleistet.

Der Bf erwarb beruflich notwendige Fachliteratur, die im Streitjahr zu einem Mittelabfluss von 1.058,65 € geführt hat. Hinsichtlich des Belegs vom (Bücher Herder, Preis nach Abzug 29,26 €) war ein Rabatt von 1,54 € zu berücksichtigen:


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Liturgische Bücher
107,20
Edelby Liturgikon
60,00
Bücher Herder
120,09
Bücher lulu.com
136,93
Bücher WBG
79,92
Liturgisches Jahrbuch
39,82
Bücher AbeBooks
11,99
Bücher WBG
49,78
Bücher Amazon
31,79
Una Voce Korrespondenz
37,00
Bücher Amazon
7,90
Bücher Herder
47,70
Bücher Facultas
28,80
Bücher Facultas
24,70
Bücher Herder
29,26
Bücher Bonifatius
26,90
Bücher Herder
39,14
Bücher Bookbarn
23,78
Bücher Facultas
36,00
Bücher Herder
39,10
Bücher AbeBooks
80,85
1.058,65

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt und dem Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung sowie den Erhebungen des Bundesfinanzgerichts.

Da dem Bf Arbeitsplätze inkl. Arbeitsmittel von den Arbeitgebern zur Verfügung gestellt wurden und vom Bf auch nicht vorgebracht wurde, dass die Tätigkeit seiner Art nach einen privaten Arbeitsplatz erfordert, ist festzustellen, dass die Nutzung des privaten Arbeitszimmers nicht unbedingt notwendig war.

Hinsichtlich der privaten Nutzung des im Streitjahr angeschafften Computers brachte der Bf vor, dass er für private Tätigkeiten ein iPad samt Tastatur verwendet. Aus der allgemeinen Erfahrung werden Tablets, wie auch ein iPad, häufig zur Konsumation von Medien wie Bilder, Musik und Videos in der Freizeit genutzt. Es ist damit allerdings mit optionalem Equipment auch eine vergleichbare Nutzung wie bei einem Laptop möglich. Aus der Erklärung des Bf und dem übermittelten Bild geht hervor, dass eine solche Nutzungsmöglichkeit dieses Geräts aufgrund der Nutzung einer externen Tastatur und der allgemeinen Erfahrung, dass auch Textverarbeitung auf Tablets möglich ist, gegeben ist.

Das Finanzamt führt in der Stellungnahme vom aus, dass eine berufliche Nutzung mit 90% glaubhaft erläutert wurde. Es ist unklar, nach welchen Kriterien dieses Ausmaß festgemacht wurde bzw. inwieweit eine 10%ige private Nutzung durch die Behörde angenommen wurde.

Aufgrund der Schilderung des Bf ist vielmehr glaubhaft, dass der Bf den iMac ausschließlich für berufliche und das iPad ausschließlich für private Zwecke nutzte. Insbesondere lässt sich dies aus dem Ort der Verwendung des iMac im Arbeitszimmer sowie der Nutzung des iPad als vollwertigen Laptop schließen. Insoweit war dem Vorbringen des Bf Glauben zu schenken.

Die berufliche Notwendigkeit der Fachliteratur ist aufgrund der Erklärung des Bf und der Übereinstimmung mit dem Forschungsgebiet des Bf offensichtlich und wird von der Behörde auch nicht bestritten. Der Rabatt von 1,54 € wurde in der Stellungnahme vom zweifellos übersehen.

Alle weiteren Feststellungen folgen dem Vorbringen des Bf und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung (Spruchpunkt I.)

Da die Beschwerde zulässig ist, rechtzeitig eingebracht wurde und keine Erledigung in Beschlussform gemäß § 278 BAO zu ergehen hat, entscheidet das Bundesfinanzgericht gemäß § 279 BAO in der Sache selbst.

§ 16 Abs 1 EStG 1988 in der für Zeiträume bis inkl. geltenden Fassung (siehe § 124b Z 373 und 374 EStG 1988) lautet auszugsweise:

"Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderungen von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies im folgenden ausdrücklich zugelassen ist. Hinsichtlich der durchlaufenden Posten ist § 4 Abs. 3 anzuwenden. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Werbungskosten sind auch:

[…]

7. Ausgaben für Arbeitsmittel (zB Werkzeug und Berufskleidung). Ist die Nutzungsdauer der Arbeitsmittel länger als ein Jahr, ist Z 8 anzuwenden.

7a. Ausgaben und Beträge eines Arbeitnehmers, der seine berufliche Tätigkeit in der Wohnung (im Homeoffice) erbringt und bei dem keine Ausgaben für ein Arbeitszimmer gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d berücksichtigt werden:

a) Ausgaben für ergonomisch geeignetes Mobiliar (insbesondere Schreibtisch, Drehstuhl, Beleuchtung) eines in der Wohnung eingerichteten Arbeitsplatzes bis zu insgesamt 300 Euro (Höchstbetrag pro Kalenderjahr), wenn der Arbeitnehmer zumindest 26 Homeoffice-Tage gemäß § 26 Z 9 lit. a im Kalenderjahr geleistet hat. Übersteigen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten insgesamt den Höchstbetrag, kann der Überschreitungsbetrag innerhalb des Höchstbetrages jeweils ab dem Folgejahr bis zum Kalenderjahr 2023 geltend gemacht werden. Z 8 ist nicht anzuwenden.

[…]"

§ 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG 1988 lautet:

"Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sowie für Einrichtungsgegenstände der Wohnung. Bildet ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Einrichtung abzugsfähig."

Die berufliche Nutzung eines Arbeitszimmers muss nach der Art der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erforderlich, das heißt notwendig sein (Peyerl in Jakom EStG14, § 20 Rz 41).

Verfügt ein Steuerpflichtiger als Arbeitnehmer über ein jederzeit zugängliches Arbeitszimmer an der Arbeitsstätte, steht dies der Notwendigkeit eines häuslichen Arbeitszimmers entgegen ( bzw. ).

Daran ändert auch die häufigere Nutzung des privaten Arbeitszimmers nichts, sei es auch aufgrund einer Pandemie im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber.

Dass eine nach Art der Tätigkeit notwendige Nutzung des privaten Arbeitszimmers für berufliche Zwecke vorliegt, wurde selbst vom Bf nicht vorgebracht. Zusätzlich stand dem Bf am jeweiligen Dienstort ein Arbeitsplatz zur Verfügung.

Die Nutzung des Arbeitszimmers ist Folge einer im Einvernehmen mit den Arbeitgebern getroffenen freiwilligen Entscheidung des Bf. Ein steuerlich abzugsfähiges Arbeitszimmer liegt daher nicht vor.

Auf die weiteren Kriterien eines steuerlich anzuerkennenden häuslichen Arbeitszimmers, insbesondere die nahezu ausschließliche berufliche Nutzung, war folglich nicht mehr einzugehen, da die Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen ().

Zudem hat der Gesetzgeber mit § 16 Abs 1 Z 7a EStG 1988 eine Bestimmung geschaffen, die auf die steuerliche Entlastung von aufgrund von COVID-19-bedingter beruflicher Tätigkeit im privaten Wohnbereich abzielt. So sind Ausgaben für ergonomisch geeignetes Mobiliar ab 2020 (lit a) sowie insbesondere für digitale Arbeitsmittel, die vom Arbeitgeber nicht zur Verfügung gestellt werden ab 2021 (lit b) als Werbungskosten abzugsfähig (ErläutRV 669 BlgNR 27. GP 4f). Die Regelung ist auf die hier konkret vorliegende Beschäftigungssituation ausgerichtet. Dementsprechende Ausgaben wurden jedoch nicht geltend gemacht.

Der beantragte anteilige Abzug von Ausgaben für Strom und Betriebskosten war daher gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG 1988 zu versagen.

Die Absetzung für Abnutzung des iMac war aufgrund der festgestellten gänzlichen beruflichen Nutzung als Werbungskosten in Höhe von 502,66 € in 2020 zu berücksichtigen. Das sind aufgrund der unstrittigen Nutzungsdauer von 3 Jahren und des Anschaffungszeitpunkts im März 2020 ein Drittel der Anschaffungskosten von 1.507,99 €. Die Ausgaben für den Monitor sind zur Gänze absetzbar, jene für Handy und Internet im beruflich veranlassten Ausmaß.

Daraus ergeben sich Werbungskosten für Arbeitsmittel in folgender Höhe:


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Apple iMac
502,66
Monitor
134,90
Handy 20%
14,16
Internet 20%
52,75
747,36

Dem Beschwerdeantrag war daher teilweise Folge zu geben.

4. Unzulässigkeit einer Revision (Spruchpunkt II.)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die rechtliche Beurteilung wurde durch das Bundesfinanzgericht entsprechend der unter Punkt 3. dargestellten zahlreichen, einheitlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorgenommen.

Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at